Die Energiewende weg von den fossilen Energieträgern und hin zu den sogenannten Erneuerbaren wie Windkraft, Solarstrom, Wasserkraft und Biomasse ist in Deutschland gesetzt. In der Politik wird das Programm der Energiewende an sich und der spezifisch deutsche Weg dahin kaum noch hinterfragt.
Dabei ist für jedermann mit Sachverstand klar, dass Wind und Sonne allein die Stromversorgung eines Industrielandes zu vertretbaren Kosten nicht gewährleisten können. Ohne sehr große und damit unbezahlbar teure Speicher oder Backup-Kraftwerke ist das nicht zu machen. Die einseitige Fokussierung auf Wind- und Solarstrom führt zur Destabilisierung des Stromnetzes und zu einer hohen Versorgungsunsicherheit und treibt den Strompreis dauerhaft nach oben. Billiger Strom als Folge der Energiewende ist eine Mär.
Die deutsche Energiewende ist im internationalen Vergleich ein Sonderweg. Es gibt keine namhafte Industrienation, die ihre Energieversorgung ähnlich einseitig auf die volatile Stromproduktion mit Sonne und Wind umzubauen beabsichtigt und dafür sogar bereit ist, gleichermaßen ihre Wirtschaftskraft aufs Spiel zu setzen und eine intakte Natur und Umwelt zu opfern.
Deutschland ist ein energiepolitischer Geisterfahrer!
Wir sind nicht Vorreiter, sondern für die Welt das Negativbeispiel schlechthin, das niemand nachzuahmen gedenkt.
Die Tragik der deutschen Energiewende liegt darin, dass ihre eifrigsten Unterstützer die denkbar geringste Ahnung von der Materie und der Komplexität der Zusammenhänge haben. Es ist doch keine Frage, dass man mittelfristig aus fossilen Energieträgern aussteigen muss. Das erfordert einen konstruktiven, die Wirtschaftskraft erhaltenden Plan und dessen schrittweise Umsetzung. Dabei ist es hilfreich, technologieoffen zu bleiben und keine eindimensionalen und noch dazu dysfunktionalen Lösungen zu verfolgen. Zu den kontraproduktiven „Lösungen“ kann man mit gutem Recht z.B. auch die Errichtung von Windrädern in Schwachwindgebieten zählen.
Unterdessen erschöpft sich die grüne Energie– und Wirtschaftspolitik in der sturen Fokussierung auf Windräder und dem substanzlosen Versprechen zukünftig paradiesischer Zustände. Bezüglich der Regulatorik und dem Erlassen von Verboten leistet leider auch die EU einen unrühmlichen Beitrag.
Betrachten wird zunächst die Kosten des Netzausbaus.
Gegenbüber der vorherigen Abschätzung verhält sich das folgendermaßen:
Übertragungsnetz
Alte Kalkulation: 209 Mrd. Euro bis zum Jahr 2037
Neue Kalkulation: 300 Mrd. Euro bis 2045
Verteilnetz
Alte Kalkulation: 42,3 Mrd. Euro bis 2032
Neue Kalkulation: 150 Mrd. Euro bis 2045
Summe Netzausbaukosten = 450 Mrd. €
Kosten für den Ausbau von Windkraft und Photovoltaik
Natürlich werden die Gesamtkosten für die Energiewende deutlich höher liegen. Diese Kosten abzuschätzen ist keine Rakenwissenschaft. Der Rechengang ist einfach nachvollziehbar.
Die durchschnittliche deutsche Strom-Leistungsanforderung liegt bei ca. 70 GW (= 70 Millionen Kilowatt). Der jährliche Bedarf beläuft sich auf 500 – 600 TWh (= 500 – 600 Milliarden Kilowattstunden).
Solar Freifläche ca. 135 GW (+125 GW / +1100 %) = 125 Mrd. €
Solar Dachfläche ca. 300 GW (+230 GW / +350 %) = 230 Mrd. €
Summe Ausbaukosten Wind und Solar = 790 Mrd. €
Dabei wurden die folgenden überschlägigen Durchschnittskosten pro Megawatt installierter Leistung angenommen:
Wind offshore – 4 Mio. €
Wind onshore – 1,5 Mio. €
Solar Freifläche – 1 Mio. €
Solar Dachfläche – 1 Mio. €
Kosten für die Bereitstellung der Speicher
Speicher und Backup-Kraftwerke sind in dieser Betrachtung noch nicht enthalten.
Aktuell (2024) verfügen wir über Speicher in sozusagen homöopathischer Dosis (etwa 70 GWh, ausreichend für 1 Stunde Notreserve).
Die (Batterie-) Speicherkosten liegen nach heutigen Preisen bei ca. 1.000 € pro kWh. Benötigt werden (je nach Speicherstrategie / Backupstrategie und akzeptierter Importabhängigkeit) mindestens 1.500 bis 10.000 GWh. Der Speicherbedarf macht daher noch einmal zusätzliche 1.500 bis 10.000 Mrd. Euro aus.
Wenn wir sehr optimistisch von einem Preisverfall für Speicher auf 100 € pro kWh ausgehen, dann landen wir bei zusätzlich 150 – 1.000 Mrd. Euro.
In Summe belaufen sich die Gesamtkosten der Energiewende somit auf mindestens etwa 1.400 bis 2.250 Mrd. €.
Abhängig von der Ressourcenverfügbarkeit und der Entwicklung der weltweiten Rohstoffpreise könnten die Kosten aber auch deutlich höher liegen: 1.750 bis 4.250 Mrd. €, also knapp 2.000 bis über 4.000 Mrd. €.
Hinzu kommen noch die Kosten für den Bau und die permanente Betriebsreserve der kombinierten Gas– und H2–Kraftwerke im Backup sowie für die Wasserstoff–Infrastruktur (Elektrolyseure, Speicher). Diesen Posten lassen wir einstweilen noch außen vor.
Resümee
Mit dem Gegenwert einer „Kugel Eis“, wie der Grüne Trittin mal meinte und wohl auch Habeck bis gestern noch dachte – und viele Grüne noch immer glauben – wird das also nicht zu machen sein.
Windräder, Solarmodule und Speicher können nicht wesentlich länger als 20 – 25 Jahre betrieben werden. So werden z.B. bis 2045 viele der heute Strom liefernden Windkraftanlagen ersetzt werden müssen. Die daraus resultierenden Erneuerungskosten sind in der Überschlagsrechnung nicht berücksichtigt. Ebenfalls ausgeklammert sind die (zu erwartenden) Preissteigerungen aufgrund von steigender Nachfrage und Inflation.
Die CO2–Emissionen sind untrennbar mit der Wirtschaftsleistung verbunden. Man kann die Emissionen verringern durch Verzicht, also durch Reduzierung der Wirtschaftsleistung, oder durch Steigerung der ökonomischen CO2–Effizienz. Global gesehen macht nur Letzteres Sinn, weil die große Mehrheit der Menschen ihre individuelle wirtschaftliche Situation verbessern muss und verbessern will.
Beispiel: Auf den globalen Tourismus gehen CO2–Emissionen von jährlich mehr als 4.000 Mio. Tonnen zurück. Wenn man auf Urlaubsreisen verzichtet, was ja grundsätzlich möglich wäre, dann brechen weltweit ganze Wirtschaftszweige zusammen. Auch in den weniger entwickelten Ländern würde das dramatische Konsequenzen für die Menschen haben. Größere Armut und weitere Fluchtbewegungen wären die Folge. Die platte Verzichtsphilosophie ist daher nicht die Lösung und schafft zudem neue Probleme.
Im Schaubild sind die absoluten CO2–Emissionswerte in Millionen Tonnen CO2 gegen die Absolutwerte des BIP für die 20 wirtschaftsstärksten Staaten und einige ausgewählte weitere Länder aufgetragen. X-Achse: BIP in Mrd. US-Dollar, Y-Achse: Höhe der CO2–Emissionen. Man beachte die logarithmische Skalierung.
Abbildung 1: CO2-Emissionen versus BIP für die 20 wirtschaftsstärksten Staaten und einige ausgewählte weitere Länder. Auf der x-Achse ist das BIP in Mrd. US-Dollar aufgetragen, auf der y-Achse die Höhe der CO2-Emissionen. Man beachte die logarithmische Skalierung. Die TOP-20 Länder mit dem höchsten BIP und die ergänzend aufgenommenen Vergleichsstaaten sind nicht unterschieden. Zusätzlich sind Afrika (braune Kreisscheibe) und die EU (EU-27, blaue Kreisscheibe) eingetragen.
Die Diagonale markiert die durchschnittliche CO2–Effizienz, sie liegt bei 0,38 kg CO2 pro BIP-Dollar(= US-Dollar). Daneben sind noch die Parallelen mit 0,6 kg/US-Dollar, 0,2 kg/US-Dollar und 0,1 kg/US-Dollar eingezeichnet. Viele der Industriestaaten liegen besser als 0,2 kg/US-Dollar und sind somit rechts unterhalb der hellgrün gepunkteten Linie positioniert. Die USA verfehlt diesen Wert knapp. China und Indien liegen über dem Wert von 0,6 kg/US-Dollar.
Es ist nötig, bei der Reduzierung der globalen CO2–Emissionen dort anzusetzen, wo die CO2–Performanz gering ist. Das sind zunächst die Länder mit unterdurchschnittlichen Effizienz- bzw. Performanzwerten. Unterlässt man dies, so führt die – wünschenswerte, oder vielmehr nötige – Erhöhung des BIP unweigerlich zu einer entsprechenden Vergrößerung der globalen CO2–Emissionen. Dass die Effizienzsteigerung grundsätzlich geht, zeigen die Industriestaaten.
Auswirkung von Performanzsteigerungen
Wenn es China gelänge, seine ökonomische CO2–Effizienz ungefähr auf das Niveau der amerikanischen Wirtschaft zu verbessern, dann würde die jährliche chinesische CO2–Emission um mehr als 6 Mrd. Tonnen sinken. Bei einer Effizienz auf deutschem Niveau wäre der CO2-Ausstoß noch einmal 1.000 Mio. t geringer. Indien könnte seine Emissionen um 75 % senken, das wären fast 2.000 Mio. Tonnen weniger.
Demgegenüber ist das, was wir z.B. in Deutschland durch eine weitere Effizienzsteigerung erreichen können nur eine Marginalie. Dieser nüchternen Erkennntis kann man sich nicht verweigern.
Es liegt auf der Hand, dass man die CO2-Emission eines Landes nicht trennen kann von der Wirtschaftsleistung. Um es in maximaler Zuspitzung zu formulieren: Wer nicht tätig ist oder nur für das Nötigste sorgt, emittiert auch kein oder nur wenig CO2. Ungeachtet dessen gibt es natürlich Unterschiede in der ökonomischen CO2–Effizienz. Diese kann man z.B. messen als CO2–Emission pro Einheit des Bruttoinlandprodukts (BIP), also etwa Kilogramm CO2 pro DollarBIP.
Der Wert für die CO2–Emissionen pro Kopf wird – insbesondere von den Grünen – als moralisches Druckmittel eingesetzt. Das ist kein konstruktiver Ansatz.
Im nachfolgenden Diagramm sind für die 20 wirtschaftsstärksten Staaten die relativen CO2-Emissionen gegen den Anteil am globalen BIP aufgetragen. Ergänzend sind noch einige ausgewählte weitere Länder im Diagramm verortet.
Abbildung 1: Relative CO2-Emissionen pro Anteil am globalen BIP für die 20 wirtschaftsstärksten Staaten und einige ausgewählte weitere Länder. Auf der x-Achse ist der Anteil am globalen BIP aufgetragen, auf der y-Achse der Anteil an den globalen CO2-Emissionen. Man beachte die logarithmische Skalierung. Jedes blaue Quadrat steht für eines der TOP-20 Länder mit dem höchsten BIP. Braune Quadrate markieren die ergänzend aufgenommenen Vergleichsstaaten. Zusätzlich sind Afrika (braune Kreisscheibe) und die EU (EU-27, blaue Kreisscheibe) eingetragen.
Zur Interpretation des CO2–BIP Diagramms
Ein Land, dessen Anteil am globalen BIP höher ist als sein Anteil an den globalen CO2-Emissionen weist eine überdurchschnittliche ökonomische CO2–Effizienz auf. Es wirtschaftet also mit einer hohen CO2–Performanz.
Greifen wir exemplarisch Deutschland heraus. Der Anteil am globalen BIP liegt bei etwa 4,4 %, zugleich beläuft sich der deutsche Anteil am globalen CO2-Ausstoß auf ca. 1,9 %.
Aufgrund der Verfügbarkeit von Kernenergie sieht es betreffend Frankreich noch vorteilhafter aus: Anteil am globalen BIP etwa 3 %, Anteil am globalen CO2-Ausstoß nur 0,86 %.
Völlig anders die Situation bezüglich Russland: Dem globalen BIP-Anteil von 1,8 % steht der relativ hohe Anteil an den globalen CO2-Emissionen von 4,9 % gegenüber.
Hohe und niedrige CO2–Effizienz
Generell weist jedes Land, dessen CO2–Emissionsanteil über dem BIP-Anteil liegt eine unterdurchschnittliche ökonomische CO2–Effizienz auf. Die blau gepunktete Diagonale im Schaubild steht für die Diagrammpunkte, bei denen sich die BIP-und die CO2-Anteile die Waage halten. Sie trennt also die Länder mit unterdurchschnittlicher CO2–Effizienz (links oben) von den anderen Ländern mit überdurchschnittlicher CO2–Effizienz (rechts unten). Damit markiert die Diagonale genau die durchschnittliche CO2–Effizienz.
Je größer der Abstand von der Diagonale, desto effizienter bzw. ineffizienter arbeitet ein Land in Bezug auf die CO2–Emissionen. Die parallel zur Diagonale verlaufenden gepunkteten Linien markieren Positionen im Diagramm mit gleicher relativer CO2–Effizienz bzw. gleicher CO2–Performanz.
„Zufällig“ gehören 6 der Länder unter den Top-10 CO2-Emittenten zu den Staaten mit dem größten Anteil am globalen BIP.
Natürlich ist das kein Zufall, es ist mehr oder weniger unvermeidlich, dass eine überproportional hohe Wirtschaftsleistung mit höheren CO2–Emissionen einhergeht. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass gerade die Industrienationen eine relativ hohe CO2-Effizienz aufweisen, also vergleichsweise wenig CO2 pro BIP-Dollar ausstoßen (s. Abb. 1). Für Russland, Indien, Indonesien, Saudi-Arabien, Iran gilt das leider nicht, auch nicht für China als dem mit Abstand größten Emittenten.
Wie man eine hohe Wirtschaftsleistung erzielen und trotzdem die CO2–Emissionen niedrig halten kann zeigt Frankreich. Beim BIP liegt Frankreich weltweit auf Platz 7 mit einem Anteil von ca. 3 %. Zugleich ist der französische CO2-Ausstoß mit weniger als 0,9 % der globalen Emissionen außerordentlich gering (Platz 23 weltweit). Wie die Franzosen das schaffen? Na ja, es muss wohl mit der Kernenergie zusammenhängen.
Um das konkret zu machen: Frankreich hat in etwa die gleiche Wirtschaftsleistung wie ganz Afrika, emittiert aber nur ca. ein Fünftel der CO2-Menge.
Der Vergleich mit Deutschland zeigt ebenfalls, was rationale Politik im Hinblick auf die Reduzierung der CO2–Emissionen bewirken kann. Und dies ohne Einschränkungen bezüglich der Wirtschaftskraft.
Bezogen auf den BIP-Dollar emittiert Deutschland doppelt so viel CO2 wie Frankreich. Das heißt: Unter den Bedingungen der französischen Energiepolitik würden die deutschen CO2–Emissionen nur halb so hoch sein. Das wären mehr als 300 Mio. t CO2 weniger, Jahr für Jahr. Deutschland würde auch sofort aus der Liste der Top-10 CO2-Emittenten ausscheiden und weit nach hinten durchgereicht werden (etwa Pos. 20).
Und was macht Deutschland tatsächlich?
Die Strategie der Ampel unter ideologischer Führung der Grünen sieht eher so aus: Deutschland reduziert sein BIP – und damit auch die CO2–Emissionen. Es darf bezweifelt werden, ob dieses Konzept die restliche Welt zu Nachahmung animieren wird.
Natürlich können wir die Welt aus Deutschland heraus nicht „retten“, auch wenn die Grünen das gerne glauben machen wollen (s. z.B. Diskussion um Wärmepumpen statt Gasheizungen).
Im Schaubild unten sind die globalen CO2-Emissionen seit 1990 im Vergleich zur Entwicklung der Emissionen in Deutschland dargestellt.
Gegenüber 1990 haben sich die globalen Emissionen bis 2020 um 53 % erhöht, bis 2022 sind sie sogar um 61 % angestiegen. Zugleich sind die CO2-Emissionen in Deutschland per 2020 um knapp 42 % zurückgegangen.
Die signifikante Reduzierung der deutschen CO2–Emissionen um 520 Mio. t konnte die gleichzeitige Steigerung des weltweiten Ausstoßes nicht annähernd kompensieren. Der absolute Zuwachs der globalen Emissionen beläuft sich auf über 12.000 Mio. t. Das ist 23-mal mehr als die hierzulande erzielte Einsparung.
Abbildung 1: Globale CO2-Emissionen im Vergleich zu den Emissionen in Deutschland in der Entwicklung von 1990 bis 2022. Gegenüber 1990 haben sich die globalen Emissionen bis 2020 um 53 % erhöht, bis 2022 sind sie sogar um 61 % angestiegen. zugleich sind die CO2-Emissionen in Deutschland per 2020 um 41 % zurückgegangen. Der Vergleichswert für die EU-27 liegt bei -32 %.
Die Zahlen zeigen, dass es nahezu irrelevant ist, ob und ggf. welche CO2-Einsparungsbemühungen wir in Deutschland anstrengen. Damit soll die Verantwortung für die hiesigen Emissionen nicht abgeschoben werden. Es ist nur eine nüchterne Feststellung.
„Klimaschutz“ geht nur global
Klimaschutz – wenn man sich das Wort zu eigen machen will – geht nur global.
Wer das Klima schützen will, muss dafür sorgen, dass die weltweiten Emissionen sinken. Es geht also nur auf Basis einer globalen Perspektive. Nationale Optimierungen mögen das Gewissen von Politikern beruhigen, für das Weltklima bringen sie – wie die Kurvenverläufe in der Grafik zeigen – nahezu nichts. Das gilt auch für Maßnahmen der EU, die ihre Emissionen von 1990 bis 2020 um fast 1.600 Mio. t CO2 verringert hat. Auch dieser „Erfolg“ wurde vom Zuwachs des weltweiten Ausstoßes geschluckt und letztlich zunichtegemacht.
Die verschiedenen Klimaabkommen haben es evident nicht vermocht, eine Kehrtwende herbeizuführen. Bewirkt haben sie lediglich Hysterie und Panik in der Politik, in den Medien und in weiten Kreisen der westlichen Bevölkerung. Aus diesem Zustand heraus erwachsen vielfach symbolhafte Vorschläge zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes, wie z.B. die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen, die am Ende allenfalls für ein gutes Gefühl bei den Protagonisten sorgen, ansonsten aber kaum etwas Messbares bewirken.
Der CO2-Ausstoß kann nur global reduziert werden. Andernfalls wird das Ziel verfehlt. Da 90% der Menschen nicht in den klassischen Industrienationen leben (und 99% nicht in Deutschland), ist klar, wo das Rennen entschieden wird. Dabei müssen auch die großen Potentiale der Dekarbonisierung durch Aufforstung und andere Arten der CO2-Speicherung konsequent ausgeschöpft werden.
Die Verantwortung Deutschlands beschränkt sich auf den deutschen CO2-Anteil, also knapp 2% bei mehr als 4% der globalen Wirtschaftsleistung. Und wenn wir anderen helfen wollen, dann müssen wir selbst wirtschaftlich leistungsfähig bleiben, sonst schaden wir den ausgegebenen Klimazielen.
Frage eines besorgten Lesers: Sahra Wagenknecht, Joshua Kimmich und viele andere Ungeimpfte schenken offenbar den Fake News und somit dubiosen Wissenschaftlern mehr Glauben als den Studien renommierter Wissenschaftler. Wie kann man als Laie wissenschaftliche Wahrheit und Fake News erkennen und wie kann man mehr seriöse Infos und so mehr Vertrauen erhalten?
Eine berechtigte Frage: Wie kann man als Laie seriöse wissenschaftliche Informationen von Falschinformationen unterscheiden?
Der Leser garniert die Frage mit seiner Einschätzung zur Urteilsfähigkeit von z.B. Sahra Wagenknecht und vermutet offenbar, dass sie die fragliche Unterscheidung nicht zu treffen in der Lage sei. Nun, es gibt wohl keinen Anlass, am intellektuellen Durchblick von Sahra Wagenknecht zu zweifeln. Von daher darf man darauf vertrauen, dass sie im Allgemeinen durchaus befähigt ist, wissenschaftliche Wahrheit und Falschinformationen, also Fake News, voneinander zu scheiden.
Eine kurze Antwort
Als kürzest möglich Antwort könnte man dem Leser zurufen: Fragen Sie Frau Wagenknecht, sie weiß, wie es geht.
Das wird den Leser wahrscheinlich nicht zufriedenstellen, deswegen hat er sich ja auch an Prof. Reichl gewandt. Ob er indessen mit der Antwort von Prof. Reichl glücklich wird, ob er überhaupt etwas damit anfangen kann, das darf man mit guten Gründen bezweifeln.
