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„An oder mit“ Corona verstorben – oder „mit“ der Impfung

Dokumentierte Nebenwirkungen der Corona Impfung

In 2021 wurden in Deutschland ca. 150 Millionen Impfungen mit einem Corona-Impfstoff verabreicht. Insgesamt haben sich  über 61 Mio. Personen impfen lassen. Die genauen Zahlen zu den Erst-, Zweit- und Drittimpfungen können Abb. 1 entnommen werden.

Abbildung 1: Anzahl der Impfungen. Rohdaten: PEI, Corona-Sicherheitsbericht 2021, Datenstand: 07.02.2022.

Ohne diese Impfungen hätte es wohl eine höhere Zahl von Corona-Todesfällen gegeben, vor allem bei den Älteren (s. [14]). Wo Licht ist, da ist aber auch Schatten: Laut Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI, s. [1]) wurden im Zuge der Impfungen seit Beginn der Impfkampagne Ende 2020 insgesamt 244.576 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen gemeldet (s. Abb. 2).

Viele dieser Meldungen beziehen sich auf letzten Endes vorübergehende Beeinträchtigungen. Betreffend der Dunkelziffer zu den nicht gemeldeten unmittelbaren Nebenwirkungen der Impfung weiß man natürlich nichts. Man kann aber davon ausgehen, dass leichtere Fälle wohl kaum Eingang in die offizielle Statistik finden.

In Summe kann man das abtun als statistische Pflichtübung: Was ist schon dabei, wenn die Einstichstelle für 1 oder 2 Tage schmerzt? Oder wenn man vorübergehend Kopfschmerzen hat? Tatsächlich reden wir hier In den meisten Fällen von temporären Beeinträchtigungen. In etwa 50 % der Fälle waren die Patienten wiederhergestellt oder ihr Allgemeinzustand war verbessert. Ganz so banal ist das dennoch nicht. Bei einem weiteren Drittel der Verdachtsfälle waren die Beeinträchtigungen zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht abgeklungen. Und in immerhin 3 % der Fälle geht man von bleibenden Schäden aus.

Abbildung 2: Ausgang der gemeldeten unerwünschten Reaktionen nach Impfung mit einem COVID-19-Impfstoff. Die Prozentangaben beziehen sich auf die Gesamtanzahl der gemeldeten Nebenwirkungen, d.h., 1 Prozentpunkt entspricht ca. 2.500 Fällen. Quelle: PEI, Corona-Sicherheitsbericht 2021, Datenstand: 07.02.2022.

Insgesamt gibt es eine erhebliche Zahl von 29.786 Verdachtsfällen bezüglich derer das PEI selbst von „schwerwiegenden“ unerwünschten Reaktionen spricht (s. Abb. 3). Darunter sind viele Geimpfte die eine ambulante oder stationäre Behandlung benötigen. Und auch 2255 Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang werden verzeichnet.

Abbildung 3: Anzahl der gemeldeten Nebenwirkungen, der schwerwiegenden Nebenwirkungen und der Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang. Man beachte die logarithmische Skalierung (kleine Werte erscheinen vergleichsweise groß). Rohdaten: PEI, Corona-Sicherheitsbericht 2021, Datenstand: 07.02.2022.

Natürlich muss man das alles in Relation zur Anzahl der Impfungen sehen. Dazu weiter unten.

Verdachtsfälle von Impftoten

Im Jahresbericht des PEI wird die Zahl von 2255 Meldungen mit einen tödlichen Ausgang „in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zur Corona-Impfung“ genannt. Genaugenommen spricht das PEI hier von Verdachtsfällen. In 85 Einzelfällen, in denen Patienten an bekannten Impfrisiken wie Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS), Blutungen aufgrund einer Immunthrombozytopenie oder Myokarditis im zeitlich plausiblen Abstand zur jeweiligen Impfung verstorben sind, hat das PEI den kausalen Zusammenhang mit der Impfung als möglich oder wahrscheinlich bewertet. Man fragt sich an dieser Stelle, was es mit den verbleibenden 2170 Verdachtsfällen auf sich hat. Dazu gibt es im Sicherheitsbericht lediglich einen statistischen Abgleich (s.u.). Es bleibt also offen, inwiefern hier eine ursächliche Beziehung zur Impfung bestehen könnte. Letztlich muss man daher auch in diesen Fällen die Kausalität der Impfung zumindest als „möglich“ erachten, es sei denn, dies kann im Einzelfall definitiv ausgeschlossen werden.

Meldungen über Impfkomplikationen an das PEI

Grundsätzlich werden Meldungen von Nebenwirkungen nach Impfung mit COVID-19-Impfstoffen über die Gesundheitsämter an das Paul-Ehrlich-Institut übermittelt. Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Impfkomplikationen, d. h. gesundheitliche Beschwerden, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehen und nicht evident auf andere Ursachen zurückzuführen sind, dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden. Zusätzlich können auch Geimpfte bzw. deren Angehörige direkt dem Paul-Ehrlich-Institut melden.

Kann man also davon ausgehen, dass die Mehrzahl der aufgetretenen Nebenwirkungen tatsächlich gemeldet werden? Nicht unbedingt! Bei den leichteren Fällen wird wohl oft eine Meldung unterbleiben. Jedenfalls ist das die Erfahrung von anderen Impfprogrammen. Man schätzt, dass i. A. nur in etwa 5 % der Fälle von Nebenwirkungen eine Meldung an das PEI erfolgt. Sofern es hier um leichtere Beeinträchtigungen geht, ist das nicht weiter von Belang und allenfalls von Interesse für die Statistik. Indessen kann man nicht ausschließen, dass auch schwerwiegende Fälle übersehen werden, z.B. dann, wenn das Auftreten von Krankheitssymptomen bei einer geimpften Person aufgrund von Vorerkrankungen oder aktuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch ohne die Impfung nicht völlig unerwartet gewesen wäre.

Nach einer aktuellen Analyse kommt die BKK Pro Vita zu einen ebenso ernüchternden wie alarmierenden Ergebnis: Es gebe viel häufiger Nebenwirkungen der Corona-Impfung als gedacht. Man gehe von einer sehr erheblichen Untererfassung aus. Die BKK rechnet vor, dass Nebenwirkungen der Impfung laut (ihren) Patientendaten mindestens zehn Mal häufiger sind als vom Paul-Ehrlich-Institut gemeldet. Wenn man die 10 Mio. Versicherte umfassende Stichprobe der BKK auf das Gesamtjahr und auf die Bevölkerung in Deutschland hochrechnet, sind vermutlich 2,5 bis 3 Millionen Menschen in Deutschland wegen Impfnebenwirkungen nach Corona-Impfung in ärztlicher Behandlung gewesen (s. [16]). Vier bis fünf Prozent (der Geimpften) waren wegen Nebenwirkungen beim Arzt.

Betrachten wir konkret das Szenario im Hinblick auf die Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang. Hier denkt man noch am ehesten, kein Fall könne unentdeckt bleiben. In Deutschland gibt es etwa 25.000 Hausarztpraxen. Von ihren Patienten sind circa 5 Millionen über achtzig. Zugleich ist die Impfquote in dieser Gruppe mit über 90 % sehr hoch. Im statistischen Mittel entfallen demnach jeweils 200 Über-80-Jährige auf eine Hausarztpraxis, und nahezu alle wurden 2021 geimpft. Die statistische Sterbewahrscheinlichkeit (völlig ohne Impfung) in dieser Altersgruppe liegt bei etwa 11,5 % p.a. Damit sind in 2021 pro Hausarztpraxis 23 Patienten über 80 verstorben, pro Monat also etwa 2 Personen. Es ist also absolut nicht ungewöhnlich, wenn von den 200 hochbetagten Patienten einer Hausarztpraxis jeden Monat 2 versterben. Ebenfalls nicht sonderlich überraschend ist es, wenn diese Sterbefälle innerhalb von 30 Tagen nach der Impfung auftreten: Es liegt ja völlig im Rahmen des Üblichen. Wenn nicht ganz außergewöhnliche Umstände vorliegen, hat der Hausarzt kaum eine Chance, solche Todesfälle mit der Impfung in Zusammenhang zu bringen. Und was, wenn er davon gar nichts erfährt, weil sich der Patient im Impfzentrum hat impfen lassen?

Die Meldungsstatistik des PEI ist daher zunächst einmal nur eine Grundlage für die grobe Beurteilung von Risiken. Eine abschließende Bewertung ist auf dieser Basis kaum möglich (s. a. [16]).

Risikoeinschätzung auf Basis der Meldezahlen

Das PEI bezieht die gemeldeten Fälle auf die Anzahl der Impfdosen. Das erscheint naheliegend und zweckmäßig. In Relation zu den ca. 150 Mio. Impfungen ergibt sich auf dieser Basis eine Melderate von 1600 Fällen von Nebenwirkungen pro 1 Mio. Impfungen, und 200 Fällen von schwerwiegenden Nebenwirkungen pro 1 Mio. Impfungen. Der relative Anteil der Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang liegt bei 15 pro 1 Mio. Impfungen. Um zu einer ersten Einschätzung zu kommen, inwiefern das viel oder wenig ist, kann man diese Zahl den im gleichen Zeitraum „an oder mit“-Corona-Verstorbenen gegenüberstellen. Aufgrund der knapp 70.000 Coronatoten in 2021 sind das etwa 839 Tote pro 1 Mio. Einwohner, mithin etwa das 56-fache der Anzahl der Verdachtsfälle von Impftoten. Doch ist dieser Vergleich zulässig?

Für die Risikoeinschätzung sinnvoller erscheint die Bezugnahme auf die Anzahl der Geimpften. Letzten Endes muss doch die mögliche Gefährdung der Person interessieren, nicht das Risiko des impfenden Arztes. Wenn man sich, wie das PEI, auf die Anzahl der Impfungen bezieht, wird das Bild in unzulässiger Weise geschönt insofern das Risiko kleiner erscheint als es wirklich ist.

Die o.g. ca. 150 Mio. Impfdosen wurden lt. PEI an 61.593.423 Personen verabreicht. Im Mittel wurde demnach jeder Geimpfte etwa zweieinhalbmal „gepikst“. Berücksichtigt man dies in der Statistik, so ergibt sich ein geschärftes Bild zum Risiko:

  • 3971 Fälle von Nebenwirkungen pro 1 Mio. Geimpfte
  • 484 Fälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen pro 1 Mio. Geimpfte
  • 37 Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang pro 1 Mio. Geimpfte

Vergleicht man die letzte Zahl wieder mit den 839 Coronatoten pro 1 Mio. Einwohner, so ergibt sich nun ein Verhältnis von 23:1. Das spricht im Grundsatz immer noch klar für die Impfung, das Risikoverhältnis ist aber nicht so überwältigend positiv, wie man das eigentlich vermuten würde. Vor allem, wenn man dabei die völlig unterschiedliche Corona-Risikobewertung im Hinblick auf die diversen Altersgruppen berücksichtigt

Abbildung 4: Melderate über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor COVID-19 pro 1 Mio. Geimpfte seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 bis zum 31.12.2021. Zum Vergleich ist in der rechten Rubrik die Corona-Todesfallzahl pro 1 Mio. Einwohner eingetragen. Rohdaten: RKI, PEI, Corona-Sicherheitsbericht 2021, Datenstand: 07.02.2022.

Die Anzahl der gemeldeten schwerwiegenden Nebenwirkungen liegt „nur“ 58 % unter der Anzahl der registrierten Todesfälle „an oder mit“ Corona. Das ist ein vergleichsweise kleiner Abstand. Wobei trotzdem klar ist: Vor die Wahl gestellt, würden sicher alle Verstorbenen die Alternative der schwerwiegenden Nebenwirkung nach der Impfung gerne in Kauf genommen haben.

Zusammenhang zwischen Impfung und möglichen Nebenwirkungen

Aufgrund der Meldungssystematik darf man zweifelsohne unterstellen, dass zumindest die zeitnah auftretenden Nebenwirkungen zu einem gewissen Teil erfasst werden. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass es gar keine Dunkelziffer gibt, wird man die Fallzahl mit knapp 250.000 Fällen von Nebenwirkungen und knapp 30.000 Verdachtsfällen von schwerwiegenden unerwünschten Reaktionen kaum als vernachlässigbar abtun können. Es sind fraglos viele Fälle. In Relation zu den ca. 150 Mio. Impfungen ist die Melderate aber dennoch klein: 1,6 Fälle von Nebenwirkungen pro 1000 Impfungen, und 0,2 Fälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen pro 1000 Impfungen.

Dabei hat man es hier im Grundsatz mit relativ einfach zu identifizierenden Impfreaktionen zu tun, weil sie in engem zeitlicher Abstand zur Impfung auftreten. Viel schwieriger oder gar unmöglich ist der Nachweis einer nachgelagerten Folgewirkung, die erst Monate oder gar Jahre nach der Impfung auftritt. Wie wollte man denn zweifelsfrei belegen, dass das Auftreten einer Autoimmunkrankheit auf eine Jahre zurückliegende Impfung zurückzuführen sei? Allenfalls würde man in diesem Falle eine statistische Korrelation finden können, was natürlich kein Beweis ist. Vor Gericht hätte ein solcher Nachweis wohl kaum Bestand.

Laut PEI ist von langfristigen Impffolgen nichts bekannt. Darf man daraus schließen, dass es solche Impffolgen nicht gibt? Diese Schlussfolgerung ist möglicherweise übereilt. Das Wirkprinzip von mRNA-Impfstoffen ist neu, deswegen kann man auch nachgelagerte oder indirekte Folgen auf das Immunsystem nicht mit Sicherheit ausschließen. Wer dies tut, verstößt gegen elementare wissenschaftliche Prinzipien und handelt unredlich. Analogieschlüsse aus den historischen Impfprogrammen sind nicht hinreichend für den Ausschluss von Langzeitfolgen, weil die Analogie aufgrund des neuartigen Wirkprinzips so nicht besteht.

Man muss sich vergegenwärtigen, dass die mRNA-Impfstoffe noch immer nicht über eine reguläre Zulassung verfügen. Von der Politik und den Medien wird das weitgehend ignoriert. Stattdessen verweist man gerne auf das Paul-Ehrlich-Institut und präsentiert meistens solche Wissenschaftler, die in ihren Statements jegliche von der Impfung möglicherweise ausgehenden Gefährdungen mehr oder weniger als Hirngespinste abtun. Indessen gibt es aber auch seriöse kritische Stimmen, auch wenn man wenig von ihnen hört (s. dazu [17] Fragezeichen beim mRNA-Impfstoff).

Auch wenn man eine unmittelbare Gefahr mit größter Sicherheit ausschließen kann, da die Impfstoffe schon millionenfach verabreicht wurden (darauf fußt das Urteil des PEI), so gebietet die wissenschaftliche Skepsis im Verein mit der ärztlichen Vorsicht, solche vorschnellen Verharmlosungen zu unterlassen. Dies vor allem dann, wenn es um Impfprogramme für Kinder geht. Es besteht ein Restrisiko über das man nichts Genaues weiß. Möglicherweise wird es sich als klein erweisen, das ist aber nicht gewiss. Wer das Risiko jetzt aus politischen Gründen kleinredet, ignoriert eherne wissenschaftliche Grundsätze und wird seiner Verantwortung nicht gerecht.

Natürlich kann man pragmatisch argumentieren, das bekannte von Corona ausgehende Risiko sei höher einzuschätzen als das unbekannte Restrisiko möglicher Spätfolgen. Das ist ein politisch opportuner Zugang, den man durchaus vertreten kann. Man muss ihn aber nicht zwingend gutheißen, weil ihm die wissenschaftliche Grundlage fehlt. Zumindest sollte, wer dies propagiert, sich nicht auf die Wissenschaft berufen. Es ist dennoch ein oft anzutreffendes Verhalten: Risiken, die man in Ermangelung verlässlicher Daten und gezielter Untersuchungen nicht quantifizieren kann, werden kurzerhand als nicht existent deklariert. Manchmal wird das sogar explizit als „wissenschaftlich“ ausgegeben, sogar von Wissenschaftlern –  tatsächlich ist es nicht mehr als Augenwischerei.

Jedenfalls ist es unwissenschaftlich und damit unseriös, mögliche Langzeitfolgen pauschal auszuschließen. Diesen Schluss mögen sich Leute zutrauen, die ihr Wissen durch den Blick in die Kristallkugel gewinnen.

Zusammenhang zwischen Impfung und möglichen Todesfällen

Kann man davon ausgehen, dass zumindest die Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang nach der Impfung vollständig erfasst werden? Daran muss man Zweifel anmelden. Die Gründe dafür liegen wieder in der Statistik.

Unabhängig von der Impfung liegt die durchschnittliche Sterblichkeit bei 1,24 % p.a. Von einer Million Menschen sterben also statistisch gesehen 12.400 innerhalb der nächsten 12 Monate nach einem willkürlich festgesetzten Datum. Entsprechend sterben nach der verabreichten Impfung im statistischen Mittel ca. 1000 Personen im Laufe der folgenden 30 Tage. Hochgerechnet auf die Gesamtanzahl der in 2021 Geimpften (61,5 Mio.) muss man daher 61.500 Tote innerhalb von gut 4 Wochen nach der Impfung erwarten. Tatsächlich wurden aber nur 2255 Todesfälle (3,7 % von 61.500) in zeitlicher Nähe zur Impfung registriert. Was kann man daraus schließen?

Dreierlei:

  • Nur ein Bruchteil von weniger als 4 % der statistisch zu erwartenden Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang innerhalb von 4 Wochen nach der Impfung wurde tatsächlich gemeldet (Meldequote 1 Fall von 27). Das könnte darauf hindeuten, dass der mögliche Zusammenhang zwischen Impfung und Versterben in vielen Fällen nicht registriert wurde (s. dazu auch obiges Beispiel betreffend der Hausarztpraxen).
  • Wenn wir unterstellen, dass jeder dieser Todesfälle im Hinblick auf die Impfung ärztlich bewertet wurde, dann würde sich damit der Verdacht der Impfkausalität erhärten. Wir müssten also davon ausgehen, dass in all diesen Fällen (also den genannten 2255) der Tod mit hoher Wahrscheinlichkeit als unmittelbare Folge der Impfung eingetreten ist. Damit wären das keine bloßen Verdachtsfälle mehr.
  • Es gibt noch eine dritte Sicht: Die nur etwa 4 % dokumentierten Verdachtsfälle liegen im Bereich der möglichen statistischen Schwankungen und fallen daher in der Gesamtschau nicht ins Gewicht. Die Gesamtanzahl der Verstorbenen ist aufgrund der Impfung offensichtlich nicht statistisch signifikant angestiegen. Daraus kann man unmittelbar auf die relative Harmlosigkeit der Impfung schließen. Das ist in etwa die Position des PEI.

Was ist zutreffend? Man darf vermuten, dass alle drei Sichten einen Teil der Wahrheit repräsentieren. Die nackte Statistik spricht für die Position des PEI. Wenn vom Impfstoff tatsächlich eine nennenswerte Gefahr in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Impfung ausgehen würde, dann müsste sich das in den Todesfallzahlen zeigen. Dass dies dennoch eine Gratwanderung ist, zeigt die folgende Überlegung: Vorausgesetzt, wir zählen nur die unmittelbar nach der Impfung und ggf. am Folgetag aufgetretenen Todesfälle, dann ergeben sich dafür im statistischen Mittel 2050 Tote (= 61.500/30). Das sind in etwa bereits so viele, wie insgesamt für das gesamte Jahr an das PEI gemeldet wurden. Diese Fallzahl würde man auch dann erwarten, wenn man ein Placebo gespritzt hätte. Es erscheint daher zweifelhaft, inwiefern mittels dieser Vorgehensweise eine schwach ausgeprägte Todeskausalität überhaupt identifiziert werden könnte.

Umgekehrt kann man sich natürlich auch fragen, bei welcher Anzahl von Verdachtsfällen ein mögliches Risiko erkannt werden würde. Die 2255 Fälle werden offenbar noch nicht als Risikosignal gesehen, da sie mehr oder weniger im statistischen Rauschen untergehen. Indessen würden auch 10.000 Verdachtsfälle noch weit unter der statistisch zu erwartenden Anzahl von 61.500 Fällen liegen. Es ist daher eine offene Frage, inwieweit dieser Ansatz überhaupt dafür geeignet ist, mögliche Risiken sicher zu erkennen. Um es ganz pointiert zum Ausdruck zu bringen: Wenn die Menschen nach der Impfung nicht gerade wie die Fliegen sterben, dann wird man mittels dieser Methodik kaum valide Indizien für eine eventuell bestehende ernsthafte Problematik finden.

Betreffend möglicher Langzeitfolgen ist die Situation keineswegs besser: Es gibt derzeit kein Verfahren für die sichere Detektion möglicher Risikofaktoren.

Vergleich mit anderen Impfprogrammen

Von 2000 bis 2019 wurden in Deutschland mehr als 580 Mio. Impfungen durchgeführt, im Schnitt also immerhin mindestens 34 Mio. Impfungen pro Jahr. Dabei waren insgesamt 456 Todesfälle nach Impfungen gemeldet worden (jährlich also etwa 22 Fälle). Im Vergleich dazu fallen die 2255 Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang in 2021 aus dem Rahmen (s. Abb. 5). Und zwar erheblich: Für ein Viertel der verabreichten Impfdosen zählen wir die fünffache Anzahl von Verdachtsfällen mit tödlichem Ausgang. Im Ergebnis ist damit das potentiell von der Corona-Impfung ausgehende Risiko etwa zwanzigmal höher als das mittlere Risiko in den historischen Impfprogrammen der letzten 20 Jahre.

Abbildung 5: Risikovergleich mit historischen Impfprogrammen. Das relative Risiko bei der Corona-Impfung ist gegenüber den Vergleichsimpfungen um den Faktor 20 höher. Quelle: PEI, Corona-Sicherheitsbericht 2021, Datenstand: 07.02.2022.

Die Vergleichsdaten legen nahe, dass die aktuell verfügbaren Corona-Impfstoffe nicht zu den sichersten und harmlosesten Vakzinen gehören, die je entwickelt wurden. Selbstverständlich ändert das nichts daran, dass die Impfung in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle nichtsdestotrotz Nutzen stiftet. Einige tausend Hochbetagte zusätzlich wären wohl ohne die Impfung Opfer des Virus geworden. Indessen sollte man angesichts der nüchternen Fakten Verständnis aufbringen für Menschen, die bezüglich der Corona-Impfung in ihrer eigenen Risikobewertung nach wie vor zögern. Vor allem auch eingedenk der nicht seriös ausschließbaren möglichen Langzeitfolgen, selbst wenn man die eher für unwahrscheinlich halten möge. Das Aufzeigen des Nutzens ist nur die eine Hälfte der nötigen Aufklärung, dazu gehört ebenso die offene Kommunikation bezüglich der möglichen Risiken.

An oder mit der Impfung verstorben?

Wir haben oben die statistisch zu erwartende Anzahl der Todesfälle in zeitlicher Nähe zur Impfung bestimmt. Dabei wurde das Verfahren des PEI angewendet (Bezug auf die mittlere Sterberate von 1,24% p.a.). Dieser Ansatz ist unscharf, insofern die Altersstruktur der Impfkohorte dabei keine Berücksichtigung findet. Das ist deswegen von Bedeutung, weil es natürlich einen Unterschied macht, ob ein 80-Jähriger innerhalb von 5 Tagen nach der Impfung verstirbt oder ob dasselbe einem 20-Jährigen widerfährt. Der Grund liegt auf der Hand:  Letzterer hat ein etwa 160-mal geringeres allgemeines Sterberisiko. Wenn also der erste Fall eintritt, dann liegt das viel eher im Rahmen der Erwartung, als im zweiten Fall. Diese Differenzierung geht in der pauschalen Betrachtung des PEI verloren.

