Nach der Ausnahme kommt die Normalität

Ausgangsbeschränkungen können wirken

Die getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der weiteren schnellen Ausbreitung des Coronavirus sind grundsätzlich sinnvoll. Entscheidend ist: Zunächst müssen wir die verfügten Verhaltensregeln konsequent einhalten und die Einschränkungen geduldig hinnehmen. Nur so kann eine Wirkung erzielt werden (s. a. Coronavirus – Schluss mit lustig). Offenbar sieht das die Mehrzahl der Menschen gleichfalls so. Noch ist das so richtig, muss man einschränken, doch darf der Übergang in die Normalität nicht beliebig in die Zukunft verschoben werden (s. a. Sehnsucht nach Normalität).

Nur um die Zahlen in die richtige Relation zu bringen: Derzeit sind in Deutschland ca. 0,1% der Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert. Von der Dunkelziffer wissen wir natürlich nichts genaues. Dennoch gibt es (noch) keinen Grund zur Panik! Das befürchtete schnelle exponentielle Wachstum der Infektionszahlen kann durch die verfügten Ausgangsbeschränkungen wirksam bekämpft werden (s. Coronavirus – Schluss mit lustig). Im besten Falle gelingt es so, die Zahl der Neuinfektionen in einem unkritischen Bereich zu halten (s. Das Coronavirus – So schnell breitet es sich aus).

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Allerdings haben die Ausgangsbeschränkungen auch eine Kehrseite. Das öffentliche Leben kommt zum Stillstand. Die Wirtschaft leidet schon jetzt erheblich. Bei einer längeren Dauer würde sie schwer in Mitleidenschaft gezogen. Der Schaden wäre immens. Es geht dabei nicht nur um schnöden Mammon, etwa die ausbleibenden Gewinne von Konzernen. Weit gefehlt, es ist viel dramatischer. Die nackte Existenz von kleinen und größeren Unternehmen, Gewerbetreibenden und Selbständigen steht auf dem Spiel. Und schon bald wären die Beschäftigten mit ihren Familien unmittelbar davon betroffen, mit allen Konsequenzen für ihre Lebensgestaltung. Bereits binnen weniger Monate wäre der Niedergang für Hunderttausende, wenn nicht Millionen mit schwerwiegenden Einbußen bis hin zu Existenzverlusten verbunden.

Der Stillstand darf nur von kurzer Dauer sein

Die aus den jetzigen Maßnahmen resultierenden unmittelbaren Folgenwirkungen sind daher nur für eine eng begrenzte Zeitspanne von vielleicht maximal 4 – 6 Wochen akzeptabel. Spätestens ab Mai muss man zu einer gewissen Normalität mit verkraftbaren Einschränkungen zurückkehren und (je nach Stand der Dinge) andere Maßnahmen ergreifen, sonst ist der Schaden größer als der Nutzen und es droht langfristig die Erkenntnis: „Operation Gesundheitswesen gelungen, Patient Wirtschaft tot“. Oder so:

Leben temporär gerettet, Existenzen dauerhaft vernichtet.

Mit anderen Worten: Ausnahmen sind nur ausnahmsweise akzeptabel. Freies und selbstbstimmtes Leben und Wirtschaften ist nur in der Normalität möglich.

Es geht ums Ganze, nicht nur um das Gesundheitswesen

Die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems ist ein wichtiges Ziel. Es darf aber nicht getrennt von den gravierenden Nebenwirkungen verfolgt werden. Trotz der Gefährlichkeit des Coronavirus ist die Bekämpfung der Pandemie letztlich keine wissenschaftliche Frage, die Virologen beantworten können. Es ist vielmehr eine Herausforderung an die politische Bewertung. Wissenschaftler, auch Virologen, haben hierbei eine Stimme, mehr aber auch nicht. Letzten Endes müssen die verantwortlichen Politiker entscheiden und dabei alle relevanten Aspekte ins Auge fassen.

Auch im Hinblick auf die ethischen Fragen ist eine differenziertere Betrachtung vonnöten, als dies im ersten Impuls naheliegend erschien. Ist es wirklich human, jetzt Alte und Todgeweihte im Altersheim oder auf der Intensivstation zu isolieren? Bei Abwägung aller Bedenken könnte es am Ende menschlicher sein, von seinen engsten Angehörigen Abschied nehmen zu dürfen, als einige Wochen später vereinsamt dahinzuscheiden.

Die Freiheitsrechte sind ein sehr hohes Gut

Unabhängig davon sind auch die Eingriffe in die Grundrechte der Menschen nicht für einen längeren Zeitraum hinnehmbar. Die Hürden dafür müssen hoch, sehr hoch gelegt werden. In einer freiheitlichen Demokratie darf sich der Staat nicht dauerhaft derart tief in die Lebensgestaltung der Menschen einmischen.

Das Wesen der Freiheit liegt in der Selbstbestimmung des Individuums.

Es ist nicht Aufgabe des Staates, den mündigen Bürger durch Zwangsmaßnahmen vor sich selbst zu schützen. Genauso wenig darf er Ältere von der Teilhabe am öffentlichen Leben ausschließen, nur weil sie – rein statistisch gesehen – tendenziell stärker vom Coronavirus bedroht sind.

Der Weg in die fürsorgliche Diktatur ist kürzer, als man denkt

Was der Staat tun kann und tun muss ist, die Allgemeinheit vor dem Einzelnen zu schützen, sofern eine Gefahr von ihm ausgeht. Letzten Endes bleibt es aber eine schwierige Grenzziehung.

Dabei droht das Abgleiten in einen wohlmeinenden Totalitarismus, der sanfte Weg in die Diktatur. Indes, auch eine fürsorgliche Diktatur bleibt eine Diktatur. Totalitäre Staaten sind ja nicht per se böse. Auch sie wollen das Gute, aber eben mit den Zielen und auf die Weise, die die jeweils Herrschenden für richtig halten. Es ist die Normalität von Diktaturen, in das Leben der Bürger einzugreifen. Die Freiheit und Selbstbestimmung des Individuums bleiben dabei regelmäßig auf der Strecke. Das kann nicht unser Weg sein.

Nur in extremen Ausnahmesituationen und zeitlich streng limitiert, darf sich der Staat anmaßen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht seiner Bürger einzuschränken.

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