Die Antwort des Experten
Was Prof. Reichl zur Antwort gibt (s. u.), ist zweifellos nicht falsch. Es ist sozusagen eine ebenso seriöse wie wahre Information. Auf jeden Fall ist es definitiv keine Falschinformation. Aber hilft das wirklich weiter? Ich denke, nein.
Anmerkung: Die angegebenen 94 für den h-Wert bei Drosten sind zu hoch gegriffen, nach anderen Quellen liegt der Wert bei 71. Die genaue Zahl ist hier indes irrelevant, weil es nur ums Prinzip geht.
Wahrheit messen
Das Problem ist doch, dass sich „Wahrheit“ nicht einfach wie die Höhe eines Turms oder die Temperatur kochenden Wassers messen lässt. Auch Seriosität oder Vertrauenswürdigkeit entziehen sich einem derart simplen Messvorgang. Zunächst einmal klingt es natürlich vernünftig, dass Wissenschaftler mit einen hohen h-Index (also einer großen wissenschaftlichen Reichweite gepaart mit entsprechender Anerkennung in Fachkreisen) auch seriöse Erkenntnisse erzielen und daher als vertrauenswürdig anzusehen sind.
Prof. Reichl nennt hier beispielsweise Albert Einstein und Stephen Hawking mit h-Indizes von 40 bzw. 75. Klar, das sind anerkannte Geistesgrößen, über deren wissenschaftliche Glaubwürdigkeit man nicht ernsthaft ins Grübeln kommen wird. Als exakte Naturwissenschaft spielt die Physik, zumal die theoretische Physik, indessen in einer anderen Liga als die Medizin bzw. die Virologie oder Epidemiologie. Im weitesten Sinne handelt es sich hierbei um Humanwissenschaften insofern der Mensch als Forschungsgegenstand im Zentrum steht. Das ist nicht unwichtig, weil hierdurch der wissenschaftlichen Methodik enge Grenzen gesetzt werden. Die erzielten Forschungsergebnisse haben vielfach einen eher unscharfen Charakter. Nicht selten kommen unterschiedliche Studien zum selben Thema zu abweichenden Ergebnissen, manchmal gar zu konträren.
Hinzu kommt, dass sich medizinische Forschung fast immer im Spannungsfeld zwischen reiner Wissenschaft und den Interessen der Pharmaindustrie bewegt. Interessenskonflikte sind weder ausgeschlossen noch selten. Und sei es nur, dass „ungünstige“ Forschungsergebnisse aus Opportunitätsgründen nicht veröffentlicht werden. Jedenfalls wird man z.B. die Medizin nicht als exakte Wissenschaft im engeren Sinne bezeichnen können. Dieser Befund hat Folgen auf die Verlässlichkeit und Tragfähigkeit der kommunizierten Wissensstände. Zumindest sind eine gewisse Skepsis und höhere Wachsamkeit stets angebracht, vor allem dann, wenn finanzielle Interessen dahinter vermutet werden können.
Wahrheit in Zeiten der Pandemie
Nun ging die Frage des Lesers ganz klar in Richtung Corona. Auch hier nennt Prof. Reichl einige Beispiele: Namhafte Virologen haben einen aktuellen h-lndex von 15 (Kekulé), 71 (Drosten) oder 178 (Fauci).
An dieser Stelle fragt man sich, wie das zu bewerten sei? Ist der amerikanische Epidemiologe und Präsidentenberater Fauci glaubwürdiger als Drosten? Und dieser wiederum glaubwürdiger als Kekulé? Da beschleichen einen doch leichte Zweifel, ob daraus bereits ein tragfähiger Ansatz zur Unterscheidung von seriösen wissenschaftlichen Informationen (also wissenschaftlicher Wahrheit) und Falschinformationen, vulgo Fake News, erwachsen könne. Die Zweifel werden genährt durch die folgende Beobachtung: John P. A. Ioanndis, seines Zeichens Professor an der Stanford University und vielfach ausgezeichneter Wissenschaftler, hat einen h-index von (sagenhaften) 204. Zugleich ist er der weltweit prominenteste sogenannte „Corona-Leugner“. Üblicherweise wird Prof. Sucharit Bhakdi, mit einem h-index von immerhin 69, ebenfalls zu den Corona-Leugnern gezählt.
Kein Corona-Leugner, aber ein in kritischer Distanz stehender Virologe ist Prof. Hendrik Streeck mit einem h-index von 40. Angesichts seines fast noch jugendlichen Alters steht dieser Wert gleichfalls für ein sehr hohes Maß an wissenschaftlicher Reputation. Karl Lauterbach ist definitiv niemand, der Corona auf die leichte Schulter nimmt, er kommt aber „nur“ auf einen h-index von 23. Immerhin, mag man konstatieren. Natürlich hatten die wenigsten der Publikationen überhaupt etwas mit dem Corona-Virus oder den praktischen Auswirkungen in der Corona-Pandemie zu tun. Doch dies steht auf einem anderen Blatt.
Was tun, wenn es vermeintlich viele Wahrheiten gibt?
Soll nun der Leser Studienergebnisse, Interviews im Fernsehen oder die Aussagen in Talkrunden stets mit dem Blick auf den h-Index bewerten? Lauterbach (23) sagt „Schulen schließen“, Kekulé (14) hält dagegen „Schulen offen halten“. Wer hat Recht? Natürlich Lauterbach, er hat ja den höheren h-Index (weil Kekulé einfach zu wenig publiziert hat). Und wenn am nächsten Sonntag Drosten (71) doch für den regulären Schulbetrieb eintritt? Was soll man dann tun? Öffnen natürlich, es sei denn, Fauci (178) warnt davor. Warum also nicht gleich Ioannidis (204) einladen? Wenn er sich zu Wort meldet, dann müssen alle anderen verstummen. Und wahrscheinlich empfiehlt er die sofortige Beendigung aller Corona-Maßnahmen.
So wird das also nicht funktionieren. Aus einem weiteren Grunde geht es nicht: Die allermeisten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Corona werden eben nicht von einer elitären Gruppe national oder gar weltweit bekannter Wissenschaftler erarbeitet. Es sind vielmehr die namenlosen, meist am Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere stehenden Forscher. Die Mehrzahl von ihnen mit einem einstelligen h-index.
Wissenschaftliche Wahrheit vs. praktische Erfahrung
Sollte man vielleicht eher Experten mit praktischer Erfahrung zu Rate ziehen? Die meisten von ihnen werden einen h-Index nahe Null haben, was indessen nur besagt, dass sie nicht oder kaum in der theoretischen Pandemiebekämpfung tätig waren. Dafür haben sie Erfahrung und wissen, was praktisch umsetzbar ist und wirkt. Natürlich braucht man auch die wissenschaftlichen Begleitstudien. Und selbstverständlich muss man voraussetzen, dass diese Studien wissenschaftlich korrekt durchgeführt und dabei Ergebnisse mit praktischer Relevanz erzielt werden. Der h-Index der Durchführenden hilft dabei aber nur bedingt weiter.
In Wahrheit geht es in der Praxis weniger um die Details in dieser oder jenen Studie. Viel wichtiger ist die Einordnung der erzielten Ergebnisse im praktischen Kontext. Oft ist das die größere Herausforderung. Nicht die manchmal banalen Fakten aus den Studien sind entscheidend, sondern ihre Interpretation im Hinblick auf die abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Praxis.
Was sind Fake News?
An dieser Stelle ist der richtige Platz, mit einem Missverständnis zu den sogenannten Fake News aufzuräumen. Was sind eigentlich Fake News?
Eine Falschinformation liegt dann vor, wenn ein Tatbestand, also eine objektiv bestehende Tatsache, ein im Grundsatz beweisbarer oder faktisch bewiesener Sachverhalt falsch oder die Wahrheit entstellend wiedergegeben wird. Dabei handelt es sich nicht zwangsläufig und eine „Lüge“. Wer die Unwahrheit sagt, ohne dass er sich dessen bewusst ist oder vielleicht sogar im Glauben, es handelt sich um die Wahrheit, dem kann man nicht vorwerfen, er täusche oder fälsche. Hier geht es um den Irrtum. Was natürlich nichts daran ändert, dass die getroffene Aussage in einem solchen Fall unwahr ist.
Von der (bewussten oder unbewussten) Falschdarstellung streng unterscheiden muss man bloße Meinungen. Dazu später, zunächst soll es um die absichtliche Falschinformation gehen.
Verzerrung der Wahrheit
Noch nie konnten sich Fake News so schnell und effizient verbreiten. Ein „Erfolg“ der sozialen Medien. Was früher am Stammtisch gemutmaßt und alsbald wieder in der Versenkung verschwand, das wird heute in Windeseile um den Globus geschickt, modifiziert, zurückgespiegelt und sich selbstverstärkend als vermeintliche „geheime“ Wahrheit, vulgo Verschwörungstheorie, verbreitet.
Beispiele für klassische Verschwörungstheorien sind:
Die Amerikaner waren gar nicht auf dem Mond. Was man als Beweis für die Mondlandung im Fernsehen gesehen hat, das waren gestellte Filmaufnahmen aus Hollywood.
Die Anschläge auf das World Trade Center in 2001 waren in Wirklichkeit vom CIA inszeniert.
Bill Gates will mit einem weltweit verfolgten Impfprogramm den Menschen winzige Computer-Chips implantieren. Es ist sein Ziel, die Menschheit zu manipulieren.
Natürlich kann man solche Aussagen nicht beweisen, sonst wären es ja keine Verschwörungstheorien.
Man sieht an diesen typischen Beispielen, dass sich die von sogenannten Verschwörungstheoretikern verbreiteten Fakes mit einem Minimum an kritischem Verstand als Falschinformationen und Unwahrheiten erkennen lassen. Solche Theorien sind eher amüsant als gefährlich. Eine Gefahr für die Allgemeinheit geht davon jedenfalls kaum aus.
Viel mühsamer als unrichtig zu identifizieren sind die von vermeintlich berufener Seite vorgetragenen Halbwahrheiten. Wenn sie von einer Institution stammen, der man grundsätzlich eine gewisse Glaubwürdigkeit beimisst, dann ist die Gefahr groß, potentiell einer Falschinformation aufzusitzen. Dies gilt insbesondere in dem Fall, wenn Teile der Aussage zutreffen. Dann ist es umso schwerer, die darin verpackte Unwahrheit auszumachen. Solche Fälle sind auch in der Medienberichterstattung nicht ausgeschlossen. Natürlich ist man geneigt, das, was man in der Zeitung liest und in den Rundfunk- oder Fernsehnachrichten hört, ungeprüft für bare Münze zu halten. Mehr noch, wenn solche Informationen von staatlichen Behörden stammen. Aber auch hier muss man wachsam bleiben.
Ein Beispiel zum Themenkreis Falschinformation, Verzerrung der Wahrheit, Interesse und Manipulation: Im Herbst 2021 wurden über viele Wochen hinweg die offiziell ausgewiesenen Corona- Infektionszahlen für Ungeimpfte von staatlichen Stellen mehr oder weniger absichtsvoll künstlich in die Höhe getrieben. Im Ergebnis waren die veröffentlichten Inzidenzen für Ungeimpfte teilweise 10-mal höher als die der Geimpften. Die allermeisten Medien haben brav darüber berichtet und die Botschaft verstärkt. Man hat dabei bewusst die Infektionsfälle mit unbekanntem Impfstatus – und das war die große Mehrheit, weil der Impfstatus nicht konsequent erfasst wurde (und noch immer nicht strikt erfasst wird) – den Ungeimpften zugeschlagen. Das alles wohl in der „guten“ Absicht, damit die Leute zum Impfen zu bewegen.
In die gleiche Richtung geht die generell schlampige oder vielleicht auch vorsätzlich falsche Datenerfassung in Deutschland, die offenbar darauf ausgerichtet ist, die Situation dramatischer darzustellen, als sie tatsächlich ist. Hospitalisierungsraten werden künstlich erhöht, indem jeder eingelieferte Patient mit positivem Test als Corona-Fall gelistet wird, auch wenn er völlig ohne Symptome ist und eigentlich wegen einer Augen-OP ins Krankenhaus gekommen war. Es ist wirklich beschämend, dass wir in Deutschland offensichtlich nicht in der Lage sind, die relevanten Daten verlässlich zu erheben, sie vernünftig zu interpretieren und daraus zutreffende Schlüsse zu ziehen.
Impfquoten, Impfwirkung, Wirkungsdauer, Ansteckungsrisiko, Inzidenzen, Hospitalisierung, Todesfälle betreffend Geimpften und Ungeimpften, usw., werden entweder überhaupt nicht oder nicht genau erfasst, manchmal auch nur geschätzt. Wir haben keine Ahnung, wieviel Millionen tatsächlich schon infiziert waren. … Jeder seriös arbeitende Statistiker und Analyst muss daran verzweifeln. Tatsächlich fehlt uns für eine ernsthafte und wissenschaftlich fundierte Strategie in der Pandemie schlichtweg die Datengrundlage.
Apropos Impfen: Natürlich hat die Impfkampagne Menschenleben gerettet, vor allem unter den Älteren. Nach allem was wir wissen, werden durch die Impfung schwere Krankheitsverläufe viel unwahrscheinlicher. Die Impfung sorgt also für einen hohen Eigenschutz. Den maximalen Nutzen davon haben diejenigen, die das größte Corona-Risiko tragen, also die Älteren. Muss man angesichts dessen nicht applaudieren, wenn Pharmakonzerne subtile Lobbyarbeit für eine Impfpflicht machen? Muss man Ihnen denn nicht glauben, dass sie nur das Beste wollen?
Nein, das muss man nicht, das darf man nicht. Die Pharmakonzerne vertreten ihre eigenen wirtschaftlichen Belange, nicht die Interessen der Menschen. Es geht hier um Milliardengeschäfte. Umso mehr gilt es, das Gesagte auf den Prüfstand zu stellen und nicht einfach so hinzunehmen.
Das Interesse dessen, der eine Aussage tätigt, seien es wirtschaftliche oder weltanschauliche, steht der Wahrheit nicht selten im Wege und gibt immer wieder Anlass zu Fake News oder Halbwahrheiten. Frei nach dem französischen Mathematiker und Philosophen Blaise Pascal kann man dies folgendermaßen zusammenfassen:
„Nie sagt der Mensch so überzeugt die Unwahrheit, als wenn er es mit gutem Gewissen tut.“
Fake News vs. „falsche“ Meinungen
Nehmen wir ein Beispiel mit Bezug auf Corona: Wenn das RKI meldet, per 30.09.2021 seien 107.888.714 Impfungen durchgeführt worden, dann darf man das für wahr halten (auch wenn man es nicht nachprüfen kann). Sofern nun jemand behauptet, es seien tatsächlich nur 70 Mio., Dosen verabreicht worden, so ist das wohl eine Falschinformation, die man mit Verweis auf die Zahlenangabe des RKI richtigstellen kann.
Viel schwieriger ist es bei Meinungen. Wobei es nicht immer leicht fällt, zwischen Meinung und Tatsache klar zu unterscheiden. Wenn z.B. die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfung mit Spikevax für Personen ab 18 Jahren empfiehlt, dann ist diese Empfehlung zunächst einmal eine Tatsache. Sofern weiter ausgeführt wird, das Risiko von Nebenwirklungen sei gering, dann ist dies allerdings eine Meinung. Es ist die profunde und fachliche abgesicherte Bewertung der zuständigen Kommission. Es ist aber keine Tatsache, weil es der Einschätzung des Einzelnen unterliegt, inwiefern ein Risiko bestimmter Höhe in der persönlichen Perspektive noch als gering oder schon als zu hoch erachtet wird.
Sofern also ein Impfskeptiker postet, das Risiko von Nebenwirkungen sei bei Spikevax hoch, dann ist das keine Falschinformation, sondern eine Meinung. Seine persönliche Meinung. Böswillig könnte man sagen, seine persönliche „falsche“ Meinung. Indessen gibt es natürlich keine falschen Meinungen. Meinungen sind frei und unterliegen – jenseits des allgemein akzeptierten Wertekanons – keiner inhaltlichen Qualitätskontrolle.
Die Mehrzahl dessen, was täglich in den sozialen Netzen kommuniziert wird sind Meinungen und keine Fakten. Sogar in den Medien nehmen die Meinungsbeiträge einen immer größeren Raum ein. Eine beliebte Methode zur Tarnung von Meinungen als Fakten ist dabei die Verwendung von geeigneten Statistiken. Je nachdem, was man mitteilt und weglässt, können dabei ganz unterschiedliche Bilder entstehen. Falschbehauptungen im engeren Sinne sind dafür gar nicht vonnöten. Die so oftmals in bester Absicht entstehenden vermeintlichen Fakten sind weder falsch noch wahr, und in gewisser Weise auch beides zugleich.
Tatsachen sind fix, Meinungen nicht
Im Unterschied zu Tatsachen sind Meinungen potentiell volatil. Was gestern noch für richtig erachtet wurde, kann heute in einen ganz anderen Licht erscheinen. Das gilt auch für wissenschaftliche Erkenntnisse, scheinbar festgefügte Lehrmeinungen und natürlich für Vorhersagen.
Und tatsächlich hat die Stiko nach mehreren Monaten der Impfung mit Spikevax per Ende Oktober ihre Empfehlung insofern revidiert, als dass Spikevax nun für junge Männer bis 30 nicht mehr angeraten wird, weil es eine neue Risikoeinschätzung gibt. Nicht die Zusammensetzung des Impfstoffs hat sich geändert, sondern die Haltung der Stiko dazu. Damit wird nochmals ganz klar unterstrichen: Was die Stiko sagt, ist eine Meinung. Es handelt sich um die abgestimmte und profunde Einschätzung von fachkundigen Experten, aber nicht um einen unumstößlichen Tatbestand.
Man mag das Urteil der Stiko für gewichtiger halten als die persönliche Bewertung eines oder auch vieler Impfskeptiker oder unbedingten Impfbefürworter – und das ist es natürlich auch. Das ändert indessen nichts daran, dass es hier mitnichten um eine Tatsachenfeststellung geht. Und weil das so ist, kann es darüber auch keine Fake News geben (sofern man die Meinung der Stiko nicht verfälscht wiedergibt und diese falsche Version der Stiko zuschreibt).
Das gilt übrigens auch für die Feststellung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), es gebe keine Langzeitwirkungen von Impfstoffen. Es konstatiert: Nebenwirkungen treten in zeitlicher Nähe zur Impfung auf, oder gar nicht. Das ist auch in diesem Falle die fachkundige Einschätzung von Experten und somit eine gewichtige Meinung. Es ist aber eben keine Tatsache.
Das Wirkprinzip von mRNA-Impfstoffen ist neu, deswegen kann man auch nachgelagerte oder indirekte Folgen auf das Immunsystem nicht mit Sicherheit ausschließen. Wer dies tut, verstößt gegen elementare wissenschaftliche Prinzipien und handelt unredlich. Analogieschlüsse aus den historischen Impfprogrammen sind nicht hinreichend für den Ausschluss von Langzeitfolgen, weil die Analogie aufgrund des neuartigen Wirkprinzips so nicht besteht.
Auch wenn man eine unmittelbare Gefahr mit größter Sicherheit ausschließen kann, da die Impfstoffe schon millionenfach verabreicht wurden (darauf fußt das Urteil des PEI), so gebietet die wissenschaftliche Skepsis im Verein mit der ärztlichen Vorsicht, solche vorschnellen Verharmlosungen zu unterlassen. Dies vor allem dann, wenn es um Impfprogramme für Kinder geht. Es besteht ein Restrisiko über das man nichts Genaues weiß. Möglicherweise wird es sich als klein erweisen, das ist aber nicht gewiss. Wer das Risiko jetzt aus politischen Gründen kleinredet, ignoriert eherne wissenschaftliche Grundsätze und wird seiner Verantwortung nicht gerecht.
Natürlich kann man pragmatisch argumentieren, das bekannte von Corona ausgehende Risiko sei höher einzuschätzen als das unbekannte Restrisiko möglicher Spätfolgen. Das ist ein politisch opportuner Zugang, den man durchaus vertreten kann. Man muss ihn aber nicht zwingend gutheißen, weil ihm die wissenschaftliche Grundlage fehlt. Zumindest sollte, wer dies propagiert, sich nicht auf die Wissenschaft berufen. Es ist dennoch ein oft anzutreffendes Verhalten: Risiken, die man in Ermangelung verlässlicher Daten und gezielter Untersuchungen nicht quantifizieren kann, werden kurzerhand als nicht existent deklariert. Manchmal wird das sogar explizit als „wissenschaftlich“ ausgegeben – tatsächlich ist es nicht mehr als Augenwischerei.
Kurzum: Der Ausschluss möglicher Langzeitfolgen ist wissenschaftlich nicht hinreichend begründet. Und wenn nun sogar Journalisten in den Medien diese eher skeptische Haltung rundweg als wissenschaftsfeindlich diskreditieren, dann muss man leider festhalten, dass es um die kritische Vernunft der Presse und der öffentlich-rechtlichen Sender offenbar nicht gut bestellt ist.
Fake News detektieren
Die Hürde für Fake News ist nach dem Vorstehenden nicht einmal niedrig, denn bei den allermeisten Informationen die täglich auf uns einströmen sind Fakten und Meinungen eng miteinander verwoben. Wenn man sich in den sozialen Medien umschaut, könnte man den Eindruck gewinnen, es gebe viele und täglich eine größere Anzahl an „gefälschten Nachrichten“. Zum großen Teil ist das aber ein trügerischer Eindruck. Das meiste davon sind lediglich Meinungen, keine verdrehten Tatsachen. Häufig werden sie indessen nicht als abweichende Meinungen, sondern als falsche Tatsachenbehauptungen verstanden.