Nun kennen wir nicht die genaue Zusammensetzung der an das PEI ergangenen Meldungen hinsichtlich der Altersstruktur. Wir haben aber hinreichende Kenntnis zu den altersabhängigen Impfquoten. Das erlaubt uns eine etwas schärfere Betrachtung im Hinblick auf die statistische Erwartung betreffend der Fallzahlen.

Abbildung 6: Statistische Erwartungswerte für die Anzahl der aufgrund des allgemeinen altersbezogenen Sterberisikos „an oder mit“ der Impfung innerhalb von 30 Tagen Verstorbenen. Die rot gestrichelte Linie markiert die an das PEI tatsächlich gemeldeten Fälle. Man sieht, dass tatsächlich nur ein winziger Bruchteil (1 von 38 Fällen) der innerhalb von 30 Tagen nach der Impfung statistisch zu erwartenden Todesfälle als Verdachtsfälle registriert wurden. Zugrunde gelegt wurden folgende Impfquoten (mit mindestens 1 Dosis): Altersgruppe 12-17: 55%, Altersgruppe 18-59: 80% , Altersgruppe 60+: 90%. Quelle für die Rohdaten: RKI, Datenstand: 07.02.2022.

Aus der vorstehenden Grafik wird klar ersichtlich, dass die Meldungen an das PEI nur einen winzigen Bruchteil der Todesfälle in zeitlicher Nähe zur Impfung (30 Tage) ausmachen. Die daraus im Hinblick auf mögliche Risikosignale resultierenden Fragen wurden oben angesprochen.

Man kann noch eine weitere, allerdings spekulative Analyse hinsichtlich der potentiell von der Impfung ausgehenden Sterbefälle anschließen. In [14] und [15] wurde gezeigt, wie die hypothetische Änderung der Wirksamkeit des Impfstoffs Einfluss nimmt auf die Anzahl der an oder mit Corona Verstorbenen.

Damit können wir bestimmen, wie viele Geimpfte bei sonst gleichen Rahmenbedingungen bei einer geänderten Wirksamkeit des Impfstoffs an Corona verstorben wären. Aus der statistischen Analyse zu den Fallzahlen für 2020 und 2021 (s. [14]) ergibt sich, dass unter den knapp 70.000 an oder mit Corona Verstorbenen etwa 28.000 geimpft waren. Sie sind also trotz der Impfung Opfer des Virus geworden. Dabei wurden pro Altersgruppe unterschiedliche Impfquoten und Wirksamkeiten des Impfstoffs unterstellt (s. Tab. 1, Spalten 2, 3 und 5). 

Tabelle 1: Annahmen zu den altersgruppenspezifischen Impfquoten und den Schutzwirkungen der Impfung vor Tod (an oder mit Corona). Die durchschnittlichen Impfquoten ergeben sich aus dem Verlauf der Impfkampagne im Jahresverlauf aus den Daten des RKI. Die Annahmen zur Schutzwirkung basieren auf den Infektionszahlen und den Todesfallzahlen Geimpfter und Ungeimpfter. Die Istwerte zu den Verstorbenen Geimpften wurden auf Basis des in [14] beschriebenen Modells berechnet. Die Sollwerte ergeben sich aus der im Text dargelegten Überlegung. Generell muss man anmerken, dass vielfach keine genauen Zahlen zu Geimpften und Ungeimpften publiziert werden, deshalb wurden die Werte methodisch abgeschätzt (s. [14]).

Laut Zulassungsstudien sollte die Schutzwirkung vor Tod für alle Altersgruppen bei mindestens 90 % gelegen haben. Das trifft jedenfalls auf die beiden meistgeimpften Vakzine von Biontech und Moderna zu. Indes ist diese hohe Schutzwirkung nicht vereinbar mit der beobachteten relativ großen Anzahl der an oder mit Corona verstorbenen Geimpften. Um den Unterschied zu den realen Fallzahlen aufzulösen gibt es zwei Ansätze: 1. Die tatsächliche Wirksamkeit (in Tab. 1 „der Istwert“) war deutlich geringer. Das wurde in [14] behandelt. 2. Die Wirksamkeit war unverändert hoch (in Tab. 1 „der Sollwert“), wie vom Hersteller angegeben, aber die Betroffenen sind zu einem gewissen Anteil nicht an oder mit Corona verstorben, sondern an oder mit der Corona-Impfung.

Es gilt als Sakrileg, überhaupt nur die Möglichkeit zu erörtern, von der Corona-Impfung könne eine Gefährdung ausgehen. Indes geht es hier nicht um Glauben, sondern darum, Antworten auf offene Fragen zu finden. Daher ist es zulässig, die aus dem Grundgedanken von Punkt 2 resultierenden Konsequenzen näher zu beleuchten. Das ändert freilich nichts daran, dass die Überlegungen dazu zum jetzigen Zeitpunkt ganz klar spekulativen Charakter haben. Inwieweit die Impfung Risiken birgt, eventuell auch ernsthafte, ist letztlich eine medizinische Frage. Angesichts der nur höchst unzureichend erfassten und ungenauen Daten hinsichtlich fast aller Aspekte der Pandemie – ein Armutszeugnis für einen Industrie- und Wissenschaftsstandort – muss die Aussagekraft der Statistik zwangsläufig beschränkt bleiben.

Im Falle von Punkt 2 können wir die hypothetische Anzahl der an oder mit Corona verstorbenen Geimpften unter der Annahme der Soll-Wirksamkeit direkt aus der beobachteten Fallzahl bei der Ist-Wirksamkeit berechnen.

Sei \(W_{Ist}\) die beobachtete Ist-Wirksamkeit des Impfstoffs und \(W_{Soll}\) die hypothetische Soll-Wirksamkeit. Entsprechend bezeichnen wir mit \(g_{Tod_{Ist}}\) die tatsächliche Anzahl der verstorbenen Geimpften und mit \(g_{Tod_{Soll}}\) die hypothetische Anzahl unter der Annahme der Soll-Wirksamkeit. Es gilt folgender Zusammenhang (s. [14], Analogie zu Formel (34) bei unveränderter Impfquote):

\begin{equation} \frac{g_{Tod_{Soll}}} {g_{Tod_{Ist}}} = \frac{1-W_{Soll}} {1-W_{Ist}} \end{equation}

Die damit unter der Annahme eines über alle Altersgruppen wirksamen Schutzes vor Tod in Höhe von 90 % (=Soll-Wirksamkeit) errechneten Zahlenwerte finden sich in Tab. 1. Insgesamt ergeben sich statt der 28.000 Todesfälle an oder mit Corona (unter Geimpften) nur knapp 8.000 Fälle (s. Tab. 1, Spalte 6, „Sollwert verstorbene Geimpfte“), die im engeren Sinne an oder mit Corona verstorben sein könnten. Wobei angemerkt werden soll, dass die solchermaßen errechneten Zahlen unsicher sind. Die tatsächliche Wirksamkeit der Impfstoffe ist eben nicht mit der nötigen Genauigkeit bekannt. Bei einer Unschärfe von 10 % könnte der Sollwert in Spalte 6 auch bei etwa 16.000 Fällen zu liegen kommen, so dass am Ende nicht 20.000 sondern nur 12.000 Sterbefälle verblieben (Spalte ganz rechts).

Die Differenz von 20.000 (oder evtl. auch nur 12.000) ginge somit potentiell auf das Konto der Impfung, so dass wir diesbezüglich sagen könnten, „an oder mit Corona oder an oder mit der Corona-Impfung“ verstorben. Diese Interpretation steht nicht im Widerspruch zur Anzahl der an das PEI gemeldeten Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang, da der statistische Erwartungswert dafür sogar innerhalb der ersten 30 Tage nach der Impfung bei über 80.000 Personen liegt, übers volle Jahr gerechnet sogar bei ca. 1 Mio. Toten. Die genannte Zahl von potentiell 20.000 Toten macht daher an den innerhalb von 12 Monaten nach der Impfung Verstorbenen einen Anteil von nur 2,2 % aus. Es gibt also kein statistisches Missverhältnis.

Damit wird nicht behauptet, die genannten 20.000 (oder evtl. auch nur 12.000) Sterbefälle seien definitiv auf die Impfung zurückzuführen. Mit dieser Interpretation würde man die Beweiskraft der Statistik weit überschätzen. Evidenz kann man an dieser Stelle nur auf der Basis von gezielten Untersuchungen der Einzelfälle, im Extremfall also aller verstorbenen positiv getesteten Geimpften, erlangen. Im Minimum sind statistisch signifikante Stichproben erforderlich. Unabhängig davon könnte eine kausal auf die Impfung zurückzuführende und in der beschriebenen Weise erhöhte Sterblichkeit von etwa 0,033 % (= 20.000/61,5 Mio.) die trotz der Verfügbarkeit von im Prinzip hochwirksamen Impfstoffen beobachtete leichte Übersterblichkeit schlüssig erklären. Nichtsdestotrotz bleibt diese Folgerung eine Spekulation, da sie mit rein statistischen Mitteln nicht verifiziert werden kann.

An oder mit Corona verstorben?

Die Todesfallzahlen betreffend Corona sind bekanntermaßen immer mit dem Zusatz „an oder mit“ Corona verstorben versehen. In der öffentlichen Wahrnehmung geht das zunehmend unter. Man kann davon ausgehen, dass die knapp 70.000 Coronatoten in 2021 von einer großen Mehrheit als kausal auf Corona zurückzuführende Fälle verstanden werden. Und in diesem Sinne werden die Zahlen auch kommuniziert. In wie vielen Fällen Corona wirklich die Todesursache ist, das ist völlig offen.

Man muss den Eindruck gewinnen, dass es auch niemand interessiert. Es gibt allenfalls einige wenige kritische Stimmen. Genaueres weiß man tatsächlich nicht. Mal liest man die Schlagzeile „29 % der Coronatoten gar nicht an Corona verstorben“, mal hört man gar von bis zu 80 % Fällen, bei denen Corona zumindest nur einer von mehreren Faktoren gewesen sein soll. Letzten Endes sind diese Angaben sämtlich nicht vertrauenswürdig, weil ihnen die wissenschaftliche Grundlage fehlt. Dafür müsste man die Todeskausalität in jedem Einzelfall untersuchen, oder zumindest statistisch signifikante Stichproben nehmen. Warum Letzteres nicht systematisch umgesetzt wird, ist nur eine von vielen unwissenschaftlichen Auffälligkeiten im Pandemiemanagement.

An dieser Stelle kann man dennoch die Plausibilität der Corona-Todesfallzahlen mittels statistischer Methoden auf die Probe stellen. Dazu nehmen wir die Zahl der „an oder mit“ Corona Verstorbenen und vergleichen sie mit der statistisch zu erwartenden Anzahl der Todesfälle im Vergleichszeitraum. Wir fragen also ganz konkret, wie viele der positiv auf Corona getesteten Personen wären denn aufgrund der altersabhängigen statistischen Sterbewahrscheinlichkeit im Vergleichszeitraum gestorben. Im Grundsatz handelt es sich hierbei und dasselbe Verfahren, wie es auch vom Paul-Ehrlich-Institut betreffend der Impfungen im Hinblick auf die Verdachtsfälle mit tödlichem Ausgang angewandt wird.

Die Resultate sind in den Säulendiagrammen Abb. 7, 8 und 9 dargestellt.

Abbildung 7: Vergleich der Sterbefälle „an oder mit“ Corona mit den in 2020 unter den Infizierten aufgrund des allgemeinen altersbezogenen Sterberisikos statistisch zu erwarten gewesenen Todesfällen. Graue Säulen: „an oder mit“ Corona verstorben, wie vom RKI dokumentiert. Grün: statistischer Erwartungswert der Todesfälle p.a. unter den positiv Getesteten. Orange: verbleibende Todesfälle nach Abzug des Erwartungswerts, die man im statistischen Abgleich als Corona-bedingte Sterbefälle werten kann. Nur die Letzteren sind zusätzliche Todesfälle. In den Altersgruppen unter 60 liegt der statistische Erwartungswert über der Anzahl der registrierten Corona-Sterbefälle. Bei den Über-60-Jährigen verbleiben nach Abzug der erwarteten Todesfälle je nach Altersgruppe 1000 bis 9.000 Fälle, die man im Hinblick auf das allgemeine Sterberisiko statistisch Corona zurechnen kann. Rohdaten: RKI, Datenstand: 22.01.2022.

Abbildung 8: Vergleich der Sterbefälle „an oder mit“ Corona mit den in 2021 unter den Infizierten aufgrund des allgemeinen altersbezogenen Sterberisikos statistisch zu erwarten gewesenen Todesfällen. Graue Säulen: „an oder mit“ Corona verstorben, wie vom RKI dokumentiert. Grün: statistischer Erwartungswert der Todesfälle p.a. unter den positiv Getesteten. Orange: verbleibende Todesfälle nach Abzug des Erwartungswerts, die man im statistischen Abgleich als Corona-bedingte Sterbefälle werten kann. Nur die Letzteren sind zusätzliche Todesfälle. In den Altersgruppen unter 60 liegt der statistische Erwartungswert über der Anzahl der registrierten Corona-Sterbefälle. Bei den Über-60-Jährigen verbleiben nach Abzug der erwarteten Todesfälle je nach Altersgruppe knapp 1000 bis zu 12.000 Fälle, die man im Hinblick auf das allgemeine Sterberisiko statistisch Corona zurechnen kann. Rohdaten: RKI, Datenstand: 22.01.2022.

Abbildung 9: Vergleich der Sterbefälle „an oder mit“ Corona in 2020, 2021 und insgesamt mit den unter den Infizierten aufgrund des allgemeinen altersbezogenen Sterberisikos statistisch zu erwarten gewesenen Todesfällen. In beiden Jahren liegt der statistische Erwartungswert der Todesfälle unter der Anzahl der registrierten Corona-Sterbefälle. Nach Abzug der erwarteten Todesfälle verbleiben in 2020 etwa 15.000 und in 2021 etwa 23.000 Fälle, die man im Hinblick auf das allgemeine Sterberisiko statistisch Corona zurechnen kann. Für beide Jahre zusammen sind das in Summe 38.000 Todesfälle. Rohdaten: RKI, Datenstand: 22.01.2022.

Vermöge der vorstehenden Diagramme wird selbstredend nicht belegt oder gar bewiesen, die Anzahl der Coronatoten belaufe sich über beide Jahre tatsächlich nur auf 38.000 statt knapp 114.000. Die Todeskausalität ist – bis auf die wenigen Fälle in denen sie mittels einer pathologischen Untersuchung zweifelsfrei bestimmt wurde – im Allgemeinen als offen anzusehen. Deswegen muss man auch korrekterweise immer den Zusatz „an oder mit“ davor setzen. Aus der statistischen Analyse ergibt sich allerdings schon, dass die Zweifel an der hohen Gesamtanzahl der Corona zugerechneten Sterbefälle durchaus berechtigt sind. Zumindest kann man folgendes festhalten:

  • In 2020 wären etwa 30.000 der insgesamt 44.012 „an oder mit“ Corona im Laufe des Jahres Verstorbenen aufgrund der altersbedingten allgemeinen Sterblichkeit der Infizierten im statistischen Mittel auch ohne die Corona-Infektion verstorben (genauer, innerhalb von 12 Monaten nach dem Positivtest). Nur etwa 32 % der offiziell als Coronatote gezählten Sterbefälle (15.000) sind damit aus statistischer Sicht als zusätzliche Todesfälle zu werten. Das deckt sich im Übrigen mit der rechnerisch bestimmten Übersterblichkeit für 2021, die im Bereich von etwa 1,5 % – 2 % aller Sterbefälle, also bei knapp 20.000 liegt.
  • In 2021 wären etwa 49.000 der insgesamt 69.810 „an oder mit“ Corona im Laufe des Jahres Verstorbenen aufgrund der altersbedingten allgemeinen Sterblichkeit der Infizierten im statistischen Mittel auch ohne die Corona-Infektion verstorben (genauer, innerhalb von 12 Monaten nach dem Positivtest). Nur etwa 30 % der offiziell als Coronatote gezählten Sterbefälle (23.000) sind damit aus statistischer Sicht als zusätzliche Todesfälle zu werten. Das deckt sich auch hier mit der rechnerisch bestimmten Übersterblichkeit für 2021, die im Bereich von etwa 2 % aller Sterbefälle, also bei etwa 20.000 Toten liegt.
  • In der Gesamtschau zur Pandemie wären damit etwa 79.000 der insgesamt knapp 114.000 „an oder mit“ Corona Verstorbenen aufgrund der altersbedingten allgemeinen Sterblichkeit der positiv Getesteten im statistischen Mittel auch ohne die Corona-Infektion innerhalb einer Zeitspanne von 12 Monaten nach dem Positivtest verstorben. Nur etwa 31 % der offiziell als Coronatote gezählten Sterbefälle (38.000) sind somit aus statistischer Sicht als zusätzliche Todesfälle zu werten. Diese Zahl macht die durch Corona verursachte rechnerische Übersterblichkeit in Höhe von etwa 2 % aus.

Der vorstehend zusammengefasste Befund ist letztlich das Resultat der mit zunehmendem Alter ab etwa 60 bis 70 stark anwachsenden mittleren Sterblichkeit. Das allgemeine Sterberisiko steigt mit dem Alter exponentiell, ähnlich wie auch die Corona-Letalität und die Corona-Mortalität. Daher bleibt es nicht aus, dass in der statistischen Vergleichsbetrachtung insbesondere eine große Anzahl der Älteren auch ohne Corona in der definierten Zeitspanne verstorben wäre. Völlig anders würde sich die Situation darstellen, falls die Corona-Sterblichkeit Jüngere in ähnlicher Weise wie Ältere betreffen würde. Wenn wir für einen Augenblick annehmen, die Corona zugeschrieben Todesfälle würden sämtlich in der Altersgruppe unter 60 aufgetreten sein, dann würde die vorstehende statistische Analyse zum Resultat geführt haben, dass 92 % der Fälle, also über 100.000, als zusätzliche und somit mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Corona zurückzuführende Sterbefälle zu werten seien.

Gelegentlich wird gegen die obige Argumentation ins Feld geführt, viele der Coronatoten, auch die Älteren, hätten noch eine Lebenserwartung von mehreren Jahren gehabt und seien daher definitiv „an“ und nicht nur „mit“ Corona verstorben. In dieser Pauschalität ist das Unfug, wie man ganz leicht zeigen kann. Es liegt im Wesen einer statistischen Überlegung, nicht vom Einzelfall, sondern von der großen Zahl auszugehen. Betrachten wir exemplarisch die 80-Jährigen. Ihre statistische Lebenserwartung beläuft sich auf ca. 8 Jahre. Das Risiko, in den nächsten 12 Monaten zu versterben liegt aber im Schnitt dennoch bei 5,5 %. Sofern nun eine Person „an oder mit“ Corona verstirbt, scheinen damit zunächst 8 potentielle Lebensjahre vernichtet. Im Einzelfall könnte das auch zutreffen, unter statistischen Gesichtspunkten (also der Heranziehung der großen Zahl) erweist sich dieser Schluss indes als Fehlurteil.

Von 1000 Achtzigjährigen sterben 55 in der statistischen Erwartung innerhalb eines Jahres. Da hilft der Verweis auf die Restlebenserwartung von 8 Jahren nicht weiter. Die Restlebenserwartung ist ja nicht garantiert, sie ist lediglich eine statistische Kenngröße, genau wie das Sterberisiko. Tatsächlich stehen nicht alle Todesfälle bei 80-Jährigen im Zusammenhang mit Corona, es ist nur etwa jeder zwanzigste Fall. Deswegen ist der Hinweis auf 8 vernichtete Lebensjahre völlig aus der Luft gegriffen. Statistisch darf man allenfalls von einem im Mittel um einige Monate verfrühten Ableben sprechen.

In Summe ist es deswegen eine absolut zulässige Betrachtung, die Corona-Todesfälle im Hinblick auf die bestehende allgemeine Sterbewahrscheinlichkeit zu bewerten. Wie bereits erwähnt, verfährt man im Übrigen betreffend der Verdachtsfälle von Impfungen mit tödlichem Ausgang seitens des PEI in analoger Weise.


Quellen

[1] Paul-Ehrlich-Institut: Corona Sicherheitsbericht für 2021 vom 07.02.2022

[2] Robert Koch-Institut, COVID-19_Todesfälle nach Sterbedatum https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/COVID-19_Todesfaelle.html

[3] Robert Koch-Institut, COVID-19_Fälle nach Altersgruppe und Meldedatum
RKI – Coronavirus SARS-CoV-2 – COVID-19-Fälle nach Altersgruppe und Meldewoche (Tabelle wird jeden Donnerstag aktualisiert)

[4] Robert Koch-Institut, Coronavirus Inzidenzen und Impfstatus https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Inzidenz_Impfstatus.html

[5] Robert Koch-Institut, Coronavirus Fallzahlen https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Fallzahlen_Kum_Tab.html

[6] Robert Koch-Institut, Coronavirus Impfquotenmonitoring https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquotenmonitoring.html

[7] Bevölkerung – Zahl der Einwohner in Deutschland nach Altersgruppen am 31. Dezember 2019. Statista

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1112579/umfrage/bevoelkerung-in-deutschland-nach-altersgruppen/

[8] Altersspezifische Sterbewahrscheinlichkeiten der Männer in Deutschland. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB)

https://www.bib.bund.de/DE/Fakten/Fakt/S05-Altersspezifische-Sterbewahrscheinlichkeiten-Maenner-ab-1871.html?nn=9992070

[9] Altersspezifische Sterbewahrscheinlichkeiten der Frauen in Deutschland. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB)

https://www.bib.bund.de/DE/Fakten/Fakt/S06-Altersspezifische-Sterbewahrscheinlichkeiten-Frauen-ab-1871.html?nn=9992070

[10] Sterbetafel 2017/2019 – Ergebnisse aus der laufenden Berechnung von Periodensterbetafeln für Deutschland und die Bundesländer 2020. DESTATIS – Statistisches Bundesamt

https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/Publikationen/Downloads-Sterbefaelle/periodensterbetafel-erlaeuterung-5126203197004.pdf?__blob=publicationFile

[11] Anzahl der Sterbefälle in Deutschland nach Altersgruppe im Jahr 2018. Statista

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1013307/umfrage/sterbefaelle-in-deutschland-nach-alter/

[12] Tabelle: Lebenserwartung (Männer) – in Jahren

https://www.deutschlandinzahlen.de/tab/deutschland/demografie/natuerliche-bevoelkerungsbewegungen/lebenserwartung-maenner

[13] Tabelle: Lebenserwartung (Frauen) – in Jahren

https://www.deutschlandinzahlen.de/tab/deutschland/demografie/natuerliche-bevoelkerungsbewegungen/lebenserwartung-frauen

[14] Corona-Statistik 2020/2021 – sumymus blog

[15] Der Effekt der Corona-Impfung auf die Fallzahlen – sumymus blog

[16] BKK schlägt Alarm: Impf-Nebenwirkungen total unterschätzt | Nordkurier.de

[17] Corona-Impfungen: Fragezeichen beim mRNA-Impfstoff – WELT

Corona-Statistik 2020/2021

Eine kritische Bilanz

Das Jahr 2021 ist vorbei und die Corona-Zahlen liegen nun vor. Zu Beginn des Jahres 2021 konnte man erwarten, dass sich das schlimme Corona-Jahr 2020 nicht wiederholen würde, schließlich standen mehrere Impfstoffe zur Verfügung. Allenfalls konnte man es für eine Frage der Organisation halten, bis hinreichend viele Menschen geimpft und die Pandemie damit mehr oder weniger zu Ende sei.

