Wärmepumpen für Deutschland – Klimapolitisch sinnvoll oder Fehlinvestition?

Teil 6 der Reihe „Energiewende und Wärmepumpe“

Zusammenfassung

Ist die Wärmepumpe zum jetzigen Zeitpunkt das richtige Heizsystem für Deutschland? Macht ein Verbot bzw. ein Tauschzwang für Gasheizungen Sinn? Wird die CO2-Emission wirksam gesenkt? Und ist der finanzielle Aufwand dafür unter allen Gesichtspunkten – wirtschaftlich und klimapolitisch – vernünftig?

Es wird gezeigt, dass der Einsatz von Luft-Wasser-Wärmepumpen unter den gegebenen Umständen in der großen Perspektive weder wirtschaftlich ist noch überhaupt eine nennenswerte klimapolitische Wirkung entfaltet. Darüber hinaus wird dargelegt, mit welchen Maßnahmen die CO2-Emissionen wirksam und effizient reduziert werden können.

Der deutsche Strommix im internationalen Vergleich

Gehen wir noch einmal zurück auf den Anfang und betrachten den Strommix diverser europäischer Länder im Vergleich (s. Abb. 6-1).

© Hieronymus Fischer

Abbildung 6-1: Ländervergleich zu den spezifischen CO2-Emissionen im Strommix (2022). Der globale Mittelwert ist 55 % höher als der EU-Mittelwert, welcher seinerseits in etwa auf den Niveau des deutschen Emissionsfaktors liegt. Die beiden roten Dreiecke am Balken für Deutschland markieren den spezifischen CO2-Emissionswert, der ohne die Kohleverstromung in Deutschland entstehen würde.

Wir hatten ja schon in Teil 1 (Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission) festgestellt, dass die spezifische CO2-Emission im deutschen Strommix mit über 400 g/kWh recht hoch ist. Das gilt auch im Vergleich mit vielen europäischen Nachbarländern. Der Grund dafür sind die immer noch erheblichen Anteile fossiler Energieträger in der Stromerzeugung. In Frankreich, das man gut mit Deutschland vergleichen kann, liegen die spezifischen CO2-Emissionen nur bei etwa 80 g/kWh, also einem Fünftel des deutschen Wertes. Selbstredend könnte die CO2-Belastung auch hierzulande niedriger sein, z.B. dann, wenn sich Deutschland in 2011 nicht für den Atomausstieg sondern für den Ausstieg aus der Kohle entschieden hätte. Ohne Frage wäre das unter dem Aspekt des Klimaschutzes der richtige Schritt gewesen.

Reduzierung der CO2-Emissionen durch Kernkraft statt Kohle

Im Diagramm (s. Abb. 6-1) ist der Balken für Deutschland mit zwei roten Dreiecken an der Stelle des Emissionswerts markiert, der ohne die Kohleverstromung entstehen würde. Natürlich bräuchte man jetzt und hätte man auch schon während der vergangenen 12 Jahre einen Ersatz dafür benötigt. Das hätte z.B. die Kernenergie sein können. Um den entsprechenden Emissionswert von ca. 115 g/kWh zu erreichen, wäre es erforderlich gewesen, in 2022 ca. 200 TWh Strom mit Kernenergie statt durch Kohleverstromung zu produzieren. Das entspricht in etwa der Leistungsfähigkeit von 20 Kernkraftwerken (in Frankreich sind über 50 AKWs in Betrieb). Bei geeigneter zeitlicher Vorplanung, dem Umsetzungswillen und dem Verzicht auf die Abschaltung sicherer Meiler wäre es also machbar gewesen. Immerhin waren in 2010 noch 17 deutsche Atomkraftwerke in Betrieb.

Und wie steht‘s mit Windkraft? Wäre nicht auch das eine Option gewesen?

Reduzierung der CO2-Emissionen durch Windkraft statt Kohle

Aktuell verfügen wir über ungefähr 30.000 Windräder, die bei einer installierten Leistung von 65 GW etwa 120 TWh Strom pro Jahr produzieren. Alternativ könnte man die fehlende Strommenge von 200 TWh selbstverständlich auch mittels Windkraft erzeugen. Dazu benötigt man zusätzlich zu den bestehenden Anlagen weitere etwa 20.000 Groß-Windkraftanlagen der 5 Megawatt-Klasse. Das entspricht einer zusätzlich installierten Leistung von 100 GW. Auch dies wäre eine Option gewesen. Sie setzte indessen den Neubau von täglich zwischen 4 und 5 solcher Windräder voraus. Und dies permanent seit 2011. Damit es ganz klar wird: Hierzu wäre der Bau von 20.000 zusätzlichen Windkraftanlagen über die in diesem Zeitraum erstellten etwa 15.000 Windräder hinaus erforderlich gewesen. Fraglos ein sehr ambitioniertes Ziel, vielleicht auch eine zu große Herausforderung, aber grundsätzlich möglich.

Ressourcenbedarf für Windkraft

Ganz grob kann man den erforderlichen Materialaufwand für 20.000 Windräder folgendermaßen abschätzen: 4,5 Mio. t Stahl, 21 Mio. Kubikmeter Beton, dazu Hunderttausende Tonnen Kupfer, Aluminium und Glas. Den Flächenbedarf dafür ergibt sich bei einem mittleren Abstand von 500 m (ca. 4 Propellerdurchmesser) auf etwa 5.000 Quadratkilometer (≈ 1,4 % der Landesfläche). Die Kosten für dieses Unterfangen darf man auf 100 Mrd. € taxieren.

Nach diesen Zahlen muss man wohl einschränken, der Bau dieser zusätzlichen 20.000 Windräder war allenfalls eine theoretische Option. Nur zur Erinnerung: Wir reden hier über die Zeitspanne von 2011 bis 2022. Es war die Zeit, in der auch der neue Berliner Flughafen wiederholt nicht fertiggestellt werden konnte. Eigentlich hätte er in 2010 eröffnet werden sollen. Die Inbetriebnahme wurde sieben Mal verschoben. Letztlich wurde der Flughafen erst im Oktober 2020 nach 14-jähriger Bauzeit eröffnet. Und da ging es nur um einen Bruchteil des Materialaufwands und der Investitionssumme.

Wind statt Kohle und Kernkraft? In 2023 nur Wunschdenken!