Bei den bloßen Fakten lassen sich die Fake News eigentlich immer relativ leicht ausmachen. Mittlerweile gibt es auch eine Reihe von Internetseiten (z.B. Correctiv, Volksverpetzer), die Fake News mit großem Engagement aufspüren und dokumentieren. Das kann man machen, ein Mehrwert entsteht aber nur selten. Meist handelt es sich um Banalitäten, die sich schon beim ersten kritischen Blick als Falschinformationen entlarven. Vielfach sind sie so abstrus, dass es der Mühe gar nicht wert ist, genauer nachzuforschen.
Das Grundproblem ist: Oft wird in Meldungen und Postings nicht strikt zwischen Fakten und Meinungen unterschieden und vielen fällt es auch schwer, überhaupt diese Unterscheidung zu treffen.
Wahre Meinungen
Wie groß ist die von Corona ausgehende Gefahr? Droht der Menschheit der Untergang, wenn sie nicht drastische Maßnahmen ergreift? Oder ist es nur eine besonders schwere Grippewelle, wie die sogenannten Corona-Leugner das meinen? Die Fragen können und sollen an dieser Stelle nicht endgültig geklärt werden, wir wollen nur zeigen, wie hier Fakten und Meinungen ineinandergreifen.
Das Corona-Sterberisiko (Mortalität p.a.) liegt in der Altersgruppe 20-29 bei 0,001%, bei den 80-89-Jährigen beläuft sich das Risiko dagegen auf 0,5%. Das sind die objektiven Tatsachen, wie sie sich aus den betreffenden vom RKI publizierten Todesfallzahlen („an oder mit“-Corona verstorben) unmittelbar ergeben. Man darf also sagen, das sind Fakten. Oder, noch pointierter: Das ist die Wahrheit. Mögliche Zweifel an der Todeskausalität bei einem Teil dieser Fälle wollen wir ganz bewusst ausklammern.
Die beiden genannten Zahlen repräsentieren also bezüglich der von Corona ausgehenden Gefahr eine wesentliche Einsicht: Junge Menschen sind kaum betroffen, Alte sind sehr viel stärker gefährdet. Nun haben alte Menschen ja generell ein höheres Sterberisiko. In der Mitte der 80er-Lebenjahre (was ja schon mehr ist als die mittlere Lebenserwartung) liegt es in etwa bei 10% p.a. Ein zwanzigstel dieses Risikos ist daher Corona zuzuschreiben. Wobei dies natürlich von vielen Einzelfaktoren, wie Vorerkrankungen, allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensumständen, wie z.B. Heimunterbringung abhängig ist. Ob man das Risiko für hoch oder gering hält, entzieht sich indes der objektiven Bewertung.
Für 25-Jährige liegt das allgemeine Sterberisiko ohne Corona bei etwa 0,05%. Bei jenen macht das zusätzliche Corona-Risiko also nur etwa ein fünfzigstel ihres ohnehin geringen Sterberisikos aus. Auch hier kann man nicht objektiv sagen, das sei viel oder wenig. Was man sagen kann ist dies: Die absolute von Corona ausgehende Gefahr ist für die Älteren 500-mal höher, was sich auch in der Verteilung der Todesfallzahlen entsprechend niederschlägt.
Das soll zeigen: Objektive Tatsachen sind immer nur der Ausgangspunkt. Das Entscheidende ist die Interpretation der Tatsachen. Dabei handelt es sich nicht mehr um Wahrheit, sondern um Meinung. Gleichviel, welche und wie viele Gründe man anführt, es bleibt eine bloße Meinung. Eine begründete Meinung zwar, aber dennoch keine unumstößliche Wahrheit. Man kann die Tatsachen auch anders interpretieren und daraufhin zu anderen Schlüssen kommen. Im konkreten Fall könnte man andere Corona-Maßnahmen ergreifen, z.B. solche, die weniger einschneidend wirken und mit geringeren Nebenwirkungen einhergehen. Damit leugnet man nicht die Tatsachen, man entscheidet sich vielmehr für eine andere Sicht der Dinge. Und das ist fast immer eine Option.
Die Frage nach der Wahrheit
Kehren wir zurück zum Kern der Frage des Lesers: Wie kann man als Laie seriöse wissenschaftliche Informationen von Falschinformationen unterscheiden?
Es ist eine schwierige Frage! Die ehrliche Antwort ist: Für den Laien gibt es keinen einfachen und sicheren Weg der Unterscheidung. Ja noch nicht einmal Fachleute und ausgewiesene Experten sind vor Irrtümern gefeit. Es gibt aber immerhin einige Grundregeln, die einem dabei helfen, Falschinformationen zu erkennen. Genaugenommen sind es gar keine Regeln, es ist vielmehr eine kritische Grundhaltung.
Kritikfähigkeit
Die grundsätzliche wissenschaftliche Herangehensweise ist die, den naheliegenden Erklärungen und den blanken Zahlen – vermeintlich also Tatsachen – nicht blind zu vertrauen. Oftmals sind die Zusammenhänge komplexer, als es sich auf den ersten Augenschein hin darstellt. Problematische Abhängigkeiten, versteckte Wechselbeziehungen oder unklare Zuordnungen stehen der tieferen Erkenntnis nicht selten im Wege. Es ist daher unwissenschaftlich, die eigene Argumentation auf einer vordergründigen und damit ungesicherten Grundlage aufzubauen. Das gilt nicht nur für Wissenschaftler. Der Pflicht zur kritischen Auseinandersetzung unterliegt jeder Einzelne.
Einfach strukturierte Menschen ignorieren die Komplexität der Wechselbeziehungen und suchen nach simplen Erklärungen. Meist entsteht so ein unterkomplexes Bild der Realität. An die Stelle der nichtverstandenen Abhängigkeiten werden Feindbilder gesetzt: Bill Gates will uns alle einen Chip implantieren und uns abhängig machen, die Regierung verfolgt einen geheimen Plan zur Abschaffung der Demokratie, die Bevölkerung soll ausgetauscht werden … und was da sonst noch an skurrilen Konstrukten ins Feld geführt wird. Hinsichtlich Corona haben sich einige besonders hartgesottene und geistig offenbar arg limitierte Gegner der politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in diesem selbstgeschaffenen Dickicht von abstrusen Überzeugungen verlaufen.
Die große Mehrheit der Menschen neigt nicht zu solch abwegigen Theorien und verlässt sich lieber auf die Ansagen der Politiker und die tägliche Medienberichterstattung. Dort kommen natürlich auch Experten zu Wort, womit sichergestellt wird, dass auch die wissenschaftliche Sicht Berücksichtigung findet. – Ist also das, was über die Medien verbreitet wird nicht per se vertrauenswürdig, ja sogar rundweg richtig und alternativlos? Ist es nicht geradezu abwegig, wissenschaftliche Aussagen zu bezweifeln oder politischen Maßnahmen und Entscheidungen zu misstrauen? So sieht es wohl die überwiegende Mehrzahl der Menschen. Dazu gehören auch die Medienschaffenden, die – ungewöhnlich genug – sich in dieser Sache geradezu bedingungslos, wie es scheint, auf die Seite der Regierung geschlagen haben. Vielleicht auch deswegen, weil man sich mit Corona-Leugnern wie Trump und Bolsonaro oder auch Johnson nicht gemein machen will.
Im ersten Impuls ist man geneigt, dem beizupflichten. Bei genauerem Hinsehen kommen dann allerdings Zweifel. Aus mehreren Gründen: Die Fakten sind keineswegs so klar und eindeutig, wie das in den Medien und von Politikern dargestellt wird. Auch seitens der Wissenschaft gibt es, wenn auch nur vereinzelt, abweichende Meinungen. Es fällt auf, dass in der Kommunikation nicht an den kritischen Verstand appelliert wird, man schürt vielmehr Angst und Panik und spricht mit erwachsenen Bürgern wie mit Kindern. Die Bedrohung durch Corona wird einseitig und überhöht dargestellt. Nahezu alle anderen Probleme werden als nachrangig behandelt. Zahlen werden manipuliert.
Um es ganz klar zu sagen: dahinter steckt keine Verschwörung. Es ist wohl einfach die Unfähigkeit, in der komplexen Situation anders zu agieren, als man das gewohnt ist. Drastischer hat es Helmut Schmidt formuliert: „Die Dummheit von Regierungen sollte niemals unterschätzt werden„. Das kann man so stehenlassen.
Anders als dies von Politikern und Medien dargestellt wird, besteht die Pandemiepolitik zu 90 % aus Aktionismus und Panikmache und nur zu 10% aus Wissenschaft (ganz unabhängig von dem dahinterstehenden ernstzunehmenden Anliegen des Gesundheitsschutzes).
Angesichts dessen ist es in einem demokratischen Staatswesen die erste Bürgerpflicht, die politisch verfügten Maßnahmen und die Medienberichterstattung kritisch zu hinterfragen. Dazu gehört, nicht alles ungeprüft für bare Münze zu nehmen. Auch nicht die Aussagen von vorselektierten Wissenschaftlern. Wissenschaft ist keine Religion und die kritischen Nachfragen sind kein Sakrileg. Sie gehören notwendigerweise zum Prozess des Erkenntnisgewinns – auf allen Seiten.
Vielfach läuft es indes genau umgekehrt. Skeptiker werden als Wissenschaftsleugner hingestellt, die Blindgläubigen und Vertrauensseligen gelten als im besten Sinne kritisch und wissenschaftlich orientiert. Das ist eine eigentlich überwunden geglaubte vor-aufklärerische Geisteshaltung. Warum diese im Kern unwissenschaftliche Einstellung reüssieren konnte, das hängt wohl mit der vielfach anzutreffenden Moralisierung von Sachfragen zusammen. Viele haben sich darin eingerichtet, die Welt unter dem Blickwinkel der moralisch „richtigen“ Fragen und Antworten zu deuten. Nicht mehr die kritische Vernunft soll den Weg zur Erkenntnis weisen, sondern die richtige Haltung.
Skepsis
Die Unterscheidung von Wahr und Falsch setzt auf jeden Fall ein gehöriges Maß an Skepsis voraus. Dazu gehört die Erkenntnis: Es gibt keine absoluten Wahrheiten. Zugegeben, ein paradoxes Statement, nimmt es doch für sich in Anspruch, eine gewissermaßen immer gültige Wahrheit auszudrücken. Um den Widerspruch aufzulösen, müssen wir die Aussage um den Zusatz, „man kann sich dessen nicht sicher sein“, ergänzen. Im verallgemeinerten Sinne soll damit die stets notwendige Skepsis auch dem eigenen Urteil gegenüber zum Ausdruck gebracht werden.
Die Skepsis ist der Gegenentwurf zum bloßen Glauben. Wolfgang Herles sagt dazu: „Erst das Hinterfragen – die Skepsis – beendete die Tyrannei des Glaubens.“ Es gibt keinen Wissenschaftler, keinen Philosophen, der nicht Skeptiker wäre. Ohne diese Skepsis würden wir vielleicht heute noch glauben, unser Schicksal sei von den Göttern bestimmt. Und ob es morgen regnet, das entscheidet der Wettergott.
Es liegt auf der Hand, dass Leichtgläubigkeit keine gute Ausgangsbasis für das Erkennen der Wahrheit ist. Allenfalls ist dieser Zugang bequem und spart Zeit und Mühe. Was aber nützt dies, wenn man so auf die falsche Fährte gerät. Denkfaulheit ist das Gegenteil von Kritikfähigkeit und Skepsis.
Nun mag man einwenden, manche Fragen seien so komplex, dass man ohne das Urteil Anderer kein schlüssiges Bild entwickeln könne. Vielfach kann man auch den nötigen Aufwand gar nicht treiben oder es fehlen einem wichtige Voraussetzungen. Das ist richtig. Dennoch entbindet das den kritischen Geist nicht von der inhaltlichen Auseinandersetzung. Auch komplexe Gedankengänge lassen sich nachvollziehen und sollten am Ende zumindest plausibel erscheinen.
Wahrheit steht für sich
Die Orientierung an so simplen Überzeugungen wie, „A hat es gesagt, deswegen ist es richtig“ oder „B hat es gesagt, deswegen ist es falsch“ ist ebenfalls keine verlässliche Grundlage. Diese Haltung ist eng verwandt mit der Leichtgläubigkeit. Man überlässt das Denken sozusagen anderen, denen man per se eine absolute oder zumindest eine höhere Glaubwürdigkeit zugesteht. Oder es wird ihnen andersherum unterstellt, stets die Unwahrheit zu sagen.
Schade, das dürfte wohl für viele eine richtig schlechte Nachricht sein. Es wäre aber auch gar zu schön, wenn die Entscheidung zwischen Wahr und Falsch auf so einfacher Grundlage getroffen werden könnte. Nichtsdestotrotz ist genau diese Attitüde sehr weit verbreitet, und man kann durchaus den Eindruck gewinnen, dass sie im Zuge der bereits oben erwähnten Moralisierung von Sachfragen immer weiter um sich greift.
Kürzlich hat eine Gruppe von 400 Ärzten einen offenen Brief zu Corona verfasst, in dem die Spaltung der Gesellschaft in Ungeimpfte und Geimpfte angeprangert und die politischen Maßnahmen in Richtung einer Impfpflicht als ungerechtfertigt und ethisch nicht vertretbar bezeichnet werden. Im Brief werden eine Reihe von Tatsachen zu den objektiv von Corona ausgehenden Risiken genannt und es werden wissenschaftliche Studien zur Begründung der Position der Ärzte ins Feld geführt. Die Reaktionen darauf waren typisch: Auf der einen Seite eine kleinere Gruppe von Personen, die den Vorstoß dankbar begrüßten. Davon sicher viele, ohne sich mit dem Inhalt genau auseinandergesetzt zu haben. Auf der anderen Seite eine viel größere Gruppe, die den Brief radikal ablehnte. Offenbar vor allem deswegen, weil er ihrer Meinung entgegenstand.
Nun könnte man annehmen, dass man sich zunächst einmal mit dem Inhalt des Gesagten befasst, darin dann die eventuellen Argumentationsschwächen ausmacht und schließlich sachliche Kritik übt. Leider nichts davon. Da wird vor allem nach Informationen zu den Unterzeichnern gesucht. Und wenn einer davon fragwürdig ist (staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aufgrund von Verstößen gegen Corona-Maßnahmen), dann ist damit das Urteil über den Brief sofort gefällt: Nicht glaubwürdig und damit auch nicht akzeptabel, weil der Inhalt von jemand gestützt wird, gegen den Ermittlungen laufen oder der als „verdächtig“ einzustufen ist. Genau das oben skizzierte Bild: B hat es gesagt, also ist es falsch. Inhaltliche Diskussionen erübrigen sich.
Gestützt wird diese Ablehnung im zweiten Schritt auch von „Faktencheckern“. Sie überfliegen den Inhalt und ziehen stante pede ein Resümee zu angeblichen Falschbehauptungen. Wenn man dann genauer nachforscht, dann sieht man, dass die Faktenchecker falsch liegen, weil sie den Inhalt nicht in der gebotenen Sorgfalt überprüft haben. Tatsächlich werden im Brief selbst nur zutreffende Fakten genannt. Den Unterzeichnern wirft man dennoch Falschinformationen vor, u.a. deswegen, weil man – wie oben erläutert – zwischen Meinung und Tatsachenbehauptung nicht klar unterscheidet. Richtig wäre es, den Brief als das zu debattieren, was er ist: Eine abweichende Meinung zu der von Corona ausgehenden Gefahr. Keine Falschbehauptung, sondern eine andere Meinung. Man muss diese Meinung nicht teilen, man kann sich aber mit ihr auseinandersetzen.
Nochmal: Es ist irrelevant, wer eine wahrheitsgemäße Aussage trifft. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage ist unabhängig davon, wer sie tätigt. Wobei wir sophistische Konstruktionen außer acht lassen wollen.
Wenn man Aussagen widerlegen will, dann muss man sich mit dem Inhalt befassen. Es reicht also auch im vorliegenden Fall nicht aus, die Unterzeichner des Briefs aus einer vorurteilsbehafteten Reflexhaltung heraus zu diskreditieren und damit vom Inhalt abzulenken. Genauso wie es auch umgekehrt noch nie ein Argument war, den Ex-Gesundheitsminister Spahn als Bankkaufmann und den RKI-Präsidenten Wieler als Veterinärmediziner abzukanzeln.
Beständigkeit wissenschaftlicher Aussagen
Es wurde oben schon darauf hingewiesen, dass wissenschaftliche Aussagen eigentlich fast immer einen gewissermaßen unfertigen Charakter haben. Das gilt umso mehr, insofern die getroffenen Aussagen als relativ neue Forschungsergebnisse daherkommen.
Nehmen wir wieder das Corona-Beispiel. Was Mediziner und Virologen bisher an vorläufigen Erkenntnissen gewonnen haben, kann den Status gesicherten Wissens (also im eigentlichen Sinne Wissenschaft) nicht für sich beanspruchen. Die Meinungsvielfalt ist ebenso groß wie die Studienaussagen widersprüchlich. Tatsächlich geht es hier (nicht in allen, aber in nennenswert vielen Fällen) um vorläufige Forschungsergebnisse, nicht um gesichertes Wissen und unverrückbare Wahrheiten.
Natürlich gibt es eine vorherrschende Meinung. Indessen geht es in der Wissenschaft nicht nach Mehrheiten. Vielmehr ist gerade die aus der Skepsis geborene abweichende Meinung die Triebfeder für den wissenschaftlichen Fortschritt. Dabei lebt der Fortschritt auch vom Irrtum. Davon haben wir im Laufe dieser Pandemie einiges gesehen. Und das ist absolut nicht ungewöhnlich, weil es im eigentlichen Sinne keine etablierte „Corona-Wissenschaft“ mit einem festgefügten Wissenskanon gibt.
Nichtsdestotrotz wird dem unbedarften Bürger das volatile und noch weitgehend ungesicherte Wissen immer wieder als finaler Stand der Wissenschaft verkauft. Und zwar in einem Duktus, der Zweifel oder Widerspruch im Keim ersticken soll. Dies unter gleichzeitiger Ausblendung kritischer Gegenpositionen. Zweifellos macht das die Kommunikation einfacher. Es ist aber Missbrauch von Wissenschaft. Dieser Missbrauch hat im gesellschaftlichen Diskurs mittlerweile dazu geführt, dass eine Mehrheit glaubt, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein. Fatalerweise gehören dazu auch viele Journalisten, die teilweise mit geradezu religiösem Eifer den vermeintlich finalen Stand des Wissens gegen jegliche Kritik verteidigen, als hinge ihr Seelenheil davon ab.
Neben der Politik sind sie die Hauptverursacher der gesellschaftlichen Spaltung, indem sie einen weltfremden Absolutheitsanspruch propagieren und die Verfechter von (begründeten) Gegenpositionen mehr oder weniger ohne Ansehen der Person verunglimpfen. Erst kürzlich ist das Richard David Precht widerfahren, der nach geäußerten Bedenken betreffend der Verabreichung von Corona-Impfstoffen an Kinder von einem Spiegel-Kolumnisten mit der rhetorischen Frage „Wer ist Doktor Wirrkopf?“ geschmäht wurde.
Es gibt nicht „die Wissenschaft“
Oftmals ist die Rede von „der Wissenschaft“. Das klingt, als spreche man sozusagen von einer höchsten Instanz, deren Urteil keinen Widerspruch duldet. Das ist ein Trugbild das dem Bürger vorzugsweise dann vorgegaukelt wird, wenn man Maßnahmen durchdrücken will, für die die Argumente fehlen.
Am einfachsten kann man dies an einem Beispiel verdeutlichen. Von Corona Genesene werden für eine gewisse Zeitdauer Geimpften gleichgestellt, weil sie, wie jene, teilweise vor einer erneuten Infektion und in einem hohen Maße vor schweren Krankheitsverläufen geschützt sind. Kürzlich wurde nun in Deutschland die Dauer dieses Genesenen-Status von vormals 6 Monaten auf 90 Tage verkürzt. Aus wissenschaftlichen Gründen, wie es heißt. In Wahrheit wurde der Status auf 62 Tage, also etwa 2 Monate reduziert, da man während der ersten 28 Tage nach dem Positivtest noch nicht als genesen gilt. Doch dies nur am Rande.
Zugleich belässt die EU die Gültigkeit des Status auf 6 Monaten und beruft sich gleichfalls auf die Wissenschaft.
Und die Schweiz verlängert die Gültigkeitsdauer auf 12 Monate – natürlich ebenfalls mit dem Verweis auf wissenschaftliche Erkenntnisse.
Das ist nichts Ungewöhnliches, weil es die Wissenschaft – sozusagen als monolithischen Block – eben nicht gibt. Auch in der Wissenschaft existieren vielfältige Meinungen nebeneinander, vor allem im frühen Prozess des Erkenntnisgewinns. Was sich am Ende durchsetzt, ist offen. Je weniger formal die Disziplin, desto größer das potentielle Meinungsspektrum. Typischerweise besonders groß ist die Meinungsvielfalt in den Humanwissenschaften, zumal in der Medizin. Es werden dabei durchaus begründete Meinungen vertreten, aber eben keine absoluten Wahrheiten.
