Es scheint klar: Infektionstreiber sind die Ungeimpften
In den letzten Wochen gab es vermehrt Diskussionen darüber, wer denn nun hauptverantwortlich für die hohen Inzidenzen sei, die Ungeimpften oder die Geimpften? Für die Medien und die Politik scheint der Fall ziemlich eindeutig: Es sind die Ungeimpften. Tenor: Die Ungeimpften verweigern die Solidarität und gefährden sich und andere. Untermauert wurde das Ganze durch entsprechende Presseberichte und die Veröffentlichung von separaten Inzidenzzahlen für Geimpfte und Ungeimpfte. Dabei kam fast immer heraus: Die Inzidenzen für Ungeimpfte liegen teilweise um den Faktor 10 und mehr höher als bei den Geimpften.
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Scheinbar dramatisch hohe Inzidenzen bei Ungeimpften in Bayern
Bayern ist kein Einzelfall: hohe Inzidenzen bei Ungeimpften auch anderswo
Analyse der exemplarischen bayerischen Zahlen
Die Einsicht kommt spät – und sie kommt nur halbherzig
Grundsätzliches zu den Inzidenzen für Ungeimpfte
Beispiel zur Inzidenzberechnung für Ungeimpfte und Geimpfte
Systematische Verzerrung der Inzidenzen
Ungeimpfte versus Geimpfte: Der Blick wird klarer
Was sagt die Wissenschaft zum Anteil der Ungeimpften am Infektionsgeschehen?
Wie entsteht ein mathematisches Modell?
Kurzanalyse zur zentralen Modellaussage
Was sagen die Felddaten?
Welche Folgerungen kann man daraus ziehen?
Ein plausibles Alternativmodell
Anhang
Scheinbar dramatisch hohe Inzidenzen bei Ungeimpften in Bayern
Betrachten wir exemplarisch die Zahlen in Bayern vom 24.11.2021. Laut dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) wurden für diesen Tag die folgenden Zahlen ausgewiesen.
Tabelle 1: Infektionszahlen vom 24.11.2021 in Bayern. Quelle: Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL).
Inzidenz für Geimpfte 110, für Ungeimpfte aber 1469. – Das ist schon ein eklatanter Unterschied. Und die Differenz war auch an anderen Tagen erheblich. So berichtete die Augsburger Allgemeine am 11.11.2021 unter dem Titel „So viel häufiger stecken sich Ungeimpfte mit Corona an“ unter Berufung auf das LGL von einer noch größeren Divergenz: „Inzidenz der Ungeimpften in Bayern liegt bei 1616 – die der Geimpften bei 103“. Dabei hat man auch nicht vergessen, Impfskeptikern den Segen der Impfung nahezubringen, wo doch die Zahlen so offensichtlich seien. Gleichartig die Süddeutsche Zeitung am 19.11.2021.
Bayern ist kein Einzelfall: hohe Inzidenzen bei Ungeimpften auch anderswo
In anderen Bundesländern ein ähnliches Bild: Hamburg gibt am 24.11.2021 für die Geimpften eine Inzidenz von 223 an, für die Ungeimpften aber 715. Solche Zahlen empören Journalisten im öffentlich rechtlichen Rundfunk, die daraufhin die allgemeine Impfpflicht fordern. Offenbar, weil man ja anders den uneinsichtigen Ungeimpften nicht beikommen kann.
Dann wird das wohl so stimmen, mag der wohlmeinende Bürger dazu sagen. Eine staatliche Behörde wird doch keine Falschmeldungen verbreiten. Und wenn es eine Falschinformation wäre, würden doch nicht nahezu alle Medien solche Zahlen quasi ungeprüft wiederholen. Leider ist genau das eingetreten – zumindest war dies über viele Wochen der Fall. Erst Anfang Dezember ist aufgefallen, dass die Zahlen so nicht stimmen können. Und dies aus mehreren Gründen.
Analyse der exemplarischen bayerischen Zahlen
Kehren wir zurück zum o.g. Beispiel aus Bayern. Bei der Berechnung für den 24. November wurden gut 72 000 Personen als ungeimpft in die Rechnung mit einbezogen. Tatsächlich war aber für mehr als 57 000 davon der Impfstatus unbekannt. Man hat also kurzerhand den Impfstatus dieser Personengruppe auf „ungeimpft“ gesetzt. Natürlich kann dies das Ergebnis massiv verzerren: Die Sieben-Tage-Inzidenz der Geimpften könnte tatsächlich viel höher, die der Ungeimpften deutlich niedriger sein.