Heute sind wir alle klüger: Die Zahlen für 2021 sind dramatischer als die für 2020 – trotz der Impfung. Fast dreimal so viele Infizierte und immerhin 59% mehr Tote. Mittlerweile wissen wir auch, dass zweimal Impfen nicht reicht. Absehbar ist auch nach der dritten Spritze keine wirkliche Immunität gegeben. Die Impfung schützt zwar oft vor schweren Krankheitsverläufen und Tod, aber wenig vor einer Infektion und vor dem Weitertragen des Virus. Auch Geimpfte sind also nach wie vor Teil der Infektionsdynamik. Zudem ist bekannt, dass der Schutz der Impfung bereits binnen 3 – 4 Monaten nachlässt und der Impfstoff nach 6 Monaten und mehr, je nach Alter, nur noch eine schwache Wirkung entfaltet. Die daraus folgende Problematik wird im Text diskutiert und anhand vieler Grafiken visualisiert.

Konkret werden im Artikel die Zahlen zu den Infektionen und den Todesfällen für 2020 und 2021 insgesamt und getrennt nach Altersgruppen nebeneinander gestellt und miteinander verglichen. Ferner werden die Infektionsrisiken, die Letalitätswerte (Sterblichkeit nach Corona-Infektion) und die Mortalität (Corona-Sterblichkeit in der Bevölkerung) altersgruppenspezifisch bestimmt und zueinander in Relation gesetzt.

Aus der tiefergehenden Untersuchung zu den Zahlen für 2021 werden Schlüsse zum altersabhängigen Risiko gezogen: Letalität und Mortalität steigen exponentiell mit dem Lebensalter. Die Sterblichkeit nach einer Infektion (Letalität) verzehnfacht sich pro 18 Lebensjahren. Die Mortalität verzehnfacht sich pro 22 Lebensjahren. Um das richtig einzuordnen muss man erwähnen, dass das absolute Corona-Sterberisiko von 18-Jährigen bei etwa 0,0005% liegt, das von 84-Jährigen bei etwa 0,5%.

Auf Basis von Überlegungen zur Ableitung der unterschiedlichen Sterberisiken für Geimpfte und Ungeimpfte aus den verfügbaren Felddaten, erfolgt im letzten Teil eine Was-Wäre-Wenn-Analyse. Basierend auf den realen Daten aus 2021 werden dabei hypothetische Szenarien mit und ohne Impfung durchgerechnet und miteinander verglichen. Der Schluss gehört der Betrachtung von diversen Alternativszenarien mit unterschiedlichen altersgruppenspezifischen Impfquoten. Dafür werden die unter den getroffenen Annahmen wahrscheinlichen Fallzahlen bestimmt, auch im Hinblick auf Geimpfte und Ungeimpfte.

Infizierte und Todesfälle – Vergleich 2020/2021

Die nachfolgend präsentierten Corona-Grafiken und Analysen basieren sämtlich auf dem vom Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Zahlenmaterial. Die entsprechenden Referenzen sind  im Quellenverzeichnis aufgeführt.

Die Corona-Impfquoten, die Inzidenzen bezüglich der Infizierten, der Hospitalisierten und der Corona-Todesfälle werden vom RKI in hoher zeitlicher Auflösung publiziert. Man muss die Erfassungssystematik nicht in jedem Detail für gelungen und zweckmäßig halten, in Summe ist das RKI dennoch die einzige einigermaßen verlässliche Corona-Datenquelle. Es gibt kleinere Unschärfen, z.B. bezüglich der Impfquoten, und es gibt eklatante Mängel, z.B. hinsichtlich des Erfassung des Impfstatus der Infizierten, der Hospitalisierten und der Todesfälle. Immerhin werden seit August 2021 für die symptomatischen Fälle die Infektionszahlen getrennt nach Geimpften und Ungeimpften erfasst. Weitere für die Analyse wichtige Einflussgrößen wie die verstrichene Zeitspanne seit der Impfung oder das effektive Ansteckungsrisiko aufgrund des Kontaktprofils werden nicht dokumentiert und können daher auch nicht ausgewertet werden.

Die Inzidenzen der Corona-Infektionen und der Fälle der „an oder mit“ Corona Verstorbenen nehmen wir einfach so, wie sie vom RKI veröffentlich wurden, auch wenn man bezüglich der Höhe der Zahlen berechtigte Zweifel ins Feld führen kann. Tatsächlich könnten die Infektionszahlen deutlich höher gelegen haben, weil viele Infektionen unerkannt geblieben sind. Die Zusammensetzung der Testkohorte spiegelt lediglich rechtliche Vorgaben wider. Nötig wäre aber eine Orientierung an wissenschaftlichen Grundsätzen. In letzter Konsequenz sind daher die veröffentlichten Inzidenzen nur grobe Schätzungen.

Umgekehrt könnten viele Todesfälle fälschlicherweise Corona zugerechnet worden sein, weil die Todeskausalität in vielen Fällen nicht näher untersucht worden ist. In letzter Konsequenz könnte die Infektiosität in Wahrheit höher und die Letalität (Sterblichkeit bei einer Corona-Infektion) tatsächlich kleiner sein, als sich dies aus den Zahlen des RKI ergibt. Das ist hier indessen nicht das Thema: Wir stützen uns auf die Daten des RKI, nichts sonst. Alles andere wäre Spekulation.

Corona-Infizierte und -Todesfälle 2020 und 2021 im direkten Vergleich.

Abbildung 1: Corona-Infizierte und -Todesfälle 2020 und 2021 im direkten Vergleich. Man erkennt, dass sich die Infektionszahlen in 2021 gegenüber 2020 in etwa verdreifacht haben. Die Anzahl der Todesfälle ist um ca. 59 % gestiegen. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

In Abb. 1 fällt zunächst die hohe Zahl der Infizierten in 2021 auf. Gegenüber 2020 (mit 10 Monaten Pandemiedauer) haben wir in 2021 ein volles Jahr. Das kann den Anstieg sicher nicht erklären. Offenbar liegt ein Grund eher in der höheren Infektiosität der Deltavariante des Virus. Die Anfang 2021 angelaufene Impfkampagne hatte auf die Anzahl der Infektionen offenbar keinen dämpfenden Einfluss. Mit Blick die Todesfallzahlen registriert man den vergleichsweise deutlich geringeren Anstieg. Ist das womöglich ein Erfolg der Impfung? – Teilweise sicher ja, der Effekt ist aber wohl geringer, als dies der erste Anschein vermuten lässt. Näheres dazu mit einer genauen Analyse weiter unten.

Infizierte und Todesfälle nach Altersgruppen – Vergleich 2020/2021

Corona-Infizierte 2020 und 2021 nach Altersgruppen im direkten Vergleich.

Abbildung 2: Corona-Infizierte 2020 und 2021 nach Altersgruppen im direkten Vergleich. Wie man sieht, sind in 2021 insbesondere die Infektionszahlen bei den jüngeren Altersgruppen erheblich gestiegen. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Corona-Todesfälle 2020 und 2021 nach Altersgruppen im direkten Vergleich.

Abbildung 3: Corona-Todesfälle 2020 und 2021 nach Altersgruppen im direkten Vergleich. Die absoluten Fallzahlen zeigen einen Anstieg insbesondere bei den Über-50-Jährigen. Das größere relative Wachstum verzeichnet man bei den Jüngeren. In der Gesamtschau sind aber dennoch die Älteren mit großem Abstand dominierend. Allein der Zuwachs in 2021 ist bei den Älteren (60+) viermal höher als die Gesamtanzahl der Toten bei den Jüngeren (0-59). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Beim Vergleich der beiden Grafiken nach Abb. 2 und 3 fällt auf, dass die Infektionszahlen weit überwiegend von den Altersgruppen unter 60 getrieben werden, die Todesfälle passieren aber nach wie vor zum größten Teil in der Altersgruppe ab 60. Das werden wir weiter unten genauer beleuchten.

Am vorstehenden Befund hat sich auch durch die Verfügbarkeit von Impfstoffen und der seit Januar 2021 laufenden Impfkampagne offenbar nichts oder nur wenig geändert. Jedenfalls ist der Effekt hier nicht sichtbar. Dabei waren doch gerade die Über-80-Jährigen schon früh im Jahr mit hoher Priorität und in großer Zahl geimpft worden.

Die folgende Abbildung mit zusammengefassten Altersgruppen untermauert dieses vorläufige Resümee in aller Deutlichkeit.

Abbildung 4: Corona-Infizierte und -Todesfälle 2020 und 2021 in ausgewählten Altersgruppen im direkten Vergleich. Bei der Betrachtung der aggregierten Altersgruppen sieht man nochmals deutlicher den starken Anstieg der Infektionen bei den Jüngeren. Tatsächlich ist die Anzahl der Infektionen in der Altersgruppe 0-59 gegenüber 2020 um über 200 % gewachsen. In der Altersgruppe 60+ haben sie sich dagegen nur um gut 100% erhöht. Zugleich sind hier auch die Todesfallzahlen weit weniger gestiegen. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Wenn man den Zahlen etwas Positives abgewinnen will, dann kann man an dieser Stelle immerhin darauf hinweisen, dass die Todesfallzahlen (+53 %) in der Altersgruppe 60+ weniger gewachsen sind als die Infektionszahlen (+104 %). Das darf man zum Teil sicher auch der Impfung zurechnen. Wie groß der Effekt tatsächlich ist, werden wir weiter unten genauer untersuchen. In der Altersgruppe 20-59 (mit einer im Jahresmittel geringen Impfquote) sind die Todesfallzahlen (+202 %) hingegen fast genau so schnell gestiegen wie die Infektionszahlen (+237 %).

Infizierte und Todesfälle nach Altersgruppen – Analyse für 2021

Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach Altersgruppen.

Abbildung 5: Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach Altersgruppen. In der linken Säule sind die Infizierten nach ihrem jeweiligen Anteil farbcodiert eingetragen. Die rechte Säule weist entsprechend die altersgruppenspezifischen Anteile unter den Todesfallzahlen aus. Man erkennt, dass die Infektionen überwiegend bei den Jüngeren auftreten, die Todesfälle indes bei den Älteren. Die gelb-braunen Farbtöne in der linken Säule stehen für die Altersgruppe 0-39 mit einem Anteil an den Infektionen von über 55%. In der rechten Säule kann man diese Farbtöne kaum ausmachen. Der Anteil an den Todesfallzahlen liegt bei etwa 0,7%. Umgekehrt am oberen Ende der Säule: 8,4% der Infizierten werden der Altersgruppe 70+ zugerechnet. Zugleich stellt diese Gruppe 82% aller Corona-Toten. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Auch wenn man mit Blick auf Abb. 5 dem ersten Anschein nach denkt, es sei anders: Die Farbcodierung ist in beiden Säulen gleich. Die extrem asymmetrische Verteilung zwischen Infektionszahlen und Todesfällen über die Altersgruppen hinweg wird mittels der Grafik klar vor Augen geführt. Das wirft ein denkbar grelles Licht auf die Corona-Maßnahmen. Abgesehen von der prioritären Impfung der Ältesten setzen sie überwiegend an der linken Säule im gelb-braunen und im grünen Bereich an (Altersgruppen 0-39 und 50-69). Der Effekt soll sich aber in der rechten Säule zeigen, wo diese Gruppen gerade einmal 17% ausmachen.

Das ist in etwa so, als würde man nach der Brandmeldung im Seniorenstift die Feuerwehr zur Grundschule schicken.

Es zeigt sich hier überdeutlich, dass viele der getroffenen Maßnahmen schon deswegen nicht wirken können, weil sie am falschen Ende ansetzen. Vielleich noch etwas klarer kommt das mittels der nachfolgenden beiden Abbildungen zum Ausdruck.

In der ersten (Abb. 6) sind die Altersgruppen teilweise zusammengefasst, um die zentrale Botschaft noch stärker hervortreten zu lassen. In der zweiten (Abb. 7) wurde eine andere Darstellung gewählt.

Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach ausgewählten Altersgruppen.

Abbildung 6: Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach ausgewählten Altersgruppen. In der linken Säule sind die Infizierten nach ihrem jeweiligen Anteil farbcodiert eingetragen. Die rechte Säule weist entsprechend die altersgruppenspezifischen Anteile unter den Todesfallzahlen aus. Man erkennt, dass die Infektionen überwiegend bei den Jüngeren auftreten, die Todesfälle indes bei den Älteren. Die Altersgruppe 0-19 stellt 25% der Infizierten, aber nur 0,1% der Todesfälle. Dem fast 84%-igen Anteil der den Altersgruppen 0-19 und 20-59  zugerechneten Infektionen stehen 6,6% der Todesfälle entgegen. Dagegen treten 93,3% der Todesfälle in den Altersgruppen 60-79 und 80+ auf, die ihrerseits nur etwa 16% der Infektionsfälle zu verantworten haben. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach Altersgruppen.

Abbildung 7: Relative Anteile der Corona-Infizierten und -Todesfälle 2021 nach Altersgruppen. Die gelben Säulen zeigen die relativen Infektionshäufigkeiten, die grauen die Todesfälle. Kurz gefasst sieht man auch hier, dass die Infektionen und die Todesfälle in unterschiedlichen Altersgruppen auftreten. Wo nur noch ein Bruchteil der Infektionen verzeichnet wird, sind die Todesfallzahlen am höchsten. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Die Unwirksamkeit vieler politisch verfügter Corona-Maßnahmen kann nach dieser Betrachtung kaum noch verwundern: Sie gehen schlichtweg am Ziel vorbei.

Um den obigen Feuerwehrvergleich nochmals aufzunehmen: Natürlich ist die potentielle Brandgefahr bei der Grundschule endgültig gebannt, die Feuerwehr ist ja schon vor Ort. Das kann sich man als Erfolg schönreden. Aber: Der Unterricht ist gestört und die Schüler leiden. Zugleich steht das Seniorenstift lichterloh in Flammen.

Überblick zu den kritischen Größen Infektionsrisiko, Letalität und Mortalität

Grundsätzlich gilt zwischen den drei Faktoren Infektionsrisiko, Letalität und Mortalität der folgende Zusammenhang:

Mortalität Infektionsrisiko * Letalität

Die Begriffe selbst werden in [9] Das Coronavirus: Harmlos? Bedrohlich? Tödlich? – sumymus blog näher erläutert. Hier eine kurze Zusammenfassung:

Die Mortalität ist der relative Anteil der an einer bestimmten Krankheit Verstorbenen bezogen auf die Gesamtheit der Bevölkerung oder bezogen auf eine bestimmte Personengruppe (z.B. Menschen eines gegebenen Alters oder die Bevölkerung in einer Region).

Die Letalität ist der relative Anteil der Verstorbenen bezogen auf die Gesamtheit der Infizierten oder die Gesamtheit der Infizierten einer bestimmten Personengruppe.

Das Infektionsrisiko beschreibt die Wahrscheinlichkeit für eine (Coronavirus-)Infektion. Es ist abhängig von der Eigenschaften des Virus, von den Umweltbedingungen, von individuellen Faktoren sowie von Maßnahmen zur Kontrolle der Verbreitung des Virus.

Die Letalität ist ein Maß für die Gefährlichkeit des Virus bzw. der Infektion bei gegebener Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems und gegebenem Gesundheitszustand des betreffenden Personenkreises sowie ggf. auch der Impfung. Dagegen misst die Mortalität darüber hinaus das Infektions- bzw. Erkrankungsrisiko. In Bezug auf Corona steckt in der Maßzahl der Mortalität somit auch die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen.

Bei 100%-iger Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ist das Infektionsrisiko = 0 und somit die spezifische Mortalität ebenfalls 0. Ohne Schutzmaßnahmen oder mit wenig effektiven Schutzmaßnahmen liegt das Infektionsrisiko in Abhängigkeit von individuellen Faktoren (z.B. Kontakthäufigkeit, Kontaktdauer, Kontaktintensität) irgendwo zwischen 0 und 100%. Im Extremfall, wenn alle Personen der relevanten Bezugsgruppe infiziert sind, ist die Mortalität gleich der Letalität.

Letalität nach Altersgruppen – Vergleich 2020/2021

Covid-19-Letalität (Sterblichkeitsrate nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 nach Altersgruppen im Vergleich.

Abbildung 8: Covid-19-Letalität (Sterblichkeitsrate nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 nach Altersgruppen im Vergleich. Für 2021 ist jeweils der Letalitätswert explizit eingetragen. Man sieht, dass die 2021er-Säulen meist etwas kürzer sind als die 2020er. Stark gesunken ist die mittlere Sterblichkeit über alle Altersgruppen. Sie hat sich von 2,47% in 2020 auf 1,28% in 2021 etwa halbiert. Dieser positive Effekt ist indes nur zu einem geringen Teil auf die Impfung zurückzuführen. Trotz der sehr hohen Impfquote in der Altersgruppe 90+ ist die Letalität für die Ältesten sogar gestiegen. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Wie man Abb. 8 entnimmt, ist die Sterblichkeit nach einer Corona-Infektion in einigen Altersgruppen zurückgegangen, in anderen gestiegen, wenn auch beides nur geringfügig. Für die Altersgruppen ab 60 liegt die Letalität in 2021 aber immer noch höher als 1%, zum Teil drastisch höher. Die anderen Altersgruppen, also alle unter 60, weisen hingegen viel kleinere Sterblichkeitsraten p.a. auf. Unter-40-Jährige liegen bei max. 0,03%. Im Diagramm sind diese Säulen skalierungsbedingt daher nicht mehr sichtbar.

Der Rückgang der durchschnittlichen Sterblichkeit (nach einer Corona-Infektion) über alle Altersgruppen in 2021 ist i. W. auf die hohen Infektionszahlen bei den Jüngeren, wie sie oben dokumentiert wurden, zurückzuführen. Sie sind wenig von schweren Verläufen und Tod betroffen und tragen daher kaum zu den Todesfällen bei. Es ist also ein statistischer Effekt.

Um das an einem Beispiel plausibel zu machen: Wenn sich die Infektionszahlen in der Altersgruppe 0-39 verdoppeln, dann hat dies auf die Todesfallzahlen keinen nennenswerten Einfluss. Allenfalls werden die Beträge in Summe um einige 100 Fälle steigen. Prozentual würde das weniger als ein Prozent ausmachen. Zugleich würden aber die Infektionszahlen insgesamt um mehr als 50% steigen. Im Ergebnis würde daher die Sterblichkeitsrate p.a. nach Corona-Infektion auf etwa Zweidrittel (1/1,5) des aktuellen Wertes sinken (also -33%). Und dies völlig ohne irgendeine steuernde Maßnahme, wie z.B. eine Impfpflicht. Genau diesen Effekt kann man in 2021 im Vergleich zu 2020 beobachten, wie wir oben gesehen haben (s. Abb. 3 und 4).

Covid-19-Letalität (Sterblichkeit nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 in ausgewählten Altersgruppen im Vergleic

Abbildung 9: Covid-19-Letalität (Sterblichkeit nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 in ausgewählten Altersgruppen im Vergleich. In der Relation erkennt man in den höheren Altersgruppen den Rückgang der Sterblichkeit nach einer Infektion. Die mittlere Sterblichkeit über alle Altersgruppen hat sich von 2,47% in 2020 auf 1,28% in 2021 etwa halbiert. Die leichte Abnahme der Sterblichkeit bei den Altersgruppen 60-79 und 80+ ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis der prioritären Impfung seit Anfang 2021. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Die Abnahme der Letalitätswerte gegenüber 2020 ist erwähnenswert, vor allem in der Altersgruppe 60-79, sie bleibt aber letztlich doch schwach ausgeprägt. Genau wie in der Altersgruppe 80+ dürfte dieser Rückgang auf die Wirkung der Impfung zurückzuführen sein. Dazu mehr weiter unten bei der Untersuchung der Sterblichkeitsraten für Geimpfte und Ungeimpfte. Die Letalität in den Altersgruppen 60-79 und 80+ bleibt aber dennoch auf hohem Niveau. Auffällig sind die extremen Unterschiede in den Letalitätsraten beim Vergleich zwischen den Älteren und den Jüngeren. Diesbezüglich hat sich zwischen 2020 und 2021 nahezu nichts geändert. Die Säulen für die Altersgruppen 0-19 (0,004%, also ein Fall pro 25.000 Infizierten) und 20-59 (0,014%, also 1 Fall pro 710 Infizierten) sind im Diagramm nicht bzw. gerade noch ansatzweise sichtbar.

Kurvenverlauf der Covid-19-Letalität (Sterblichkeit nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 in Abhängigkeit vom Alter.

Abbildung 10: Kurvenverlauf der Covid-19-Letalität (Sterblichkeit nach einer Corona-Infektion) für 2020 und 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Um die großen Unterschiede in den Sterblichkeitsraten zu veranschaulichen, wurde in der Darstellung eine logarithmische Skalierung gewählt. Im Lebensalter bis etwa 25 bewegen wir uns hier bei Letalitätswerten von 0,01% und darunter. Hingegen liegen die Sterblichkeitsraten für Lebensalter über 80 höher als 10%. In der Relation sind das in beiden Jahren etwa 1000-fach höhere Werte. Die Kurve für 2021 verläuft im oberen Bereich geringfügig flacher, was vermutlich auf die Wirkung der Impfkampagne zurückzuführen ist. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Der Vergleich der beiden Kurvenverläufe in Abb. 10 zeigt nochmals deutlich, dass sich in 2021 unter dem Gesichtspunkt der Sterblichkeit bei einer Corona-Infektion gegenüber 2020 kaum etwas geändert hat. Letztlich bleiben die Unterschiede jedenfalls gering. Die noch am meisten ins Auge fallenden Abweichungen bei den Unter-30-Jährigen sind in der Gesamtschau belanglos, weil wir hier von sehr niedrigen absoluten Risikoraten um 0,02% und darunter sprechen.

Tatsächlich größer (max. 1%) sind die Differenzen bei höherem Alter etwa zwischen 60 und 90. Der ab einem Alter von 60 gegenüber der 2020er Kurve partiell flachere Verlauf der Kurve für 2021 steht für einen geringeren Anstieg der Sterblichkeit in diesem Altersbereich. Allerdings zeigen sich auch die Grenzen: Bei den 90-Jährigen konnte auch der grundsätzlich positive Effekt der Impfung den Anstieg der Sterblichkeit nicht stoppen. Dabei liegt es auf der Hand: Die Impfung kann vor allem dort einen merklichen Effekt nach sich ziehen, wo das Risiko höher ist. Bei den Jüngeren mit den sehr niedrigen absoluten Risiken bleibt der Einfluss in der Gesamtschau vernachlässigbar.

Mortalität nach Altersgruppen – Vergleich 2020/2021

Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 nach Altersgruppen im Vergleich.