Aus dem Vorstehenden wird klar: Windkraft im Jahre 2023 als Alternative für Kohle und den Ausstieg aus der Kernkraft in 2011 ernsthaft ins Feld zu führen, verkennt die die Realitäten des Landes. Deutschland war weder organisatorisch noch in der praktischen Durchführung zu dieser Transformation imstande.

Reduzierung der CO2-Emissionen durch intelligentes Handeln

Sinnvoll und praktikabel wäre natürlich auch eine Kombination aus dem forcierten Ausbau der Windkraft und dem intelligenten Weiterbetrieb möglichst vieler sicherer Atomkraftwerke gewesen. Wie bereits erwähnt, waren im Jahre 2010 noch 17 Kernkraftwerke in Betrieb, 8 davon wurden, in 2011 abgeschaltet, drei weitere in 2015, 2017 und 2019. Mit dem Weiterbreitrieb dieser Anlagen hätte man wertvolle Zeit für den kontinuierlichen und realistisch machbaren Windkraft- und Photovoltaikausbau gewonnen. Gleichzeitig wäre es möglich gewesen, auf die Kohleverstromung weitgehend zu verzichten. Auch bei einer Absage an den Neubau von Atomkraftwerken hätte so die CO2-Emission im Strommix ohne Weiteres auf etwa 200 g/kWh verringert werden können.

Von allen denkbaren Optionen hat sich Deutschland in 2011 allerdings für die mit dem größten CO2-Ausstoß entschieden. Deswegen liegen wir heute eben immer noch bei über 400 g/kWh, statt bei dem mittels Kernkraft und dem forcierten Ausbau von Wind- und Solarenergie erreichbaren Emissionswert von nur gut 100 g/kWh.

Die Atom-Ausstiegsentscheidung war ein gravierender strategischer Fehler, wie sich spätestens in 2022 in aller Schärfe zeigte. Er hat Deutschland im Hinblick auf die Energie- und Klimapolitik wesentlicher Optionen beraubt und in die einseitige Abhängigkeit von Gaslieferungen und in die Kohleverstromung geführt.

Mit dem Atomausstieg verhält es sich geradewegs so, als hätte man sich dafür entschieden, kein alkoholfreies Bier mehr zu trinken. Und weil der Körper ja doch Flüssigkeit benötigt, konsumiert man zum Ausgleich mehr Schnaps.

Was bedeutet das alles für die Wärmewende?

Nun nehmen wir noch einmal den Blick auf den Ländervergleich. Wir fragen nach den Konsequenzen für den Umstieg von Öl- und Gasheizungen auf das Heizen mit Wärmepumpen. Die Frage zielt also direkt auf die Wärmewende. In Abb. 6-2 ist zusätzlich eine gepunktete Linie eingetragen. Sie markiert die Nutzenschwelle für das Heizen mit Luft-Wasser-Wärmepumpen unter Berücksichtigung der Kostenszenarien und der Minimalforderung an die Effizienz von 200 % (COP-Wert = 2). Warum 360 g/kWh? Ganz einfach, Gas wird mit etwa 182 g/kWh gerechnet (s. Teil 1 (Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission), Abb. 1-12).

© Hieronymus Fischer

Abbildung 6-2: Ländervergleich zu den spezifischen CO2-Emissionen im Strommix (2022). Die beiden roten Dreiecke am Balken werden beim Text zu Abb. 6-1 erläutert. Man erkennt, dass Länder mit einem hohen Anteil an Kernkraft und/oder Wasserkraft besonders niedrige CO2-Werte aufweisen. Das andere Ende besetzen die Staaten ohne Kernkraft bei einem gleichzeitig hohen Anteil an fossilen Energieträgern. Die gepunktete Linie markiert die Nutzenschwelle für die Heizung mit Luft-Wasser-Wärmepumpen unter Berücksichtigung der Kostenszenarien und der Minimalforderung an die Effizienz von 200 % (COP-Wert = 2).

Sofern die spezifischen Emissionsfaktoren deutlich über 400 g/kWh liegen, bringen Wärmepumpen im Hinblick auf die CO2-Bilanz nahezu nichts, oder nur sehr wenig. Unterhalb der Schwelle kann man mit nennenswerten Einsparungspotentialen rechnen. Dabei muss man indessen noch berücksichtigen, dass es sich bei dem angegebenen Wert für die spezifische CO2-Emission um den rechnerischen Mittelwert handelt. Im Hinblick auf den Strombedarf von Wärmepumpen, der ja begreiflicherweise im Winter besonders hoch, liegt die relevante CO2-Emission höher. In Deutschland sind es im entsprechend der Heizlast gewichteten Durchschnitt etwa 480 g (s. Teil 1, Abb. 1-6, Teil 3, Abb. 3-3).

Wo Wärmepumpen Sinn machen, und wo nicht

Wie man dem Diagramm entnehmen kann, sind demnach Wärmepumpen in Ländern wie Italien, Spanien, Portugal, Ungarn, Großbritannien, Dänemark, Österreich, Schweiz, Finnland, Frankreich, Norwegen, Schweden uneingeschränkt zu empfehlen. Augenfällig dabei: Insbesondere in den Kernkraft-und-Wasserkraft-Ländern ist das CO2-Einsparungspotential gegenüber der Beheizung mit Gas riesig. Sinnvollerweise sind daher Wärmepumpen in vielen dieser Länder auch jetzt schon stark verbreitet (s. [31]). Umgekehrt ist das Heizen mit Wärmepumpe in Polen, Griechenland und Tschechien sogar kontraproduktiv, jedenfalls ohne PV-Stromnutzung. Deutschland ist ein Grenzfall. Wärmepumpen ohne PV bringen wenig bis nichts und sind trotzdem extrem teuer, Wärmepumpen inkl. Solarstrom können zumindest zu erwähnenswerten CO2-Einsparungen führen.

Bekannte Befürworter des Ausbaus von Windkraft und Solarstrom, zugleich meist auch Gegner der Kernenergie, werben, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern und die CO2-Bilanz zu hinterfragen, für die Wärmepumpe und ziehen gegen Gasheizungen zu Felde. Und in Talkrunden echauffieren sich Journalisten mit einer allenfalls oberflächlichen Kenntnis der Zusammenhänge in der Oberlehrer-Pose über Politiker, Handwerker und Bürger, die gegen die Pläne des Wirtschaftsministeriums die Stimme erheben. Immer wieder werden dabei Dänemark oder Norwegen als Beispiele dafür genannt, dass die Wärmewende doch funktioniert.