Wenn man im Beispiel nur die Personen mit bestätigtem Impfstatus nimmt, dann verbleiben lediglich 15.000 Ungeimpfte. Im Ergebnis reduziert sich die Inzidenz der Ungeimpften von 1469 auf 306 (auch dieser Wert ist noch systematisch überhöht, dazu weiter unten). Diese Zahl liegt jetzt sehr viel näher an dem für die Geimpften angegebenen Wert von 110. Wobei man berücksichtigen muss, dass Geimpfte seltener getestet werden als Ungeimpfte. Und selbstverständlich könnten unter den Personen mit unbekanntem Impfstatus auch viele Geimpfte sein, was die Inzidenz der Geimpften erhöhen würde.
Die Einsicht kommt spät – und sie kommt nur halbherzig
Wie oben schon erwähnt, ist dies leider kein bayerischer Sonderfall. In allen Bundesländern bestehen oder bestanden Ungereimtheiten betreffend der separaten Berechnung von Inzidenzen für Geimpfte und Ungeimpfte. Nachdem das offenbar geworden war, findet man z.T. absurde Ausflüchte. So kontert der bayerische Gesundheitsminister Holetschek die entsprechende Kritik der FDP an der Zurechnung der Personen mit unbekannten Impfstatus zu den Ungeimpften mit dem Satz: „Es handle sich um eine fachliche Frage, über die man aber streiten und diskutieren könne“. Da fehlen einem die Worte.
Das ist in etwa so, als würde sich der Steuerbetrüger damit rechtfertigen, er habe einfach nur eine fachlich andere Ansicht zur Steuerpflicht auf seine Einkünfte gehabt, deswegen handle es sich gar nicht um Steuerhinterziehung.
Ebenso kreativ ist der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg. Er nennt einen technischen Fehler, eine „IT-Panne“, als Grund für die scheinbar irrtümlicherweise Ungeimpften zugerechneten Infektionsfälle (s. Focus). „Scheinbar“, also „barer Schein“ und damit nur „dem Schein nach unabsichtlich“ ist an dieser Stelle vermutlich eine sehr treffende Vokabel.
Grundsätzliches zu den Inzidenzen für Ungeimpfte
Wie wir gesehen haben, wurden die offiziell ausgewiesenen Inzidenzzahlen für Ungeimpfte mehr oder weniger absichtsvoll künstlich in die Höhe getrieben. Damit allerdings nicht genug. Es gibt darüber hinaus noch einen weiteren Kritikpunkt, der selbst bei korrekter Zählung der Infektionszahlen nach Impfstatus ins Gewicht fällt und geeignet ist, die Inzidenzen der Ungeimpften gegenüber den Geimpften massiv zu verzerren.
Es ist Usus, die Inzidenz für die Ungeimpften und die Geimpften jeweils auf 100.000 Ungeimpfte bzw. Geimpfte zu beziehen. Zunächst klingt das durchaus vernünftig. Tatsächlich ist es aber nicht sachgerecht, die Inzidenzen für Geimpfte und Ungeimpfte auf die jeweiligen Gruppengrößen zu beziehen, denn für das Infektionsgeschehen sind die absoluten Zahlen der Neuinfizierten relevant, nichts sonst. Die Infektionsdynamik wird bestimmt durch die Summe der aktuell Infektiösen und offensichtlich nicht durch die Anzahl die Infizierten in einer wie auch immer abgegrenzten Bevölkerungsgruppe. Dennoch wird diese doch eigentlich recht triviale Erkenntnis weitgehend ignoriert.
Gewollt oder ungewollt wird das teilweise noch weiter verschleiert, indem nicht immer scharf zwischen dem Inzidenzwert bezogen auf 100.000 Ungeimpfte und der Inzidenzangabe bezogen auf 100.000 Einwohner unterschieden wird.
Am Beispiel der nachstehenden Grafik von Statista kommt diese Unschärfe erst beim zweiten Blick zum Ausdruck. Dabei sind die Ausgangsdaten des RKI, auf die sich Statista hier bezieht, diesbezüglich unmissverständlich klar.
Abbildung 1: Höhere Inzidenzen bei Ungeimpften. Symptomatische COVID-19-Fälle nach Impfstatus. Statista Infografik vom 13.12.2021. Anmerkung: Die in der Grafik vermittelte Information ist so nicht richtig. Zur Korrektur s. Abb. 3.
In der Überschrift zur Statista-Grafik ist angegeben: „Symptomatische COVID-19-Fälle pro 100.000 Einwohner:innen“ (Anmerkung: „Einwohner:innen“ ist der Statista-Code für „Einwohner“). Richtig ist aber „Symptomatische COVID-19-Fälle pro 100.000 Ungeimpften bzw. Geimpften der Altersgruppe“. Das macht einen erheblichen Unterschied, wie wir gleich sehen werden.