Auch dies wieder ein Beispiel dafür, dass es sehr oft um Meinungen geht, nicht um Fakten und schon gar nicht um absolute Wahrheiten.
Endgültige wissenschaftliche Wahrheit
Schon weiter oben wurde festgestellt: Absolute wissenschaftliche Wahrheiten gibt es nicht. Es gibt aber einen vorläufigen und im Rahmen unserer Möglichkeiten abgesicherten Stand des Wissens. Mehr kann man ehrlicherweise nicht konstatieren. Und das gilt in besonderem Maße für die Humanwissenschaften.
Die Vorläufigkeit impliziert die Eventualität von Veränderungen in unserem Wissensstand. Wir wissen nicht, worin die Änderungen bestehen werden. Wir wissen auch nichts über die Tragweite oder den Zeitpunkt der neuen Erkenntnisse. Ja wir wissen noch nicht einmal, ob diese Eventualität jemals eintreten wird. Was wir sicher wissen ist nur dies: Weder können wir ausschließen, dass sich alles als Makulatur, als bloßer Schein erweisen könnte, noch können wir sicher sein, dass sich im konkreten Falle überhaupt irgendetwas als unzutreffend herausstellt.
Wissenschaft ist der Versuch, unser Verständnis, unser Modell der Wirklichkeit zu objektivieren, es von den subjektiven Beliebigkeiten zu befreien. Die Methoden dafür heißen Empirie und Skeptizismus.
Mathematische Exaktheit darf man dabei indessen nur in relativ einfachen oder sehr lange und tiefgründig erforschten Fällen erwarten. Das gilt allenfalls für Teile der Physik und Chemie. Die (axiomatische) Mathematik nimmt hier eine Sonderrolle ein.
Im Hinblick auf die erzielbare Präzision außerhalb der Mathematik hat Einstein die Grenzen folgendermaßen gezogen:
„Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.“
Absolute Wahrheit übersteigt das menschliche Maß – und auch das Maß der Wissenschaft.
In aller Kürze können wir daher die folgenden Grundsätze formulieren.
Grundsätze zur Diskriminierung von Fake News und zur Annäherung an „die Wahrheit“
(1) Absolutheit: Es gibt keine absoluten Wahrheiten. Und auch diese Aussage ist nicht absolut gesetzt.
(2) Skepsis: Skepsis ist die unabdingbare Voraussetzung wissenschaftlicher Erkenntnis. Eine skeptische Grundhaltung schützt vor Leichtgläubigkeit.
(3) Kritikfähigkeit: Das Erkennen der Wahrheit erfordert eine kritische Grundhaltung. Naheliegende Zusammenhänge und Erwartungen müssen nicht zutreffen.
(4) Plausibilität: Was der Erwartung zuwiderläuft, muss nicht falsch sein, es sollte sich aber im Gesamtkontext als plausibel erkennen lassen.
(5) Falsifikation: Die Wahrheit einer Aussage im strengen Sinne zu beweisen ist in der Realität, von trivialen Ausnahmen abgesehen, fast nie möglich. Wenn die Aussage aber nicht zutrifft, wenn es sich also um eine Falschinformation handelt, dann lässt sich das meist mit vertretbarem Aufwand zeigen.
(6) Unabhängigkeit: Der Wahrheitsgehalt einer Aussage ist unabhängig davon, wer sie tätigt.
(7) Majorität: Inwiefern eine Aussage richtig oder falsch ist, hängt nicht davon ab, ob eine Mehrheit oder eine Minderheit sie für richtig oder falsch hält.
(8) Subjektivität: Im öffentlichen Leben, in den Medien, in den sozialen Netzen und in der Politik geht es nahezu immer um Meinungen oder um Halbwahrheiten. Oft werden diese dennoch als Fakten und damit als vermeintliche Wahrheit ausgegeben. Insofern es um Meinungen geht, lässt sich im strengen Sinne die Frage nach der Wahrheit nicht stellen.
(9) Interesse: Man sollte sich stets fragen, inwiefern die Botschaft von Interessen geleitet ist oder sein könnte. Sofern man Anhaltspunkte dafür findet, ist ein besonderes hohes Maß an Skepsis angeraten. Firmen vertreten meist wirtschaftliche, Parteien und Verbände verfolgen in aller Regel weltanschauliche Interessen. Politiker wollen mit gezielt gestreuten Halbwahrheiten nicht selten von anderen Problemen ablenken.
(10) Egozentrik: Auch das eigene Urteil verdient kritische Distanz und Skepsis.
Das Jahr 2021 ist vorbei und die Corona-Zahlen liegen nun vor. Zu Beginn des Jahres 2021 konnte man erwarten, dass sich das schlimme Corona-Jahr 2020 nicht wiederholen würde, schließlich standen mehrere Impfstoffe zur Verfügung. Allenfalls konnte man es für eine Frage der Organisation halten, bis hinreichend viele Menschen geimpft und die Pandemie damit mehr oder weniger zu Ende sei.
Heute sind wir alle klüger: Die Zahlen für 2021 sind dramatischer als die für 2020 – trotz der Impfung. Fast dreimal so viele Infizierte und immerhin 59% mehr Tote. Mittlerweile wissen wir auch, dass zweimal Impfen nicht reicht. Absehbar ist auch nach der dritten Spritze keine wirkliche Immunität gegeben. Die Impfung schützt zwar oft vor schweren Krankheitsverläufen und Tod, aber wenig vor einer Infektion und vor dem Weitertragen des Virus. Auch Geimpfte sind also nach wie vor Teil der Infektionsdynamik. Zudem ist bekannt, dass der Schutz der Impfung bereits binnen 3 – 4 Monaten nachlässt und der Impfstoff nach 6 Monaten und mehr, je nach Alter, nur noch eine schwache Wirkung entfaltet. Die daraus folgende Problematik wird im Text diskutiert und anhand vieler Grafiken visualisiert.
Aus der tiefergehenden Untersuchung zu den Zahlen für 2021 werden Schlüsse zum altersabhängigen Risiko gezogen: Letalität und Mortalität steigen exponentiell mit dem Lebensalter. Die Sterblichkeit nach einer Infektion (Letalität) verzehnfacht sich pro 18 Lebensjahren. Die Mortalität verzehnfacht sich pro 22 Lebensjahren. Um das richtig einzuordnen muss man erwähnen, dass das absolute Corona-Sterberisiko von 18-Jährigen bei etwa 0,0005% liegt, das von 84-Jährigen bei etwa 0,5%.
Die nachfolgend präsentierten Corona-Grafiken und Analysen basieren sämtlich auf dem vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Zahlenmaterial. Die entsprechenden Referenzen sind im Quellenverzeichnis aufgeführt.
Die Corona-Impfquoten, die Inzidenzen bezüglich der Infizierten, der Hospitalisierten und der Corona-Todesfälle werden vom RKI in hoher zeitlicher Auflösung publiziert. Man muss die Erfassungssystematik nicht in jedem Detail für gelungen und zweckmäßig halten, in Summe ist das RKI dennoch die einzige einigermaßen verlässliche Corona-Datenquelle. Es gibt kleinere Unschärfen, z.B. bezüglich der Impfquoten, und es gibt eklatante Mängel, z.B. hinsichtlich des Erfassung des Impfstatus der Infizierten, der Hospitalisierten und der Todesfälle. Immerhin werden seit August 2021 für die symptomatischen Fälle die Infektionszahlen getrennt nach Geimpften und Ungeimpften erfasst. Weitere für die Analyse wichtige Einflussgrößen wie die verstrichene Zeitspanne seit der Impfung oder das effektive Ansteckungsrisiko aufgrund des Kontaktprofils werden nicht dokumentiert und können daher auch nicht ausgewertet werden.
Die Inzidenzen der Corona-Infektionen und der Fälle der „an oder mit“ Corona Verstorbenen nehmen wir einfach so, wie sie vom RKI veröffentlich wurden, auch wenn man bezüglich der Höhe der Zahlen berechtigte Zweifel ins Feld führen kann. Tatsächlich könnten die Infektionszahlen deutlich höher gelegen haben, weil viele Infektionen unerkannt geblieben sind. Die Zusammensetzung der Testkohorte spiegelt lediglich rechtliche Vorgaben wider. Nötig wäre aber eine Orientierung an wissenschaftlichen Grundsätzen. In letzter Konsequenz sind daher die veröffentlichten Inzidenzen nur grobe Schätzungen.
Umgekehrt könnten viele Todesfälle fälschlicherweise Corona zugerechnet worden sein, weil die Todeskausalität in vielen Fällen nicht näher untersucht worden ist. In letzter Konsequenz könnte die Infektiosität in Wahrheit höher und die Letalität (Sterblichkeit bei einer Corona-Infektion) tatsächlich kleiner sein, als sich dies aus den Zahlen des RKI ergibt. Das ist hier indessen nicht das Thema: Wir stützen uns auf die Daten des RKI, nichts sonst. Alles andere wäre Spekulation.
Abbildung 1: Corona-Infizierte und -Todesfälle 2020 und 2021 im direkten Vergleich. Man erkennt, dass sich die Infektionszahlen in 2021 gegenüber 2020 in etwa verdreifacht haben. Die Anzahl der Todesfälle ist um ca. 59 % gestiegen. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
In Abb. 1 fällt zunächst die hohe Zahl der Infizierten in 2021 auf. Gegenüber 2020 (mit 10 Monaten Pandemiedauer) haben wir in 2021 ein volles Jahr. Das kann den Anstieg sicher nicht erklären. Offenbar liegt ein Grund eher in der höheren Infektiosität der Deltavariante des Virus. Die Anfang 2021 angelaufene Impfkampagne hatte auf die Anzahl der Infektionen offenbar keinen dämpfenden Einfluss. Mit Blick die Todesfallzahlen registriert man den vergleichsweise deutlich geringeren Anstieg. Ist das womöglich ein Erfolg der Impfung? – Teilweise sicher ja, der Effekt ist aber wohl geringer, als dies der erste Anschein vermuten lässt. Näheres dazu mit einer genauen Analyse weiter unten.
Infizierte und Todesfälle nach Altersgruppen – Vergleich 2020/2021
Abbildung 2: Corona-Infizierte 2020 und 2021 nach Altersgruppen im direkten Vergleich. Wie man sieht, sind in 2021 insbesondere die Infektionszahlen bei den jüngeren Altersgruppen erheblich gestiegen. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Abbildung 3: Corona-Todesfälle 2020 und 2021 nach Altersgruppen im direkten Vergleich. Die absoluten Fallzahlen zeigen einen Anstieg insbesondere bei den Über-50-Jährigen. Das größere relative Wachstum verzeichnet man bei den Jüngeren. In der Gesamtschau sind aber dennoch die Älteren mit großem Abstand dominierend. Allein der Zuwachs in 2021 ist bei den Älteren (60+) viermal höher als die Gesamtanzahl der Toten bei den Jüngeren (0-59). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Beim Vergleich der beiden Grafiken nach Abb. 2 und 3 fällt auf, dass die Infektionszahlen weit überwiegend von den Altersgruppen unter 60 getrieben werden, die Todesfälle passieren aber nach wie vor zum größten Teil in der Altersgruppe ab 60. Das werden wir weiter unten genauer beleuchten.
Am vorstehenden Befund hat sich auch durch die Verfügbarkeit von Impfstoffen und der seit Januar 2021 laufenden Impfkampagne offenbar nichts oder nur wenig geändert. Jedenfalls ist der Effekt hier nicht sichtbar. Dabei waren doch gerade die Über-80-Jährigen schon früh im Jahr mit hoher Priorität und in großer Zahl geimpft worden.
Die folgende Abbildung mit zusammengefassten Altersgruppen untermauert dieses vorläufige Resümee in aller Deutlichkeit.
Abbildung 4: Corona-Infizierte und -Todesfälle 2020 und 2021 in ausgewählten Altersgruppen im direkten Vergleich. Bei der Betrachtung der aggregierten Altersgruppen sieht man nochmals deutlicher den starken Anstieg der Infektionen bei den Jüngeren. Tatsächlich ist die Anzahl der Infektionen in der Altersgruppe 0-59 gegenüber 2020 um über 200 % gewachsen. In der Altersgruppe 60+ haben sie sich dagegen nur um gut 100% erhöht. Zugleich sind hier auch die Todesfallzahlen weit weniger gestiegen. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Wenn man den Zahlen etwas Positives abgewinnen will, dann kann man an dieser Stelle immerhin darauf hinweisen, dass die Todesfallzahlen (+53 %) in der Altersgruppe 60+ weniger gewachsen sind als die Infektionszahlen (+104 %). Das darf man zum Teil sicher auch der Impfung zurechnen. Wie groß der Effekt tatsächlich ist, werden wir weiter unten genauer untersuchen. In der Altersgruppe 20-59 (mit einer im Jahresmittel geringen Impfquote) sind die Todesfallzahlen (+202 %) hingegen fast genau so schnell gestiegen wie die Infektionszahlen (+237 %).
Infizierte und Todesfälle nach Altersgruppen – Analyse für 2021
Abbildung 5: Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach Altersgruppen. In der linken Säule sind die Infizierten nach ihrem jeweiligen Anteil farbcodiert eingetragen. Die rechte Säule weist entsprechend die altersgruppenspezifischen Anteile unter den Todesfallzahlen aus. Man erkennt, dass die Infektionen überwiegend bei den Jüngeren auftreten, die Todesfälle indes bei den Älteren. Die gelb-braunen Farbtöne in der linken Säule stehen für die Altersgruppe 0-39 mit einem Anteil an den Infektionen von über 55%. In der rechten Säule kann man diese Farbtöne kaum ausmachen. Der Anteil an den Todesfallzahlen liegt bei etwa 0,7%. Umgekehrt am oberen Ende der Säule: 8,4% der Infizierten werden der Altersgruppe 70+ zugerechnet. Zugleich stellt diese Gruppe 82% aller Corona-Toten. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Auch wenn man mit Blick auf Abb. 5 dem ersten Anschein nach denkt, es sei anders: Die Farbcodierung ist in beiden Säulen gleich. Die extrem asymmetrische Verteilung zwischen Infektionszahlen und Todesfällen über die Altersgruppen hinweg wird mittels der Grafik klar vor Augen geführt. Das wirft ein denkbar grelles Licht auf die Corona-Maßnahmen. Abgesehen von der prioritären Impfung der Ältesten setzen sie überwiegend an der linken Säule im gelb-braunen und im grünen Bereich an (Altersgruppen 0-39 und 50-69). Der Effekt soll sich aber in der rechten Säule zeigen, wo diese Gruppen gerade einmal 17% ausmachen.
Das ist in etwa so, als würde man nach der Brandmeldung im Seniorenstift die Feuerwehr zur Grundschule schicken.
Es zeigt sich hier überdeutlich, dass viele der getroffenen Maßnahmen schon deswegen nicht wirken können, weil sie am falschen Ende ansetzen. Vielleich noch etwas klarer kommt das mittels der nachfolgenden beiden Abbildungen zum Ausdruck.
In der ersten (Abb. 6) sind die Altersgruppen teilweise zusammengefasst, um die zentrale Botschaft noch stärker hervortreten zu lassen. In der zweiten (Abb. 7) wurde eine andere Darstellung gewählt.
Abbildung 6: Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach ausgewählten Altersgruppen. In der linken Säule sind die Infizierten nach ihrem jeweiligen Anteil farbcodiert eingetragen. Die rechte Säule weist entsprechend die altersgruppenspezifischen Anteile unter den Todesfallzahlen aus. Man erkennt, dass die Infektionen überwiegend bei den Jüngeren auftreten, die Todesfälle indes bei den Älteren. Die Altersgruppe 0-19 stellt 25% der Infizierten, aber nur 0,1% der Todesfälle. Dem fast 84%-igen Anteil der den Altersgruppen 0-19 und 20-59 zugerechneten Infektionen stehen 6,6% der Todesfälle entgegen. Dagegen treten 93,3% der Todesfälle in den Altersgruppen 60-79 und 80+ auf, die ihrerseits nur etwa 16% der Infektionsfälle zu verantworten haben. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Abbildung 7: Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach Altersgruppen. Die gelben Säulen zeigen die relativen Infektionshäufigkeiten, die grauen die Todesfälle. Kurz gefasst sieht man auch hier, dass die Infektionen und die Todesfälle in unterschiedlichen Altersgruppen auftreten. Wo nur noch ein Bruchteil der Infektionen verzeichnet wird, sind die Todesfallzahlen am höchsten. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Die Unwirksamkeit vieler politisch verfügter Corona-Maßnahmen kann nach dieser Betrachtung kaum noch verwundern: Sie gehen schlichtweg am Ziel vorbei.
Um den obigen Feuerwehrvergleich nochmals aufzunehmen: Natürlich ist die potentielle Brandgefahr bei der Grundschule endgültig gebannt, die Feuerwehr ist ja schon vor Ort. Das kann sich man als Erfolg schönreden. Aber: Der Unterricht ist gestört und die Schüler leiden. Zugleich steht das Seniorenstift lichterloh in Flammen.
Überblick zu den kritischen Größen Infektionsrisiko, Letalität und Mortalität
Grundsätzlich gilt zwischen den drei Faktoren Infektionsrisiko, Letalität und Mortalität der folgende Zusammenhang:
Die Mortalität ist der relative Anteil der an einer bestimmten Krankheit Verstorbenen bezogen auf die Gesamtheit der Bevölkerung oder bezogen auf eine bestimmte Personengruppe (z.B. Menschen eines gegebenen Alters oder die Bevölkerung in einer Region).
Die Letalität ist der relative Anteil der Verstorbenen bezogen auf die Gesamtheit der Infizierten oder die Gesamtheit der Infizierten einer bestimmten Personengruppe.
Das Infektionsrisiko beschreibt die Wahrscheinlichkeit für eine (Coronavirus-)Infektion. Es ist abhängig von der Eigenschaften des Virus, von den Umweltbedingungen, von individuellen Faktoren sowie von Maßnahmen zur Kontrolle der Verbreitung des Virus.
Die Letalität ist ein Maß für die Gefährlichkeit des Virus bzw. der Infektion bei gegebener Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems und gegebenem Gesundheitszustand des betreffenden Personenkreises sowie ggf. auch der Impfung. Dagegen misst die Mortalität darüber hinaus das Infektions- bzw. Erkrankungsrisiko. In Bezug auf Corona steckt in der Maßzahl der Mortalität somit auch die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen.
Bei 100%-iger Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ist das Infektionsrisiko = 0 und somit die spezifische Mortalität ebenfalls 0. Ohne Schutzmaßnahmen oder mit wenig effektiven Schutzmaßnahmen liegt das Infektionsrisiko in Abhängigkeit von individuellen Faktoren (z.B. Kontakthäufigkeit, Kontaktdauer, Kontaktintensität) irgendwo zwischen 0 und 100%. Im Extremfall, wenn alle Personen der relevanten Bezugsgruppe infiziert sind, ist die Mortalität gleich der Letalität.
Letalität nach Altersgruppen – Vergleich 2020/2021
Abbildung 8: Covid-19-Letalität (Sterblichkeitsrate nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 nach Altersgruppen im Vergleich. Für 2021 ist jeweils der Letalitätswert explizit eingetragen. Man sieht, dass die 2021er-Säulen meist etwas kürzer sind als die 2020er. Stark gesunken ist die mittlere Sterblichkeit über alle Altersgruppen. Sie hat sich von 2,47% in 2020 auf 1,28% in 2021 etwa halbiert. Dieser positive Effekt ist indes nur zu einem geringen Teil auf die Impfung zurückzuführen. Trotz der sehr hohen Impfquote in der Altersgruppe 90+ ist die Letalität für die Ältesten sogar gestiegen. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Wie man Abb. 8 entnimmt, ist die Sterblichkeit nach einer Corona-Infektion in einigen Altersgruppen zurückgegangen, in anderen gestiegen, wenn auch beides nur geringfügig. Für die Altersgruppen ab 60 liegt die Letalität in 2021 aber immer noch höher als 1%, zum Teil drastisch höher. Die anderen Altersgruppen, also alle unter 60, weisen hingegen viel kleinere Sterblichkeitsraten p.a. auf. Unter-40-Jährige liegen bei max. 0,03%. Im Diagramm sind diese Säulen skalierungsbedingt daher nicht mehr sichtbar.
Der Rückgang der durchschnittlichen Sterblichkeit (nach einer Corona-Infektion) über alle Altersgruppen in 2021 ist i. W. auf die hohen Infektionszahlen bei den Jüngeren, wie sie oben dokumentiert wurden, zurückzuführen. Sie sind wenig von schweren Verläufen und Tod betroffen und tragen daher kaum zu den Todesfällen bei. Es ist also ein statistischer Effekt.
Um das an einem Beispiel plausibel zu machen: Wenn sich die Infektionszahlen in der Altersgruppe 0-39 verdoppeln, dann hat dies auf die Todesfallzahlen keinen nennenswerten Einfluss. Allenfalls werden die Beträge in Summe um einige 100 Fälle steigen. Prozentual würde das weniger als ein Prozent ausmachen. Zugleich würden aber die Infektionszahlen insgesamt um mehr als 50% steigen. Im Ergebnis würde daher die Sterblichkeitsrate p.a. nach Corona-Infektion auf etwa Zweidrittel (1/1,5) des aktuellen Wertes sinken (also -33%). Und dies völlig ohne irgendeine steuernde Maßnahme, wie z.B. eine Impfpflicht. Genau diesen Effekt kann man in 2021 im Vergleich zu 2020 beobachten, wie wir oben gesehen haben (s. Abb. 3 und 4).