Schauen wir also einmal genauer hin, was es damit auf sich hat.

Wärmepumpen in Norwegen

Wenn es sogar in Norwegen funktioniert, warum dann nicht bei uns?

Tatsächlich werden in Norwegen 60 % aller Gebäude mit Wärmepumpen beheizt, in Deutschland sind es nur 3 %. Es sind aber nicht zwanzigmal so viele Wärmepumpen im Vergleich zu Deutschland in Betrieb, wie im Artikel ([s. 22]) behauptet wird, sondern 40 % mehr (1,4 Mio. WP zu 1 Mio.). Klar, für ein kleines Land wie Norwegen ist das viel. Allerdings sind die Voraussetzungen in Norwegen völlig anders als in Deutschland. In Norwegen werden vor allem Erdwärmepumpen verbaut, weil für Luft-Wasser-Wärmepumpen die Winter zu kalt sind. Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind nicht vergleichbar. Erdwärmepumpen haben hier nur einen geringen Marktanteil. Unter anderem auch deswegen, weil die behördliche Genehmigung für Erdbohrungen in vielen Fällen nicht erteilt wird. Davon abgesehen sind die Kosten dafür enorm hoch (meist mehrere 10.000 € zusätzlich nur für die Bohrung) und die Amortisierungszeit wird entsprechend lang.

Es gibt aber noch einem weiteren wesentlichen Unterschied zwischen Deutschland und Norwegen. Norwegen hat einen hohen Anteil an grünem Strom aufgrund der im Überfluss vorhandenen Wasserkraft (90 % der Stromerzeugung). Der Strom ist daher nur mit einem sehr geringen CO2-Ausstoß belegt (s. Abb. 6-2). Deshalb macht das Heizen mit Wärmepumpen in Norwegen absolut Sinn. Die CO2-Emissionen im Vergleich zum Heizen mit Gas oder Öl können tatsächlich wirksam reduziert werden. Dabei ist das auch wirtschaftlich, weil zugleich der Strompreis in Norwegen nur bei etwa 4 – 6 ct pro kWh liegt. In Deutschland ist beides nicht der Fall: Der Strom ist mit einer hohen CO2-Emission belastet (im Durchschnitt sind es zwischen 400 und 500 g pro kWh) und zudem ist der Strom auch noch 6- bis 10-mal teuer als in Norwegen.

Rechenbeispiel zum Vergleich Norwegen – Deutschland

Nehmen wir für die konkrete Gegenüberstellung ein Einfamilienhaus mit einem Wärmebedarf von 20.000 kWh. Selbst wenn für die Heizung eine Wärmepumpe mit einen jahreszeitlich gemittelten überdurchschnittlich guten COP-Wert von 3,6 (= Jahresarbeitszahl [JAZ]) zum Einsatz kommt, so liegt der jährliche Stromverbrauch somit bei 5555 kWh (= 20.000 kWh / 3,6). Im jahreszeitlich gewichteten deutschen Strommix müssen dafür 480 g CO2 pro kWh angesetzt werden. In Summe sind das also 2.666 kg CO2 (= 5555 kWh * 0,48 kg/kWh). Bei einem Strompreis von 45 ct/ kWh belaufen sich daher die Heizkosten auf 2.500 €.

Nun zum Vergleich die Zahlen aus Norwegen. Die CO2-Emission im Strommix liegt bei gerade einmal 17 Gramm pro kWh, der Strompreis bei 6 ct pro kWh. In der Jahressumme kommen wir somit im Beispiel auf heizungsbedingte CO2-Emissionen von 94 kg (= 5.555 kWh * 0,017 kg/kWh) und Gesamtkosten von 333 € (= 5.555 kWh * 0,06 €/kWh).

Äpfel und Birnen

Der Vergleich ist ernüchternd: In Deutschland sind die CO2-Emissionen 28-mal größer und die Kosten sind 8-mal höher. Kann es angesichts dessen verwundern, dass Wärmepumpen in Norwegen das Heizsystem der Wahl sind und umgekehrt in Deutschland die Leute eher skeptisch reagieren? In diesem Zusammenhang sei die Frage erlaubt: Sind die in Talkrunden sich zu Wort meldenden Journalisten (z.B. Markus Feldenkirchen vom Spiegel, Ulrike Herrman von der taz) und die präsentierten Experten (Volker Quaschning, Claudia Kemfert) einfach nur uninformiert oder verschweigen sie die Fakten ganz bewusst?

Nach diesem Rechenexempel sollte nun klar sein, warum Wärmepumpen in Norwegen sowohl im Hinblick auf das Klima als auch wirtschaftlich höchst sinnvoll sind. Sie sind CO2-sparend und punkten mit niedrigen Betriebskosten. Und es sollte auch deutlich geworden sein, dass wir in Deutschland völlig andere Voraussetzungen haben. Der Einsatz von Wärmepumpen macht hier aus dem Klimablickwinkel sehr viel weniger Sinn, weil unser Strom hoch mit CO2 belastet ist. Und aufgrund des hohen Strompreises ist die Wärmepumpe (zumindest ohne Photovoltaik) oft auch unwirtschaftlich. Wenn also platt gesagt wird, in Norwegen funktioniert das doch, warum gibt es hier denn so viel Widerstand gegen ein Gasheizungsverbot, dann gibt es dafür gute Gründe. Völlig anders würde es aussehen, wenn wir einen hohen Anteil an Kernenergie hätten, wie oben ausgeführt wurde.

Hypothetisches  Alternativszenario

Machen wird dazu folgende Skizze: Gehen wir aus von einem theoretischen Strommix mit 50 % Erneuerbaren (Wind und PV, ca. 28 g CO2 pro kWh) sowie 50 % Atomstrom (ca. 12 g CO2 pro kWh). Auf dieser Basis würde die CO2-Belastung bei etwa 20 g pro kWh liegen. Ohne die bürokratischen Regulierungen könnte man den Strompreis auf das europäische Durchschnittsniveau von 20 ct pro kWh bringen. Damit hätten wir im obigen Beispiel im ungünstigsten Fall eine Jahresemission von nur noch 155 kg CO2 (= 5.555 kWh * 0,028 kg/kWh). Und das zu den noch absolut vertretbaren Kosten von 1.111 € (= 5.555 kWh * 0,2 €/kWh), die genügend Spielraum für die wirtschaftliche Amortisation der Investition ließe. Im Vergleich zur realen Situation in Deutschland würden die Kosten somit bei nur 44 % liegen, zugleich wären die CO2-Emissionen 17-mal geringer.