Abbildung 11: Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 nach Altersgruppen im Vergleich. Man sieht, dass die 2021er-Säulen stets etwas höher sind als die 2020er. Die Sterblichkeit aufgrund von Corona ist daher in 2021 gegenüber 2020 angestiegen. Die Größe des Effekts erkennt man anhand der mittleren Sterblichkeit über alle Altersgruppen: Sie hat sich von 0,053% in 2020 auf 0,084% in 2021 in der Relation um 59% erhöht. Diese ungünstige Entwicklung ist auf die stark angewachsenen Infektionszahlen zurückzuführen und spiegelt die Zunahme bei den Todesfallzahlen wider. Durch die im Jahresverlauf ohnehin noch nicht voll wirksame Impfung konnte der Anstieg nicht kompensiert werden (s. Text). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Wie man Abb. 11 entnimmt, ist die Corona-Sterblichkeit insbesondere in den Altersgruppen ab 50 gewachsen, teilweise durchaus signifikant. Für die Altersgruppen 80-89 liegt die Mortalität in 2021 bei 0,57%, in der Altersgruppe 90+ gar bei 1,54%. Damit hat sich die Sterblichkeit in der Spitze um 0,15% bis 0,3% gegenüber dem Wert für 2020 erhöht. In absoluten Zahlen macht das allein bezüglich der Altersgruppen 80-89 und 90+ fast 12.000 Sterbefälle mehr aus. In den Altersgruppen 40-49 bis hinunter zu 0-9 verbleibt die Mortalität hingegen im Wertebereich zwischen 0,009% und 0,0004% (also 1 Fall pro 11.000 in der Altersgruppe 40-49 bzw. 1 Fall pro 250.000 in der Altersgruppe 0-19). Im Diagramm sind diese Säulen skalierungsbedingt nicht mehr sichtbar.

Die Erhöhung der durchschnittlichen Sterblichkeit über alle Altersgruppen in 2021 ist also i. W. auf die nochmals gestiegenen Todesfallzahlen bei den Älteren zurückzuführen. Die Altersgruppen ab 60 und insbesondere ab 80 tragen zum weit überwiegenden Teil zu den Todesfällen bei. Auch die prioritäre Impfung der Älteren und die erzielte hohe Impfquote in dieser Altersgruppe konnte den beobachteten Anstieg der Mortalität nicht verhindern. Durch die Impfung wurde der Zuwachs zwar abgemildert, dies aber nicht so durchgreifend, wie man das zu Beginn des Jahres wohl erhofft hatte. Ein Grund dafür dürfte die relativ schnell nachlassende Schutzwirkung der Impfung sein. Dies spricht nicht grundsätzlich gegen die Impfung, es relativiert aber den zu erwartenden Effekt.

Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 in ausgewählten Altersgruppen im Vergleich.

Abbildung 12: Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 in ausgewählten Altersgruppen im Vergleich. Die 2021er-Säulen sind stets etwas höher sind als die 2020er. Die Corona-Sterblichkeit ist daher in 2021 gegenüber 2020 angestiegen. Die größten relativen Zuwächse sind bei den Jüngeren zu verzeichnen. Im Hinblick auf die Sterblichkeit dominieren indessen die Altersgruppen 60-79 und 80+ mit riesigem Abstand. Das spiegelt die Erhöhung der absoluten Fallzahlen der Toten in 2021 wider (s. a. Abb. 4). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Der direkte Vergleich der Säulenhöhen in Abb. 12 zeigt in allen Altersgruppen einen Anstieg der Corona-Sterblichkeit p.a.. Die relative Zunahme der Sterblichkeit ist dabei hinsichtlich der Altersgruppen unter 80 am stärksten ausgeprägt, wobei die Gruppen 0-19 und 20-59 aufgrund des absolut gesehen sehr niedrigen Risikos in Summe nicht ins Gewicht fallen. Anders sieht es aus in der Altersgruppe 60-79. Hier liegt der relative Zuwachs bei über 95%, was in absoluter Höhe immerhin eine Zunahme um 0,062% bedeutet. Bezüglich der Todesfallzahlen gehen über 11.000 Tote allein auf dieses Konto. Man kann vermuten, dass durch ein schnelleres Voranschreiten Impfung in der Altersgruppe 60-79 ein gewisser Anteil dieser Fälle hätte vermieden werden können (s. dazu die Diskussion zur weiter unten).

Kurvenverlauf der Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 in Abhängigkeit vom Alter.

Abbildung 13: Kurvenverlauf der Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Um die großen Unterschiede in den Sterblichkeitsraten zu veranschaulichen, wurde in der Darstellung eine logarithmische Skalierung gewählt. Im Lebensalter bis etwa 25 bewegen wir uns hier bei Mortalitätswerten von 0,001% und darunter. Hingegen liegen die Sterblichkeitsraten für Lebensalter oberhalb 90 bei 1% und darüber. In der Relation sind das in beiden Jahren etwa 1000-fach höhere Werte. Im Vergleich zu 2020 verläuft die Kurve für 2021 insgesamt etwas flacher, was z. T. vermutlich auf die Wirkung der Impfkampagne zurückzuführen ist. Daneben haben aber vor allem die hohen Infektionszahlen bei den Jüngeren einen markanten Einfluss auf den flacheren Kurvenverlauf. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Der Vergleich der beiden Kurvenverläufe in Abb. 13 zeigt nochmals in aller Klarheit, dass in 2021 unter dem Gesichtspunkt der Gesamtsterblichkeit gegenüber 2020 kein wirklicher Fortschritt erzielt wurde. Im Gegenteil: Die Mortalität hat sich durchweg erhöht. Als Verbesserung kann man allenfalls den geringeren relativen Anstieg bei den Älteren konstatieren. Zumindest zum Teil dürfte dieses Resultat auf den risikosenkenden Effekt der Impfung zurückzuführen sein. Ohne die Impfung würde die Mortalität in den Altersgruppe 60+ und damit auch insgesamt sicher höher liegen. Im Rahmen der Diskussion zur Letalität von Geimpften und Ungeimpften wird dieses Szenario näher beleuchtet.

Detailanalyse zur Letalität nach Alter

Die obigen Kurvendarstellungen für die Letalität und die Mortalität über das Alter erlauben aufgrund der über weite Altersbereiche nahezu linearen Verläufe einfache Näherungsdarstellungen oder andere polynomiale Approximationen. In Abb. 14 ist der Kurvenverlauf der Letalität zusammen mit zwei Näherungskurven in Abhängigkeit vom Alter dargestellt. Erfreulicherweise kann man die effektive Letalität für einen weiten Bereich der interessierenden Lebensalter mittels einer (in logarithmischer Darstellung linear erscheinenden) Exponentialfunktion darstellen.

Die lineare Näherung bringt die entscheidende Aussage in aller Deutlichkeit zum Ausdruck:

Die Letalität steigt exponentiell mit dem Lebensalter.

Das Wesen der Corona-Pandemie liegt bei Lichte betrachtet nicht darin, dass das Virus sich exponentiell ausbreiten kann. Für die effektive Bekämpfung viel wichtiger ist die Erkenntnis des mit dem Alter exponentiell steigenden Risikos. Übersetzt heißt dies: Maßnahmen zur Eindämmung der Todesfallzahlen müssen dort ansetzen, wo die Fallzahlen auftreten. Also bei den Alten, nicht bei den Jungen oder gar bei Kindern. Der Hebel bei den Ersteren hat eine bis zu 1000-fache Übersetzung (s.u.). Umgekehrt ist bei Letzteren das Kosten-Nutzen-Verhältnis um denselben Faktor kleiner.

Kurvenverlauf der Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2020 und 2021 in Abhängigkeit vom Alter.

Abbildung 14: Kurvenverlauf der Covid-19-Letalität (Sterblichkeit nach Infektion p.a.) für 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Man beachte die logarithmische Darstellung. Zusätzlich eingezeichnet sind zwei Näherungskurven: Eine exponentiell-lineare Näherung (gestrichelte Linie in braun) und eine exponentiell-kubische Näherung (strichpunktierte Linie in grün). Rohdaten zur Letalitätskurve: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für die Letalität:

Letalität 0,01% * 10^(Alter-25)/18

Nach vorstehender Approximationsformel verzehnfacht sich der Letalitätswert pro 18 Lebensjahren. Verglichen mit einem 24-Jährigen hat demzufolge ein 42-Jähriger ein 10-fach, ein 60-Jähriger ein 100-fach und ein 78-Jähriger ein 1000-fach höheres Corona-Sterberisiko p.a. bei vorliegender Corona-Infektion. Für die richtige Einordnung sollte man die Höhe des absoluten Risikos nicht unerwähnt lassen. Es liegt bei 0,008% p.a. für 24-Jährige und folglich bei etwa 8% p.a. für 78-Jährige.

Dargestellt als Zweierpotenz besagt die lineare Näherung Letalität ~ 2^(Alter/5,41). Daher kann man auch festhalten, dass sich die Corona-Sterblichkeit p.a. bei vorliegender Infektion pro etwa 5,5 Lebensjahren verdoppelt.

Weiteres s. Anhang.

Detailanalyse zur Mortalität nach Alter

Der Kurvenverlauf der Mortalität ist in Abb. 15 zusammen mit einer linearen Näherung in Abhängigkeit vom Alter dargestellt. Den tatsächlichen Verlauf kann man auch in diesem Falle durch eine Exponentialfunktion gut approximieren. Die lineare Näherung bringt das Grundsätzliche im Mortalitätsverlauf in aller Klarheit zum Ausdruck:

Die Mortalität wächst exponentiell mit dem Lebensalter.

Damit wird die obige Aussage zum Wesen der Corona-Pandemie auch im Hinblick auf die Mortalität unterstrichen. Die effektive Bekämpfung und Überwindung der Pandemie erfordert daher zielgenaue Maßnahmen, weil ansonsten die um mehrere Größenordnungen unterschiedlichen Risiken bei Älteren und Jungen in einen Topf geworfen und gleichartig behandelt werden. So erzielt man nur einen Bruchteil der möglichen Wirkung bei gleichzeitig maximalem Kosteneinsatz.

Kurvenverlauf der Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2021 in Abhängigkeit vom Alter.

Abbildung 15: Kurvenverlauf der Covid-19-Mortalität (Sterblichkeit p.a.) für 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Man beachte die logarithmische Darstellung. Zusätzlich eingezeichnet ist eine exponentiell-lineare Näherung (gestrichelte Linie in braun). Rohdaten zur Letalitätskurve: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für die Mortalität p.a.:

Mortalität 0,001% * 10^(Alter-24)/22

Nach dieser Approximationsformel verzehnfacht sich der Mortalitätswert p.a. pro 22 Lebensjahren. Verglichen mit einem 18-Jährigen hat demzufolge ein 40-Jähriger ein 10-fach, ein 62-Jähriger ein 100-fach und ein 84-Jähriger ein 1000-fach höheres Corona-Sterberisiko p.a.. Um das richtig einzuordnen muss man erwähnen, dass das absolute Risiko von 18-Jährigen bei etwa 0,0005% liegt, das von 84%-Jährigen bei 0,5%.

Dargestellt als Zweierpotenz besagt die lineare Näherung Mortalität ~ 2^(Alter/6,62). Daher kann man konstatieren, dass sich das Corona-Sterberisiko p.a. bei vorliegender Infektion pro etwa 6,5 Lebensjahren verdoppelt.

Weiteres s. Anhang.

Detailanalyse zum Infektionsrisiko nach Alter

Der Kurvenverlauf des Infektionsrisiko ist in Abb. 16 zusammen mit zwei Näherungskurve in Abhängigkeit vom Alter dargestellt. Der Verlauf kann durch eine lineare Näherung nicht gut approximiert werden. Es geht hier eher darum, das grundsätzliche Verhalten im Verlauf des Infektionsrisikos in eine einfache Formel zu fassen. Für weite Altersbereiche ist die Abweichung von tatsächlichen Verlauf nicht allzu groß. Die kubische Approximation ist insbesondere für die interessierenden Lebensalter ab 45 sehr viel präziser, aber natürlich auch unhandlicher. Das Wesentliche kommt bereits durch die lineare Näherung zum Ausdruck.

Kurvenverlauf des Covid-19-Infektionsrisikos (Infektionswahrscheinlichkeit p.a.) für 2021 in Abhängigkeit vom Alter.

Abbildung 16: Kurvenverlauf des Covid-19-Infektionsrisikos (Infektionswahrscheinlichkeit p.a.) für 2021 in Abhängigkeit vom Alter. Man beachte die logarithmische Darstellung. Zusätzlich eingezeichnet sind zwei Näherungskurven: Eine exponentiell-lineare Näherung (gestrichelte Linie in braun) und eine exponentiell-kubische Näherung (strichpunktierte Linie in grün). Rohdaten zur Letalitätskurve: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für das Infektionsrisiko p.a.:

Infektionsrisiko 10% * 1/10^(Alter-25)/100

Im Unterschied sowohl zur Letalität wie auch zur Mortalität, die beide mit zunehmendem Alter exponentiell wachsen, sehen wir bezüglich des Infektionsrisikos ein gegenteiliges Verhalten: Je höher das Alter, desto geringer die Infektionswahrscheinlichkeit. Diese Abhängigkeit ist zwar nicht so stark und eindeutig ausgeprägt, sie führt aber dennoch dazu, dass das Infektionsrisiko mit dem Alter signifikant zurückgeht. Vermutlich deswegen, weil die Anzahl der Kontakte gleichfalls sinkt.

Ganz grob kann man sagen, dass sich die Infektionswahrscheinlichkeit p.a. pro 30 Lebensjahren in etwa halbiert. Ein Blick auf die Zweierpotenz-Näherungsformel macht das unmittelbar klar.

Infektionsrisiko 12,5% * 1/2^(Alter-15)/30

Weiteres s. Anhang.

Berechnung der Letalität für Geimpfte und Ungeimpfte nach Altersgruppen

Die Letalitätswerte pro Altersgruppe haben wir oben aus den Daten des RKI abgeleitet und diskutiert. Eine Unterscheidung in Geimpfte und Ungeimpfte kann daraus nicht unmittelbar abgeleitet werden, da die Impfstatus der Infizierten und der Verstorbenen in 2021 nicht konsequent erfasst wurden (jedenfalls wurden diese Zahlen vom RKI nicht veröffentlicht). Über einen kleinen Umweg ist es indessen möglich, die Zahl der infizierten und verstorbenen Geimpften, \( g_{Inf} \) und \( g_{Tod} \), indirekt zu berechnen. Gleiches geht natürlich auch für die Ungeimpften (\( u_{Inf} \) und \(u_{Tod} \)).

Das Rechenverfahren mit der Herleitung der nötigen Formeln wird im Anhang näher dargestellt. Die Datengrundlage für die angenommenen altersgruppenspezifischen Impfquoten und Wirksamkeiten ist in Tab. 1 aufgelistet.

Annahmen zu den altersgruppenspezifischen Impfquoten und den Schutzwirkungen der Impfung im Hinblick auf eine Covid-19-Infektion und Tod (an oder mit Corona).

Tabelle 1: Annahmen zu den altersgruppenspezifischen Impfquoten und den Schutzwirkungen der Impfung im Hinblick auf eine Covid-19-Infektion und Tod (an oder mit Corona). Die durchschnittlichen Impfquoten ergeben sich aus dem Verlauf der Impfkampagne im Jahresverlauf aus den Daten des RKI. Die Annahmen zur Schutzwirkung basieren auf den Infektionszahlen Geimpfter und Ungeimpfter (wurden in der zweiten Jahreshälfte für symptomatisch Erkrankte erfasst). Hinsichtlich des Schutzes vor Tod wurden die Todesfallzahlen des RKI in den Kalenderwochen 40-49/2021 zugrunde gelegt. Ferner wurden Studienaussagen über das Nachlassen der Schutzwirkung in den Monaten nach der zweiten Impfdosis berücksichtigt (s. [8]).

Abbildung 17 zeigt die Ergebnisse der Berechnung auf Basis der angenommenen Jahresmittelwerte für die Impfquoten und die Wirksamkeiten (s. Tab. 1).

Folgende Formeln wurden angewendet (s. Anhang):

Berechnung der Letalität \( L_{g} \) für Geimpfte:

\begin{equation} L_{g} = \frac{1-W_{Tod} } {1-qW_{Tod} } \cdot \frac{1-qW_{Inf} } { 1-W_{Inf} } \cdot L \end{equation}

Berechnung der Letalität \( L_{u} \) für Ungeimpfte:

\begin{equation} L_{u} = \frac{ 1-qW_{Inf} } { 1-qW_{Tod} }\cdot L \end{equation}

Berechnete Covid-19-Letalität (Sterblichkeitsrate nach einer Corona-Infektion) in 2021 für Geimpfte und Ungeimpfte nach Altersgruppen.

Abbildung 17: Berechnete Covid-19-Letalität (Sterblichkeitsrate nach einer Corona-Infektion) in 2021 für Geimpfte und Ungeimpfte nach Altersgruppen. Die grauen Säulen zeigen die mittlere Sterblichkeit pro Altersgruppe. Man erkennt, dass die Sterblichkeitsraten von Geimpften in den interessierenden und am meisten gefährdeten Altersgruppen 60-69, 70-79 80-89 und 90+ gegenüber den jeweiligen Referenzwerten (graue Säulen) gesunken sind. Die Letalität der Ungeimpften liegt dagegen überall höher. Der Unterschied zwischen Geimpften und Ungeimpften macht in der Relation z.T. mehr als 100 % aus. Die mittlere Sterblichkeit über alle Altersgruppen liegt natürlich nach wie vor bei 1,28 %. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Die mittlere Letalität der Geimpften liegt nach den berechneten Daten bei etwa 3,68%, die der Ungeimpften bei 0,89%. Unter den Geimpften ist demnach die Sterblichkeit im Mittel 4-mal höher. Das erscheint auf den ersten Blick paradox und absolut unplausibel. Indessen lässt sich dieser Effekt sehr leicht erklären. Wie man Tab. 1 entnimmt und wie es ja auch der Realität entspricht, war die Impfquote bei den Älteren ab 60 im Jahresmittel deutlich höher als die Impfquote bei den Jüngeren (Altersgruppen, 0-9, 10-19, 20,29, 30-39, sogar 40.49). Die Ungeimpften rekrutieren sich daher zu einem großen Teil aus diesen zwar nicht geimpften, aber absolut ungefährdeten Altersgruppen, die zu den Todesfallzahlen in Summe weniger als 1% beitragen. Umgekehrt sind gerade die vulnerablen Gruppen geimpft –  und sie haben natürlich trotz der Impfung immer noch ein vielfach höheres Corona-Sterberisiko als die jungen Ungeimpften.

Wir haben oben gesehen, dass sich die Letalität (also die Sterblichkeit bei einer vorliegenden Infektion) pro 18-Lebenjahren verzehnfacht. Wenn nun andererseits die Impfung im Idealfall eine Wirksamkeit von 90% entfaltet, dann wird dieser positive Schutzeffekt im Ergebnis pro 18-Lebensjahren Unterschied aufgezehrt. Demnach hat also z.B. ein 24-Jähriger Ungeimpfter immer noch ein 100-fach geringeres Risiko an Corona zu versterben als ein 78-Jähriger Geimpfter. Tatsächlich ist die Schutzwirkung der Impfung in der Realität gerade für die Ältesten deutlich geringer als 90%, teilweise geht sie eher in Richtung 50%. Deswegen kann es nicht verwundern, dass die Sterblichkeitsrate der Geimpften im Schnitt höher liegt als die der Ungeimpften.

Im Wesentlichen geht es hier um einen statistischen Effekt aufgrund der ungleichen Risikomischung in den beiden Gruppen. Der entscheidende Punkt ist die gewichtete Mittelwertbildung mit den jeweiligen Anteilen unter den Geimpften bzw. Ungeimpften in der Bevölkerung. Vorausgesetzt, die Impfquote in allen Altersgruppen wäre gleich (also gleiche Risikomischung), dann würde die Letalität der Geimpften auch in der Mittelwertbildung über alle Altersgruppen kleiner ausfallen als die der Ungeimpften.

Hypothetische Todesfallzahlen auf Basis der berechneten Letalitätswerte für Geimpfte und Ungeimpfte

Auf Basis der berechneten Letalitätswerte für Geimpfte und Ungeimpfte kann man grob bestimmen, wie hoch die Todesfallzahlen in 2021 gewesen wären, wenn niemand oder alle geimpft gewesen wären. Natürlich ist dieser Ansatz in gewisser Weise spekulativ, weil man nicht sicher vorhersagen kann, welchen Einfluss eine geänderte Impfquote auf die Infektionsfallzahlen gehabt haben würde. Nach allem was wir heute wissen, kann man in erster Näherung davon ausgehen, dass dieser Einfluss eher gering ist. Nach den Daten des RKI zu den symptomatischen Covid-19-Fällen tragen Geimpfte und Ungeimpfte in ähnlichem Grade zum Infektionsgeschehen bei. Geimpfte sind daher, schon wegen ihrer zahlenmäßigen Dominanz, nicht wegzudenkende Treiber der Infektionsdynamik. Unterstellen wir daher in einer ersten Betrachtung, es gebe durch die Impfung keine unmittelbare Rückwirkung auf die Inzidenzen. Wie hoch wären unter dieser Annahme die Todesfallzahlen für 2021 in den beiden Extremszenarien ausgefallen?

In Abb. 18 sind die entsprechenden, auf Basis der berechneten Letalitätswerte und der geschilderten Annahme bestimmten hypothetischen Todesfallzahlen im Vergleich zu den tatsächlichen Fallzahlen nach Altersgruppen getrennt hintereinander dargestellt.

Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen.

Abbildung 18: Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen. Die Reihenfolge der Legende entspricht der Höhe der Säulen von vorne nach hinten. Die grünen Säulen im Vordergrund zeigen die Todesfallzahlen unter der Annahme, alle seien schon zu Beginn des Jahres geimpft (Impfquote 100%) gewesen und würden die Sterblichkeitsrate in Höhe der berechneten Letalität aufgewiesen haben. Im Hintergrund orange dargestellt sind die Säulen für das Alternativszenario ganz ohne Impfung (Impfquote 0%). Die tatsächlichen Fallzahlen werden durch die grauen Säulen aufgezeigt. Zusätzlich dargestellt sind die hypothetischen Fallzahlen unter der gleichfalls nicht abwegigen Annahme, die Letalitätswerte aus 2020 würden auch in 2021 zutreffend gewesen sein (blauen Säulen). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

In der Gesamtschau macht Abb. 18 klar, dass die Impfung die Fallzahlen in allen Altersgruppen ab 60 merklich verringert. Umgekehrt würde der völlige Verzicht auf die Impfung in genau diesen Altersgruppen für eine signifikante Erhöhung der Fallzahlen gesorgt haben. Keinen nennenswerten Effekt sieht man bei den Altersgruppen unter 50, einen geringen in der Altersgruppe 50-59.

Die Summenwerte der Todesfallzahlen für die vier Szenarien sind in Abb. 19 dargestellt.

Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 in unterschiedlichen Szenarien.

Abbildung 19: Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 in unterschiedlichen Szenarien. Die Grafik zeigt die Summenwerte der Todesfallzahlen für die vier betrachteten Szenarien. Grün: alle schon zu Beginn des Jahres geimpft (Impfquote 100%), Sterblichkeitsrate in Höhe der berechneten Letalität. Orange: Alternativszenario ganz ohne Impfung (Impfquote 0%). Grau: Tatsächliche Fallzahlen in 2021. Blau: Hypothetische Fallzahlen unter der Annahme, die Letalitätswerte aus 2020 würden auch in 2021 gegolten haben. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Das blaue (Sterblichkeit 2020 auch in 2021) und das orange Szenario (berechnete Sterblichkeit für  Ungeimpfte aus den 2021-er Daten) belegen, dass die partielle Impfung in 2021 wohl eine Wirkung entfaltet hat. Jedenfalls würden die Fallzahlen ohne die Impfung mit einiger Wahrscheinlichkeit um einen hohen vierstelligen bis niedrigen 5-stelligen Zahlenwert höher ausgefallen sein. Auch wenn die Szenarien die Realität nicht 1:1 widerspiegeln mögen, so geben sie doch einen validen Hinweis. Das gilt natürlich auch für die Grenzen im Hinblick auf die Höhe des zu erwartenden Resultats.