Abbildung 9: Covid-19-Letalität (Sterblichkeit nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 in ausgewählten Altersgruppen im Vergleich. In der Relation erkennt man in den höheren Altersgruppen den Rückgang der Sterblichkeit nach einer Infektion. Die mittlere Sterblichkeit über alle Altersgruppen hat sich von 2,47% in 2020 auf 1,28% in 2021 etwa halbiert. Die leichte Abnahme der Sterblichkeit bei den Altersgruppen 60-79 und 80+ ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis der prioritären Impfung seit Anfang 2021. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Die Abnahme der Letalitätswerte gegenüber 2020 ist erwähnenswert, vor allem in der Altersgruppe 60-79, sie bleibt aber letztlich doch schwach ausgeprägt. Genau wie in der Altersgruppe 80+ dürfte dieser Rückgang auf die Wirkung der Impfung zurückzuführen sein. Dazu mehr weiter unten bei der Untersuchung der Sterblichkeitsraten für Geimpfte und Ungeimpfte. Die Letalität in den Altersgruppen 60-79 und 80+ bleibt aber dennoch auf hohem Niveau. Auffällig sind die extremen Unterschiede in den Letalitätsraten beim Vergleich zwischen den Älteren und den Jüngeren. Diesbezüglich hat sich zwischen 2020 und 2021 nahezu nichts geändert. Die Säulen für die Altersgruppen 0-19 (0,004%, also ein Fall pro 25.000 Infizierten) und 20-59 (0,014%, also 1 Fall pro 710 Infizierten) sind im Diagramm nicht bzw. gerade noch ansatzweise sichtbar.
Abbildung 10: Kurvenverlauf der Covid-19-Letalität (Sterblichkeit nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Um die großen Unterschiede in den Sterblichkeitsraten zu veranschaulichen, wurde in der Darstellung eine logarithmische Skalierung gewählt. Im Lebensalter bis etwa 25 bewegen wir uns hier bei Letalitätswerten von 0,01% und darunter. Hingegen liegen die Sterblichkeitsraten für Lebensalter über 80 höher als 10%. In der Relation sind das in beiden Jahren etwa 1000-fach höhere Werte. Die Kurve für 2021 verläuft im oberen Bereich geringfügig flacher, was vermutlich auf die Wirkung der Impfkampagne zurückzuführen ist. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Der Vergleich der beiden Kurvenverläufe in Abb. 10 zeigt nochmals deutlich, dass sich in 2021 unter dem Gesichtspunkt der Sterblichkeit bei einer Corona-Infektion gegenüber 2020 kaum etwas geändert hat. Letztlich bleiben die Unterschiede jedenfalls gering. Die noch am meisten ins Auge fallenden Abweichungen bei den Unter-30-Jährigen sind in der Gesamtschau belanglos, weil wir hier von sehr niedrigen absoluten Risikoraten um 0,02% und darunter sprechen.
Tatsächlich größer (max. 1%) sind die Differenzen bei höherem Alter etwa zwischen 60 und 90. Der ab einem Alter von 60 gegenüber der 2020er Kurve partiell flachere Verlauf der Kurve für 2021 steht für einen geringeren Anstieg der Sterblichkeit in diesem Altersbereich. Allerdings zeigen sich auch die Grenzen: Bei den 90-Jährigen konnte auch der grundsätzlich positive Effekt der Impfung den Anstieg der Sterblichkeit nicht stoppen. Dabei liegt es auf der Hand: Die Impfung kann vor allem dort einen merklichen Effekt nach sich ziehen, wo das Risiko höher ist. Bei den Jüngeren mit den sehr niedrigen absoluten Risiken bleibt der Einfluss in der Gesamtschau vernachlässigbar.
Mortalität nach Altersgruppen – Vergleich 2020/2021
Abbildung 11: Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 nach Altersgruppen im Vergleich. Man sieht, dass die 2021er-Säulen stets etwas höher sind als die 2020er. Die Sterblichkeit aufgrund von Corona ist daher in 2021 gegenüber 2020 angestiegen. Die Größe des Effekts erkennt man anhand der mittleren Sterblichkeit über alle Altersgruppen: Sie hat sich von 0,053% in 2020 auf 0,084% in 2021 in der Relation um 59% erhöht. Diese ungünstige Entwicklung ist auf die stark angewachsenen Infektionszahlen zurückzuführen und spiegelt die Zunahme bei den Todesfallzahlen wider. Durch die im Jahresverlauf ohnehin noch nicht voll wirksame Impfung konnte der Anstieg nicht kompensiert werden (s. Text). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Wie man Abb. 11 entnimmt, ist die Corona-Sterblichkeit insbesondere in den Altersgruppen ab 50 gewachsen, teilweise durchaus signifikant. Für die Altersgruppen 80-89 liegt die Mortalität in 2021 bei 0,57%, in der Altersgruppe 90+ gar bei 1,54%. Damit hat sich die Sterblichkeit in der Spitze um 0,15% bis 0,3% gegenüber dem Wert für 2020 erhöht. In absoluten Zahlen macht das allein bezüglich der Altersgruppen 80-89 und 90+ fast 12.000 Sterbefälle mehr aus. In den Altersgruppen 40-49 bis hinunter zu 0-9 verbleibt die Mortalität hingegen im Wertebereich zwischen 0,009% und 0,0004% (also 1 Fall pro 11.000 in der Altersgruppe 40-49 bzw. 1 Fall pro 250.000 in der Altersgruppe 0-19). Im Diagramm sind diese Säulen skalierungsbedingt nicht mehr sichtbar.
Die Erhöhung der durchschnittlichen Sterblichkeit über alle Altersgruppen in 2021 ist also i. W. auf die nochmals gestiegenen Todesfallzahlen bei den Älteren zurückzuführen. Die Altersgruppen ab 60 und insbesondere ab 80 tragen zum weit überwiegenden Teil zu den Todesfällen bei. Auch die prioritäre Impfung der Älteren und die erzielte hohe Impfquote in dieser Altersgruppe konnte den beobachteten Anstieg der Mortalität nicht verhindern. Durch die Impfung wurde der Zuwachs zwar abgemildert, dies aber nicht so durchgreifend, wie man das zu Beginn des Jahres wohl erhofft hatte. Ein Grund dafür dürfte die relativ schnell nachlassende Schutzwirkung der Impfung sein. Dies spricht nicht grundsätzlich gegen die Impfung, es relativiert aber den zu erwartenden Effekt.
Abbildung 12: Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 in ausgewählten Altersgruppen im Vergleich. Die 2021er-Säulen sind stets etwas höher sind als die 2020er. Die Corona-Sterblichkeit ist daher in 2021 gegenüber 2020 angestiegen. Die größten relativen Zuwächse sind bei den Jüngeren zu verzeichnen. Im Hinblick auf die Sterblichkeit dominieren indessen die Altersgruppen 60-79 und 80+ mit riesigem Abstand. Das spiegelt die Erhöhung der absoluten Fallzahlen der Toten in 2021 wider (s. a. Abb. 4). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Der direkte Vergleich der Säulenhöhen in Abb. 12 zeigt in allen Altersgruppen einen Anstieg der Corona-Sterblichkeit p.a.. Die relative Zunahme der Sterblichkeit ist dabei hinsichtlich der Altersgruppen unter 80 am stärksten ausgeprägt, wobei die Gruppen 0-19 und 20-59 aufgrund des absolut gesehen sehr niedrigen Risikos in Summe nicht ins Gewicht fallen. Anders sieht es aus in der Altersgruppe 60-79. Hier liegt der relative Zuwachs bei über 95%, was in absoluter Höhe immerhin eine Zunahme um 0,062% bedeutet. Bezüglich der Todesfallzahlen gehen über 11.000 Tote allein auf dieses Konto. Man kann vermuten, dass durch ein schnelleres Voranschreiten Impfung in der Altersgruppe 60-79 ein gewisser Anteil dieser Fälle hätte vermieden werden können (s. dazu die Diskussion zur weiter unten).
Abbildung 13: Kurvenverlauf der Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Um die großen Unterschiede in den Sterblichkeitsraten zu veranschaulichen, wurde in der Darstellung eine logarithmische Skalierung gewählt. Im Lebensalter bis etwa 25 bewegen wir uns hier bei Mortalitätswerten von 0,001% und darunter. Hingegen liegen die Sterblichkeitsraten für Lebensalter oberhalb 90 bei 1% und darüber. In der Relation sind das in beiden Jahren etwa 1000-fach höhere Werte. Im Vergleich zu 2020 verläuft die Kurve für 2021 insgesamt etwas flacher, was z. T. vermutlich auf die Wirkung der Impfkampagne zurückzuführen ist. Daneben haben aber vor allem die hohen Infektionszahlen bei den Jüngeren einen markanten Einfluss auf den flacheren Kurvenverlauf. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Der Vergleich der beiden Kurvenverläufe in Abb. 13 zeigt nochmals in aller Klarheit, dass in 2021 unter dem Gesichtspunkt der Gesamtsterblichkeit gegenüber 2020 kein wirklicher Fortschritt erzielt wurde. Im Gegenteil: Die Mortalität hat sich durchweg erhöht. Als Verbesserung kann man allenfalls den geringeren relativen Anstieg bei den Älteren konstatieren. Zumindest zum Teil dürfte dieses Resultat auf den risikosenkenden Effekt der Impfung zurückzuführen sein. Ohne die Impfung würde die Mortalität in den Altersgruppe 60+ und damit auch insgesamt sicher höher liegen. Im Rahmen der Diskussion zur Letalität von Geimpften und Ungeimpften wird dieses Szenario näher beleuchtet.
Detailanalyse zur Letalität nach Alter
Die obigen Kurvendarstellungen für die Letalität und die Mortalität über das Alter erlauben aufgrund der über weite Altersbereiche nahezu linearen Verläufe einfache Näherungsdarstellungen oder andere polynomiale Approximationen. In Abb. 14 ist der Kurvenverlauf der Letalität zusammen mit zwei Näherungskurven in Abhängigkeit vom Alter dargestellt. Erfreulicherweise kann man die effektive Letalität für einen weiten Bereich der interessierenden Lebensalter mittels einer (in logarithmischer Darstellung linear erscheinenden) Exponentialfunktion darstellen.
Die lineare Näherung bringt die entscheidende Aussage in aller Deutlichkeit zum Ausdruck:
Die Letalität steigt exponentiell mit dem Lebensalter.
Das Wesen der Corona-Pandemie liegt bei Lichte betrachtet nicht darin, dass das Virus sich exponentiell ausbreiten kann. Für die effektive Bekämpfung viel wichtiger ist die Erkenntnis des mit dem Alter exponentiell steigenden Risikos. Übersetzt heißt dies: Maßnahmen zur Eindämmung der Todesfallzahlen müssen dort ansetzen, wo die Fallzahlen auftreten. Also bei den Alten, nicht bei den Jungen oder gar bei Kindern. Der Hebel bei den Ersteren hat eine bis zu 1000-fache Übersetzung (s.u.). Umgekehrt ist bei Letzteren das Kosten-Nutzen-Verhältnis um denselben Faktor kleiner.
Abbildung 14: Kurvenverlauf der Covid-19-Letalität (Sterblichkeit nach Infektion p.a.) für 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Man beachte die logarithmische Darstellung. Zusätzlich eingezeichnet sind zwei Näherungskurven: Eine exponentiell-lineare Näherung (gestrichelte Linie in braun) und eine exponentiell-kubische Näherung (strichpunktierte Linie in grün). Rohdaten zur Letalitätskurve: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für die Letalität:
Letalität ≈ 0,01% * 10^(Alter-25)/18
Nach vorstehender Approximationsformel verzehnfacht sich der Letalitätswert pro 18 Lebensjahren. Verglichen mit einem 24-Jährigen hat demzufolge ein 42-Jähriger ein 10-fach, ein 60-Jähriger ein 100-fach und ein 78-Jähriger ein 1000-fach höheres Corona-Sterberisiko p.a. bei vorliegender Corona-Infektion. Für die richtige Einordnung sollte man die Höhe des absoluten Risikos nicht unerwähnt lassen. Es liegt bei 0,008% p.a. für 24-Jährige und folglich bei etwa 8% p.a. für 78-Jährige.
Dargestellt als Zweierpotenz besagt die lineare Näherung Letalität~ 2^(Alter/5,41). Daher kann man auch festhalten, dass sich die Corona-Sterblichkeit p.a. bei vorliegender Infektion pro etwa 5,5 Lebensjahren verdoppelt.
Der Kurvenverlauf der Mortalität ist in Abb. 15 zusammen mit einer linearen Näherung in Abhängigkeit vom Alter dargestellt. Den tatsächlichen Verlauf kann man auch in diesem Falle durch eine Exponentialfunktion gut approximieren. Die lineare Näherung bringt das Grundsätzliche im Mortalitätsverlauf in aller Klarheit zum Ausdruck:
Die Mortalität wächst exponentiell mit dem Lebensalter.
Damit wird die obige Aussage zum Wesen der Corona-Pandemie auch im Hinblick auf die Mortalität unterstrichen. Die effektive Bekämpfung und Überwindung der Pandemie erfordert daher zielgenaue Maßnahmen, weil ansonsten die um mehrere Größenordnungen unterschiedlichen Risiken bei Älteren und Jungen in einen Topf geworfen und gleichartig behandelt werden. So erzielt man nur einen Bruchteil der möglichen Wirkung bei gleichzeitig maximalem Kosteneinsatz.
Abbildung 15: Kurvenverlauf der Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Man beachte die logarithmische Darstellung. Zusätzlich eingezeichnet ist eine exponentiell-lineare Näherung (gestrichelte Linie in braun). Rohdaten zur Letalitätskurve: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für die Mortalität p.a.:
Mortalität ≈ 0,001% * 10^(Alter-24)/22
Nach dieser Approximationsformel verzehnfacht sich der Mortalitätswert p.a. pro 22 Lebensjahren. Verglichen mit einem 18-Jährigen hat demzufolge ein 40-Jähriger ein 10-fach, ein 62-Jähriger ein 100-fach und ein 84-Jähriger ein 1000-fach höheres Corona-Sterberisiko p.a.. Um das richtig einzuordnen muss man erwähnen, dass das absolute Risiko von 18-Jährigen bei etwa 0,0005% liegt, das von 84%-Jährigen bei 0,5%.
Dargestellt als Zweierpotenz besagt die lineare Näherung Mortalität ~ 2^(Alter/6,62). Daher kann man konstatieren, dass sich das Corona-Sterberisiko p.a. bei vorliegender Infektion pro etwa 6,5 Lebensjahren verdoppelt.
Der Kurvenverlauf des Infektionsrisiko ist in Abb. 16 zusammen mit zwei Näherungskurve in Abhängigkeit vom Alter dargestellt. Der Verlauf kann durch eine lineare Näherung nicht gut approximiert werden. Es geht hier eher darum, das grundsätzliche Verhalten im Verlauf des Infektionsrisikos in eine einfache Formel zu fassen. Für weite Altersbereiche ist die Abweichung von tatsächlichen Verlauf nicht allzu groß. Die kubische Approximation ist insbesondere für die interessierenden Lebensalter ab 45 sehr viel präziser, aber natürlich auch unhandlicher. Das Wesentliche kommt bereits durch die lineare Näherung zum Ausdruck.
Abbildung 16: Kurvenverlauf des Covid-19-Infektionsrisikos (Infektionswahrscheinlichkeit p.a.) für 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Man beachte die logarithmische Darstellung. Zusätzlich eingezeichnet sind zwei Näherungskurven: Eine exponentiell-lineare Näherung (gestrichelte Linie in braun) und eine exponentiell-kubische Näherung (strichpunktierte Linie in grün). Rohdaten zur Letalitätskurve: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für das Infektionsrisiko p.a.:
Infektionsrisiko ≈ 10% * 1/10^(Alter-25)/100
Im Unterschied sowohl zur Letalität wie auch zur Mortalität, die beide mit zunehmendem Alter exponentiell wachsen, sehen wir bezüglich des Infektionsrisikos ein gegenteiliges Verhalten: Je höher das Alter, desto geringer die Infektionswahrscheinlichkeit. Diese Abhängigkeit ist zwar nicht so stark und eindeutig ausgeprägt, sie führt aber dennoch dazu, dass das Infektionsrisiko mit dem Alter signifikant zurückgeht. Vermutlich deswegen, weil die Anzahl der Kontakte gleichfalls sinkt.
Ganz grob kann man sagen, dass sich die Infektionswahrscheinlichkeit p.a. pro 30 Lebensjahren in etwa halbiert. Ein Blick auf die Zweierpotenz-Näherungsformel macht das unmittelbar klar.
Berechnung der Letalität für Geimpfte und Ungeimpfte nach Altersgruppen
Die Letalitätswerte pro Altersgruppe haben wir oben aus den Daten des RKI abgeleitet und diskutiert. Eine Unterscheidung in Geimpfte und Ungeimpfte kann daraus nicht unmittelbar abgeleitet werden, da die Impfstatus der Infizierten und der Verstorbenen in 2021 nicht konsequent erfasst wurden (jedenfalls wurden diese Zahlen vom RKI nicht veröffentlicht). Über einen kleinen Umweg ist es indessen möglich, die Zahl der infizierten und verstorbenen Geimpften, \( g_{Inf} \) und \( g_{Tod} \), indirekt zu berechnen. Gleiches geht natürlich auch für die Ungeimpften (\( u_{Inf} \) und \(u_{Tod} \)).
Das Rechenverfahren mit der Herleitung der nötigen Formeln wird im Anhang näher dargestellt. Die Datengrundlage für die angenommenen altersgruppenspezifischen Impfquoten und Wirksamkeiten ist in Tab. 1 aufgelistet.
Tabelle 1: Annahmen zu den altersgruppenspezifischen Impfquoten und den Schutzwirkungen der Impfung im Hinblick auf eine Covid-19-Infektion und Tod (an oder mit Corona). Die durchschnittlichen Impfquoten ergeben sich aus dem Verlauf der Impfkampagne im Jahresverlauf aus den Daten des RKI. Die Annahmen zur Schutzwirkung basieren auf den Infektionszahlen Geimpfter und Ungeimpfter (wurden in der zweiten Jahreshälfte für symptomatisch Erkrankte erfasst). Hinsichtlich des Schutzes vor Tod wurden die Todesfallzahlen des RKI in den Kalenderwochen 40-49/2021 zugrunde gelegt. Ferner wurden Studienaussagen über das Nachlassen der Schutzwirkung in den Monaten nach der zweiten Impfdosis berücksichtigt (s. [8]).
Abbildung 17 zeigt die Ergebnisse der Berechnung auf Basis der angenommenen Jahresmittelwerte für die Impfquoten und die Wirksamkeiten (s. Tab. 1).
Abbildung 17: Berechnete Covid-19-Letalität (Sterblichkeitsrate nach einer Corona-Infektion) in 2021 für Geimpfte und Ungeimpfte nach Altersgruppen. Die grauen Säulen zeigen die mittlere Sterblichkeit pro Altersgruppe. Man erkennt, dass die Sterblichkeitsraten von Geimpften in den interessierenden und am meisten gefährdeten Altersgruppen 60-69, 70-79 80-89 und 90+ gegenüber den jeweiligen Referenzwerten (graue Säulen) gesunken sind. Die Letalität der Ungeimpften liegt dagegen überall höher. Der Unterschied zwischen Geimpften und Ungeimpften macht in der Relation z.T. mehr als 100 % aus. Die mittlere Sterblichkeit über alle Altersgruppen liegt natürlich nach wie vor bei 1,28 %. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Die mittlere Letalität der Geimpften liegt nach den berechneten Daten bei etwa 3,68%, die der Ungeimpften bei 0,89%. Unter den Geimpften ist demnach die Sterblichkeit im Mittel 4-mal höher. Das erscheint auf den ersten Blick paradox und absolut unplausibel. Indessen lässt sich dieser Effekt sehr leicht erklären. Wie man Tab. 1 entnimmt und wie es ja auch der Realität entspricht, war die Impfquote bei den Älteren ab 60 im Jahresmittel deutlich höher als die Impfquote bei den Jüngeren (Altersgruppen, 0-9, 10-19, 20,29, 30-39, sogar 40.49). Die Ungeimpften rekrutieren sich daher zu einem großen Teil aus diesen zwar nicht geimpften, aber absolut ungefährdeten Altersgruppen, die zu den Todesfallzahlen in Summe weniger als 1% beitragen. Umgekehrt sind gerade die vulnerablen Gruppen geimpft – und sie haben natürlich trotz der Impfung immer noch ein vielfach höheres Corona-Sterberisiko als die jungen Ungeimpften.
Wir haben oben gesehen, dass sich die Letalität (also die Sterblichkeit bei einer vorliegenden Infektion) pro 18-Lebenjahren verzehnfacht. Wenn nun andererseits die Impfung im Idealfall eine Wirksamkeit von 90% entfaltet, dann wird dieser positive Schutzeffekt im Ergebnis pro 18-Lebensjahren Unterschied aufgezehrt. Demnach hat also z.B. ein 24-Jähriger Ungeimpfter immer noch ein 100-fach geringeres Risiko an Corona zu versterben als ein 78-Jähriger Geimpfter. Tatsächlich ist die Schutzwirkung der Impfung in der Realität gerade für die Ältesten deutlich geringer als 90%, teilweise geht sie eher in Richtung 50%. Deswegen kann es nicht verwundern, dass die Sterblichkeitsrate der Geimpften im Schnitt höher liegt als die der Ungeimpften.