© Hieronymus Fischer

Abbildung 6-3: Hypothetisches Übergangsszenario bei einem Ausstieg aus der Kohle statt aus der Kernkraft mit einem Fifty-Fifty-Anteil Atomstrom und Erneuerbare (Wind und Photovoltaik) und einer resultierenden CO2-Emission im Strommix von 20 – 100 Gramm pro Kilowattstunde.

Selbst wenn wir den oben abgeschätzten höheren CO2-Emissionswert von ca. 100 g/kWh bei einem Weiterbetrieb der 2010 vorhanden gewesenen Kernkraftwerke (ohne neue AKWs) zugrunde legen würden, würde sich der jährliche heizungsbedingte CO2-Ausstoß im Beispiel auf weniger als 600 kg belaufen. Das ist weniger als ein Viertel der tatsächlich zu erwartenden Emission von 2.666 kg.

Resümee zum Vergleich mit Norwegen

Ist in Norwegen alles Gold, was glänzt? Auf den ersten Blick scheint es so! Hinzu kommt, Norwegen verzeichnet einen Anteil von 50 % an Elektrofahrzeugen unter den Kfz-Neuzulassungen. Das dürfte nicht zuletzt auch in dieser Hinsicht am billigen Strom liegen. – Gibt es da keine dunkle Seite?

Doch, die gibt es. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Norwegen seine Energie- und Wärmewende mit dem Export von Öl und Gas finanziert hat und dies immer noch tut. Die Erdölförderung beläuft sich auf etwa 100 Mio. t pro Jahr (2021), beim Erdgas sind es ca. 120 Mio. Kubikmeter. Diese enormen Mengen entsprechen einer CO2-Emission von ungefähr 500 Mio. Tonnen pro Jahr. Geradezu gigantisch ist daher die rechnerische Pro-Kopf-Emission an CO2: es sind etwa 100 t, die allerdings nicht in Norwegen emittiert sondern sozusagen exportiert werden.

Öl und Gas sind für Norwegen als Wirtschaftsgüter viel wertvoller als in der schnöden Öl- oder Gasheizung im eigenen Land. Auch volkswirtschaftlich ist die Wärmpumpe für Norwegen daher absolut ein Gewinn.

Das Beispiel Norwegen zeigt daher vor allem eines: Es macht Sinn, von langer Hand zu planen und die Interessen des Landes und seiner Bürger in den Vordergrund zu rücken. Denn: Wer bei der Rettung der Welt erfolgreich sein will, muss zuallererst an sich selbst denken, sonst ergeht es ihm wie dem Hanns Guck-in-die-Luft im Struwwelpeter.

Die Situation in Deutschland

Die Rolle des Hanns bleibt in diesem Falle Deutschland mit seiner angestrebten Energie- und Wärmewende vorbehalten. Der Ausstieg aus der Kernenergie und damit zusammenhängend der langjährige Weiterbetrieb der Kohleverstromung und der Gasverstromung haben uns in eine energiepolitische Sackgasse mit hohen Energiepreisen, hohen CO2-Emissionen und begrenzten Handlungsoptionen manövriert.

Die Verfügbarkeit von Atom- statt Kohlestrom wäre geradezu ein „Gamechanger“, ein Wegbereiter für die flächendeckende Verbreitung von Wärmepumpen und in der Folge einer effektiven Reduzierung des CO2-Ausstoßes. So aber verlagern wir mittels Wärmepumpen die CO2-Emission i. W. nur von der heimischen Gasheizung ins Gas- oder Kohlekraftwerk, denn Wind- und Solarstrom leisten auf absehbare Zeit nur einen begrenzten Anteil an effektiver CO2-Reduzierung, weil sie gerade dann knapp sind, wenn der größte Bedarf an Wärmepumpen-Strom zum Heizen besteht.

Kosteneffizienz der CO2-Reduzierung

Gehen wir zurück auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit des angedachten Verbots von Gasheizungen. Wir wollen den Komplex von zwei Seiten beleuchten. Zunächst geht es um die Betrachtung aus der Perspektive des Bürgers, also des Verbrauchers. Darüber hinaus spielt aber auch die Frage der Wirksamkeit und der Effizienz der von staatlicher Seite eingesetzten Fördermittel eine Rolle.

Rekapitulation des Zahlengerüsts

In Teil 3 (CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude) haben wir für das Beispielobjekt (das wir als eher unkritisch ansehen dürfen) ein CO2-Einsparungspotential ohne PV von 12 %, entsprechend 441 kg bestimmt. Das ist zweifellos ein Gewinn, er ist aber vergleichweise klein. Dies gilt vor allem angesichts der nötigen Investitionen für die Wärmepumpe in Höhe von 45.000 € inkl. Installation im Vergleich zur Gasheizung (17.500 €). Auch nach Abzug der Förderung bleibt eine Differenz in Höhe von 11.750 € (s. Teil 4 (Gasheizung oder Wärmepumpe? Exemplarische Wirtschaftlichkeitsrechnung), Abb. 4-2).

Nehmen wir die Zahlen als exemplarisch für viele reale Situationen. Manchmal wird die Konstellation günstiger sein (Haus mit besserer Effizienzklasse als C, im Mittel höhere Außentemperaturen, COP der WP größer als 3, vielleicht niedrigere Strompreise), in anderen Fällen ungünstiger (Haus im Bestand mit Effizienzklasse schlechter als C, D oder E, hohe Vorlauftemperaturen erforderlich, COP-Wert 3 oder darunter, hohe Strompreise aufgrund der Netzentgelte und Gasverstromung).

Die effektive CO2-Einsparung

Ausgehend von dieser Annahme können wir die CO2-Einsparung für das als typisch angesehene Musterhaus mit einem Wärmebedarf von 20.000 kWh leicht bestimmen. Über eine Betriebszeit von 20 Jahren ergeben sich gegenüber der Beheizung mit Gas die in Abb. 6-4 dokumentierten Werte. Bei der Wärmepumpe ohne PV liegt die CO2-Einsparung bei knapp 9 t. Mit über 30 Tonnen wesentlich größer ist die Einsparung bei Solarstromnutzung.