Die beiden Szenarien „blau“ und „orange“ sind im Ergebnis nicht deckungsgleich. Das war aufgrund der höheren Gefährdung durch die in 2021 verbreitete Delta-Variante auch nicht zu erwarten. Sie weisen aber in dieselbe Richtung. Das stützt die Sinnhaftigkeit des beschriebenen Ansatzes (s. Anhang) zur separaten Ableitung der Letalitätswerte für Geimpfte und Ungeimpfte. Der Vergleich der tatsächlichen Fallzahlen mit dem grünen Szenario zeigt überdies den möglichen Effekt einer hohen Impfquote. Die Fallzahlen gehen sicher nicht auf Null, das ist angesichts der begrenzten und im Zeitverlauf rasch nachlassenden Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe auch nicht zu erwarten. Dennoch ist die mögliche Reduzierung der Anzahl der Todesfälle durchaus signifikant, wenn auch nicht durchschlagend.

Hypothetische Todesfallzahlen bei Änderung der Impfquote

Im vorstehenden Abschnitt haben wir den Aspekt der Infektionszahlen außer acht gelassen. Deswegen müssen die Ergebnisse zunächst als Fingerzeige gelten. Es ist indessen möglich, die Auswirkungen einer geänderten Impfquote und oder einer anderen Wirksamkeit des Impfstoffen mit einer etwas höheren Präzision aus den Felddaten abzuleiten. Dabei gehen wir von folgenden Überlegungen aus:

Eine Veränderung der Impfquote hat Einfluss auf die Anzahl der Geimpften und Ungeimpften und damit auch auf die Infektionszahlen. Die Sterblichkeit sowohl unter den Geimpften wie auch den Ungeimpften berührt das aber in erster Näherung nicht. Daher erscheint die Annahme konstanter Letalitätswerte pro Altersgruppe plausibel. Anders verhält es sich bezüglich der (Gesamt-)Letalität über alle Infizierten. Wenn die Impfquote modifiziert wird oder sich der Infektionsschutz verändert, dann verschieben sich auch die relativen Anteile der Geimpften und Ungeimpften unter den Infizierten und in der Folge auch das Verhältnis zwischen den Todesfallzahlen. Daher wird die (Gesamt-)Letalität bei der beschriebenen Änderung in der Regel nicht gleich bleiben.

Ausgangspunkt für die Ableitung der Formelbeziehungen ist das Invarianz-Postulat:

  • Die altersgruppenspezifischen Letalitätswerte der Geimpften und der Ungeimpften sind invariant hinsichtlich einer Modifikation der Impfquote und / oder einer Veränderung der Wirksamkeit des Impfstoffs im Hinblick auf den Schutz vor Infektion (vorausgesetzt, der Todesfallschutz bleibt gleich).

Die mathematischen Überlegungen finden sich im Anhang.

Folgende Formeln kommen für die Bestimmung der Todesfallzahlen bei modifizierter Impfquote \(q^{*}\) und/oder Wirksamkeit \( W^{*} \) zur Anwendung.

Anzahl der Fälle unter Ungeimpften pro Altersgruppe:

\begin{align} u_{Tod}^{*} = L \cdot \frac{1-q^{*} }{1-qW_{Tod} } \cdot a_{Inf} \end{align}

Anzahl der Fälle unter Geimpften pro Altersgruppe:

\begin{align} g_{Tod}^{*} = L \cdot q^{*} \cdot \frac{1- W^{*} }{1-W } \cdot \frac{1- W_{Tod} }{1-qW_{Tod} } \cdot a_{Inf} \end{align}

Neue (Gesamt-)Letalität pro Altersgruppe:

\begin{align} L^{*} = L_{u} \cdot \frac{1-q^{*} }{1- q^{*} W^{*} } + L_{g} \cdot q^{*} \frac{1-W^{*} }{1- q^{*} W^{*} }  \end{align}

Gesamtanzahl der Fälle pro Altersgruppe:

\begin{align} a_{Tod}^{*} = L^{*} \cdot \frac{1- q^{*} W^{*} }{1-q W} \cdot a_{Inf}
\end{align}

Sofern die Wirksamkeit unverändert bleibt:

\begin{align} a_{Tod}^{*} = L \cdot \frac{1 – q^{*} W_{Tod} } { 1-qW_{Tod}} \cdot a_{Inf}
\end{align}

Die erzielten Ergebnisse für insgesamt 7 unterschiedliche Szenarien mit altersgruppenspezifisch variierten Impfquoten finden sich in den Abbildungen 20 und 21.

Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen zur Höhe der Impfquote.

Abbildung 20: Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen zur Höhe der Impfquote. Die Grafik zeigt die Summenwerte der Todesfallzahlen für sieben unterschiedliche Szenarien betreffend der Impfquoten über die Altersgruppen. Zum Vergleich sind die tatsächlichen Fallzahlen aus 2021 (Rubrik ganz links) aufgeführt. Die Säulen sind von links nach rechts nach der Höhe der Gesamtimpfquote geordnet. Ganz oben sind die jeweiligen Differenzen der Fallzahlen zum Vergleichswert aus 2021 notiert. Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.

Man sieht, dass die Höhe der Impfquote allein nur eine begrenzte Aussagekraft im Hinblick auf die erzielbare Reduzierung der Fallzahlen besitzt. Die zweite Rubrik von rechts steht für eine Impfquote von 85%, dennoch liegen die Todesfallzahlen gleich hoch wie in 2021. Warum? Es sind die Falschen geimpft. Nicht die Alten, sondern die Jungen. Umgekehrt kann man mit einer Impfquote von nur 52% (hellgrüne Säule, vierte Rubrik von links) eine Verringerung der Anzahl der Todesfälle auf einem ähnlichen Niveau erzielen, wie das im Szenario mit 73% Impfquote (dunkelbaue Säule, fünfte Rubrik von links) oder im Szenario mit 90% Impfquote (grüne Säule, Rubrik ganz rechts) möglich ist. Entscheidend ist die Durchimpfung von den höheren zu den niedrigeren Altersgruppen.

In der letzten Grafik wird für die Fallzahlen in den betrachteten Szenarien zusätzlich die Unterscheidung in Geimpfte und Ungeimpfte vorgenommen. Dies wirft noch einmal ein Schlaglicht auf die Grenzen des durch eine hohe Impfquote Erreichbaren im Hinblick auf die am Ende verbleibenden Todesfallzahlen unter Ersteren. Anderes als manche das meinen, gehen die Fallzahlen  ja nicht auf null, wenn es keine Ungeimpften mehr gibt. Die Todesfallinzidenzen reduzieren sich auch nicht auf 10 %, weil die angegebene Impfstoffwirksamkeit von 90 % eher ein theoretischer Wert ist, der z.B. aufgrund der nachlassenden Schutzwirkung in der Praxis nicht erreicht wird.

Ohne Zweifel hat eine hohe Impfquote einen bedeutsamen Effekt auf die Verringerung der Fallzahlen. Es bleibt aber immer noch eine beträchtliche und mit den verfügbaren Impfstoffen offenbar nicht weiter reduzierbare Anzahl von Sterbefällen, weil mit der Impfquote natürlich auch die Todesfallzahlen unter den Geimpften ansteigen. In Abb. 21 sieht man das ganz deutlich. Das spricht nicht gegen die Impfung, denn die Gesamtanzahl der Corona-Todesfälle geht auf jeden Fall zurück. Es relativiert aber den erwartbaren Erfolg.

Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen (Geimpfte und Ungeimpfte) für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen zur Höhe der Impfquote.

Abbildung 21: Tatsächliche und hypothetische Todesfallzahlen (Geimpfte und Ungeimpfte) für 2021 bei unterschiedlichen Annahmen zur Höhe der Impfquote. Die Grafik zeigt die Summenwerte der Todesfallzahlen für sieben unterschiedliche Szenarien betreffend der Impfquoten über die Altersgruppen. Die Säulen sind von links nach rechts nach der Höhe der Gesamtimpfquote geordnet. Grün: Anzahl der Todesfälle bei Geimpften. Orange: Todesfälle bei Ungeimpften. Orange-weiß: Verringerung der Gesamtfallzahlen im Vergleich zu den tatsächlichen Werten aus 2021 (Rubrik ganz links). Rohdaten: RKI, Datenstand 22.01.2022.


Mathematischer Anhang

Die altersabhängige Corona-Sterblichkeit bei Infektion (Letalität)

Die Letalität \(L\) pro 100.000 Infizierten kann durch die folgende exponentiell-lineare Näherungsformel ausgedrückt werden:

\begin{align} L \approx 10^{\frac{Alter-7}{18}} \end{align}

Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für die Letalität:

\begin{align} L \approx 0.01\% \cdot 10^{\frac{Alter-25}{18}} \end{align}

Für den Altersbereich 5-80 bleibt der absolute Fehler unter 0,25%. Der relative Fehler liegt für die Altersgruppe 20-80 meist unter 5%. Es gibt zwei Ausreißer mit einer Überschätzung des Risikos für die Altersgruppen 40-49 (30%) und 50-59 (22%).

Nach obiger Approximationsformel verzehnfacht sich der Letalitätswert pro 18 Lebensjahren. Verglichen mit einem 24-Jährigen hat demzufolge ein 42-Jähriger ein 10-fach, ein 60-Jähriger ein 100-fach und ein 78-Jähriger ein 1000-fach höheres Corona-Sterberisiko p.a. bei vorliegender Corona-Infektion. Für die richtige Einordnung sollte man die Höhe des absoluten Risikos nicht unerwähnt lassen. Es liegt bei 0,008% p.a. für 24-Jährige und folglich bei etwa 8% p.a. für 78-Jährige.

Dargestellt als Zweierpotenz ergibt sich \(L \sim 2^{\frac{Alter}{5,41}}\). Daher kann man festhalten, dass sich das Corona-Sterberisiko p.a. bei vorliegender Infektion pro etwa 5,5 Lebensjahren verdoppelt.

Eine bessere Approximation an den Letalitätsverlauf bietet die nachstehende exponentiell-kubische Näherungsformel:

\begin{align} L \approx & \, e^{ax^3+bx^2+cx+d} \\ \notag
&x=\text{Alter} \\ \notag
&a=-2,23315\cdot 10^{-5} \\ \notag
&b= 0,003765 \\ \notag
&c=-0,0602852 \\ \notag
&d=-9,559193 \\ \notag
\end{align}

Für den Altersbereich 5-95 bleibt der absolute Fehler bis auf zwei Ausnahmen für die Altersgruppe 70-79 (0,65%) und 90+ (2,6%) unter 0,02%. Der relative Fehler ist für die Altersgruppen 20-29, 40-49, 60-69 und 80-89 kleiner als 0,0001%. Für die Altersgruppen 10-19, 30-39, 50-59, 70-79 und 90+ liegt er bei 33%, 19%, 5%, 10% bzw. 11%.

Die altersabhängige Corona-Sterblichkeit (Mortalität)

Eine exponentiell-lineare Näherungsformel für die Mortalität \(M\) pro 100.000 Einwohnern ist durch die folgende Beziehung gegeben:

\begin{align} M \approx 10^{\frac{Alter-24}{22}} \end{align}

Ausgedrückt in Prozentwerten lautet die Formel für die Mortalität p.a.:

\begin{align} M \approx 0.001\% \cdot 10^{\frac{Alter-24}{22}} \end{align}

Für den Altersbereich 5-80 bleibt der absolute Fehler unter 0,005%, für 80-89 und 90+ liegt er bei 0,012% bzw. 0,1%. Der relative Fehler liegt für die Altersgruppe 30-90+ unter 8%. Für die Altersgruppe 20-29 wird das Risiko um 23% überschätzt, für die Altersgruppen 10-19 und 0-9 um 17% bzw. 65% unterschätzt. Das allerdings auf einem sehr niedrigen absoluten Risikoniveau unter 0,0005%.

Nach vorstehender Approximationsformel verzehnfacht sich der Mortalitätswert p.a. pro 22 Lebensjahren. Verglichen mit einem 18-Jährigen hat demzufolge ein 40-Jähriger ein 10-fach, ein 62-Jähriger ein 100-fach und ein 84-Jähriger ein 1000-fach höheres Corona-Sterberisiko p.a.. Um das richtig einzuordnen muss man erwähnen, dass das absolute Risiko von 18-Jährigen bei etwa 0,0005% liegt, das von 84%-Jährigen bei 0,5%.

Wegen \(M \sim 2^{\frac{Alter}{6,62}}\) kann man ebenfalls konstatieren, dass sich das Corona-Sterberisiko p.a. pro etwa 6,5 Lebensjahren verdoppelt.

Das altersabhängige Corona-Infektionsrisiko

Eine passable exponentiell-lineare Näherungsformel für das Infektionsrisiko \( r_{Inf} \) in Prozent kann folgendermaßen formuliert werden:

\begin{align} r_{Inf} \approx 10\% \cdot 10^{-\frac{Alter-25}{100}} \end{align}

Für die Altersgruppen 30-39, 60-69 und 70-79 bleibt der absolute Fehler unter 0,25%, für 50-59 liegt er bei 0,7%, für 10-29 und 80-89 bei max. 2,2%. Etwas größer ist die Abweichung für die Altersgruppen 0-9 (8,5%) und 90+ (4,3%). Der relative Fehler bleibt für die Altersgruppe 10-90 unter 30%.

Die etwas größeren Abweichungen der linearen Näherunsgformel bei den Älteren werden auf Basis der untenstehenden exponentiell-kubischen Approximation vermieden:

\begin{align} r_{Inf} \approx & \, e^{ax^3+bx^2+cx+d} \\ \notag
&x=\text{Alter} \\ \notag
&a=2,33149\cdot 10^{-5} \\ \notag
&b=-0,003795 \\ \notag
&c=0,164816\\ \notag
&d=-4,453015 \\ \notag
\end{align}

Für den Altersbereich 40-90+ bleibt der absolute Fehler der kubischen Näherung unter 0,6%. Die Approximation liegt für die Altersgruppen 0-39 um max. 3,3% daneben. Dabei bleibt der relative Fehler zwischen 20% (10-19) und 45% (0-9). Deutlich kleiner ist der relative Fehler für die Altersgruppen 40-59 (max. 2,4%) sowie 60-69 und 80-89 (<1%). Für die Altersgruppen 70-79 und 90+ liegt er bei max. 12,5%.

Im Unterschied sowohl zur Letalität wie auch zur Mortalität, die beide mit zunehmendem Alter exponentiell wachsen, sehen wir bezüglich des Infektionsrisikos ein gegenteiliges Verhalten: Je höher das Alter, desto geringer die Infektionswahrscheinlichkeit. Diese Abhängigkeit ist zwar nicht so stark und eindeutig ausgeprägt, sie führt aber dennoch dazu, dass das Infektionsrisiko mit dem Alter signifikant zurückgeht. Vermutlich deswegen, weil Ältere im Allgemeinen weniger Kontakte haben oder sich bei ihren Kontakten besser schützten.

Ganz grob kann man sagen, dass sich die Infektionswahrscheinlichkeit p.a. pro 30 Lebensjahren in etwa halbiert. Ein Blick auf die Zweierpotenz-Näherungsformel macht das unmittelbar klar.

\begin{align} r_{Inf} \approx 12,5\% \cdot 2^{-\frac{Alter-15}{30}} \end{align}

Für die Lebensalter 20 – 80 ist die Approximation relativ nahe an der Realität.

Bestimmung der Letalitäten für Geimpfte und Ungeimpfte bei unzureichender Erfassung des Impfstatus

Die Letalität \(L\) für alle Infizierten sowie die Letalitäten für die infizierten Geimpften \( L_{g} \) und Ungeimpften \( L_{u} \) sind folgendermaßen definiert:

\begin{align} L &= \frac{ a_{Tod}} { a_{Inf} } \\
L_{g} &= \frac{ g_{Tod}} { g_{Inf} } \\
L_{u} &= \frac{ u_{Tod}} { u_{Inf} } \end{align}

Der Wert für \(L\) ergibt sich direkt aus den Statistiken des RKI. Da indessen die Impfstatus der Infizierten und der Verstorbenen in 2021 nicht konsequent erfasst wurden (jedenfalls wurden diese Zahlen vom RKI nicht veröffentlicht), können die Letalitätswerte der Geimpften und der Ungeimpften nicht unmittelbar aus dem Datenmaterial des RKI bestimmt werden. Über einen kleinen Umweg ist es indes möglich, die Zahl der infizierten und verstorbenen Geimpften, \( g_{Inf} \) und \( g_{Tod} \), zu berechnen. Gleiches geht natürlich auch für die Ungeimpften (\( u_{Inf} \) und \(u_{Tod} \)).

Bei bekannter Impfquote \(q\) und Wirksamkeit des Impfstoffs greifen wir dazu auf Formel (5) in [11] (Der Effekt der Corona-Impfung auf die Fallzahlen – sumymus blog) zurück und erhalten

\begin{align} g_{Inf} &= \left(1-\frac{1-q} { 1-qW_{Inf} } \right) a_{Inf} \\ \notag
&= q \cdot \frac{1- W_{Inf} } { 1-qW_{Inf} } \cdot a_{Inf} \\
g_{Tod} &= \left(1-\frac{1-q} { 1-qW_{Tod} } \right) a_{Tod} \\ \notag
&= q \cdot \frac{1- W_{Tod} } { 1-qW_{Tod} } \cdot a_{Tod}
\end{align}

Dabei sind \( W_{Inf} \) und \( W_{Tod} \) die entsprechenden Impfstoff-Wirksamkeiten für den Schutz vor Infektion und den Schutz vor Tod.

Für die Anzahl der Ungeimpften ergibt sich analog

\begin{equation} u_{Inf} = \frac{1-q} { 1-qW_{Inf} } \cdot a_{Inf} \end{equation}

\begin{equation} u_{Tod} = \frac{1-q} { 1-qW_{Tod} } \cdot a_{Tod} \end{equation}

Die unbekannten Letalitäten der Geimpften und der Ungeimpften können nun leicht aus den vorstehenden Formeln bestimmt werden:

\begin{align} L_{g} &= \frac{ g_{Tod}} { g_{Inf} } \\ \notag
&= \frac{1-\frac{1-q} { 1-qW_{Tod} } } {1-\frac{1-q} { 1-qW_{Inf} } } \cdot \frac{a_{Tod}} { a_{Inf} } \end{align}

Und somit

\begin{equation} L_{g} = \frac{1-W_{Tod} } {1-qW_{Tod} } \cdot \frac{1-qW_{Inf} } { 1-W_{Inf} } \cdot L
\end{equation}

sowie

\begin{align} L_{u} &= \frac{ u_{Tod}} { u_{Inf} } \\ \notag
&= \frac{\frac{1-q} { 1-qW_{Tod} } } {\frac{1-q} { 1-qW_{Inf} }} \cdot \frac{a_{Tod}} { a_{Inf} } \end{align}

\begin{equation} L_{u} = \frac{ 1-qW_{Inf} } { 1-qW_{Tod} }\cdot L \end{equation}

Das Verhältnis der beiden Letalitäten ergibt sich zu

\begin{equation} \frac{ L_{u} } { L_{g} } = \frac{ 1-W_{Inf} } { 1-W_{Tod} }
\end{equation}

Datengrundlage für die Berechnung der Letalitäten

Die altersgruppenspezifischen Impfquoten und Wirksamkeiten sind grundsätzlich bekannt. Die Impfkampagne begann Anfang 2021, so dass im Hinblick auf die Anwendung der obigen Formel zur Bestimmung der Letalitätswerte für das Gesamtjahr mittlere Impfquoten abgeschätzt werden müssen. Dasselbe gilt für die Wirksamkeiten bezüglich es Infektionsschutzes und des Schutzes vor Tod. Die betreffenden Annahmen sind in Tab. 1 (s.o.) aufgelistet.

Bestimmung der Todesfallzahlen für Geimpfte und Ungeimpfte

Nach obigen Formeln erhalten wir für die Anzahl der verstorbenen Geimpften und Ungeimpften zusammenfassend die folgenden Beziehungen:

\begin{align} g_{Tod} &= L_{g} \cdot g_{Inf} \\ \notag
&= L_{g} \left(1-\frac{1-q} { 1-qW_{Inf} } \right) a_{Inf} \\ \notag
&= L \cdot q \frac{1-W_{Tod} } {1-qW_{Tod} } \cdot a_{Inf} \\ \notag \\
u_{Tod} &= L_{u} \cdot u_{Inf} \\ \notag
&= L_{u} \frac{1-q} { 1-qW_{Inf} } \cdot a_{Inf} \\ \notag
&= L \frac{1-q } {1-qW_{Tod} } \cdot a_{Inf}
\end{align}

Die simple Mathematik zum Effekt von Massenimpfungen

Der Quotient \( \frac{g_{Tod}} { u_{Tod}} \) bringt die Wirkung der Massenimpfung in kompakter Form zum Ausdruck:

\begin{align} \frac{g_{Tod}} {u_{Tod}} = q \cdot \frac{ 1-W_{Tod}} {1-q} \end{align}

Für \(q=0\) und für \( W_{Tod} =1\) gibt es keine verstorbenen Geimpften, für \(q=1\) gibt es keine Ungeimpften.

Das relative Sterberisiko von Geimpften im Vergleich zu Ungeimpften ist \(1 : \frac{1}{1- W_{Tod}}\). Daher sind die Todesfallzahlen bei Geimpften und Ungeimpften gleich hoch, wenn das Zahlenverhältnis zwischen Geimpften und Ungeimpften reziprok proportional zum Verhältnis der Todesfallrisiken ist, wenn also

\begin{align} \frac{q } {1-q} = \frac{1 } {1- W_{Tod} } \end{align}

Die Anzahl der Todesfälle von Ungeimpften überwiegt, sofern die linke Seite kleiner ist. Das ist sicher dann der Fall, wenn die Impfquote die Wirksamkeit nicht übersteigt. Umgekehrt gibt es mehr Todesfälle bei Geimpften, wenn das Zahlenverhältnis zwischen Impfquote und „Nicht-Impfquote“ über den Wert für das Risikoverhältnis auf der rechten Seite hinauswächst.

Der Zusammenhang gilt natürlich auch ganz allgemein für Infizierte oder Hospitalisierte.

\begin{align} \frac{g} { u} = q\cdot \frac{1-W } {1-q} \end{align}

Herleitung der zu erwartenden Infektions- und Todesfallzahlen bei einer geänderten Impfquote und Wirksamkeit des Impfstoffs

Es stellt sich die Frage, wie sich denn die Todesfallzahlen in 2021 entwickelt haben würden, wenn die Imfpquote höher oder niedriger gewesen oder die Wirksamkeit des Impfstoffs eine andere gewesen wäre. Natürlich ist diese Frage spekulativ. Dennoch kann man sich der Antwort nähern und begründete Aussagen zum Effekt solcher Änderungen auf die Todesfallzahlen ableiten. Ausgangspunkt ist das oben formulierte Invarianz-Postulat.