Im Wesentlichen geht es hier um einen statistischen Effekt aufgrund der ungleichen Risikomischung in den beiden Gruppen. Der entscheidende Punkt ist die gewichtete Mittelwertbildung mit den jeweiligen Anteilen unter den Geimpften bzw. Ungeimpften in der Bevölkerung. Vorausgesetzt, die Impfquote in allen Altersgruppen wäre gleich (also gleiche Risikomischung), dann würde die Letalität der Geimpften auch in der Mittelwertbildung über alle Altersgruppen kleiner ausfallen als die der Ungeimpften.
Hypothetische Todesfallzahlen auf Basis der berechneten Letalitätswerte für Geimpfte und Ungeimpfte
Auf Basis der berechneten Letalitätswerte für Geimpfte und Ungeimpfte kann man grob bestimmen, wie hoch die Todesfallzahlen in 2021 gewesen wären, wenn niemand oder alle geimpft gewesen wären. Natürlich ist dieser Ansatz in gewisser Weise spekulativ, weil man nicht sicher vorhersagen kann, welchen Einfluss eine geänderte Impfquote auf die Infektionsfallzahlen gehabt haben würde. Nach allem was wir heute wissen, kann man in erster Näherung davon ausgehen, dass dieser Einfluss eher gering ist. Nach den Daten des RKI zu den symptomatischen Covid-19-Fällen tragen Geimpfte und Ungeimpfte in ähnlichem Grade zum Infektionsgeschehen bei. Geimpfte sind daher, schon wegen ihrer zahlenmäßigen Dominanz, nicht wegzudenkende Treiber der Infektionsdynamik. Unterstellen wir daher in einer ersten Betrachtung, es gebe durch die Impfung keine unmittelbare Rückwirkung auf die Inzidenzen. Wie hoch wären unter dieser Annahme die Todesfallzahlen für 2021 in den beiden Extremszenarien ausgefallen?
In Abb. 18 sind die entsprechenden, auf Basis der berechneten Letalitätswerte und der geschilderten Annahme bestimmten hypothetischen Todesfallzahlen im Vergleich zu den tatsächlichen Fallzahlen nach Altersgruppen getrennt hintereinander dargestellt.
Abbildung 18: Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen. Die Reihenfolge der Legende entspricht der Höhe der Säulen von vorne nach hinten. Die grünen Säulen im Vordergrund zeigen die Todesfallzahlen unter der Annahme, alle seien schon zu Beginn des Jahres geimpft (Impfquote 100%) gewesen und würden die Sterblichkeitsrate in Höhe der berechneten Letalität aufgewiesen haben. Im Hintergrund orange dargestellt sind die Säulen für das Alternativszenario ganz ohne Impfung (Impfquote 0%). Die tatsächlichen Fallzahlen werden durch die grauen Säulen aufgezeigt. Zusätzlich dargestellt sind die hypothetischen Fallzahlen unter der gleichfalls nicht abwegigen Annahme, die Letalitätswerte aus 2020 würden auch in 2021 zutreffend gewesen sein (blauen Säulen). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
In der Gesamtschau macht Abb. 18 klar, dass die Impfung die Fallzahlen in allen Altersgruppen ab 60 merklich verringert. Umgekehrt würde der völlige Verzicht auf die Impfung in genau diesen Altersgruppen für eine signifikante Erhöhung der Fallzahlen gesorgt haben. Keinen nennenswerten Effekt sieht man bei den Altersgruppen unter 50, einen geringen in der Altersgruppe 50-59.
Die Summenwerte der Todesfallzahlen für die vier Szenarien sind in Abb. 19 dargestellt.
Abbildung 19: Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 in unterschiedlichen Szenarien. Die Grafik zeigt die Summenwerte der Todesfallzahlen für die vier betrachteten Szenarien. Grün: alle schon zu Beginn des Jahres geimpft (Impfquote 100%), Sterblichkeitsrate in Höhe der berechneten Letalität. Orange: Alternativszenario ganz ohne Impfung (Impfquote 0%). Grau: Tatsächliche Fallzahlen in 2021. Blau: Hypothetische Fallzahlen unter der Annahme, die Letalitätswerte aus 2020 würden auch in 2021 gegolten haben. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Das blaue (Sterblichkeit 2020 auch in 2021) und das orange Szenario (berechnete Sterblichkeit für Ungeimpfte aus den 2021-er Daten) belegen, dass die partielle Impfung in 2021 wohl eine Wirkung entfaltet hat. Jedenfalls würden die Fallzahlen ohne die Impfung mit einiger Wahrscheinlichkeit um einen hohen vierstelligen bis niedrigen 5-stelligen Zahlenwert höher ausgefallen sein. Auch wenn die Szenarien die Realität nicht 1:1 widerspiegeln mögen, so geben sie doch einen validen Hinweis. Das gilt natürlich auch für die Grenzen im Hinblick auf die Höhe des zu erwartenden Resultats.
Die beiden Szenarien „blau“ und „orange“ sind im Ergebnis nicht deckungsgleich. Das war aufgrund der höheren Gefährdung durch die in 2021 verbreitete Delta-Variante auch nicht zu erwarten. Sie weisen aber in dieselbe Richtung. Das stützt die Sinnhaftigkeit des beschriebenen Ansatzes (s. Anhang) zur separaten Ableitung der Letalitätswerte für Geimpfte und Ungeimpfte. Der Vergleich der tatsächlichen Fallzahlen mit dem grünen Szenario zeigt überdies den möglichen Effekt einer hohen Impfquote. Die Fallzahlen gehen sicher nicht auf Null, das ist angesichts der begrenzten und im Zeitverlauf rasch nachlassenden Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe auch nicht zu erwarten. Dennoch ist die mögliche Reduzierung der Anzahl der Todesfälle durchaus signifikant, wenn auch nicht durchschlagend.
Hypothetische Todesfallzahlen bei Änderung der Impfquote
Im vorstehenden Abschnitt haben wir den Aspekt der Infektionszahlen außer acht gelassen. Deswegen müssen die Ergebnisse zunächst als Fingerzeige gelten. Es ist indessen möglich, die Auswirkungen einer geänderten Impfquote und oder einer anderen Wirksamkeit des Impfstoffen mit einer etwas höheren Präzision aus den Felddaten abzuleiten. Dabei gehen wir von folgenden Überlegungen aus:
Eine Veränderung der Impfquote hat Einfluss auf die Anzahl der Geimpften und Ungeimpften und damit auch auf die Infektionszahlen. Die Sterblichkeit sowohl unter den Geimpften wie auch den Ungeimpften berührt das aber in erster Näherung nicht. Daher erscheint die Annahme konstanter Letalitätswerte pro Altersgruppe plausibel. Anders verhält es sich bezüglich der (Gesamt-)Letalität über alle Infizierten. Wenn die Impfquote modifiziert wird oder sich der Infektionsschutz verändert, dann verschieben sich auch die relativen Anteile der Geimpften und Ungeimpften unter den Infizierten und in der Folge auch das Verhältnis zwischen den Todesfallzahlen. Daher wird die (Gesamt-)Letalität bei der beschriebenen Änderung in der Regel nicht gleich bleiben.
Ausgangspunkt für die Ableitung der Formelbeziehungen ist das Invarianz-Postulat:
Die altersgruppenspezifischen Letalitätswerte der Geimpften und der Ungeimpften sind invariant hinsichtlich einer Modifikation der Impfquote und / oder einer Veränderung der Wirksamkeit des Impfstoffs im Hinblick auf den Schutz vor Infektion (vorausgesetzt, der Todesfallschutz bleibt gleich).
Die mathematischen Überlegungen finden sich im Anhang.
Folgende Formeln kommen für die Bestimmung der Todesfallzahlen bei modifizierter Impfquote \(q^{*}\) und/oder Wirksamkeit \( W^{*} \) zur Anwendung.
Anzahl der Fälle unter Ungeimpften pro Altersgruppe:
Die erzielten Ergebnisse für insgesamt 7 unterschiedliche Szenarien mit altersgruppenspezifisch variierten Impfquoten finden sich in den Abbildungen 20 und 21.
Abbildung 20: Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen zur Höhe der Impfquote. Die Grafik zeigt die Summenwerte der Todesfallzahlen für sieben unterschiedliche Szenarien betreffend der Impfquoten über die Altersgruppen. Zum Vergleich sind die tatsächlichen Fallzahlen aus 2021 (Rubrik ganz links) aufgeführt. Die Säulen sind von links nach rechts nach der Höhe der Gesamtimpfquote geordnet. Ganz oben sind die jeweiligen Differenzen der Fallzahlen zum Vergleichswert aus 2021 notiert. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Man sieht, dass die Höhe der Impfquote allein nur eine begrenzte Aussagekraft im Hinblick auf die erzielbare Reduzierung der Fallzahlen besitzt. Die zweite Rubrik von rechts steht für eine Impfquote von 85%, dennoch liegen die Todesfallzahlen gleich hoch wie in 2021. Warum? Es sind die Falschen geimpft. Nicht die Alten, sondern die Jungen. Umgekehrt kann man mit einer Impfquote von nur 52% (hellgrüne Säule, vierte Rubrik von links) eine Verringerung der Anzahl der Todesfälle auf einem ähnlichen Niveau erzielen, wie das im Szenario mit 73% Impfquote (dunkelbaue Säule, fünfte Rubrik von links) oder im Szenario mit 90% Impfquote (grüne Säule, Rubrik ganz rechts) möglich ist. Entscheidend ist die Durchimpfung von den höheren zu den niedrigeren Altersgruppen.
In der letzten Grafik wird für die Fallzahlen in den betrachteten Szenarien zusätzlich die Unterscheidung in Geimpfte und Ungeimpfte vorgenommen. Dies wirft noch einmal ein Schlaglicht auf die Grenzen des durch eine hohe Impfquote Erreichbaren im Hinblick auf die am Ende verbleibenden Todesfallzahlen unter Ersteren. Anderes als manche das meinen, gehen die Fallzahlen ja nicht auf null, wenn es keine Ungeimpften mehr gibt. Die Todesfallinzidenzen reduzieren sich auch nicht auf 10 %, weil die angegebene Impfstoffwirksamkeit von 90 % eher ein theoretischer Wert ist, der z.B. aufgrund der nachlassenden Schutzwirkung in der Praxis nicht erreicht wird.
Ohne Zweifel hat eine hohe Impfquote einen bedeutsamen Effekt auf die Verringerung der Fallzahlen. Es bleibt aber immer noch eine beträchtliche und mit den verfügbaren Impfstoffen offenbar nicht weiter reduzierbare Anzahl von Sterbefällen, weil mit der Impfquote natürlich auch die Todesfallzahlen unter den Geimpften ansteigen. In Abb. 21 sieht man das ganz deutlich. Das spricht nicht gegen die Impfung, denn die Gesamtanzahl der Corona-Todesfälle geht auf jeden Fall zurück. Es relativiert aber den erwartbaren Erfolg.
Abbildung 21: Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen (Geimpfte und Ungeimpfte) für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen zur Höhe der Impfquote. Die Grafik zeigt die Summenwerte der Todesfallzahlen für sieben unterschiedliche Szenarien betreffend der Impfquoten über die Altersgruppen. Die Säulen sind von links nach rechts nach der Höhe der Gesamtimpfquote geordnet. Grün: Anzahl der Todesfälle bei Geimpften. Orange: Todesfälle bei Ungeimpften. Orange-weiß: Verringerung der Gesamtfallzahlen im Vergleich zu den tatsächlichen Werten aus 2021 (Rubrik ganz links). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.
Mathematischer Anhang
Die altersabhängige Corona-Sterblichkeit bei Infektion (Letalität)
Die Letalität \(L\) pro 100.000 Infizierten kann durch die folgende exponentiell-lineare Näherungsformel ausgedrückt werden:
\begin{align} L \approx 10^{\frac{Alter-7}{18}} \end{align}
Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für die Letalität:
\begin{align} L \approx 0.01\% \cdot 10^{\frac{Alter-25}{18}} \end{align}
Für den Altersbereich 5-80 bleibt der absolute Fehler unter 0,25%. Der relative Fehler liegt für die Altersgruppe 20-80 meist unter 5%. Es gibt zwei Ausreißer mit einer Überschätzung des Risikos für die Altersgruppen 40-49 (30%) und 50-59 (22%).
Nach obiger Approximationsformel verzehnfacht sich der Letalitätswert pro 18 Lebensjahren. Verglichen mit einem 24-Jährigen hat demzufolge ein 42-Jähriger ein 10-fach, ein 60-Jähriger ein 100-fach und ein 78-Jähriger ein 1000-fach höheres Corona-Sterberisiko p.a. bei vorliegender Corona-Infektion. Für die richtige Einordnung sollte man die Höhe des absoluten Risikos nicht unerwähnt lassen. Es liegt bei 0,008% p.a. für 24-Jährige und folglich bei etwa 8% p.a. für 78-Jährige.
Dargestellt als Zweierpotenz ergibt sich \(L \sim 2^{\frac{Alter}{5,41}}\). Daher kann man festhalten, dass sich das Corona-Sterberisiko p.a. bei vorliegender Infektion pro etwa 5,5 Lebensjahren verdoppelt.
Eine bessere Approximation an den Letalitätsverlauf bietet die nachstehende exponentiell-kubische Näherungsformel:
Für den Altersbereich 5-95 bleibt der absolute Fehler bis auf zwei Ausnahmen für die Altersgruppe 70-79 (0,65%) und 90+ (2,6%) unter 0,02%. Der relative Fehler ist für die Altersgruppen 20-29, 40-49, 60-69 und 80-89 kleiner als 0,0001%. Für die Altersgruppen 10-19, 30-39, 50-59, 70-79 und 90+ liegt er bei 33%, 19%, 5%, 10% bzw. 11%.
Die altersabhängige Corona-Sterblichkeit (Mortalität)
Eine exponentiell-lineare Näherungsformel für die Mortalität \(M\) pro 100.000 Einwohnern ist durch die folgende Beziehung gegeben:
\begin{align} M \approx 10^{\frac{Alter-24}{22}} \end{align}
Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für die Mortalität p.a.:
\begin{align} M \approx 0.001\% \cdot 10^{\frac{Alter-24}{22}} \end{align}
Für den Altersbereich 5-80 bleibt der absolute Fehler unter 0,005%, für 80-89 und 90+ liegt er bei 0,012% bzw. 0,1%. Der relative Fehler liegt für die Altersgruppe 30-90+ unter 8%. Für die Altersgruppe 20-29 wird das Risiko um 23% überschätzt, für die Altersgruppen 10-19 und 0-9 um 17% bzw. 65% unterschätzt. Das allerdings auf einem sehr niedrigen absoluten Risikoniveau unter 0,0005%.
Nach vorstehender Approximationsformel verzehnfacht sich der Mortalitätswert p.a. pro 22 Lebensjahren. Verglichen mit einem 18-Jährigen hat demzufolge ein 40-Jähriger ein 10-fach, ein 62-Jähriger ein 100-fach und ein 84-Jähriger ein 1000-fach höheres Corona-Sterberisiko p.a.. Um das richtig einzuordnen muss man erwähnen, dass das absolute Risiko von 18-Jährigen bei etwa 0,0005% liegt, das von 84%-Jährigen bei 0,5%.
Wegen \(M \sim 2^{\frac{Alter}{6,62}}\) kann man ebenfalls konstatieren, dass sich das Corona-Sterberisiko p.a. pro etwa 6,5 Lebensjahren verdoppelt.
Das altersabhängige Corona-Infektionsrisiko
Eine passable exponentiell-lineare Näherungsformel für das Infektionsrisiko \( r_{Inf} \) in Prozent kann folgendermaßen formuliert werden:
Für die Altersgruppen 30-39, 60-69 und 70-79 bleibt der absolute Fehler unter 0,25%, für 50-59 liegt er bei 0,7%, für 10-29 und 80-89 bei max. 2,2%. Etwas größer ist die Abweichung für die Altersgruppen 0-9 (8,5%) und 90+ (4,3%). Der relative Fehler bleibt für die Altersgruppe 10-90 unter 30%.
Die etwas größeren Abweichungen der linearen Näherunsgformel bei den Älteren werden auf Basis der untenstehenden exponentiell-kubischen Approximation vermieden:
Für den Altersbereich 40-90+ bleibt der absolute Fehler der kubischen Näherung unter 0,6%. Die Approximation liegt für die Altersgruppen 0-39 um max. 3,3% daneben. Dabei bleibt der relative Fehler zwischen 20% (10-19) und 45% (0-9). Deutlich kleiner ist der relative Fehler für die Altersgruppen 40-59 (max. 2,4%) sowie 60-69 und 80-89 (<1%). Für die Altersgruppen 70-79 und 90+ liegt er bei max. 12,5%.
Im Unterschied sowohl zur Letalität wie auch zur Mortalität, die beide mit zunehmendem Alter exponentiell wachsen, sehen wir bezüglich des Infektionsrisikos ein gegenteiliges Verhalten: Je höher das Alter, desto geringer die Infektionswahrscheinlichkeit. Diese Abhängigkeit ist zwar nicht so stark und eindeutig ausgeprägt, sie führt aber dennoch dazu, dass das Infektionsrisiko mit dem Alter signifikant zurückgeht. Vermutlich deswegen, weil Ältere im Allgemeinen weniger Kontakte haben oder sich bei ihren Kontakten besser schützten.
Ganz grob kann man sagen, dass sich die Infektionswahrscheinlichkeit p.a. pro 30 Lebensjahren in etwa halbiert. Ein Blick auf die Zweierpotenz-Näherungsformel macht das unmittelbar klar.
Für die Lebensalter 20 – 80 ist die Approximation relativ nahe an der Realität.
Bestimmung der Letalitäten für Geimpfte und Ungeimpfte bei unzureichender Erfassung des Impfstatus
Die Letalität \(L\) für alle Infizierten sowie die Letalitäten für die infizierten Geimpften \( L_{g} \) und Ungeimpften \( L_{u} \) sind folgendermaßen definiert:
Der Wert für \(L\) ergibt sich direkt aus den Statistiken des RKI. Da indessen die Impfstatus der Infizierten und der Verstorbenen in 2021 nicht konsequent erfasst wurden (jedenfalls wurden diese Zahlen vom RKI nicht veröffentlicht), können die Letalitätswerte der Geimpften und der Ungeimpften nicht unmittelbar aus dem Datenmaterial des RKI bestimmt werden. Über einen kleinen Umweg ist es indes möglich, die Zahl der infizierten und verstorbenen Geimpften, \( g_{Inf} \) und \( g_{Tod} \), zu berechnen. Gleiches geht natürlich auch für die Ungeimpften (\( u_{Inf} \) und \(u_{Tod} \)).
Die altersgruppenspezifischen Impfquoten und Wirksamkeiten sind grundsätzlich bekannt. Die Impfkampagne begann Anfang 2021, so dass im Hinblick auf die Anwendung der obigen Formel zur Bestimmung der Letalitätswerte für das Gesamtjahr mittlere Impfquoten abgeschätzt werden müssen. Dasselbe gilt für die Wirksamkeiten bezüglich es Infektionsschutzes und des Schutzes vor Tod. Die betreffenden Annahmen sind in Tab. 1 (s.o.) aufgelistet.
Bestimmung der Todesfallzahlen für Geimpfte und Ungeimpfte
Nach obigen Formeln erhalten wir für die Anzahl der verstorbenen Geimpften und Ungeimpften zusammenfassend die folgenden Beziehungen:
Für \(q=0\) und für \( W_{Tod} =1\) gibt es keine verstorbenen Geimpften, für \(q=1\) gibt es keine Ungeimpften.
Das relative Sterberisiko von Geimpften im Vergleich zu Ungeimpften ist \(1 : \frac{1}{1- W_{Tod}}\). Daher sind die Todesfallzahlen bei Geimpften und Ungeimpften gleich hoch, wenn das Zahlenverhältnis zwischen Geimpften und Ungeimpften reziprok proportional zum Verhältnis der Todesfallrisiken ist, wenn also
Die Anzahl der Todesfälle von Ungeimpften überwiegt, sofern die linke Seite kleiner ist. Das ist sicher dann der Fall, wenn die Impfquote die Wirksamkeit nicht übersteigt. Umgekehrt gibt es mehr Todesfälle bei Geimpften, wenn das Zahlenverhältnis zwischen Impfquote und „Nicht-Impfquote“ über den Wert für das Risikoverhältnis auf der rechten Seite hinauswächst.
Der Zusammenhang gilt natürlich auch ganz allgemein für Infizierte oder Hospitalisierte.
Herleitung der zu erwartenden Infektions- und Todesfallzahlen bei einer geänderten Impfquote und Wirksamkeit des Impfstoffs
Es stellt sich die Frage, wie sich denn die Todesfallzahlen in 2021 entwickelt haben würden, wenn die Imfpquote höher oder niedriger gewesen oder die Wirksamkeit des Impfstoffs eine andere gewesen wäre. Natürlich ist diese Frage spekulativ. Dennoch kann man sich der Antwort nähern und begründete Aussagen zum Effekt solcher Änderungen auf die Todesfallzahlen ableiten. Ausgangspunkt ist das oben formulierte Invarianz-Postulat.
Im Folgenden bestimmen wir die zu erwartenden Infektions- und Todesfallzahlen bei modifizierter Impfquote und Impfstoffwirksamkeit. Das versetzt uns in die Lage, Was-Wäre-Wenn-Analysen durchzuführen.