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Abbildung 6-4: CO2-Einsparung im Vergleich zur Gasheizung über eine Betriebszeit von 20 Jahren. Bei der Gas-Brennwerttherme kommt die Einsparung ausschließlich über die Photovoltaikanlage mit einer angenommenen Verringerung des Heizbedarfs mit Gas von 10 % zustande. Die Alternative „Wärmepumpe ohne PV“ führt zu einer Reduzierung von 12 %. Ist eine PV-Anlage mit einer angenommenen PV-Strom-Nutzung von etwa einem Drittel vorhanden, ergibt sich eine Reduzierung der CO2-Emissionswerte von über 40 % (s. Teil 3 CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude, Abb. 3-9).

Auf den ersten Blick scheinen das doch recht ansehnliche Umfänge zu sein. Das relativiert sich indes, wenn man auf die Säule für die Gastherme mit Heizstab (also Warmwasseraufbereitung ausschließlich mit PV-Strom) schaut. Auch in diesem Falle ergibt sich eine Reduzierung der CO2-Emission in Höhe von 7,5 Tonnen, also nicht sehr viel weniger als mit der Wärmepumpe (ohne PV), bei allerdings deutlich geringeren Investitionskosten. Dazu kommen wir später.

Der Effekt der CO2-Bepreisung

Werfen wir zunächst noch einen Blick auf die resultierenden Kosten aufgrund der CO2-Bepreisung. Es wird ja immer wieder darauf hingewiesen, dass das Heizen mit Gas gerade wegen der CO2-Preise künftig deutlich teurer werden wird. Nun kann man die Gaspreise kaum vorhersagen, aber für die CO2-Bepreisung gibt es zumindest einen Plan. Aktuell müssen für die Tonne CO2 30 € entrichtet werden. Ab 2026 soll der Wert bei 65 € pro Tonne liegen. Wenn wir vom letzteren Wert ausgehen, so ergeben sich über den angenommenen Betrachtungs­zeitraum von 20 Jahren die in Abb. 6-5 aufgezeigten Werte.

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Abbildung 6-5: Gesamte Einsparung gegenüber der Gasheizung aufgrund der CO2-Bepreisung bei einer Betriebszeit von 20 Jahren. Der Referenzwert für die Gasheizung (Einsparung 0 €) ist ganz links dargestellt. Die anderen drei Säulen geben an, wieviel man bei der Entscheidung für eines der alternativen Heizsysteme insgesamt spart. Die Höhe einer Säule ergibt sich durch die Multiplikation des CO2-Preises je Tonne mit der jeweils eingesparten CO2-Emission (s. Abb. 6-4).

Die Einsparpotential bei der Alternative Wärmepumpe mit PV liegt bei etwa 2.000 €. Ohne PV sind es knapp 600 €. Der Gasbrenner mit Heizstab bringt es auch noch auf knapp 500 €. Das sind letztlich erstaunlich geringe Beträge. Sogar im ersten Fall reden wir hier von gerade einmal 100 € pro Jahr, im Falle der Wärmepumpe ohne PV sogar nur von 30 € pro Jahr. Der Kostenvorteil durch die CO2-Besteuerung des eingesparten Brennstoffs ist demnach letztlich vernachlässigbar. Mit anderen Worten: Die Entscheidung für eine Wärmepumpe, gleich ob mit oder ohne PV, kann man mit dem Verweis auf die CO2-Bepreisung nicht seriös begründen. Das ist ein Posten, der kaum ins Gewicht fällt. Sehr viel gravierender sind die Investitionskosten pro Tonne erzielter CO2-Einsparung. Das nehmen wir in Abb. 6-6 näher in den Blick.

Die Investitionseffizienz aus der Perspektive des Verbrauchers

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Abbildung 6-6: Investitionskosten pro Tonne erzielter CO2-Einsparung mit dem Fokus auf die Kostenanteile der Verbraucher. Für die drei Alternativen wurden die jeweils erforderlichen Zusatzinvestitionen in Bezug gesetzt zu dem erzielten Einspareffekt betreffend der CO2-Emissionswerte (s. Abb. 6-4). Die Säulenhöhen ergeben sich als Division aus den Investitionskosten und der Höhe der CO2-Einsparung. Zum Vergleich sind die geltenden CO2-Preise je Tonne im Diagramm markiert.

Es fällt auf, dass die spezifischen Investitionskosten pro Tonne CO2-Einsparung in allen drei Fällen ein Vielfaches der CO2-Preise ausmachen. Damit wird augenfällig, dass der maßgebliche Faktor pro oder kontra Wärmepumpe oder Gasheizung nicht die CO2-Bepreisung, sondern die Höhe nötigen Zusatzinvestition darstellt.

Mit dem Fokus auf die erzielbare CO2-Einsparung steht der wirtschaftlich und klimapolitisch denkende Verbraucher an dieser Stelle letztlich vor folgender Entscheidung: Soll er auf die Wärmepumpe umsteigen und 1.300 € pro Tonne CO2-Einsparung zahlen oder lieber doch bei der Gasheizung bleiben und dann 65 € je Tonne des zusätzlichen CO2-Ausstoßes entrichten? Im ersten Falle zahlt er 20-mal mehr als im zweiten. Wie wird er sich entscheiden?

Natürlich ist diese Frage an dieser Stelle zugespitzt formuliert und unzulässig eingeengt auf den CO2-Effekt. Wie es um die Wirtschaftlichkeit insgesamt steht, haben wir in Teil 4 (Gasheizung oder Wärmepumpe? Exemplarische Wirtschaftlichkeitsrechnung) und Teil 5 (Grundsätzliche Analyse zur Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen) näher beleuchtet. Im Hinblick auf den klimapolitischen Effekt geht es aber genau darum:

Wie setzt man das verfügbare Kapital so ein, dass eine maximale, oder zumindest doch eine möglichst hohe Wirksamkeit hinsichtlich der resultierenden CO2-Minderung eintritt?