Im Folgenden bestimmen wir die zu erwartenden Infektions- und Todesfallzahlen bei modifizierter Impfquote und Impfstoffwirksamkeit. Das versetzt uns in die Lage, Was-Wäre-Wenn-Analysen durchzuführen.

Grundformeln für Ableitung der hypothetischen Infektions- und Todesfallzahlen

Die modifizierte Impfquote bezeichnen wir mit \(q^{*}\), die geänderte Wirksamkeit für den Schutz vor Infektion nennen wir \(W_{Inf}^{*}\). Der Einfachheit halber verzichten wir dabei auf das Subskript, wenn es aus dem Zusammenhang heraus keine Verwechslungen geben kann; \(W^{*}\) meint also \(W_{Inf}^{*}\).

Wir fragen nach dem formelmäßigen Zusammenhang zwischen den neuen Infektions- und Todesfallzahlen bei der Impfquote \(q^{*}\) und der Infektionsschutz-Wirksamkeit \( W^{*} =W_{Inf}^{*}\) und den Bezugswerten bei der Impfquote \(q^{}\) und der Wirksamkeit \(W =W_{Inf}\). Dabei setzen wir eine unveränderte Wirksamkeit \(W_{Tod}\) bezüglich des Schutzes vor Tod voraus. Die neuen Infektions- und Todesfallzahlen bezeichnen wir mit \( g_{Inf}^{*} = g_{Inf}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), \( u_{Inf}^{*} = u_{Inf}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), \( a_{Inf}^{*} = a_{Inf}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), die Bezugswerte mit \( g_{Inf} = g_{Inf}^{\left(q,W\right)}\), \( u_{Inf} = u_{Inf}^{\left(q,W\right)}\), \( a_{Inf} = a_{Inf}^{\left(q,W\right)}\).

Wir erhalten die folgenden Beziehungen:

\begin{align} \frac{ u_{Inf}^{*}} { u_{Inf}} &= \frac{1-q^{*}}{ 1-q } \\
\frac{ g_{Inf}^{*}} { g_{Inf}} &= \frac{ q^{*}}{q} \frac{ 1-W^{*} }{ 1-W } \\ \frac{ a_{Inf}^{*}} { a_{Inf}} &= \frac{1-q^{*} W^{*} }{1- q W } \end{align}

Erläuterung und Plausibilisierung der Beziehungen

Zur Motivation der Formeln betrachten wir eine Kohorte von 1000 Personen, 400 Geimpften und 600 Ungeimpften. Die Impfquote ist daher 40%. Der Infektionsschutz möge bei 60% liegen. Nehmen wir an, 30 Ungeimpfte seien infiziert. Demnach gibt es nun also \( \small (1-0,6)\cdot \frac{0,4}{1-0,4}\cdot 30 =8\) infizierte Geimpfte. Wenn wir nun die Impfquote auf 70% erhöhen, dann haben wir 700 Geimpfte und nur noch 300 Ungeimpfte. Entsprechend geht die Zahl der infizierten Ungeimpften auf \( \small \frac{300}{600}\cdot 30 = 15 \) zurück. Zugleich steigt die Anzahl der infizierten Geimpften auf \( \small \frac{700}{400}\cdot 8 = 14 \).

Die Anzahl der infizierten Ungeimpften verändert sich demnach proportional zur Quote der Nicht-Geimpften, wie man das intuitiv erwartet. Im Beispiel ist das der Faktor \( \small \frac{1-0,7}{1-0,4} = \frac{0,3}{0,6}\). Auf der anderen Seite wird die Anzahl der infizierten Geimpften entsprechend im Verhältnis der Impfquoten \( \small \frac{0,7}{0,4}\) erhöht.

Wenn sich die Wirksamkeit verändert, hat das offensichtlich keinen Einfluss auf die Anzahl der infizierten Ungeimpften. Doch wie verhält es sich bei den Geimpften? Gehen wir noch einmal zum obigen Beispiel und lassen nun die Impfquote konstant bei 40%, verändern aber die hypothetische Wirksamkeit von 60% auf 80%. Im Ergebnis sinkt die Anzahl der infizierten Geimpften auf \(\small(1-0,8)\cdot \frac{0,4}{1-0,4}\cdot 30 =4\). Ihre Anzahl verändert sich daher proportional zum Verhältnis der Restrisiken. Im Beispiel \( \small \frac{1-0,8}{1- 0,6} \cdot 8 = \frac{0,2}{0,4} \cdot 8 = 4 \). Zugleich sinkt die Gesamtzahl der Infizierten von \( \small 30+8 = 38\) auf \( \small 30+4 = 34\).

Wenn sowohl die Impfquote als auch die Wirksamkeit modifiziert werden, so ändert sich gegenüber den beiden Beispielen nichts bei den Ungeimpften, ihre Zahl geht auf \( \small \frac{1-0,7}{1-0,4}\cdot 30 = 15 \) zurück. Die Zahl der infizierten Geimpften verändert sich dagegen proportional zum Verhältnis \( \small \frac{0,7}{0,4}\cdot \frac{1-0,8}{1-0,6}= \frac{0,7}{0,4} \cdot \frac{0,.2}{0,4} = \frac{7}{8} \) auf \( \small \frac{7}{8} \cdot 8 = 7 \).

Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Gesamtzahl der Infizierten. Im ersten Beispiel sinkt sie von \( \small 30+8 = 38\) auf \( \small 15+14 = 29\). Das ist das Verhältnis \( \small \frac{1 – 0,7\cdot 0,6}{1- 0,4 \cdot 0,6} = \frac{1 – 0,42}{1-0,24} = \frac{58}{76} = \frac{29}{38}\). Analog im zweiten Beispiel: Die Gesamtzahl der Infizierten verringert sich von \( \small 30+8 = 38\) auf \( \small 30+4 = 34\) und geht damit proportional zum Verhältnis \( \small \frac{1 – 0,4\cdot 0,8}{1- 0,4 \cdot 0,6} = \frac{1 – 0,32}{1-0,24} = \frac{68}{76} = \frac{34}{38}\) zurück. Schließlich stellt sich im dritten Fall bei der gleichzeitigen Veränderung von Impfquote und Wirksamkeit die neue Anzahl der Infizierten, also \( \small 15+7 = 22\), entsprechend dem Verhältnis \( \small \frac{1 – 0,7\cdot 0,8}{1- 0,4 \cdot 0,6} = \frac{1 – 0.56}{1-0.24} = \frac{44}{76} = \frac{22}{38}\) ein.

Formeln für die Bestimmung der Infektionszahlen Geimpfter und Ungeimpfter

Kommen wir zurück zur Berechnung der Anzahl der infizierten Geimpften und Ungeimpften. Für die Fallzahlen bei Änderung der Impfquote und der Wirksamkeit erhalten wir

\begin{align} u_{Inf}^{*} &= \frac{1- q^{*} }{1-q W } \cdot a_{Inf} \\ g_{Inf}^{*} &= q^{*} \frac{1-W^{*} }{1-q W } \cdot a_{Inf} \end{align}

Formeln für die Bestimmung der Todesfallzahlen Geimpfter und Ungeimpfter

Im Weiteren können wir auf Basis obiger Formeln auch die Höhe der zu erwartenden Todesfallzahlen der infizierten Geimpften und Ungeimpften nach einer Modifikation von Impfquote und Wirksamkeit direkt aus den Werten für die Gesamtzahl der Infizierten vor der Veränderung errechnen. Wie oben bezeichnen wir die neuen Todesfallzahlen mit \( g_{Tod}^{*} = g_{Tod}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), \( u_{Tod}^{*} = u_{Tod}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\), \( a_{Tod}^{*} = a_{Tod}^{\left(q^{*},W^{*}\right)}\) und die Bezugswerte mit \( g_{Tod} = g_{Tod}^{\left(q,W\right)}\), \( u_{Tod} = u_{Tod}^{\left(q,W\right)}\), \( a_{Tod} = a_{Tod}^{\left(q,W\right)}\).

\begin{align} u_{Tod}^{*} &= L_{u} \cdot u_{Inf}^{*} \\ \notag
&= L_{u} \cdot \frac{1-q^{*} }{ 1-q} \cdot u_{Inf} \\ \notag
&= L_{u} \cdot \frac{1-q^{*} }{1-q W} \cdot a_{Inf} \\ \notag
&= L \cdot \frac{1-q^{*} }{1-qW_{Tod} } \cdot a_{Inf}
\end{align}

\begin{align} g_{Tod}^{*} &= L_{g} \cdot g_{Inf}^{*} \\ \notag
&= L_{g} \cdot \frac{ q^{*}}{q} \cdot \frac{ 1-W^{*} }{ 1-W } \cdot g_{Inf} \\ \notag
&= L_{g} \cdot q^{*} \cdot \frac{1-W^{*} }{1-q W} \cdot a_{Inf} \\ \notag
&= L \cdot q^{*} \cdot \frac{1- W^{*} }{1-W } \cdot \frac{1- W_{Tod} }{1-qW_{Tod} } \cdot a_{Inf}
\end{align}

Diese Beziehungen können wir nur deswegen so formulieren, weil sich die Letalitäten für die Geimpften und Ungeimpften im betrachteten Szenario nicht verändern, weil also \(L_{g}^{*} = L_{g} \) und \(L_{u}^{*} = L_{u} \). Das Invarianzpostulat wurde oben erläutert. Für die Gesamtletalität gilt dagegen \(L^{*} \ne L \).

Die Bestimmung der Gesamtletalität bei geänderter Impfquote und Wirksamkeit

Zur Bestimmung von \( L^{*} \) gehen wir aus von

\begin{align} a_{Tod}^{*} &= L^{*} \cdot a_{Inf}^{*} \\ \notag
&= L^{*} \cdot \frac{1- q^{*} W^{*} }{1-q W} \cdot a_{Inf} \\ \notag
\end{align}

Wegen

\begin{align} a_{Tod}^{*} &= u_{Tod}^{*} + g_{Tod}^{*} \\ \notag
&= L_{u} \cdot u_{Inf}^{*} + L_{g} \cdot g_{Inf}^{*} \\ \notag
&= L_{u} \cdot \frac{1-q^{*} }{1- q^{*} W^{*} } \cdot a_{Inf}^{*} + \\ \notag
&\quad L_{g} \cdot q^{*} \frac{1-W^{*} }{1- q^{*} W^{*} } \cdot a_{Inf}^{*} \\ \notag
&= \left( L_{u} \cdot \frac{1-q^{*} }{1- q^{*} W^{*} } + L_{g} \cdot q^{*} \frac{1-W^{*} }{1- q^{*} W^{*} } \right) \cdot a_{Inf}^{*} \\ \notag
\end{align}

bekommen wir für \(L^{*} \) den Ausdruck

\begin{align} L^{*} &= L_{u} \cdot \frac{1-q^{*} }{1- q^{*} W^{*} } + L_{g} \cdot q^{*} \frac{1-W^{*} }{1- q^{*} W^{*} } \\ \notag
&= L \cdot \frac{1-qW}{1- q^{*} W^{*}} \cdot \\ \notag
& \quad \frac{(1-W) – q^{*} W_{Tod} ( 1-W^{*} )+ q^{*} (W- W^{*} ) } { (1-qW_{Tod}) (1-W)}
\end{align}

Die Gesamtletalität bei geänderter Impfquote und gleicher Wirksamkeit

Für \(W^{*} = W\) vereinfacht sich die \( L^{*} \)-Formel auf

\begin{align} L^{*} = L \cdot \frac{1-qW}{1- q^{*} W} \cdot \frac{1 – q^{*} W_{Tod} } { 1-qW_{Tod}}
\end{align}

womit sich der Zusammenhang zwischen den nach der Modifikation zu erwartenden Todesfallzahlen \( a_{Tod}^{*} \) und den ursprünglichen Infektionszahlen \( a_{Inf} \) für diesen Spezialfall deutlich kürzer fassen lässt:

\begin{align} a_{Tod}^{*} &= L \cdot \frac{1 – q^{*} W_{Tod} } { 1-qW_{Tod}} \cdot a_{Inf}
\end{align}


Quellen

[1] Robert Koch-Institut, COVID-19_Todesfälle nach Sterbedatum https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/COVID-19_Todesfaelle.html

[2] Robert Koch-Institut, COVID-19_Fälle nach Altersgruppe und Meldedatum
RKI – Coronavirus SARS-CoV-2 – COVID-19-Fälle nach Altersgruppe und Meldewoche (Tabelle wird jeden Donnerstag aktualisiert)

[3] Robert Koch-Institut, Coronavirus Situationsberichte, Wochenbericht https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenberichte_Tab.html

[4] Robert Koch-Institut, Coronavirus Inzidenzen und Impfstatus https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Inzidenz_Impfstatus.html

[5] Robert Koch-Institut, Coronavirus Fallzahlen https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Fallzahlen_Kum_Tab.html

[6] Robert Koch-Institut, Coronavirus Impfquotenmonitoring https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquotenmonitoring.html

[7] Robert Koch-Institut, Inzidenzen der symptomatischen und hospitalisierten COVID-19-Fälle nach Impfstatus https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Inzidenz_Impfstatus.html

[8] Wie lange schützt der Impfstoff von Biontech, Moderna und Astrazeneca | Spektrum

[9] Das Coronavirus: Harmlos? Bedrohlich? Tödlich? – sumymus blog

[10] Gibt es eine Korrelation zwischen Impfquote und Inzidenz?

[11] Der Effekt der Corona-Impfung auf die Fallzahlen – sumymus blog

[12] Wer treibt die Infektionen? Ungeimpfte oder Geimpfte? – sumymus blog

Wer treibt die Infektionen? Ungeimpfte oder Geimpfte?

Es scheint klar: Infektionstreiber sind die Ungeimpften

In den letzten Wochen gab es vermehrt Diskussionen darüber, wer denn nun hauptverantwortlich für die hohen Inzidenzen sei, die Ungeimpften oder die Geimpften? Für die Medien und die Politik scheint der Fall ziemlich eindeutig: Es sind die Ungeimpften. Tenor: Die Ungeimpften verweigern die Solidarität und gefährden sich und andere. Untermauert wurde das Ganze durch entsprechende Presseberichte und die Veröffentlichung von separaten Inzidenzzahlen für Geimpfte und Ungeimpfte. Dabei kam fast immer heraus: Die Inzidenzen für Ungeimpfte liegen teilweise um den Faktor 10 und mehr höher als bei den Geimpften.

Schnellzugriff

Scheinbar dramatisch hohe Inzidenzen bei Ungeimpften in Bayern
Bayern ist kein Einzelfall: hohe Inzidenzen bei Ungeimpften auch anderswo
Analyse der exemplarischen bayerischen Zahlen
Die Einsicht kommt spät – und sie kommt nur halbherzig
Grundsätzliches zu den Inzidenzen für Ungeimpfte
Beispiel zur Inzidenzberechnung für Ungeimpfte und Geimpfte
Systematische Verzerrung der Inzidenzen
Ungeimpfte versus Geimpfte: Der Blick wird klarer
Was sagt die Wissenschaft zum Anteil der Ungeimpften am Infektionsgeschehen?
Wie entsteht ein mathematisches Modell?
Kurzanalyse zur zentralen Modellaussage
Was sagen die Felddaten?
Welche Folgerungen kann man daraus ziehen?
Ein plausibles Alternativmodell
Anhang

Scheinbar dramatisch hohe Inzidenzen bei Ungeimpften in Bayern

Betrachten wir exemplarisch die Zahlen in Bayern vom 24.11.2021. Laut dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) wurden für diesen Tag die folgenden Zahlen ausgewiesen.

Infektionszahlen vom 24.11.2021 in Bayern

Tabelle 1: Infektionszahlen vom 24.11.2021 in Bayern. Quelle: Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL).

Inzidenz für Geimpfte 110, für Ungeimpfte aber 1469. – Das ist schon ein eklatanter Unterschied. Und die Differenz war auch an anderen Tagen erheblich. So berichtete die Augsburger Allgemeine am 11.11.2021 unter dem Titel „So viel häufiger stecken sich Ungeimpfte mit Corona an“ unter Berufung auf das LGL von einer noch größeren Divergenz: „Inzidenz der Ungeimpften in Bayern liegt bei 1616 – die der Geimpften bei 103“. Dabei hat man auch nicht vergessen, Impfskeptikern den Segen der Impfung nahezubringen, wo doch die Zahlen so offensichtlich seien. Gleichartig die Süddeutsche Zeitung am 19.11.2021.

Bayern ist kein Einzelfall: hohe Inzidenzen bei Ungeimpften auch anderswo

In anderen Bundesländern ein ähnliches Bild: Hamburg gibt am 24.11.2021 für die Geimpften eine Inzidenz von 223 an, für die Ungeimpften aber 715. Solche Zahlen empören Journalisten im öffentlich rechtlichen Rundfunk, die daraufhin die allgemeine Impfpflicht fordern. Offenbar, weil man ja anders den uneinsichtigen Ungeimpften nicht beikommen kann.

Dann wird das wohl so stimmen, mag der wohlmeinende Bürger dazu sagen. Eine staatliche Behörde wird doch keine Falschmeldungen verbreiten. Und wenn es eine Falschinformation wäre, würden doch nicht nahezu alle Medien solche Zahlen quasi ungeprüft wiederholen. Leider ist genau das eingetreten – zumindest war dies über viele Wochen der Fall. Erst Anfang Dezember ist aufgefallen, dass die Zahlen so nicht stimmen können. Und dies aus mehreren Gründen.

Analyse der exemplarischen bayerischen Zahlen

Kehren wir zurück zum o.g. Beispiel aus Bayern. Bei der Berechnung für den 24. November wurden gut 72 000 Personen als ungeimpft in die Rechnung mit einbezogen. Tatsächlich war aber für mehr als 57 000 davon der Impfstatus unbekannt. Man hat also kurzerhand den Impfstatus dieser Personengruppe auf „ungeimpft“ gesetzt. Natürlich kann dies das Ergebnis massiv verzerren: Die Sieben-Tage-Inzidenz der Geimpften könnte tatsächlich viel höher, die der Ungeimpften deutlich niedriger sein.

Wenn man im Beispiel nur die Personen mit bestätigtem Impfstatus nimmt, dann verbleiben lediglich 15.000 Ungeimpfte. Im Ergebnis reduziert sich die Inzidenz der Ungeimpften von 1469 auf 306 (auch dieser Wert ist noch systematisch überhöht, dazu weiter unten). Diese Zahl liegt jetzt sehr viel näher an dem für die Geimpften angegebenen Wert von 110. Wobei man berücksichtigen muss, dass Geimpfte seltener getestet werden als Ungeimpfte. Und selbstverständlich könnten unter den Personen mit unbekanntem Impfstatus auch viele Geimpfte sein, was die Inzidenz der Geimpften erhöhen würde.

Die Einsicht kommt spät – und sie kommt nur halbherzig

Wie oben schon erwähnt, ist dies leider kein bayerischer Sonderfall. In allen Bundesländern bestehen oder bestanden Ungereimtheiten betreffend der separaten Berechnung von Inzidenzen für Geimpfte und Ungeimpfte. Nachdem das offenbar geworden war, findet man z.T. absurde Ausflüchte. So kontert der bayerische Gesundheitsminister Holetschek die entsprechende Kritik der FDP an der Zurechnung der Personen mit unbekannten Impfstatus zu den Ungeimpften mit dem Satz: „Es handle sich um eine fachliche Frage, über die man aber streiten und diskutieren könne“. Da fehlen einem die Worte.

Das ist in etwa so, als würde sich der Steuerbetrüger damit rechtfertigen, er habe einfach nur eine fachlich andere Ansicht zur Steuerpflicht auf seine Einkünfte gehabt, deswegen handle es sich gar nicht um Steuerhinterziehung.

Ebenso kreativ ist der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg. Er nennt einen technischen Fehler, eine „IT-Panne“, als Grund für die scheinbar irrtümlicherweise Ungeimpften zugerechneten Infektionsfälle (s. Focus). „Scheinbar“, also „barer Schein“ und damit nur „dem Schein nach unabsichtlich“ ist an dieser Stelle vermutlich eine sehr treffende Vokabel.

Grundsätzliches zu den Inzidenzen für Ungeimpfte

Wie wir gesehen haben, wurden die offiziell ausgewiesenen Inzidenzzahlen für Ungeimpfte mehr oder weniger absichtsvoll künstlich in die Höhe getrieben. Damit allerdings nicht genug. Es gibt darüber hinaus noch einen weiteren Kritikpunkt, der selbst bei korrekter Zählung der Infektionszahlen nach Impfstatus ins Gewicht fällt und geeignet ist, die Inzidenzen der Ungeimpften gegenüber den Geimpften massiv zu verzerren. 

Es ist Usus, die Inzidenz für die Ungeimpften und die Geimpften jeweils auf 100.000 Ungeimpfte bzw. Geimpfte zu beziehen. Zunächst klingt das durchaus vernünftig. Tatsächlich ist es aber nicht sachgerecht, die Inzidenzen für Geimpfte und Ungeimpfte auf die jeweiligen Gruppengrößen zu beziehen, denn für das Infektionsgeschehen sind die absoluten Zahlen der Neuinfizierten relevant, nichts sonst. Die Infektionsdynamik wird bestimmt durch die Summe der aktuell Infektiösen und offensichtlich nicht durch die Anzahl die Infizierten in einer wie auch immer abgegrenzten Bevölkerungsgruppe. Dennoch wird diese doch eigentlich recht triviale Erkenntnis weitgehend ignoriert.

Gewollt oder ungewollt wird das teilweise noch weiter verschleiert, indem nicht immer scharf zwischen dem Inzidenzwert bezogen auf 100.000 Ungeimpfte und der Inzidenzangabe bezogen auf 100.000 Einwohner unterschieden wird.

Am Beispiel der nachstehenden Grafik von Statista kommt diese Unschärfe erst beim zweiten Blick zum Ausdruck. Dabei sind die Ausgangsdaten des RKI, auf die sich Statista hier bezieht, diesbezüglich unmissverständlich klar.

Statista Infografik – Inzidenzen Ungeimpft vs. Geimpft

Abbildung 1: Höhere Inzidenzen bei Ungeimpften. Symptomatische COVID-19-Fälle nach Impfstatus. Statista Infografik vom 13.12.2021. Anmerkung: Die in der Grafik vermittelte Information ist so nicht richtig. Zur Korrektur s. Abb. 3.

In der Überschrift zur Statista-Grafik ist angegeben: „Symptomatische COVID-19-Fälle pro 100.000 Einwohner:innen“ (Anmerkung: „Einwohner:innen“ ist der Statista-Code für „Einwohner“). Richtig ist aber „Symptomatische COVID-19-Fälle pro 100.000 Ungeimpften bzw. Geimpften der Altersgruppe“. Das macht einen erheblichen Unterschied, wie wir gleich sehen werden.

Beispiel zur Inzidenzberechnung für Ungeimpfte und Geimpfte

Um die Problematik an einem Beispiel plausibel zu machen, nehmen wir eine Stadt mit 100.000 Einwohnern, etwa Siegen, Hildesheim, Gütersloh, Kaiserlautern oder Cottbus. Aktuell seien im 7-Tage-Intervall 500 Menschen als neuinfiziert gemeldet. Offensichtlich sind genau diese 500 Personen kausal für die Ausbreitungsdynamik in der Stadt relevant. Und natürlich haben wir auch eine Inzidenz von 500. Was wird nun offiziell daraus gemacht?