Grundformeln für Ableitung der hypothetischen Infektions- und Todesfallzahlen
Die modifizierte Impfquote bezeichnen wir mit \(q^{*}\), die geänderte Wirksamkeit für den Schutz vor Infektion nennen wir \(W_{Inf}^{*}\). Der Einfachheit halber verzichten wir dabei auf das Subskript, wenn es aus dem Zusammenhang heraus keine Verwechslungen geben kann; \(W^{*}\) meint also \(W_{Inf}^{*}\).
Wir fragen nach dem formelmäßigen Zusammenhang zwischen den neuen Infektions- und Todesfallzahlen bei der Impfquote \(q^{*}\) und der Infektionsschutz-Wirksamkeit \( W^{*} =W_{Inf}^{*}\) und den Bezugswerten bei der Impfquote \(q^{}\) und der Wirksamkeit \(W =W_{Inf}\). Dabei setzen wir eine unveränderte Wirksamkeit \(W_{Tod}\) bezüglich des Schutzes vor Tod voraus. Die neuen Infektions- und Todesfallzahlen bezeichnen wir mit \( g_{Inf}^{*} = g_{Inf}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), \( u_{Inf}^{*} = u_{Inf}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), \( a_{Inf}^{*} = a_{Inf}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), die Bezugswerte mit \( g_{Inf} = g_{Inf}^{\left(q,W\right)}\), \( u_{Inf} = u_{Inf}^{\left(q,W\right)}\), \( a_{Inf} = a_{Inf}^{\left(q,W\right)}\).
Zur Motivation der Formeln betrachten wir eine Kohorte von 1000 Personen, 400 Geimpften und 600 Ungeimpften. Die Impfquote ist daher 40%. Der Infektionsschutz möge bei 60% liegen. Nehmen wir an, 30 Ungeimpfte seien infiziert. Demnach gibt es nun also \( \small (1-0,6)\cdot \frac{0,4}{1-0,4}\cdot 30 =8\) infizierte Geimpfte. Wenn wir nun die Impfquote auf 70% erhöhen, dann haben wir 700 Geimpfte und nur noch 300 Ungeimpfte. Entsprechend geht die Zahl der infizierten Ungeimpften auf \( \small \frac{300}{600}\cdot 30 = 15 \) zurück. Zugleich steigt die Anzahl der infizierten Geimpften auf \( \small \frac{700}{400}\cdot 8 = 14 \).
Die Anzahl der infizierten Ungeimpften verändert sich demnach proportional zur Quote der Nicht-Geimpften, wie man das intuitiv erwartet. Im Beispiel ist das der Faktor \( \small \frac{1-0,7}{1-0,4} = \frac{0,3}{0,6}\). Auf der anderen Seite wird die Anzahl der infizierten Geimpften entsprechend im Verhältnis der Impfquoten \( \small \frac{0,7}{0,4}\) erhöht.
Wenn sich die Wirksamkeit verändert, hat das offensichtlich keinen Einfluss auf die Anzahl der infizierten Ungeimpften. Doch wie verhält es sich bei den Geimpften? Gehen wir noch einmal zum obigen Beispiel und lassen nun die Impfquote konstant bei 40%, verändern aber die hypothetische Wirksamkeit von 60% auf 80%. Im Ergebnis sinkt die Anzahl der infizierten Geimpften auf \(\small(1-0,8)\cdot \frac{0,4}{1-0,4}\cdot 30 =4\). Ihre Anzahl verändert sich daher proportional zum Verhältnis der Restrisiken. Im Beispiel \( \small \frac{1-0,8}{1- 0,6} \cdot 8 = \frac{0,2}{0,4} \cdot 8 = 4 \). Zugleich sinkt die Gesamtzahl der Infizierten von \( \small 30+8 = 38\) auf \( \small 30+4 = 34\).
Wenn sowohl die Impfquote als auch die Wirksamkeit modifiziert werden, so ändert sich gegenüber den beiden Beispielen nichts bei den Ungeimpften, ihre Zahl geht auf \( \small \frac{1-0,7}{1-0,4}\cdot 30 = 15 \) zurück. Die Zahl der infizierten Geimpften verändert sich dagegen proportional zum Verhältnis \( \small \frac{0,7}{0,4}\cdot \frac{1-0,8}{1-0,6}= \frac{0,7}{0,4} \cdot \frac{0,.2}{0,4} = \frac{7}{8} \) auf \( \small \frac{7}{8} \cdot 8 = 7 \).
Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Gesamtzahl der Infizierten. Im ersten Beispiel sinkt sie von \( \small 30+8 = 38\) auf \( \small 15+14 = 29\). Das ist das Verhältnis \( \small \frac{1 – 0,7\cdot 0,6}{1- 0,4 \cdot 0,6} = \frac{1 – 0,42}{1-0,24} = \frac{58}{76} = \frac{29}{38}\). Analog im zweiten Beispiel: Die Gesamtzahl der Infizierten verringert sich von \( \small 30+8 = 38\) auf \( \small 30+4 = 34\) und geht damit proportional zum Verhältnis \( \small \frac{1 – 0,4\cdot 0,8}{1- 0,4 \cdot 0,6} = \frac{1 – 0,32}{1-0,24} = \frac{68}{76} = \frac{34}{38}\) zurück. Schließlich stellt sich im dritten Fall bei der gleichzeitigen Veränderung von Impfquote und Wirksamkeit die neue Anzahl der Infizierten, also \( \small 15+7 = 22\), entsprechend dem Verhältnis \( \small \frac{1 – 0,7\cdot 0,8}{1- 0,4 \cdot 0,6} = \frac{1 – 0.56}{1-0.24} = \frac{44}{76} = \frac{22}{38}\) ein.
Formeln für die Bestimmung der Infektionszahlen Geimpfter und Ungeimpfter
Kommen wir zurück zur Berechnung der Anzahl der infizierten Geimpften und Ungeimpften. Für die Fallzahlen bei Änderung der Impfquote und der Wirksamkeit erhalten wir
Formeln für die Bestimmung der Todesfallzahlen Geimpfter und Ungeimpfter
Im Weiteren können wir auf Basis obiger Formeln auch die Höhe der zu erwartenden Todesfallzahlen der infizierten Geimpften und Ungeimpften nach einer Modifikation von Impfquote und Wirksamkeit direkt aus den Werten für die Gesamtzahl der Infizierten vor der Veränderung errechnen. Wie oben bezeichnen wir die neuen Todesfallzahlen mit \( g_{Tod}^{*} = g_{Tod}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), \( u_{Tod}^{*} = u_{Tod}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), \( a_{Tod}^{*} = a_{Tod}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\) und die Bezugswerte mit \( g_{Tod} = g_{Tod}^{\left(q,W\right)}\), \( u_{Tod} = u_{Tod}^{\left(q,W\right)}\), \( a_{Tod} = a_{Tod}^{\left(q,W\right)}\).
Diese Beziehungen können wir nur deswegen so formulieren, weil sich die Letalitäten für die Geimpften und Ungeimpften im betrachteten Szenario nicht verändern, weil also \(L_{g}^{*} = L_{g} \) und \(L_{u}^{*} = L_{u} \). Das Invarianzpostulat wurde oben erläutert. Für die Gesamtletalität gilt dagegen \(L^{*} \ne L \).
Die Bestimmung der Gesamtletalität bei geänderter Impfquote und Wirksamkeit
womit sich der Zusammenhang zwischen den nach der Modifikation zu erwartenden Todesfallzahlen \( a_{Tod}^{*} \) und den ursprünglichen Infektionszahlen \( a_{Inf} \) für diesen Spezialfall deutlich kürzer fassen lässt:
Unstrittig ist also, dass Deutschland bei der Belastung von Arbeitseinkommen durch Steuern und Sozialabgaben schon seit Jahren zu den Spitzenreitern gehört. Die Steuer- und Abgabenquote auf Arbeitseinkommen beläuft sich auf etwa 37,5%. Damit gibt sich der Fiskus aber nicht zufrieden. Über die Umsatz- und Verbrauchssteuern belastet der Staat darüber hinaus auch noch das verbliebene Nettoeinkommen. Deswegen liegt die volkswirtschaftliche Einkommensbelastungsquote sogar bei 52,1 Prozent (2020) – nach Angaben des Bundes der Steuerzahler ein Rekordwert. Von einem verdienten Euro gehen also 52,1 ct direkt oder indirekt an den Fiskus bzw. an den Staat. Nur 47,9 ct bleiben übrig.
Abbildung 1: Steuerquote in Deutschland 2020. Mehr als die Hälfte des Arbeitslohns gehen letztlich an den Fiskus. Von 1000 € nimmt er sich 521 €.
Sind die Steuern etwa nicht hoch genug?
Was die Grünen, die SPD und die Linken dazu treibt, angesichts dessen sogar noch weitere Steuererhöhungen zu fordern ist rational kaum nachvollziehbar. Kaum besser bei CDU und CSU: auch die Unionsparteien schließen Steuererhöhungen nicht aus. Einzig die FDP fordert folgerichtig, auf weitere Steuererhöhungen zu verzichten und ggf. sogar Entlastungen anzustreben (FDP will Wirtschaft um 60 Milliarden Euro bei der Steuer entlasten).
Nicht nur bei den Steuern auf Arbeitseinkommen, auch betreffend der Unternehmenssteuern langt der Fiskus kräftig zu. Ein völlig anders Bild zeichnet das extra3-Video. Darin wird in den Raum gestellt, Deutschland sei ein Steuerparadies mit ineffizienten Steuergesetzen und einer nachlässigen Finanzverwaltung.
Bei Anhängern der SPD, der Grünen und der Linken findet der Sketch sicher viel Zuspruch. Dabei ist genau das Gegenteil richtig. Kaum etwas funktioniert in Deutschland so gut, wie das fortwährende Perfektionieren von Steuererlassen und das Eintreiben der Steuern.
Das Steuerrecht ist komplex, die Bürokratie überbordend
Über die Jahre ist ein hochkomplexes und sich ständig änderndes Steuerrecht entstanden, das es Unternehmen fast unmöglich macht, jederzeit eine 100 % regelkonforme Steuererklärung abzugeben. Die sinnvolle Steuergestaltung wird mit jedem neuen Erlass weiter erschwert. Ohne die Konsultation von hochspezialisierten Steuerexperten ist das längst nicht mehr darstellbar. Noch nicht einmal für kleinere Firmen. Man kann sich vor der Erkenntnis nicht länger verschließen: Nicht nur die Steuerquote, auch die deutsche Bürokratie ist „Weltspitze“.
Es mangelt nicht an Geld, sondern an Effizienz
Die gesamten Staatseinnahmen (Steuereinnahmen inkl. Gebühren, Verwaltungseinnahmen, Gewinne, Veräußerungen, …) haben sich von 2005 bis 2019 um mehr als 600 Mrd. € (2005: 995 Mrd. €, 2019: 1.600 Mrd. €, ein Plus von 60 %) erhöht. Straßen mit Schlaglöchern, sanierungsbedürftige Schulen, Funklöcher und langsames Internet gibt es nicht, weil es dem Staat an Geld mangelt, sondern weil die Bürokratie fett und träge ist und es nicht auf die Reihe kriegt, das Geld dahin zu leiten, wo der Bedarf besteht. Eher werden unsinnige Lieblingsprojekte von Politikern finanziert.
Der Staat funktioniert perfekt, wenn es darum geht, den Unternehmen und leistungswilligen Bürgern neue Lasten aufzubürden (erweiterte Berichtspflichten, neuartige Abgaben, Öko-Steuer, CO2-Steuer, EEG-Umlage, Kohlepfennig, …) oder längst abzuschaffende Steuern (z.B. Solidaritätszuschlag) einfach beizubehalten, weil er sich daran gewöhnt hat. Er macht allzu oft keinen guten Job, wenn er selbst den Ansprüchen gerecht werden muss, die er den Staatsbürgern ohne viel Federlesens aufbürdet. In der Corona-Pandemie wurde es einmal mehr offenkundig.
Prosperität durch Eigenverantwortung statt ineffektiver staatlicher Einflussnahme
Ganz anders, als es das Video suggerieren will, ist es angesichts der hier nur ganz kurz skizzierten Zustandsbeschreibung absolut legitim und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gar dringend geboten, wenn Wirtschaftsunternehmen den verbleibenden Gestaltungsspielraum im Steuerrecht so weit wie möglich ausschöpfen.
Das kommt im Übrigen auch der Gesellschaft zugute, weil das Geld in den Händen der Bürger respektive Unternehmen bleibt und sie damit wirtschaften und es in Umlauf bringen. Jedenfalls ist das immer noch besser, als wenn der Staat das Geld vereinnahmt und es dann im aufgeblähten Behördenapparat versickert, für fragwürdige parteipolitische Umverteilungspläne draufgeht oder für unsinnige Projekte verschleudert wird. Nach dem Bericht des Rechnungshofes kommen so allein mehrere 10 Milliarden Euro pro Jahr zusammen.
Wie verquer in der Politik teilweise agiert wird, sieht man am aktuellen Beispiel der CO2-Steuer. Die wird selbstredend auch von der SPD und anderen Parteien mitgetragen. Man will damit die Menschen dazu bewegen, weniger fossile Energie zu verbrauchen. Das ist ein richtiges Ziel, wenn auch die Besteuerung selbst sicher nicht die beste Maßnahme ist. Was macht die SPD daraus? Sie hat vorgeschlagen und es mittlerweile auch durchgesetzt, dass Mieter für Heizenergie nur die Hälfte der CO2-Steuer tragen sollen und die andere Hälfte von den Vermietern übernommen wird. Damit wird die Grundidee hinter der CO2-Besteuerung schon wieder ad absurdum geführt, kaum dass die Steuer eingeführt ist.
Die Besteuerung mittlerer Einkommen ist zu hoch
In den Wahlprogrammen der Grünen, der SPD und der Linken wird ein ganz anders Bild gezeichnet. Auch wenn sich fast alle vor konkreten Zahlen drücken, geht die Zielrichtung ganz klar zu höheren Steuern. Opportun ist dabei immer der Hinweis auf die Reichen und Superreichen. Dem kann im Zweifel jeder beipflichten. Man verschweigt dabei gerne, dass die Steuerprogression schon bei Einkommen knapp über dem Durchschnitt auf den Spitzensteuersatz von 42 % ansteigt. Ledige zahlen diesen Satz schon ab etwa 57.000 € zu versteuerndem Jahreseinkommen für jeden weiteren verdienten Euro. Dabei beträgt das Durchschnittseinkommen gerade knapp 48.000 €. Wer also nur ein wenig mehr verdient als der Durchschnitt (etwa 20 %), der wird bereits mit dem Höchststeuersatz belastet.
Im Jahre 1990 wurde der Spitzensteuersatz erst bei dem 5-fachen des Vollzeit-Durchschnittseinkommens fällig. In den wirtschaftlich erfolgreichen Aufbaujahren der Bundesrepublik lag das Verhältnis anfangs gar bei dem 18-fachen (1960). Das kann man zwar nicht 1:1 mit der Situation heute vergleichen (z.B., weil sich auch die Höhe des Spitzensteuersatzes geändert hat), aber dennoch wird klar, dass wir bezüglich der Besteuerung von mittleren Einkommen in einer deutlichen Schieflage sind. Ursache dafür ist vor allem die kalte Progression. Sie entsteht dadurch, dass zwar das allgemeine Gehaltsniveau aufgrund der Lohn- und Preisentwicklung von Jahr zu Jahr mehr oder weniger stark steigt, der Steuertarif i. d. R. aber unverändert bleibt.
Heimliche Steuererhöhungen durch die kalte Progression
Betrachten wir einen Arbeitnehmer, dessen Bruttoverdienst sich im gleichen Maße wie die Inflationsrate erhöht, sagen wir 2 %. Sein Gehalt wächst dann also von 48.000 € auf 48.960 €. Aufgrund der Steuerprogression steigt das Gehalt netto aber um weniger als 2 % (weil er für den Mehrverdienst einen höheren Steueranteil entrichten muss). Genau bleiben hier von den 960 € nur 594 € übrig, das entspricht einer Erhöhung des Nettogehalts um 1,6 %. Tatsächlich hat der Arbeitnehmer damit preisbereinigt (also bezogen auf die Kaufkraft) sogar weniger Geld in der Tasche hat als zuvor. Er ist daher faktisch ärmer geworden, muss dafür aber höhere Steuern entrichten. Das ist die Konsequenz aus der kalten Progression.
Wenn man nur ein einzelnes Jahr nimmt, ist der Effekt im Allgemeinen nicht sehr groß, kann sich aber immerhin auf einige 100 € pro Jahr summieren. Weil der Missstand aber nun schon seit Jahrzehnten besteht, hat sich hier eine massive Fehlbesteuerung vor allem von mittleren Einkommen aufgebaut. Die kalte Progression ist im Ergebnis eine heimliche Steuererhöhung. Eine jedes Jahr aufs Neue greifende Steuererhöhung ohne Ansage. Der alleinige Nutznießer ist der Fiskus, denn was dem Bürger fehlt, mehrt im gleichen Umfang das Steueraufkommen des Staates. Jahr für Jahr entstehen so Steuermehreinnahmen in Milliardenhöhe. So sind dieSteuereinnahmenaus Löhnen- und Gehältern von 2005 bis 2018 um 74 % gestiegen, während die Löhne im gleichen Zeitraum nur um 54 % gewachsen sind.
Viele andere Länder machen das besser und vor allem stärker am Wohle der steuerzahlenden Bürger orientiert: u.a. in den USA, Frankreich und der Schweiz wird die Steuerprogression jährlich an die Inflationsrate angepasst. So wird sichergestellt, dass ein Arbeitnehmer, der 2 % mehr brutto bekommt auch netto 2 % mehr verfügbar hat und somit bei einer Inflationsrate von maximal 2 % keinen Kaufkraftverlust erleidet.
Hohe Steuern zum Wohle der Bürger – aber in welchem Land?
Die Grünen, die SPD und die Linken reden derweil unverdrossen davon, der Staat müsse die Steuereinnahmen erhöhen, um die von ihm erwarteten Leistungen finanzieren zu können. Für manche können z.B. die direkten und indirekten Transferzahlungen in Richtung EU gar nicht hoch genug sein (s. DEUTSCHLAND IST REICH. UND WIE GEHT’S DEN DEUTSCHEN?). Gerne werden auch die Mängel bezüglich Schulen, Bildung, Digitalisierung, Infrastruktur, Gesundheit, Rente, … zur Begründung herangezogen. Man will dem Bürger so weismachen, dem Staat fehle es an Geld für die Bewältigung elementarer Aufgaben. Wir haben oben schon gesehen, dass das nicht zutrifft. Das Gegenteil ist richtig.
Das hohe deutsche Steueraufkommen führt dazu, dass in Europa Begehrlichkeiten geweckt werden und in der Folge Deutschland immer wieder neue Lasten übernimmt. Wie verschiedene Statistiken zeigen, sind die Menschen hierzulande keineswegs die vermögendsten Europäer. Aber dennoch sind deutsche Politiker, insbesondere von den bereits oben genannten Grünen und der SPD allzu gerne bereit, hier erwirtschaftete Steuermittel in Länder zu transferieren, deren Steuersäckel nicht so prall gefüllt ist, weil sie ihre Bürger weniger stark mit Steuern und Abgaben belasten. Offenbar denken andere Politiker in Europa zuallererst an das Wohl ihrer eigenen Bürger. Den Grünen, der SPD und den Linken geht es mehr darum, die Welt zu beglücken.
Eine weitere Idee hinter den Forderungen nach höheren Steuern ist die, dem Bürger zunächst neue Lasten aufzuerlegen und einen Teil dieser Mehreinnahmen wieder als „staatliche Wohltaten“ zurückzugeben. Explizit wird das z.B. von den Grünen bezüglich der CO2-Besteuerung geplant. Das offenbart ein Staatsverständnis, wie man es aus sozialistischen Planwirtschaften kennt. Damit schafft man vorzugsweise neue Planstellen in der Verwaltung, also vor allem mehr Bürokratie. – Daran mangelt es uns gewiss nicht.
Resümee
Der Staat ist überfinanziert und kann mit Geld nicht umgehen. Je reichlicher die Steuerquellen sprudeln, desto mehr davon wird er sinnlos verpulvern. Die Beispiele Berliner Flughafen, Elbphilharmonie, Mautdebakel und die europäische Schuldenunion sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Liste ist sehr viel länger und geht gar noch weit über Europa hinaus. Zum Beispiel zahlt Deutschland noch immer Entwicklungshilfe in Höhe von mehreren 100 Millionen Euro pro Jahr an die Welt- und Technologiemacht China.
Die zahlreichen extra3-Bürokratie-Videos (Der reale Irrsinn im Überblick) belegen eher die „kleineren“ Fehler von Lokal- und Regionalpolitikern im Land. Dabei geht es um in den Sand gesetzte Projekte und unsinnige Maßnahmen, die „nur“ Hundertausende oder wenige Millionen Euro kosten: Straßen ins Nirgendwo, Brückenruinen, Stromtankstellen auf Radwegen, Parkplätze, auf denen man nicht parken darf, Autobahnen ohne Ausfahrt, unterirdische Gehwege. Darüber darf man aber auch die Leitlinien für Gendersprache oder die Zuschüsse für staatsfeindliche linke Aktionsbündnisse … nicht vergessen.
Was Sie in der Corona-Pandemie unbedingt wissen müssen
Im Folgenden sind die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Corona und die gültigen Regeln zum Verhalten in der Pandemie in allgemeinverständlicher Sprache zusammengefasst.