Bewertung der Maßnahmeneffizienz

Der Schwenk von der Gasheizung auf die Wärmepumpe (ohne PV) kann angesichts der obigen Zahlen (s. Abb. 6-6) kaum als Kandidat für einen effizienten Kapitaleinsatz gelten. Das sieht man sofort ein, wenn man auf dieser Basis den Kapitalaufwand in Bezug auf die durchschnittlichen jährlichen CO2-Emissionen pro Kopf errechnet. Der CO2-Ausstoß pro Kopf liegt in Deutschland bei ca. 8 Tonnen pro Jahr. Sofern man also mit einer ähnlich „effizienten“ Maßnahme wie der Installation einer Wärmepumpe ohne PV die CO2-Emission auf null drücken möchte wäre dafür ein jährlich anfallender rechnerischer Kapitalaufwand von über 10.000 € erforderlich (≈ 1.300 €/t* 8 t). Für ganz Deutschland somit 840 Mrd. €. Jedes Jahr aufs Neue. Das wäre nicht nur höchst ineffizient, das wäre auch mit den größten Anstrengungen nicht leistbar.

Auch wenn man die Wärmepumpe mit PV als Vergleichsmaß heranzieht, kommt man noch auf 4.000 € pro Kopf und Jahr und demzufolge jährlich 340 Mrd. € für ganz Deutschland.

Um das Argument richtig zu verstehen, muss man sich an dieser Stelle nochmals klarmachen, dass es hier lediglich um die Bewertung der Maßnahmeneffizienz geht. Es wird hier nicht gesagt oder auch nur in den Raum gestellt, man könne oder müsse mit den besprochenen Maßnahmen die CO2-Emission in Deutschland vollständig reduzieren. Auch der angenommene 20-jährige Betrachtungszeitraum der Investition ist für die Bewertung nicht von Belang.

Die volkswirtschaftiiche Investitionseffizienz

Wir müssen den Bogen noch etwas weiter schlagen, denn die Kosten auf Seiten der Verbraucher sind ja nur ein Teil des Ganzen, Um das Bild zu vervollständigen, dürfen die Kosten der staatlichen Fördermaßnahmen nicht außen vor bleiben. Rechnet man beides zusammen, so erhält man die volkswirtschaftlichen Kosten. Der Einfachheit halber lassen wir dabei den Verwaltungsaufwand beiseite.

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Abbildung 6-7: Investitionskosten pro Tonne erzielter CO2-Einsparung aus volkswirtschaftlicher Sicht. Für die drei Alternativen wurden die jeweils erforderlichen Zusatzinvestitionen in Bezug gesetzt zu dem erzielten Einspareffekt betreffend der CO2-Emissionswerte (s. Abb. 6-4). Die Säulenhöhen ergeben sich als Division aus den Investitionskosten (Verbraucheranteil plus Förderung) und der Höhe der CO2-Einsparung. Die Alternative Gasbrenner plus Heizstab wird nicht gefördert, deswegen sieht man im Vergleich zu Abb. 6-6 keine Änderung, da der Verbraucher bereits alle Kosten trägt.

Verglichen mit der Verbrauchersicht (s. Abb. 6-6) liegen die Investitionskosten pro Tonne erzielter CO2-Einsparung für die Wärmepumpe ohne und mit PV in der volkswirtschaftlichen Perspektive mehr als doppelt so hoch.

Auch hier stellt sich mit dem Fokus auf die klimapolitische Wirkung die Frage nach der erzielbaren CO2-Einsparung. Macht es volkswirtschaftlich gesehen Sinn, auf die Wärmepumpe umzusteigen (mithin diese Transformation mit Steuergeld zu fördern) und 3.000 € pro Tonne CO2-Einsparung zu investieren?

Ist das ein effizienter Kapitaleinsatz im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele?

Und wenn wir die Wärmepumpe mit PV betrachten: Ist es sinnvoll, ist es effizient, für diesen Umstieg 1.000 € pro Tonne erzielter CO2-Einsparung zu investieren? Auf jeden Fall kann man sagen, dass die Einbeziehung von Photovoltaik effizienter ist als die bloße Förderung der Wärmepumpe ohne PV. Sie ist sogar um den Faktor 3 effizienter.

Aber auch hier: Ist das ein effizienter Kapitaleinsatz im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele?

Bewertung der volkswirtschaftlichen Maßnahmeneffizienz

Deutschland emittiert pro Jahr in Summe etwa 666 Mio. Tonnen CO2 (2022). Wir können die berechnete volkwirtschaftliche Investitionseffizienz nach Abb. 6-7 auf dieser Basis zu bewerten, indem wir nach der Höhe des erforderlichen Kapitalaufwands fragen, der nötig ist, um die gesamten deutschen CO2-Emissionen einzusparen. Im Falle der Wärmepumpe ohne PV wäre das ein jährlich anfallender rechnerischer Kapitaleinsatz für die Volkswirtschaft von 2.000 Mrd. € (≈ 3.118 €/t* 666 Mio. t). Wenn wir auf die effizientere Maßnahme der Wärmepumpe mit PV blicken, dann ergibt sich rechnerisch ein volkswirtschaftlicher Kapitaleinsatz von knapp 700 Mrd. € (≈ 1.026 €/t* 666 Mio. t).

Man kann unschwer erkennen. dass ein Kapitalaufwand in dieser Dimension außerhalb des Machbaren liegt. Immerhin reden wir hier im ersten Fall von der Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) und im zweiten Fall von der Größenordnung des jährlichen deutschen Steueraufkommens.

Wir können diesen Aspekt noch genauer beleuchten und alternative Maßnahmen wie den Bau von Windrädern, Photovoltaikanlagen und Atomkraftwerken ins Auge fassen. Dazu betrachten wir die Umkehrung des diskutierten Maßes und fragen nach dem CO2-Einsparungspotential bezogen auf die investierte Summe unter Einbeziehung der Lebenszykluskosten.

Die klimapolitische Effizienz im Vergleich zu alternativen Maßnahmen

Zunächst müssen wir die summarischen Stromerträge für die alternativen Maßnahmen bezogen auf den Kostenaufwand abschätzen.

Bei der Windkraft kann man grob mit einer Investitionssumme etwa 1 Mrd. € pro Gigawatt installierter Leistung rechnen, dies entspricht einem mittleren Stromertrag von ca. 2 TWh/a. Bezüglich Solarstrom und Kernkraft ergeben sich ähnliche Werte (s. Tab. 6-1).