Die Impfquote in der Stadt betrage 75 %. Nehmen wir ferner an, die eine Hälfte der 500 seien geimpft, die andere Hälfte ungeimpft. Für die Inzidenzen der Geimpften erhalten wird jetzt 250/0,75 = 333, und für die Ungeimpften 250/0,25 = 1000. Die Stadt wird also sagen, die Inzidenzen der Ungeimpften liegen dreimal höher als die der Geimpften. Dabei ist es unabweisbar Fakt, dass es in beiden Gruppen gleichviele Infizierte gibt und sie folglich auch gleich stark zur Infektionsdynamik beitragen.

Nehmen wir für ein weiteres kleines Gedankenspiel an, in Deutschland seien alle geimpft bis auf einen kleinen Rest von 100.000. Sofern nun bei diesen Ungeimpften 1000 Personen positiv getestet werden, haben wir also eine spezifische Ungeimpften-Inzidenz von 1000. Das hört sich bedrohlich an. Tatsächlich bedeutet dies, dass die allgemeine auf die Bevölkerung bezogene Inzidenz lediglich 1,2 beträgt. Und es ist nur die letztere Zahl, die für den allgemeinen Corona-Risikostatus von Bedeutung ist.

Systematische Verzerrung der Inzidenzen

Im Grundsatz wird damit das Kernproblem der verzerrten Inzidenzzahlen offenbar. Tatsächlich haben wir derzeit eine allgemeine Impfquote von 67 % – 70 %. Damit erscheinen die Inzidenzen der Ungeimpften ca. um den Faktor 3 vergrößert. Wenn man die Inzidenzen auf Altersgruppen bezieht – was zum Zwecke der Analyse durchaus sinnvoll ist – dann vergrößert sich die Schieflage u. U. noch weiter, da die altersgruppenspezifischen Impfquoten teilweise höher liegen.

Betrachten wir exemplarisch die Altersgruppe 60+. Die hohe Impfquote von 86 % führt hier zu einer Verfälschung der Ungeimpften-Inzidenzen um den Faktor 7 (= 1/(1-0,86)). Statt 50 wird dann z.B. eine Inzidenz von 350 ausgewiesen. Das ist eine ziemlich eindeutige Aussage zuungunsten der Ungeimpften, sozusagen eine Zusatzlast auf ihr Sündenkonto. Der Beitrag der Ungeimpften an der Infektionsdynamik wird so optisch massiv überhöht. Rational ist das nicht. Der Anteil der Ungeimpften liegt in diesem Falle bei einer Inzidenz von 50, und nichts sonst. Angesichts der Stimmungslage ist die Angabe der überhöhten Inzidenz keine objektive und wertfreie Information. M. E. muss man hier die Intention der Meinungsmanipulation unterstellen. Zumindest ist es eine Form von Zahlenmanipulation oder „kreativer Statistik“.

Die korrigierten Zahlen zum obigen Beispiel aus Bayern

Kehren wird zurück zum obigen Beispiel aus Bayern. Nach Abzug der Getesteten mit unbekanntem Impfstatus hatten wir die erwiesene spezifische Inzidenz der Ungeimpften schon auf 306 korrigiert. Wenn man sich nun noch auf 100.000 Personen der Bevölkerung bezieht, dann erhält man auf Basis der bayerischen Impfquote von Ende November (66,5 %) eine weiter reduzierte tatsächliche Ungeimpften-Inzidenz von 306*0,335 = 102,51. Das ist nicht wesentlich mehr als die gleichfalls korrigierte Inzidenz unter den Geimpften, die sich zu 110*0,665 = 73 bestimmt. Aus dem ursprünglich von der Behörde angegebenen Inzidenz-Zahlenverhältnis Ungeimpft : Geimpft von 1468:110 wird nun also 103:72.

Bayerische Inzidenzahlen für Ungeimpfte und Geimpfte vom 24.11.2021

Abbildung 2: Bayerische Inzidenzahlen für Ungeimpfte und Geimpfte vom 24.11.2021, vor (Rubrik links) und nach (mittige Rubrik) der Aufdeckung der Falschzuweisung von Personen mit unbekanntem Impfstatus zu den Ungeimpften. Die Rubrik ganz rechts zeigt die im Hinblick auf die Infektionsdynamik relevanten Inzidenzwerte bezogen auf 100.000 Einwohner. In den Ellipsen ist jeweils das resultierende Verhältnis der Inzidenzen von Ungeimpften und Geimpften eingetragen.

Es soll noch einmal ausdrücklich hervorgehoben werden: Die Wahrheit zum Infektionsgeschehen steckt ausschließlich in der rechten Rubrik des Diagramms von Abb. 2.

Ungeimpfte versus Geimpfte: Der Blick wird klarer

Die in vielen Medien veröffentlichten und von einigen Bundesländern erhobenen Inzidenzen zu Geimpften und Ungeimpften sind, wie man an diesem Beispiel und der obigen Diskussion sieht, offensichtlich nicht vertrauenswürdig. Eher verlässlich sind die vom RKI publizierten Zahlenwerte zu den symptomatischen Inzidenzen. Symptomatisch infiziert heißt, die Betroffenen weisen Symptome auf und sind positiv getestet. Bei diesem Personenkreis wird der Impfstatus erfasst. Jedenfalls trifft das für etwa 84 % der Fälle zu. Es gibt also immer noch eine Unsicherheit, aber sie erscheint tolerabel. Die symptomatischen Inzidenzen sind somit ein vernünftiger Ausgangspunkt für die Beurteilung der Infektionsdynamik im Hinblick auf Geimpfte und Ungeimpfte.

Oben hatten wir auf die nach Altersgruppen aufgesplitteten symptomatischen Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte in Kalenderwoche 47 (s. Abb. 1) abgehoben. Es war schon angemerkt worden, dass hier die spezifischen Inzidenzen dargestellt sind (also die Entsprechung zur mittleren Rubrik in Abb. 2). Das werden wir aber gleich korrigieren (s. Abb. 3).

Korrigierte Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte zur Statista Infografik

Abbildung 3: Korrigierte Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte hinsichtlich symptomatischer COVID-19-Fälle in KW 47 mit ausgewertetem Impfstatus. Korrektur zur eingebetteten Statista Infografik vom 13.12.2021 (s. Abb. 1). Man beachte die eklatanten Unterschiede bezüglich der Verhältnisse der Inzidenzen in den beiden Grafiken (s. Pfeile bei den Altersgruppen 18-59 und 60+).

Wie man Abb. 3 entnimmt, liegen die auf 100.000 Einwohner bezogenen Zahlenwerte deutlich niedriger als die auf die jeweiligen Gruppen bezogenen Inzidenzen (s. Abb. 1). Es zeigt sich eine gänzlich andere Botschaft als die von der Originalgrafik suggerierte. Besonders auffallend ist, dass nun die Inzidenzen der Geimpften höher liegen als die der Ungeimpften. Lediglich in der Altersgruppe 12-17 ist das nicht so, sie ist indes mit ca. 4,5 Mio. Individuen eine relativ kleine Gruppe und schlägt daher in der Gesamtschau (Rubrik rechts: alle) nicht durch. Insgesamt können wir daher festhalten, dass im Hinblick auf die symptomatischen Inzidenzen Ungeimpfte und Geimpfte die Infektionsdynamik in etwa gleicher Stärke bestimmen.

Was sagt die Wissenschaft zum Anteil der Ungeimpften am Infektionsgeschehen?

In einer relativ neuen Studie der Humboldt-Universität Berlin wird deutlich der hohe Anteil der Ungeimpften an der Infektionsdynamik hervorgehoben. Darüber wird z.B. so berichtet:

„Eine neue Studie zeigt, wie Geimpfte auf das Infektionsgeschehen einwirken: Nicht besonders stark“ (SZ).

Ungeimpfte am Großteil der Corona-Neuinfektionen beteiligt“ (SWR).

Oder: „Ungeimpfte an bis zu 90 Prozent aller Infektionen beteiligt“ (ntv).

Die letzte Aussage noch kürzer und prägnanter formuliert „Ungeimpfte (sind) an 8 bis 9 von 10 Neuinfektionen beteiligt“. – Das ist schon eine ziemlich klare Ansage zur Verantwortlichkeit am Infektionsgeschehen. Die Infektionstreiber sind also offenbar die Ungeimpften.

Doch ist das wirklich so eindeutig? Kann man das der Studie tatsächlich entnehmen? Oder werden hier Modellrechnungen überinterpretiert?

Wie entsteht ein mathematisches Modell?

Das grundsätzliche Vorgehen hinsichtlich des Modellaufbaus ist üblicherweise etwa folgendermaßen: Auf der Basis von Annahmen über die Infektionswege, Annahmen über die Kontakthäufigkeit von Ungeimpften und Geimpften, Annahmen über die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung unter Ungeimpften, unter Geimpften und zwischen den beiden Gruppen wird ein mathematisches Modell formuliert, das diese angenommenen Verhältnisse anhand von formelmäßigen Beziehungen adäquat widerspiegelt.

Mittels des Modells wird dann untersucht, ob die beobachteten Inzidenzen und ihre dynamische Entwicklung auf diese Weise nachgebildet werden können. Anschließend werden die Modellannahmen und ggf. die Zusammenhänge so lange verändert, bis sich eine gute Übereinstimmung zwischen den tatsächlichen Infektionszahlen und den vom Modell errechneten Zahlen ergibt.

Sofern dieses Ziel erreicht ist, darf man es in erster Näherung für plausibel halten, dass das aufgestellte mathematische Modell die realen Zusammenhänge angemessen abbildet. Ob es sich indes tatsächlich so verhält ist damit nicht bewiesen. Es ist i. A. sogar absolut unsicher, inwiefern ggf. andere Annahmen oder modifizierte Modellparameter zum selben Ergebnis führen könnten.

Modellrechnung versus Feldbeobachtung

Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Aussage der Studie, an 9 von 10 Corona-Ansteckungen seien Ungeimpfte beteiligt, nicht das Ergebnis einer Feldbeobachtung ist. Es handelt sich vielmehr um das Resultat aus einer Modellierung. Ob die Modellaussage richtig oder falsch ist, hängt davon ab, inwiefern die Modellannahmen zutreffend sind.

Insofern im Modell die Annahme getroffen wird, Ungeimpfte seien erheblich ansteckender als Geimpfte, wird das Modell natürlich auch das Ergebnis ausweisen, dass Ungeimpfte deutlich häufiger als Geimpfte Verursacher von Infektionen sind. Im Allgemeinen wird durch die Wahl der Eingangsparameter das Modellverhalten und damit auch das Untersuchungsergebnis wesentlich vorherbestimmt – wäre es anders, brauchte man das Modell nicht.

Modelle haben beschreibenden Charakter, sie können (möglicherweise) mathematisch abbilden, was man beobachtet und können unter Umständen z. B. zur Vorhersage künftiger Entwicklungen eingesetzt werden. Prinzipbedingt kann ein Modell aber keinen Beweis liefern.

Es ist also keineswegs evident, dass „an 9 von 10 Corona-Ansteckungen Ungeimpfte beteiligt sind“, vielleicht ist es lediglich eine mögliche Erklärung für die beobachtete Entwicklung der Infektionszahlen – sofern sonst alles richtig gemacht wurde und – das ist ganz wichtig – die Annahmen in der Realität zutreffen.

Kurzanalyse zur zentralen Modellaussage

Was heißt eigentlich, Ungeimpfte seien „an 9 von 10 Corona-Ansteckungen beteiligt“? Das ist eine etwas spitzfindige Formulierung, denn es wird ja nicht gesagt, dass 9 mal mehr Ungeimpfte als Geimpfte infiziert seien. Es wird damit auch nicht behauptet, Geimpfte seien nur an einer von 10 Ansteckungen beteiligt, obwohl man sicher sein kann, dass nicht wenige genau diesen Schluss daraus ziehen werden.

Wie dem auch sei, die Aussage könnte man etwa folgendermaßen ausdeuten:

(1) Ein Ungeimpfter infiziert 9 Geimpfte, und einer der Geimpften infiziert einen weiteren Geimpften. Dann waren also die Ungeimpften an 9 von 10 Ansteckungen beteiligt. – Das ist die ausgesprochene Botschaft, wie sie sich in den Köpfen festsetzt. Nebenbei bemerkt, aber das geht unter: In diesem Falle sind die Geimpften bei 10 von 10 Übertragungen direkt involviert.

Es könnte aber auch so sein:

(2) Ein Ungeimpfter infiziert 5 andere Ungeimpfte und 4 Geimpfte. Einer der Geimpften infiziert einen weiteren Geimpften. Es gibt 10 Ansteckungen, an 9 davon 10 waren Ungeimpfte beteiligt. Zum Vergleich: Geimpfte waren nur in 5 Ansteckungen involviert.

Oder so:

(3) 5 Geimpfte infizieren 5 Ungeimpfte und einen Geimpften. Vier Ungeimpfte infizieren 4 andere Ungeimpfte. Wieder sind Ungeimpfte an 9 von 10 Ansteckungen beteilig, Geimpfte an 6 von 10.

Vielleicht auch so:

(4) 10 Geimpfte infizieren 9 Ungeimpfte und einen weiteren Geimpften. An 9 von 10 Ansteckungen waren wieder Ungeimpfte beteiligt, Geimpfte aber an 10.

Oder gar so:

(5) Ein Geimpfter infiziert einen anderen Geimpften und 9 Ungeimpfte. Dann waren also die Ungeimpften ebenso an 9 von 10 Ansteckungen beteiligt, Geimpfte waren immer dabei. – Diese Lesart drängt sich nicht auf, sie steht aber nicht im Widerspruch zur zentralen Aussage.

Was sagen die Felddaten?

Unabhängig von der vorstehenden – zugegebenermaßen sophistischen – Relativierung der Studienaussage, darf man ernsthafte Zweifel an eben diesem zentralen Resultat, Ungeimpfte seien „an 9 von 10 Corona-Ansteckungen beteiligt“, anmelden. Ein Befund, der insbesondere in dieser zugespitzten Form geeignet ist, die einseitige Schuldzuweisung an Ungeimpfte weiter zu verfestigen. So als sei diese Gruppe sozusagen alleinverantwortlich für die teilweise hohen Inzidenzen. Und dies ohne wirklich belastbare Belege.

Nach Meinung des Autors legen die Fakten eine andere Sicht nahe.

Laut Daten des RKI wurden z.B. für die Kalenderwoche 45 insgesamt 84.000 Fälle mit symptomatischer Erkrankung an Covid-19 gemeldet, davon 41.500 Ungeimpfte und 42.500 Geimpfte. Diverse Feldstudien belegen, dass sich bei etwa einem Drittel der Infizierten eine Symptomatik ausbildet. Demnach kann die Anzahl der infizierten Ungeimpften in KW 45 auf ca. 125.000 taxiert werden. Wenn man nun davon ausgeht, dass Geimpfte einen mindestens 50-prozentigen Schutz vor einer symptomatischen Erkrankung aufweisen, dann müssen ursprünglich sogar 255.000 (= 42.500*3*2) Geimpfte als Infizierte gezählt werden. Mithin entfallen auf einen infizierten Ungeimpften zwei infizierte Geimpfte.

Das ist ein ganz anders Bild als das aus dem Modell abgeleitete. Abbildung 4 zeigt den aus den genannten RKI-Daten resultierenden Inzidenzverlauf für Geimpfte und Ungeimpfte über mehrere Wochen hinweg. Man erkennt, dass die Inzidenzen für Geimpfte und Ungeimpfte bis zu KW 40 nicht wesentlich voneinander abweichen. Danach steigen die Inzidenzen der Geimpften stärker an und liegen aktuell knapp doppelt so hoch wie die der Ungeimpften.

Korrigierte Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte errechnet auf Basis der symptomatischen COVID-19-Fälle nach Daten des RKI

Abbildung 4: Korrigierte Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte errechnet auf Basis der  symptomatischen COVID-19-Fälle nach Daten des RKI von KW 28 bis KW 47. Die angegebenen Inzidenzwerte sind ggf. höher als die jeweils veröffentlichten Infektionszahlen. Das rührt daher, dass die vorliegenden Inzidenzen hochgerechnet sind und daher auch Anteile der Dunkelziffer an Infektionen enthalten können.

Welche Folgerungen kann man daraus ziehen?

Die aus den Daten des RKI bestimmte Relation zwischen der Anzahl der infizierten Ungeimpften und Geimpften entspricht bei der gegenwärtigen Impfquote in etwa dem Zahlenverhältnis zwischen Ungeimpften und Geimpften in der Bevölkerung (etwa 1:2).

Wenn also die absolute Zahl der infektiösen Geimpften doppelt so groß ist wie die Zahl der infektiösen Ungeimpften, dann darf man davon ausgehen, dass in der Realität, also abseits der oben exemplifizierten Kasuistik, Geimpfte im Vergleich zu den Ungeimpften auch einen entsprechend hohen Anteil am Infektionsgeschehen haben. Das ist jedenfalls plausibel. Es ist kaum vorstellbar, dass die Kausalität für diese hohe Infektionszahl bei den Geimpften zu fast 90 % auf Ungeimpfte zurückzuführen sein sollte. Sofern dies zuträfe, müsste sich dies auch in extrem hohen Inzidenzen der Ungeimpften zeigen.

Auch im internationalen Vergleich gibt es nach derzeitigem Stand keine greifbare Wechselbeziehung zwischen Inzidenzahlen und Impfquoten (s. [20]). Würde es eine Korrelation geben, dann müssten Länder mit hoher Impfquote, also zahlenmäßig wenigen Ungeimpften, i.A. niedrige Inzidenzen aufweisen. Das ist nicht der Fall.

Ein plausibles Alternativmodell

Eigene Modellüberlegungen (s. Anhang) basierend auf einem differenzierten Ansatz nach Altersgruppen und Impfstatus deuten auf eine in etwa ausgeglichene Kausalität der Ansteckungen zwischen Geimpften und Ungeimpften hin. Jedenfalls dann, wenn man von der Annahme ausgeht, infizierte Geimpfte seien um 50 % weniger ansteckend als Ungeimpfte und ihrerseits im Vergleich zu Ungeimpften um 50 % vor einer Ansteckung geschützt. Die Ergebnisse dazu finden sich in Abb. 5.

Aus Modellanalysen abgeleitete relative Häufigkeiten der Übertragungswege Ungeimpft-Ungeimpft (U-U), Ungeimpft-Geimpft (U-G), Geimpft-Ungeimpft (G-U) und Geimpft-Geimpft (G-G)

Abbildung 5: Aus Modellanalysen abgeleitete relative Häufigkeiten der Übertragungswege Ungeimpft-Ungeimpft (U-U), Ungeimpft-Geimpft (U-G), Geimpft-Ungeimpft (G-U) und Geimpft-Geimpft (G-G). Diese Verhältnisse stellen sich weitgehend unabhängig von der initialen Inzidenzverteilung ein. Annahmen: (1) infizierte Geimpfte sind um 50 % weniger ansteckend als Ungeimpfte; (2) Geimpfte sind gegenüber Ungeimpften um 50 % vor einer Ansteckung geschützt. (3) Betrachtungsdauer min. 3 Monate.

Natürlich ist auch das kein Beweis. Indes leuchtet das Resultat unmittelbar ein: Es gibt unter den Geimpften zwar doppelt so viele Infizierte (aufgrund der zweifachen Anzahl an Geimpften), da sie aber nur halb so infektiös sind, gleicht sich das in der Infektionsdynamik wieder aus. Analoges gilt auch für den umgekehrten Infektionsweg: halb so viele infektiöse Ungeimpfte, allerdings mit der doppelt so hohen Ansteckungsgefahr.

Das ist eine Momentaufnahme basierend auf der gegenwärtigen Impfquote. Mit steigender Impfquote wachsen erwartbar die Anteile der Geimpften und sinkt der Einfluss der Ungeimpften. Auf die absoluten Inzidenzzahlen hat das voraussichtlich keine durchschlagende Auswirkung (s. [20]).

Weitere Plausibilisierung

In Großbritannien hat man in einer großangelegten Studie über einige Monate hinweg PCR-Tests gleichermaßen für Ungeimpfte und Geimpfte durchgeführt. Dabei hat sich Folgendes ergeben: Die dort ebenfalls etwa doppelt so große Gruppe der Geimpften wies im Vergleich zur Gruppe der Ungeimpften eine doppelt so hohe Infektionszahl auf. D. h., die spezifischen Inzidenzen in den beiden Gruppen waren also gleich.

Dieses Ergebnis deckt sich mit der oben aus den vorliegenden Felddaten der symptomatischen Inzidenzen abgeleiteten Aussage für Deutschland. Es liegt daher nahe, dass die Ungeimpften und die Geimpften gleichermaßen und in etwa gemäß ihrem Anteil in der Bevölkerung die Infektionsdynamik bestimmen. Der wesentliche Unterschied besteht allerdings darin, dass die Ungeimpften, und darunter insbesondere die Älteren, die Intensivstationen überproportional belasten. Das aber ist ein ganz anderes Thema.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Aussage zur in derselben Weise bestehenden Verantwortlichkeit sowohl der Ungeimpften wie auch der Geimpften nicht das bloße Ergebnis aus einer Modelluntersuchung ist, sondern vielmehr durch Feldbeobachtungen (Daten des RKI zu symptomatisch Infizierten, s. [18], Studie des UK Health Service, s. [19]) untermauert wird.


Anhang

Kurzbeschreibung des mathematischen Modells

\(N\) = Größe der Population.

\(N^{(j)}\) = Anzahl der Individuen in der Altersgruppe \(j\).

\begin{equation} \sum_{j=1}^{m}{ N^{(j)} } = N\end{equation}

\(u_{n}^{(j)}\) = Anzahl infektiöser Ungeimpfter in der Altersgruppe \(j\) und in der Periode \(n\).

\(g_{n}^{(j)}\) = Anzahl infektiöser Geimpfter in der Altersgruppe \(j\) und in der Periode \(n\).

\(U_{init}^{(j)}\) = Anzahl infizierter Ungeimpfter in der Altersgruppe \(j\) zu Begin des Betrachtungszeitraums.

\(G_{init}^{(j)}\) = Anzahl infizierter Geimpfter in der Altersgruppe \(j\) zu Begin des Betrachtungszeitraums.

\(U_{n}^{(j)}\) = Summe der infizierten Ungeimpften in der Altersgruppe \(j\) am Ende der Periode \(n\) .

\(G_{n}^{(j)}\) = Summe der infizierten Geimpften in der Altersgruppe \(j\) am Ende der Periode \(n\) .

\begin{equation} U_{n}^{(j)} = U_{init}^{(j)} + \sum_{k=0}^{n} { u_{k}^{(j)}} \end{equation}

\begin{equation} G_{n}^{(j)} = G_{init}^{(j)} + \sum_{k=0}^{n} { g_{k}^{(j)}} \end{equation}

\(q_{n}^{(j)}\) = Impfquote in der Altersgruppe \(j\) am Ende der Periode \(n\) .