1. Gefährlichkeit von Corona
Das Corona-Virus ist tödlich, seien Sie also extrem vorsichtig. Es ist so gefährlich, dass Sie sogar dann sterben können, wenn Sie gar nicht mit dem Corona-Virus infiziert sind. Dennoch brauchen Sie keine Angst zu haben, denn die weltweite Sterblichkeit liegt nur bei etwa 0,23% (Ioannidis et. al.).
Es kann natürlich zu einer globalen Katastrophe kommen, aber nur dann, wenn das Virus noch viel aggressiver und tödlicher wird. Dann droht globales Unheil. Vielleicht auch nur nationales Unheil, weil wir hier in Deutschland für kollektive Angstpsychosen besonders anfällig sind.
Sehr viele müssen dann sterben, vor allem Kranke, Alte und sehr alte Alte. Ganz besonders dann, wenn jene darüber hinaus auch noch schwerkrank sind. Und fast sicher, wenn Sie im Krankenhaus behandelt werden, denn völlig unabhängig vom Corona-Virus sterben mehr als die Hälfte aller Menschen im Krankenhaus. Allein an Krankenhauskeimen versterben jährlich mehr als 20.000 Menschen, wie das RKI schätzt.
Das ist aber trotzdem nicht die größte Gefahr, denn die häufigsten Todesursachen mit zusammen mehr als 50% sind Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs. Rauchen, Alkohol, Zuckerkonsum, generell schlechte Ernährung und Bewegungsarmut sind sogar einzeln betrachtet viel größere Risiken als das Corona-Virus. Aber sorgen Sie sich nicht, jetzt wird erst einmal das Corona-Virus bekämpft, schließlich sind wir mitten in der Pandemie.
2. Erkrankung an COVID-19
Sie können ganz einfach feststellen, ob Sie an Covid-19 erkrankt sind: Wenn Sie Symptome wie trockenen Husten oder Geschmacksverlust haben, dann sind Sie betroffen. Vielleicht aber auch nicht. Es kommt darauf an, ob Sie infiziert sind. Die Ursache einer Erkrankung an Covid-19 ist das Corona-Virus, es sei denn, Sie leben in der Stadt, dann könnte es auch das Feinstaub-Virus*) sein. Das kann man aber nicht testen.
Wenn Sie gar keine Symptome zeigen, dann sind Sie wahrscheinlich infiziert. Das trifft aber nicht immer zu. Wenn Sie dann aber doch krank werden, können Sie viele unterschiedliche Symptome entwickeln. Sie können aber auch ohne Symptome krank sein oder Symptome haben, ohne krank zu sein. In beiden Fällen können Sie ansteckend sein, besonders dann, wenn Sie Symptome zeigen oder ohne Symptome krank sind. Im schlimmsten Falle können Sie sogar versterben ohne je positiv auf das Virus getestet worden zu sein.
Aber machen Sie sich keine unnötigen Gedanken, das sind sehr seltene Ausnahmen, die – wie verschiedene Studien belegen – allerdings bei Jüngeren, Mittleren und Älteren sehr häufig auftreten. Man schätzt, dass momentan, also in der Pandemie, 99.77% aller Menschen nicht an Covid-19 sterben. Rein statistisch betrachtet ist es also eine viele größere Gefahr, das Corona-Virus nicht zu haben.
3. Corona-Immunität
Sollten Sie an Covid-19 erkrankt gewesen sein, werden Sie möglicherweise später wieder erkranken, dazwischen sind Sie aber immun. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, wo dies zutrifft. In allen anderen Fällen sind Sie immer immun oder nie oder nur manchmal.
Man kann sicher sagen, dass die Immunität eine temporäre Erscheinung ist, die mindestens solange Bestand hat, bis man sich erneut infiziert. Dauerhafte Immunität gibt es wahrscheinlich nur zeitweise, also nur dann, wenn man sich nicht infiziert oder sich infiziert, dann aber nicht positiv getestet wird.
4. Schmierinfektionen
Das Virus bleibt auf verschiedenen Oberflächen zwei Stunden lang aktiv, manchmal auch vier oder sechs. Statt von Stunden kann man hier aber auch von Tagen ausgehen. Je nachdem. Dabei braucht das Virus eine feuchte Umgebung und grell-dunkles Licht. Aber nicht unbedingt. Manchmal kann es auch bei strahlender Helligkeit in einem völlig abgedunkelten Raum auf feucht-trockenen, glatten, aber nicht allzu rauen Oberflächen überleben. Wie lange, das weiß man nicht.
Das Virus bleibt eigentlich nicht in der Luft, aber öfters kommt auch das vor. Übrigens handelt es sich hier grundsätzlich nicht um Schmierviren, aber eine Schmierinfektion ist natürlich trotzdem möglich.
5. Corona-Herdenimmunität
Wir sollten die Kontakte mit anderen Menschen so lange vermeiden, bis das Virus verschwunden ist. Aber es wird nur dann verschwinden, wenn wir eine kollektive Immunität erreicht haben, wenn es also zirkuliert. Dafür dürfen wir nicht zu lange und allzu konsequent auf soziale Kontakte verzichten.
Bleiben Sie deswegen besser die meiste Zeit über zuhause und gehen Sie nur dann raus, wenn Sie Kontakte zu anderen Menschen haben wollen. Halten Sie dabei aber die Abstandsregeln ein und tragen Sie eine Maske, jedenfalls dort, wo Sie niemand wirklich nahe kommen und wenn, dann nur kurz, also z.B. auf Bahnhöfen, in Restaurants, in Hotels oder in Ferienwohnungen.
6. Kontakte außer Haus
Jeder muss zuhause bleiben, aber es ist wichtig, auch rauszugehen, besonders bei Sonnenschein, denn Bewegung an der frischen Luft tut gut und stärkt das Immunsystem. Aber es ist besser, nicht rauszugehen, außer natürlich, Sie wollen Sport treiben. Aber eigentlich nein, denn mit Corona-Viren belastete Aerosole halten sich lange in der Luft. Vielleicht aber auch nicht, es hängt eben davon ab, wie lange sie schweben und ob es regnet.
Jedenfalls sollten Sie nie hinter jemand hergehen, und wenn doch, dann die Luft anhalten, also nicht einatmen. Und wenn Sie vor einer anderen Personen gehen, dürfen Sie nicht ausatmen. Sie wollen doch niemand infizieren, oder? Denken Sie immer daran, Sie könnten infektiös sein, ohne es zu wissen. Das gilt sogar dann, wenn Sie negativ getestet sind. Umgekehrt können Sie auch positiv getestet sein, ohne dass Sie infiziert sind oder es je waren.
7. Reiseverbote innerhalb Deutschlands
Im Prinzip dürfen Sie Ihre Stadt nicht verlassen, vor allem dann nicht, wenn Sie sich dafür außerhalb Ihrer Wohngemeinde begeben wollen. Aber wenn Sie es müssen oder möchten, dann dürfen Sie es schon. Das gleiche gilt für Reisen. Bleiben Sie an Ihrem Wohnort und reisen Sie nur dann, wenn Sie müssen oder unbedingt wollen. Beachten Sie aber bitte, dass Sie nirgendwo übernachten dürfen, es sei denn, es ist erlaubt.
Erlaubt ist es nur bei Verwandten oder dann, wenn Sie ein höchstens 48 Stunden altes negatives Testergebnis vorlegen können. Genaugenommen beziehen sich die 48 Stunden auf die Abnahme des Testabstrichs. Das Ergebnis des Tests bekommen Sie wahrscheinlich nach etwa 48 Stunden oder auch später, ja nachdem, wie lange es dauert.
Wenn Sie also am Samstag von Bayern nach Mecklenburg-Vorpommern reisen wollen, können Sie frühestens am Donnerstagabend einen Abstrich nehmen lassen. Wenn das Testzentrum geschlossen hat, dann eben erst am Freitag. Sie erhalten dann bereits im Laufe des Samstags – also wenn Sie bereits auf der Autobahn sein wollten – das Testergebnis per Briefpost oder digital, falls das funktioniert. Aber nur dann, wenn alles gut läuft und es ganz schnell geht. Wahrscheinlich bekommen Sie die Info erst am Montag.
Das wäre dann ganz blöd, denn am Montag ist der Test schon mehr als 48 Stunden alt, Sie dürfen dann also nicht mehr in einem Hotel in Mecklenburg-Vorpommern übernachten. Wenn das passiert, und das ist ziemlich wahrscheinlich, müssen Sie zurück nach Bayern und sich einem neuen Test unterziehen. Oder Sie fahren gleich nach Berlin-Neukölln, dort finden Sie in jedem Fall ein Hotel. Und danach dürfen Sie bei der Rückreise nach Bayern als Einreisender aus einem Risikogebiet für 5 – 10 Tage in Quarantäne, oder auch nicht.
Lassen Sie sich testen
Unabhängig davon können Sie den erforderlichen Test in den entsprechenden Corona-Testzentren durchführen lassen. Dabei gilt Folgendes: Die Testzentren müssen ihre knappen Testkapazitäten für Risikofälle reservieren. Wenn Sie also nicht zur Risikogruppe gehören, dann werden Sie nicht getestet und dürfen folglich auch nicht reisen.
Es ist absolut entscheidend, dass man aus einem Risikogebiet heraus nicht so ohne weiteres in ein anderes Bundesland reisen darf. Bedenken Sie nur, Risikogebiet heißt, dass es da 50 oder mehr Inzidenzen (Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen) gibt. Bei diesem Grenzwert sind demnach 0,05% aller Menschen im Risikogebiet aktuell infektiös. Mit anderen Worten: Es ist eigentlich fast egal, ob Sie aus einem solchen Landkreis oder Stadtbezirk kommen, denn Sie sind im statistischen Mittel mit 99,95%-iger Wahrscheinlichkeit nicht ansteckend.
Übrigens, wenn Sie 1.000 km mit dem Auto zurücklegen, dann werden Sie – wieder im statistischen Mittel – mit etwa 0,05%-iger Wahrscheinlichkeit dabei einen Unfall mit Personenschaden haben. Sie kommen also nur mit 99,95%-iger Sicherheit unfallfrei am Zielort an, wenn überhaupt. Den meisten reicht diese Sicherheit, sonst würden sie den Zug nehmen.
8. Masken
Natürlich sind Masken nutzlos, aber Sie sollten unbedingt eine Maske tragen, denn sie kann Leben retten. Die Masken sind besonders dort wichtig, wo man anderen Menschen in der Regel nicht so nahe kommt, und wenn, dann nur ganz kurz, quasi im Vorbeigehen. Also im Supermarkt, in Fußgängerzonen, auf Plätzen, an Bushaltestellen und im Restaurant.
Bei privaten Feiern brauchen Sie natürlich keine Maske zu tragen, eine Umarmung mit Küsschen genügt. Der Grund dafür ist, dass das Virus kein Alkohol verträgt. Deswegen ist der Alkoholausschank nach 23 Uhr verboten.
9. Aktuelle Corona Informationen – jederzeit und überall
Alle Läden, Restaurants und öffentlichen Einrichtungen sind geschlossen, außer denen, die geöffnet sind. Meistens sind alle geöffnet, nur die wegen Corona geschlossenen nicht. Welche das sind, erfahren Sie auf dem Landratsamt oder von Ihrer Gemeinde- oder Stadtverwaltung. – Die sind allerdings wegen Corona geschlossen oder im reduzierten Corona-Schonbetrieb. Die Telefone werden ebenfalls nicht abgenommen, weil die nach jeder Benutzung desinfiziert werden müssen.
An der Corona-Internetseite wird noch gearbeitet, sie ist zurzeit überlastet. Voraussichtlich können Sie dort schon in der nächsten Woche nachlesen, welche speziellen Einschränkungen in dieser Woche zu beachten sind bzw. zu beachten gewesen wären.
Um alle Bürger möglichst direkt und umfänglich zu informieren, hat jedes Bundesland 7 – 13 unterschiedliche Informationsbroschüren herausgegeben, die man sich auch im Internet herunterladen kann. Und weil das nicht genug ist, gibt es auch einen entsprechenden Satz von Handreichungen seitens der Bundesregierung.
Bei Widersprüchen ist nur das richtig, was von Gerichten danach als Recht erkannt wird. Also informieren Sie sich bitte nachher, was vorher richtig gewesen wäre, damit Sie beim nächsten Mal darauf bauen können. Es sei denn, andere Gerichte kommen, je nach Bundesland, zu gegensätzlichen Urteilen.
10. Der Supermarkt in Corona-Zeiten
Es gibt keinen Mangel an Lebensmitteln im Supermarkt, aber es gibt viele Dinge, die fehlen und andere, die gerade nicht vorrätig sind. Legen Sie sich einen eigenen Vorrat an, damit Sie nicht so oft zum Einkaufen müssen. Aber lassen Sie das Horten bleiben und kaufen sie nichts, was Sie nicht ohnehin kaufen wollten und wirklich dringend brauchen. Und wenn Sie sich doch einen Notvorrat anlegen wollen, dann kaufen Sie Toilettenpapier, Hefe und Nudeln.
Im Übrigen garantiert die Bundesregierung in der Corona-Pandemie für die Verfügbarkeit von Toilettenpapier, Hefewürfeln und Nudeln bis zu einer Rolle bzw. 1 Würfel bzw. 378 g pro Person und Tag, und wird dabei von der EU unterstützt: „What ever it takes“, „Quoi qu’il en soit“, „Was immer dafür nötig ist“. Das sagt jedenfalls die polyglotte Präsidentin der EU-Kommission aus ihrer selbstverordneten Corona-Quarantäne heraus. Und sie hat bisher aus jeder Krise eine noch größere gemacht.
11. Kinder und Schule in Zeiten der Pandemie
Das Corona-Virus hat keine Auswirkungen auf Kinder, außer auf diejenigen, auf die es sich auswirkt. Kinder die husten, sind wahrscheinlich Träger des Corona-Virus. Das war schon immer so, auch früher, nur hat man da das Virus noch nicht gekannt und deswegen den Husten für eine harmlose Erkältung gehalten. Deswegen müssen solche Kinder nun zuhause bleiben und dürfen erst dann wieder in die Kita, wenn sie gegen die Masern geimpft sind.
Ähnliches gilt für Schüler, die müssen im Unterricht eine Maske tragen, weil sie damit besser denken können. Und wenn sie sprechen, artikulieren sie deutlicher, auch die Lehrer und sind daher viel besser zu verstehen. Wie man erst seit kurzen weiß, ist eine Sauerstoffunterversorgung des Gehirns absolut unbedenklich. Denken wird ohnehin total überschätzt. Anordnungen befolgen ist viel wichtiger. Jedenfalls in der Schule – und später auch in der Demokratie.
Ersatzweise kann der Unterricht auch vollständig online erfolgen, aber nur dann, wenn die Schule über die entsprechende digitale technische Ausstattung verfügt, also etwa ab 2032.
12. Altersheime und Großeltern
Man darf nicht in Altersheime gehen oder seine Großeltern besuchen, aber man muss sich um die Alten kümmern und wenn man sie trifft, am besten Lebensmittel und Medikamente mitbringen. So häufig wie nur möglich. Dabei aber immer Abstand halten und nicht lange bleiben, denn das würde das Risiko erhöhen.
Ganz sicher und risikolos ist es, auf die Besuche zu verzichten und stattdessen nur zu telefonieren. Natürlich sind häufige Besuche auch gut, wegen der sozialen Kontakte zur Familie, aber nicht so sicher.
13. Haustiere und Corona
Tiere sind nicht betroffen, sie infizieren sich nur manchmal. Dann aber sehr harmlos bis ziemlich gravierend. Das gilt insbesondere für Katzen mit getigertem Fell. Manchmal bis sehr häufig aber auch für Hunde, aber nur selten.
Jegliche Oberflächen, außer den Fellen von Haustieren, können die Krankheit übertragen. Das gilt jedenfalls für eine gewisse kurze Zeit nach der Infektion, die aber auch sehr lang sein kann. Es kommt dabei ganz auf die Farbe des Fells an. Welche Farbe, ist allerdings noch unbekannt, es ist aber schwarz, braun, oder weiß. Vielleicht auch eine Mischung davon. Und vor allem langhaarig, öfters aber auch glatt.
Resümee
Jetzt kommt es darauf an, dass sich alle, dass sich wirklich alle im Sinne der oben formulierten Erkenntnisse und Regeln verhalten. Das ist zwar unmöglich, denn die Regeln widersprechen einander und der Stand des Unwissens ändert sich täglich, aber „wir schaffen das“.
Der Staat will den mündigen Bürger – das ist doch der Kern der Demokratie – und damit der es einfacher hat, sagt er ihm bis ins kleinste Detail ganz genau, wie er sich in den unterschiedlichen Situationen zu verhalten hat. Das sind natürlich keine Vorschriften, es ist nur gut gemeint. Und deswegen müssen sich alle bei Androhung von Ordnungsgeldern konsequent daran halten.
Was der Staat, also „wir“, d.h., die Politiker und Parteien, die wir ja selbst gewählt haben, was „wir“ jetzt gar nicht brauchen können, sind Menschen, die selber denken und möglicherweise die erlassenen Regeln nach reiflicher Überlegung und vernünftigem Ermessen in eigenständiger Weise auslegen. Wie sagte schon Lenin: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Ja eigentlich sogar „viel besser“.
Wenn der Staat seinen Bürgern vertraut und eigenständiges Denken erlaubt, dann droht Unheil, schlimmes Unheil. Vielleicht sterben sogar mehr Menschen als 2018, als die Grippewelle schätzungsweise 25.000 Menschen dahingerafft hat. Damals war es allerdings nicht so schlimm wie heute, denn es war keine Pandemie ausgerufen. Deswegen waren es letztlich ganz normale Todesfälle.
Goldene Regel
Benutzen Sie Ihren Verstand und halten Sie sich an die o.g. Erkenntnisse und Regeln. – Ha, ha, reingefallen, das ist ein Paradoxon. Richtig muss es heißen: Benutzen Sie Ihren Verstand ODER halten Sie sich an die o.g. Erkenntnisse und Regeln. Im letzteren Falle: Viel Glück!
*) Das Feinstaub-Virus wurde übrigens von einem LinkedIn-Influencer entdeckt. Influencer sind Leute, die jeden Tag einen weitgehend inhaltsleeren Post absenden, vielleicht auch zwei oder mehr. Die Follower begrüßen diese Sprechblasen nichtsdestotrotzenthusiastisch und finden sie meist sogar inspirierend, völlig egal, wie flach und hohl sie auch immer sein mögen. Aber das ist eigentlich ein ganz anderes Thema.
Wenn man der veröffentlichten Meinung folgt, könnte man leicht den Eindruck gewinnen, das CO2-Aufkommen in Europa (insbesondere natürlich in Deutschland) sei zu fast 100 % auf den Verkehrssektor zurückzuführen. Was wäre da verdienstvoller, als Verbrenner baldmöglichst zu verbieten. Wie sonst könnte die Klimarettung möglich sein?
Die Masse des CO2 in Deutschland wird fürs Wohnen emittiert (insbes. Heizen). Tatsächlich entfallen auf PKWs (und damit i. W. auf die „bösen“ Verbrenner) nur ca. 13 % des gesamten CO2-Aufkommens in Deutschland. Wenn wir also den diesbezüglichen CO2-Ausstoß um 10 % reduzieren, dann können wir in Deutschland etwa 1 % – 1,3 % der CO2-Emission einsparen.
Ist das viel oder wenig?
Der Verzicht auf 12 g Fleisch pro Tag hat ungefähr den gleichen Effekt.
Der gesamte deutsche Tourismus (vor Corona) verursacht mehr als doppelt so viel CO2 wie der Verkehrssektor. Wenn wir also die Anzahl der Urlaubsreisen um 5 % reduzieren, erzielen wir ebenfalls diesen Effekt.
Jedes fünfte Braunkohlekraftwerke abschalten und dafür zwei Kernkraftwerke länger betreiben hat wieder ungefähr diesen effektiven Reduktionseffekt von etwa 1 %. Zum Vergleich: Frankreich (Motto: Atomstrom statt Braunkohle) emittiert gar 55 % weniger CO2 als Deutschland.
Vier Millionen Elektroautos bringen in etwa auch eine Einsparung von 1 % des deutschen CO2-Aufkommens. Und wenn wir alle mit Elektroautos fahren? Dann können wir in Deutschland die CO2-Emission um etwa 10 % – 12 % verringern. – Jammerschade, es sind leider eben nicht 100 % weniger CO2, wie manche glauben. Das gilt jedenfalls im derzeitigen Energiemix. Es wird immerhin tendenziell besser und kann auf 15 % bis 20 % steigen, wenn mehr Strom erneuerbar erzeugt wird.
Und nun noch die globale Perspektive.
Weltweit 10 % weniger Menschen durch eine effektive Senkung der Geburtenrate hat auf den globalen CO2-Ausstoß langfristig den gleichen Effekt wie die weltweit 10%-ige Verkehrsreduktion (denn das bloße Atmen der knapp 8 Mrd. Menschen verursacht ebenfalls ca. 3 000 000 000 t = 3 Gt CO2 p. a.).
Übrigens, die einmalige Aufforstung von ca. 2 Mio. Quadratkilometer Wald (das sind ca. 1,5 % der Landfläche) würde die gesamte CO2 Emission des globalen Verkehrs dauerhaft vollständig kompensieren. Wohlgemerkt, dauerhaft und vollständig, nicht nur für eine gewisse Zeit und nur 10 % davon.