StromerzeugungLeistung [GW]
pro 1 Mrd. € Invest
Stromertrag [TWh/a]
pro 1 Mrd. € Invest
Windkraft≈ 1≈ 2
Photovoltaik≈ 1≈ 1
Kernkraft≈ 0,2≈ 1,6
Investitionskosten bei der Stromerzeugung

Tabelle 6-1: Installierte Leistung und erwarteter jährlicher Stromertrag (in Deutschland) bei einer Investition von 1 Mrd. Euro.

Vorstehend wurden nur die Investitionskosten berücksichtigt. Über den kompletten Lebenszyklus fallen indes noch weitere Kosten an (Betriebskosten, Wartung, Sicherheit, Rückbau), die sich letztlich auf den Strompreis und damit auch auf den Stromertrag bezogen auf die eingesetzten Mittel niederschlagen.

StromerzeugungGestehungskosten
[ct/kWh]
Stromertrag [TWh]
pro 1 Mrd. €
Windkraft≈ 4 – 12 (8 – 16)≈ 8 – 25 (6 – 12)
Photovoltaik≈ 3 – 11 (7 – 15)≈ 9 – 33 (7 – 14)
Kernkraft≈ 10 – 34≈ 3 – 10
Stromgestehungkosten (Invest plus Folgekosten) und Stromertrag

Tabelle 6-2: Stromgestehungkosten (Investition plus Folgekosten) und insgesamt erwarteter Stromertrag pro 1 Mrd. Euro. Bei Wind und Solar sind in Klammern die Werte unter Berücksichtigung der erforderlichen Speicherkosten angegeben. Die tatsächlichen Kosten hängen von vielen Faktoren ab, deswegen muss man hier mit Schwankungsbreiten rechnen. Insbesondere bei der Kernkraft findet man in der Literatur Angaben die teilweise unterhalb, manchmal aber auch deutlich oberhalb der angegebenen Grenzen liegen. Das ist dadurch begründet, dass vielfach auch sachfremde Aufwendungen in die Kosten eingerechnet werden.

Annahmen zu den Speicherkosten und den rechnerischen CO2-Emissionen

Zur Höhe der angesetzten Speicherkosten folgende Anmerkung: Nach einer groben Abschätzung dürfte der dafür zusätzlich aufzuwendende Betrag bei mindestens 4 ct/kWh liegen. Dazu kommt man unter der realistischen Annahme einer im Minimum nötigen Speicherkapazität von 0,8 % des Verbrauchs und spezifischen Speicherkosten von min. 100 € pro kWh. Pro Kilowattstunde Stromproduktion mit Wind oder Solar wären das also 8 Wh und somit 80 ct verteilt auf eine Nutzungszeit von 20 Jahren. Bezogen auf den deutschen Jahresverbrauch von ca. 500 TWh entspricht dies einer Speichergröße von 4 TWh. Der genaue Wert der erforderlichen Speicherkapazität hängt ab vom Grad der angestrebten Unabhängigkeit von Importen und der Verfügbarkeit von nicht wetterabhängigen Energiequellen. Sofern man eine 100-prozentige Autarkie anstrebt, müssen mindestens 3 % des Verbrauchs, also 30 Wh pro Kilowattstunde gespeichert werden können. Für ganz Deutschland wären dies etwa 15 Terawattstunden. Bezüglich der Kernkraft fallen natürlich keine Speicherkosten nicht an.

Die vorstehenden Überlegungen gelten für die mitteleuropäischen Wetterverhältnisse. Im Weltmaßstab sind die Verhältnisse teils viel günstiger. In manchen Regionen weht der Wind verläßlich und stark, in anderen scheint die Sonne nahezu täglich. Beides reduziert die nötige Speichergröße und wirkt somit kostendämpfend.

In erster Näherung dürfen wir die Emission bei der Kohleverstromung mit etwa 1 Mio. Tonnen pro TWh ansetzen (≈ 1 kg/kWh). Desgleichen können wir die CO2-Emissionen bezüglich Windkraft, PV und Kernkraft im Vergleich dazu vernachlässigen. Die aus diesen Annahmen resultierende Unschärfe liegt bei etwa 10 – 20 %. Im Hinblick auf den summarischen Charakter der Überlegungen fällt das nicht ins Gewicht.

Die Klimaeffizienz als CO2-Einsparung pro Euro

Ausgehend von Tab. 6-2 erhalten wir die in Abb. 6-8 dargestellte Übersicht zur Maßnahmeneffizienz.

© Hieronymus Fischer

Abbildung 6-8: Vergleich der Effizienz verschiedener alternativer Maßnahmen im Sinne der rechnerischen CO2-Einsparung in Bezug auf den Ersatz von Kohle. Die Werte für die drei linken Rubriken ergeben sich aus den Zahlen von Abb. 6-7 unter der zusätzlichen Annahme einer Unschärfe von etwa ± 50 %.

Die oben angesprochenen Schwankungsbreiten zeigen sich natürlich auch bezüglich der abgeleiteten Klimaeffizienz der Maßnahmen.

Wie man dem Vergleich entnmmt, bringt der Bau von Windkraftanlagen, der Ausbau der Solarstromproduktion und sogar der Bau von Kernkraftanlagen einen signifikant größeren Effekt im Hinblick auf das CO2-Einsparungspotential als die Förderung von Wärmepumpen. Jedenfalls gilt das im Status quo angesichts einer immer noch bestehenden Kohleverstromung in einer Höhe von 150 TWh pro Jahr. Der Effizienzunterschied ist keine Marginalie. Wir reden hier von 1 bis 2 Größenordnungen (also einem Faktor 10 bis 100).

Anmerkung zur Effizienzbetrachtung

Bezüglich der Zahlenangaben zur Windkraft und zum Solarstrom muss ergänzend darauf verwiesen werden, dass die Kosten für die erforderlichen Speicher in Abb. 6-8 nicht enthalten sind. Die Säulen für Wind- und Solarstrom wären andernfalls nur etwa halb so hoch. Die Ausblendung der Speicherkosten kann man an dieser Stelle vertreten, weil (nach Meinung des Autors) die künftige Energieversorgung sinnvollerweise eben nicht auschließlich auf den wetterabhängigen Energiequellen Wind und Sonne beruhen sollte. Große Speicher sind nur in diesem Falle nötig.