Infizierte nach Impfstatus:

\begin{equation} a _{n} = \begin{pmatrix}
u_{n}^{(1)} \\ g_{n}^{(1)} \\ u_{n}^{(2)} \\ g_{n}^{(2)} \\ \vdots \\ u_{n}^{(m)} \\ g_{n}^{(m)}
\end{pmatrix} \end{equation}

Entwicklungsgesetz:

\begin{equation} a _{n+1} = F_{n} \cdot R \cdot a_{n} \end{equation}

Hierin ist \(F_{n}\) die Transformationsmatrix zur Berücksichtung der Anzahl der bereits Infizierten:

\begin{equation} F_{n} = \begin{pmatrix}
f_{n}^{(1,1)} & 0 & \cdots & 0 \\
0 & f_{n}^{(2,2)} & \cdots & 0 \\
\vdots & \vdots & \cdots & \vdots \\
0 & 0 & \cdots & f_{n}^{(2m,2m)}
\end{pmatrix} \end{equation}

Dabei gilt für \( 1 \le j \le 2m \):

\begin{equation} f_{n}^{(j,j)} = \begin{cases}
1 -q_{n}^{(j)} – \frac{ U_{n}^{(j) }} { N^{(j) }}, & j \equiv 1 \mod 2 \\
q_{n}^{(j)} – \frac{ G_{n}^{(j) }} { N^{(j) }}, & j \equiv 0 \mod 2 \\
\end{cases} \end{equation}

Ferner wird die nach Geimpften und Ungeimpften differenzierende \(2m\times 2m \) Reproduktionsmatrix \(R\) eingesetzt, wobei:

\begin{equation} R = \begin{pmatrix}
r^{(1,1)} & r^{(1,2)} & \cdots & r^{(1,2m)} \\
r^{(2,1)} & r^{(2,2)} & \cdots & r^{(2,2m)} \\
\vdots & \vdots & \cdots & \vdots \\
r^{(2m,1)} & r^{(2m,2)} & \cdots & r^{(2m,2m)}
\end{pmatrix} \end{equation}

Die Matrixelemente sind für \(1 \le i,j \le m\) folgendermaßen definiert:

\begin{equation} \begin{pmatrix}
r^{(2i-1,2j-1)} & r^{(2i-1,2j)} \\
r^{(2i,2j-1)} & r^{(2i,2j)}
\end{pmatrix} = \begin{pmatrix}
R_{uu}^{(i,j)} & R_{ug}^{(i,j)} \\
R_{gu}^{(i,j)} & R_{gg}^{(i,j)}
\end{pmatrix} \end{equation}

Hierin steht \( R_{uu}^{(i,j)} \) für den Reproduktionsfaktor von infektiösen Ungeimpften der Altersgruppe \(j\) auf Ungeimpfte der Altersgruppe \(i\). Analog steht \( R_{ug}^{(i,j)} \) für den Reproduktionsfaktor von infektiösen Geimpften der Altersgruppe \(j\) auf Ungeimpfte der Altersgruppe \(i\), \( R_{gu}^{(i,j)} \) für den Reproduktionsfaktor von infektiösen Ungeimpften der Altersgruppe \(j\) auf Geimpfte der Altersgruppe \(i\) sowie \( R_{gg}^{(i,j)} \) für den Reproduktionsfaktor von infektiösen Geimpften der Altersgruppe \(j\) auf Geimpfte der Altersgruppe \(i\).

Die Anzahl der Infektionen \(s_{n}^{(y,x)}\) in der Periode \(n\) nach Kausalität \(x \in \left\{ u,g\right\} \) und Ziel \(y \in \left\{ u,g\right\} \) wird wie folgt bestimmt:

\begin{equation} s_{n}^{(y,x)} = \left \lVert {F_{n} \cdot T^{(y)} \cdot R \cdot T^{(x)} \cdot a_{n}} \right \rVert_{1} \end{equation}

Dabei sind die \(2m\times 2m \) Matrizen \( T^{(x)} \), \(x \in \left\{ u,g\right\} \), definiert gemäß

\begin{equation} T^{(u)} = \begin{pmatrix}
1 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 1 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
\vdots &\vdots &\vdots &\vdots & \cdots &\vdots &\vdots \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 1 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0
\end{pmatrix} \end{equation}

\begin{equation} T^{(g)} = \begin{pmatrix}
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 1 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 1 & \cdots & 0 & 0 \\
\vdots &\vdots &\vdots &\vdots & \cdots &\vdots &\vdots \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 1
\end{pmatrix} \end{equation}

Aufgelöst erhalten wir:

\begin{equation} s_{n}^{(u,u)} =\sum_{i=1}^{m} \left(\left( 1 – q_{n}^{(i)} – \frac{ U_{n}^{(i) }} { N^{(i)}} \right) \sum_{j=1}^{m} R_{uu}^{(i,j)} u_{n}^{(j)} \right) \end{equation}

\begin{equation} s_{n}^{(g,u)} =\sum_{i=1}^{m} \left(\left( q_{n}^{(i)} – \frac{ G_{n}^{(i) }} { N^{(i)}} \right) \sum_{j=1}^{m} R_{gu}^{(i,j)} u_{n}^{(j)} \right) \end{equation}

\begin{equation} s_{n}^{(u,g)} =\sum_{i=1}^{m} \left(\left( 1 – q_{n}^{(i)} – \frac{ U_{n}^{(i) }} { N^{(i)}} \right) \sum_{j=1}^{m} R_{ug}^{(i,j)} g_{n}^{(j)} \right) \end{equation}

\begin{equation} s_{n}^{(g,g)} =\sum_{i=1}^{m} \left(\left( q_{n}^{(i)} – \frac{ G_{n}^{(i) }} { N^{(i)}} \right) \sum_{j=1}^{m} R_{gg}^{(i,j)} g_{n}^{(j)} \right) \end{equation}

Über den Betrachtungszeitraum von \(n\) Perioden ergeben sich daher mit \(x,y \in \left\{ u,g\right\} \) die folgenden 4 Summen zur Gesamtanzahl der Infektionen in Bezug auf die entsprechenden Übertragungswege:

\begin{equation} S_{n}^{(y,x)} =\sum_{k=1}^{n} s_{n}^{(y,x)} \end{equation}

Für die obige Rechnung wurden drei Altersgruppen angesetzt (also \(m=3\,\)): 12-17, 18-59 und 60+ und ferner die folgenden Annahmen getroffen:

Infektionswahrscheinlichkeiten:

\begin{equation} \begin{pmatrix}
U \leftarrow U & U \leftarrow G \\
G \leftarrow U & G \leftarrow G
\end{pmatrix} = \begin{pmatrix}
0.2 & 0.1 \\
0.1 & 0.05
\end{pmatrix} \end{equation}

Impfquoten (näherungsweise konstant über den Betrachtungszeitraum):

\begin{equation} \begin{pmatrix}
q_{n}^{(12-17)} \\
q_{n}^{(18-59)} \\
q_{n}^{(60+)}
\end{pmatrix} = \begin{pmatrix}
0.46 \\
0.75 \\
0.86
\end{pmatrix} \end{equation}


Quellen

[1] Ungeimpfte: Inzidenz ist deutlich höher als bei Geimpften in Bayern (augsburger-allgemeine.de)

[2] https://www.sueddeutsche.de/bayern/corona-bayern-archiv-1.5462482

[3] https://www.rtl.de/cms/noch-mehr-druck-auf-ungeimpfte-hamburg-weitet-2g-regel-weiter-aus-4871018.html

[4] https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/archiv.htm

[5] Coronavirus: Erläuterung des LGL zur Berechnung der 7-Tages-Inzidenz Geimpfte und Ungeimpfte (bayern.de)

[6] https://www.merkur.de/bayern/fdp-fordert-wegen-verzerrter-corona-zahlen-konsequenzen-zr-91160947.html

[7] Schlagabtausch wegen Corona-Zahlen: Auch Grüne gegen FDP (merkur.de)

[8] https://www.merkur.de/bayern/fdp-fordert-wegen-verzerrter-corona-zahlen-konsequenzen-zr-91160947.html

[9] https://www.br.de/nachrichten/bayern/wirbel-um-inzidenz-bei-ungeimpften-was-sie-wissen-muessen,Sqob2QX

[10] Corona: Kritik an Bayern und Hamburg wegen Inzidenzberechnung (faz.net)

[11] Datenfehler: Inzidenz für Ungeimpfte in Hamburg massiv zu hoch ausgegeben | STERN.de

[12] Inzidenz in Hamburg: Impfstatus der Infizierten oft unklar | NDR.de – Nachrichten – Hamburg – Coronavirus

[13] https://focus.de/politik/deutschland/zu-hohe-inzidenzen-bei-ungeimpften-falsche-impfstatistik-in-hamburg-vermutlich-durch-technischen-fehler-ausgeloest_id_27709540.html

[14] https://de.statista.com/infografik/26384/inzidenz-nach-impfstatus-und-altersgruppe/

[15] https://www.swr.de/wissen/neue-studie-ungeimpfte-sind-am-grossteil-der-neuinfektionen-beteiligt-100.html

[16] https://www.n-tv.de/wissen/Studie-Ungeimpfte-an-bis-zu-90-Prozent-aller-Infektionen-beteiligt-article22969390.html

[17] https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/corona-pandemie-impfung-ungeimpfte-inzidenz-r-zahl-neuinfektionen-1.5476301?reduced=true

[18] Inzidenzen der symptomatischen und hospitalisierten COVID-19-Fälle nach Impfstatus

[19] UK Health Security Agency: COVID-19 vaccine surveillance report week 42

[20] Gibt es eine Korrelation zwischen Impfquote und Inzidenz?

[21] Der Effekt der Corona-Impfung auf die Fallzahlen – sumymus blog

Gibt es eine Korrelation zwischen Impfquote und Inzidenz?

Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz

(Am Ende des Textes finden sich Updates mit Datenstand 01.12.2021, 15.12.2021 und 01.01.2022)

In der Grafik (s. Abb. 1) sind die Impfquoten verschiedener Länder gegen die jeweiligen 7-Tage Inzidenzen aufgetragen. Auf den ersten Blick erkennt man keinen Zusammenhang. Es gibt Länder mit hoher Impfquote und niedriger Inzidenz (z.B. Portugal), sowie solche mit niedriger Impfquote und hoher Inzidenz (z.B. Österreich), so wie man das erwartet. Das Gegenteil sieht man aber auch: Länder mit niedriger Impfquote und niedriger Inzidenz (z.B. Schweden) und solche mit relativ hoher Impfquote und gleichzeitig aber auch höherer Inzidenz (z.B. Island).

Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern (x-y-Diagramm) – Datenstand 16.11.2021

Abbildung 1: Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern (x-y-Diagramm) – Datenstand 16.11.2021

Ist da überhaupt eine statistische Korrelation?

Idealerweise würde man eine Korrelation von -1 oder nahe daran erwarten, also einen eindeutig negativen Zusammenhang zwischen Impfquote und Inzidenz. Tatsächlich liegt die statistische Korrelation bei einem Koeffizienten von -0,15. Die Korrelation ist also nicht Null, sie ist aber so gering, wie etwa die mögliche Wechselbeziehung zwischen dem Verkauf von Waschpulver in München und den Tageshöchsttemperaturen in Wanne-Eickel. Mit anderen Worten: Es gibt keine Korrelation. Jedenfalls bestand sie nicht zum Zeitpunkt der Datenerhebung.

Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern (Säulendiagramm) – Datenstand 16.11.2021

Abbildung 2: Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern (Säulendiagramm) – Datenstand 16.11.2021

Welche Folgerungen kann man daraus ableiten?

Natürlich darf man daraus nicht schließen, dass Impfen nichts bringt. Eine direkte Auswirkung auf die Inzidenzen hat die Impfquote aber offensichtlich nicht. Das ist indes nicht verwunderlich! Zwar schützt die Impfung gut vor schweren Verläufen, sie kann aber Infektionen unter Geimpften und zwischen Geimpften und Ungeimpften nicht unterbinden. Hier liegt der Schutz etwa zwischen 70 % und 90 %, das ist sogar weniger, als Masken und Abstand in vielen Situationen gewährleisten können. Die Impfung kann also Masken und Abstand nicht ohne Weiteres ersetzen.

Bei dieser Ausgangslage ist damit klar: Es gibt keine Pandemie der Ungeimpften. Die Pandemie betrifft alle. Das liegt schon in der Bedeutung des Wortes. Die Ungeimpften kann man schlechterdings nicht für den begrenzten Infektionsschutz der Impfung verantwortlich machen – und erst Recht nicht für die über die Zeit nachlassende Impfwirkung.

Schutzwirkung der Impfung

Wie man mittlerweile aus Studien weiß, verringert sich die Schutzwirkung bereits im Verlaufe von einigen Monaten nach der Impfung. In Abhängigkeit vom Impfstoff und dem Alter des Impflings ist der Schutz in vielen Fällen bereits nach 4 – 7 Monaten stark reduziert und mitunter kaum noch vorhanden. Das ist sicher mit ein Grund für die hohe Inzidenz bezüglich der schweren Verläufe und auch für die Todesfälle unter den Geimpften in der Altersgruppe 60+. Rechnerisch ist die Impfquote hier mit 85,6 % sehr hoch, aber die Zweitimpfung liegt vielfach schon mehr als 6 Monate zurück. Insbesondere für die vulnerablen Gruppen gibt es deswegen derzeit keine realistische Alternative zur Auffrischungsimpfung. Genau dies rechtzeitig zu planen und umzusetzen hat die Politik – leider zum wiederholten Male – verabsäumt.

Trotz dieser Fakten wirft man seitens der Politik den Ungeimpften gerne Verantwortungslosigkeit und unsolidarisches Verhalten vor. Man redet mittlerweile gar unverblümt von einer möglichen Impfpflicht.

Sind die Ungeimpften verantwortungslos und unsolidarisch?

Doch trifft dies wirklich zu? Sind die Ungeimpften Schuld daran, wenn die Belegung der Intensivstationen an die Kapazitätsgrenze gerät? Wenn das Pflegepersonal auf den Intensivstationen überlastet wird? Wenn heute weniger Intensivstationen betrieben werden können als noch vor einem Jahr, weil das Pflegepersonal fehlt?

Geimpfte Patienten machen – u.a. aus den o.g. Gründen – zwar bereits 45 %, der Neueinweisungen in der Altersgruppe 60+ aus. Richtig ist aber, dass die Ungeimpften unter den Hospitalisierten einen überproportional hohen Anteil stellen. Deswegen tragen die Ungeimpften zweifellos einen Teil der Verantwortung. In einer ersten unreflektierten Reaktion mag man Ihnen gar die Schuld an der Situation im Krankenhaus zuweisen. Doch ist dies allzu einseitig und greift zu kurz, denn die Ursachen für die relativ hohe Belegung der Intensivstationen und die Belastung des Pflegepersonals liegen tiefer. Die Gründe sind schon seit längerem bekannt. Die Entscheider haben aber nicht gehandelt.

Pandemie der Unfähigen

Im Verlauf der letzten Monate wurde die Bettenkapazität auf Intensivstationen um mindestens 4000 reduziert. Die Begründung dafür lässt aufhorchen: Es fehlen nicht etwa die technischen Geräte, sondern das Pflegepersonal. Und weil das Pflegepersonal knapp ist, müssen die (noch) Einsetzbaren über ihre Belastungsgrenze hinausgehen. Wer trägt dafür die Verantwortung?

Weder die Geimpften noch die Ungeimpften kann man dafür verantwortlich machen. Unabhängig von der pandemischen Lage muss man daher festhalten, dass zuvorderst andere in die Pflicht zu nehmen sind, die es an Solidarität und Verantwortung haben missen lassen. In erster Linie sind da zu nennen:

  • Politiker, die nicht rechtzeitig vorgesorgt haben, sei es durch Planung der Auffrischungsimpfung oder durch Vorgaben an die Gesundheitsinfrastruktur.
  • Krankenhausträger und Krankenhausbetreiber, die die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal so gestaltet haben, dass jenes die Flucht ergreift.
  • Und nochmals die Politik, die es versäumt hat, praxisgerechte Vorgaben für die Behebung des Pflegenotstands zu  machen.

Die verantwortlichen Politiker haben fahrlässig unzumutbare Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal geschaffen bzw. hingenommen. Das nenne ich wirklich verantwortungslos. Es wird aber offensichtlich klaglos akzeptiert. Die wirtschaftlichen Zwänge erfordern dies, wird dazu gerne gesagt.

Sarkastisch könnte man hinzufügen: Jetzt muss man nur noch die Intensivbettenkapazität um weitere 2.000 Betten reduzieren, dann hat man schon bei einer Inzidenz von 100 die „Katastrophe“. – Mich wundert, wie wenig dies in den Medien thematisiert wird. Besonders perfide finde ich, dass man nun pauschal die Gruppe der Ungeimpften zu Sündenböcken erklärt und damit von den eigenen Versäumnissen ablenkt. Offenbar ist man damit wirklich erfolgreich.

Es ist keine Pandemie der Ungeimpften, sondern eine Pandemie der Unfähigen, der Ignoranten und der Pflichtvergessenen.

Solidarität vs. Individualität

Indem man das individuelle und im Rahmen demokratischer Freiheitsrechte liegende Verhalten Einzelner als unsolidarisch zu qualifiziert, öffnet man damit die Büchse der Pandora. Wenn wir das tun, sind alsbald auch Raucher, Alkoholtrinker, Autofahrer, (Extrem-) Sportler und Übergewichtige, die direkt oder indirekt für zehntausende Tote p. a. sorgen und das Gesundheitssystem nachweisbar belasten unsolidarisch. Die Liste könnte man noch weiter fortführen, man sieht aber schon daran, dass man in eine Sackgasse gerät.

Allein 330.00 Todesfälle jährlich sind die Folge von Herz-Kreislauferkrankungen – einige 10.000 davon vermeidbar bei halbwegs gesundheitsbewusster Lebensführung. Vor dem Tod steht nicht selten der Krankenhausaufenthalt und damit letztlich eine zumindest teilweise vermeidbare Belegung von Krankenbetten. 

Es ist völlig unangebracht, die Gruppe der Covid-19-Ungeimpften isoliert der Verantwortungslosigkeit zu bezichtigen (auch wenn es sicher einige darunter geben mag, die Kritik verdienen, weil sie sich allzu sorglos verhalten). Solidarität ist immer eine freiwillige Leistung, sie ist keine Bringschuld. Wenn sie zur Pflicht wird, ist es keine Solidarität mehr.

Die Absurdität des an Ungeimpfte gerichteten pauschalen Vorwurfs unsolidarischen Verhaltens ist offenkundig.


Update vom 01.12.2021

In den meisten Ländern sind die Inzidenzzahlen trotz Erhöhung der Impfquote weiter gestiegen. In Portugal und Spanien haben sich die Werte verdoppelt. Der Korrelationskoeffizient beträgt nun -0,09. Die Wechselbeziehung zwischen Impfquote und Inzidenz ist daher nochmals unschärfer als Mitte November (s. Abb. 1.1). Es gibt also keine Korrelation zwischen der Impfquote und den Inzidenzzahlen.

Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern (x-y-Diagramm) – Datenstand 01.12.2021

Abbildung 1.1: Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern (x-y-Diagramm) – Datenstand 01.12.2021


Update vom 15.12.2021

Die Inzidenzzahlen in Ländern mit vormals niedrigen Infektionszahlen sind weiter gestiegen, in Ländern mit hoher Inzidenz sind sie gefallen. Die Impfquoten-Musterschüler Portugal und Spanien haben es „geschafft“, ihre Inzidenzwerte innerhalb von 4 Wochen um den Faktor 3 bzw. 6 zu erhöhen. Zugleich wurde überall weiter geimpft. Der Korrelationskoeffizient liegt nahezu unverändert bei -0,07. Nach wie vor gilt daher: Es gibt keine Korrelation zwischen Impfquote und Inzidenzzahlen.

Was ebenfalls auffällt: Die Panikmache in Deutschland ist beispiellos. Haben vielleicht doch die Recht, die sagen, die Situation in den deutschen Krankenhäusern hat weniger mit Corona, aber viel mit dem hausgemachten und von politischer Seite geduldeten Pflegenotstand zu tun? Im Laufe des Jahres hat man die Kapazität an Intensivbetten um 4000 reduziert („stillgelegt“) und nichts dafür getan, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern.

Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern – Datenstand 15.12.2021

Abbildung 1.2: Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern (x-y-Diagramm) – Datenstand 15.12.2021


Update vom 01.01.2022

Der Korrelationskoeffizient liegt nun bei +0,35. Es gibt also eine schwach-positive Korrelation: Je höher die Impfquote, desto größer die Inzidenz (s. Abb. 1.3). Keine Frage, das ist nicht die gewünschte Form der Wechselbeziehung. Es ist definitiv die falsche Richtung. Man kann sich die Realität halt nicht stricken.

Die Impfquoten-Musterschüler Portugal und Spanien sind mittlerweile als Hochrisikogebiete eingestuft. Desgleichen u.a. Frankreich, Italien und Dänemark. Das rigide Corona-Management in Italien und Frankreich konnte ebenfalls nicht verhindern, dass sich dort die Inzidenzzahlen im Verlauf der letzten 6 Wochen vervielfacht haben – trotz gleichzeitig gestiegener Impfquote. Auch in andern Ländern ist das der Fall (s. Abb. 1.4).

Dafür wird man nun wohl Omikron verantwortlich machen. Immer gut, wenn es einen Schuldigen gibt. Nach wie vor gilt natürlich: Inzidenzen sind nur Indizien für ein mögliches Risiko. Eigentlich geht es um die schweren Krankheitsverläufe. Auch wenn die Impfung vor Omikron weniger schützt als vor Delta, bleibt immerhin noch eine gewisse Schutzwirkung. Insbesondere Gefährdete mit vielen Kontakten können daher ihr eigenes Erkrankungsrisiko mit einer Impfung substanziell reduzieren. Gewiss, ein egoistisches Motiv, aber es kann wirken.

Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern – Datenstand 01.01.2022

Abbildung 1.3: Impfquote vs. 7-Tage-Inzidenz in ausgewählten Ländern (x-y-Diagramm) – Datenstand 01.01.2022

Verlauf von Impfquote und Inzidenz über 6 Wochen

Abbildung 1.4: Verlauf von Impfquote und Inzidenz über 6 Wochen. Die Pfeile zeigen, wie sich die Impfquoten und vor allem die Inzidenzen vom 16.11.2021 bis zum 01.01.2022 entwickelt haben. In fast allen Ländern gibt es eine Bewegung hin zu höheren Inzidenzen bei gleichzeitig leicht gestiegenen Impfquoten.


Quellen:

[1] Corona-in-Zahlen für Deutschland und weltweit – aktuelle COVID-19 Kennzahlen

[2] Video: tagesthemen 21:45 Uhr – tagesthemen – ARD | Das Erste

(„Ungeimpfte sind unsolidarisch“ – Kommentar von Sarah Frühauf, MDR: https://www.daserste.de/information/nachrichten-wetter/tagesthemen/videosextern/tagesthemen-21-45-uhr-202.html)

[3] Corona-Impfung: So lange wirken Biontech, Moderna und Co. | BR24

[4] Wie lange schützt der Impfstoff von Biontech, Moderna und Astrazeneca | Spektrum

[5] „Impfen ist ein patriotischer Akt“ – Spahn will den Druck auf Ungeimpfte im Herbst erhöhen

[6] Ärztekammer kritisiert Beschluss zu Kinderimpfungen scharf

[7] Coronavirus: Fakten und Infos | Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (dkgev.de)

[8] Die Corona-Pandemie: Alter ist der dominierende Risikofaktor

[9] Die ominöse Herdenimmunität

[10] Paul-Ehrlich-Institut: Corona Sicherheitsbericht

[11] Wer treibt die Infektionen? Geimpfte oder Ungeimpfte?

[12] Corona-Statistik 2020/21

[13] „An oder mit“ der Corona verstorben – oder „mit“ der Impfung