Den Weiterbetrieb bestehender Atomkraftwerke haben wir in dieser Betrachtung außen vor gelassen, da die letzten Anlagen bereits abgeschaltet wurden. Nur am Rande: Diesbezüglich wäre die Maßnahmeneffizienz nochmals erheblich größer als in der Rubrik Kernenergie angegeben, da für die Anlagen nur die unmittelbaren Folgekosten anzurechnen wären (die nun zum großen Teil anfallen, ohne dass Strom produziert wird).

Auf den zweiten Blick scheint der Vergleich hinsichtlich der Wärmepumpe unfair, da die entsprechenden CO2-Potentiale auf den CO2-Anteil im Strommix bezogen sind, während sich Windkraft, PV und Kernkraft auf den höheren CO2-Ausstoß der Kohleverstromung beziehen. Das hat aber dennoch seine Richtigkeit, weil der Wärmepumpenstrom tatsächlich auf dem Strommix beruht, während die alternativen Maßnahmen direkt auf den Ersatz der Kohleverstromung abzielen.

Die wirksamen Maßnahmen priorisieren

Nach dem Vorstehenden ist es allemal sinnvoller, das knappe Kapital zunächst einmal in den CO2-freien Ersatz der Kohleverstromung zu investieren, statt über die Förderung von Wärmepumpen auch noch den Strombedarf zu erhöhen. Der Umstieg auf Wärmepumpen ist klimapolitisch sinnvoll, sobald weitgehend CO2-freier Strom in ausreichender Menge zur Verfügung steht (wie das in vielen Ländern Europa schon heute der Fall ist, s. Abb. 6-2). Ab etwa 2030 könnte der Punkt erreicht sein, ab welchem der Betrieb von Wärmepumpen klimapolitisch einen nennenswerten Beitrag zur CO2-Reduzierung leistet. Zwar werden heute neu installierte Gasheizungen noch etwa über einen Zeitraum von weiteren 20 Jahren betrieben, doch fällt das in der CO2-Bilanz angesichts anderer Faktoren kaum ins Gewicht.

Pro Jahr werden etwa 500.000 Gasheizungen neu verbaut. Von 2024 bis 2030 wären das also 3 Mio. Wenn wir von einem Durchschnitts­verbrauch von 20.000 kWh/a ausgehen, so emittieren diese Heizungen pro Jahr ca. 11 Mio. t CO2. Wie wir gesehen haben, ist das mit dem gegenwärtigen Strommix bei Wärmepumpen nur unwesentlich weniger. Ab 2030 könnte sich der Ausstoß von Wärmepumpen aufgrund des günstigeren Strommix sukzessive halbieren und weiter reduzieren. In Summe macht daher der Unterschied zwischen Wärmepumpe jetzt oder ab 2030 über einen Zeitraum von 20 Jahren gut 100 Mio. Tonnen CO2 aus. Pro Jahr also 5 Mio. Tonnen oder etwa 1 % der derzeitigen jährlichen Gesamtemission. Das ist vernachlässigbar. Allein aufgrund der Entscheidung zum Atomausstieg wird in der gleichen Zeitspanne mehr als die 10-fache CO2-Menge zusätzlich ausgestoßen.


Querverweise

Windräder statt Atomstrom

Alle Beiträge der Reihe:

Energiewende und Wärmepumpe

1. Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission

2. Wärmepumpe. Prinzip, Funktionsweise und Grenzen

3. CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude

4. Gasheizung oder Wärmepumpe? Exemplarische Wirtschaftlichkeitsrechnung

5. Grundsätzliche Analyse zur Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen

6. Wärmepumpen für Deutschland – Klimapolitisch sinnvoll oder Fehlinvestition?

2 Gedanken zu „Wärmepumpen für Deutschland – Klimapolitisch sinnvoll oder Fehlinvestition?“

  1. Sehr geehrter SUMYMUS,

    als treuer Leser Ihres Blogs verfolge ich Ihre Reihe „Energiewende und Wärmepumpe“ mit großem Interesse. Insbesondere Ihren Beitrag zum Thema „WÄRMEPUMPEN FÜR DEUTSCHLAND – KLIMAPOLITISCH SINNVOLL ODER FEHLINVESTITION?“ hat meine Aufmerksamkeit erregt. Ich möchte gerne einige Gedanken zu den von Ihnen angesprochenen Themen teilen.

    Zunächst einmal stimme ich Ihnen zu, dass die Entscheidung Deutschlands im Jahr 2011, aus der Kernenergie auszusteigen und stattdessen auf Kohle zu setzen, eine entscheidende strategische Weichenstellung war. Diese Wahl hat zweifellos zu den derzeit hohen CO2-Emissionen im deutschen Strommix beigetragen. Ein alternatives Szenario, in dem Deutschland auf Kernenergie und erneuerbare Energien gesetzt hätte, hätte zu deutlich niedrigeren Emissionen geführt und die Wärmepumpen als klimafreundliche Option attraktiver gemacht.

    Ihre Analyse der Situation in Norwegen, wo Wärmepumpen aufgrund des günstigen Stroms und des niedrigen CO2-Gehalts im Strommix eine sinnvolle Wahl sind, verdeutlicht, wie wichtig die Energiequelle und die Umweltauswirkungen des Stroms für die Effizienz von Wärmepumpen sind. In Deutschland, mit seinem derzeitigen hohen CO2-Gehalt im Strommix und den entsprechend hohen Strompreisen, erscheint die Investition in Wärmepumpen ohne erneuerbare Energiequellen möglicherweise weniger wirtschaftlich.

    Ich teile Ihre Ansicht, dass eine sorgfältige Planung und die Berücksichtigung der Interessen des Landes und seiner Bürger entscheidend sind. Eine nachhaltige Energiepolitik sollte sowohl Umweltbelange als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen. Hierbei sollte auch die Rolle der Kernenergie als Übergangslösung in Betracht gezogen werden, um die CO2-Emissionen zu reduzieren, während erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden.

    Ich finde Ihren Beitrag äußerst aufschlussreich und gut recherchiert. Er liefert wertvolle Einblicke in die komplexe Debatte über Wärmepumpen und deren Eignung für Deutschland. Vielen Dank für die Bereitstellung dieser Informationen, die sicherlich dazu beitragen werden, die Diskussion über die Energiepolitik in Deutschland voranzutreiben.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Thomas von Intofloor

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