Beispiel zur Inzidenzberechnung für Ungeimpfte und Geimpfte
Um die Problematik an einem Beispiel plausibel zu machen, nehmen wir eine Stadt mit 100.000 Einwohnern, etwa Siegen, Hildesheim, Gütersloh, Kaiserlautern oder Cottbus. Aktuell seien im 7-Tage-Intervall 500 Menschen als neuinfiziert gemeldet. Offensichtlich sind genau diese 500 Personen kausal für die Ausbreitungsdynamik in der Stadt relevant. Und natürlich haben wir auch eine Inzidenz von 500. Was wird nun offiziell daraus gemacht?
Die Impfquote in der Stadt betrage 75 %. Nehmen wir ferner an, die eine Hälfte der 500 seien geimpft, die andere Hälfte ungeimpft. Für die Inzidenzen der Geimpften erhalten wird jetzt 250/0,75 = 333, und für die Ungeimpften 250/0,25 = 1000. Die Stadt wird also sagen, die Inzidenzen der Ungeimpften liegen dreimal höher als die der Geimpften. Dabei ist es unabweisbar Fakt, dass es in beiden Gruppen gleichviele Infizierte gibt und sie folglich auch gleich stark zur Infektionsdynamik beitragen.
Nehmen wir für ein weiteres kleines Gedankenspiel an, in Deutschland seien alle geimpft bis auf einen kleinen Rest von 100.000. Sofern nun bei diesen Ungeimpften 1000 Personen positiv getestet werden, haben wir also eine spezifische Ungeimpften-Inzidenz von 1000. Das hört sich bedrohlich an. Tatsächlich bedeutet dies, dass die allgemeine auf die Bevölkerung bezogene Inzidenz lediglich 1,2 beträgt. Und es ist nur die letztere Zahl, die für den allgemeinen Corona-Risikostatus von Bedeutung ist.
Systematische Verzerrung der Inzidenzen
Im Grundsatz wird damit das Kernproblem der verzerrten Inzidenzzahlen offenbar. Tatsächlich haben wir derzeit eine allgemeine Impfquote von 67 % – 70 %. Damit erscheinen die Inzidenzen der Ungeimpften ca. um den Faktor 3 vergrößert. Wenn man die Inzidenzen auf Altersgruppen bezieht – was zum Zwecke der Analyse durchaus sinnvoll ist – dann vergrößert sich die Schieflage u. U. noch weiter, da die altersgruppenspezifischen Impfquoten teilweise höher liegen.
Betrachten wir exemplarisch die Altersgruppe 60+. Die hohe Impfquote von 86 % führt hier zu einer Verfälschung der Ungeimpften-Inzidenzen um den Faktor 7 (= 1/(1-0,86)). Statt 50 wird dann z.B. eine Inzidenz von 350 ausgewiesen. Das ist eine ziemlich eindeutige Aussage zuungunsten der Ungeimpften, sozusagen eine Zusatzlast auf ihr Sündenkonto. Der Beitrag der Ungeimpften an der Infektionsdynamik wird so optisch massiv überhöht. Rational ist das nicht. Der Anteil der Ungeimpften liegt in diesem Falle bei einer Inzidenz von 50, und nichts sonst. Angesichts der Stimmungslage ist die Angabe der überhöhten Inzidenz keine objektive und wertfreie Information. M. E. muss man hier die Intention der Meinungsmanipulation unterstellen. Zumindest ist es eine Form von Zahlenmanipulation oder „kreativer Statistik“.
Die korrigierten Zahlen zum obigen Beispiel aus Bayern
Kehren wird zurück zum obigen Beispiel aus Bayern. Nach Abzug der Getesteten mit unbekanntem Impfstatus hatten wir die erwiesene spezifische Inzidenz der Ungeimpften schon auf 306 korrigiert. Wenn man sich nun noch auf 100.000 Personen der Bevölkerung bezieht, dann erhält man auf Basis der bayerischen Impfquote von Ende November (66,5 %) eine weiter reduzierte tatsächliche Ungeimpften-Inzidenz von 306*0,335 = 102,51. Das ist nicht wesentlich mehr als die gleichfalls korrigierte Inzidenz unter den Geimpften, die sich zu 110*0,665 = 73 bestimmt. Aus dem ursprünglich von der Behörde angegebenen Inzidenz-Zahlenverhältnis Ungeimpft : Geimpft von 1468:110 wird nun also 103:72.
Abbildung 2: Bayerische Inzidenzahlen für Ungeimpfte und Geimpfte vom 24.11.2021, vor (Rubrik links) und nach (mittige Rubrik) der Aufdeckung der Falschzuweisung von Personen mit unbekanntem Impfstatus zu den Ungeimpften. Die Rubrik ganz rechts zeigt die im Hinblick auf die Infektionsdynamik relevanten Inzidenzwerte bezogen auf 100.000 Einwohner. In den Ellipsen ist jeweils das resultierende Verhältnis der Inzidenzen von Ungeimpften und Geimpften eingetragen.
Es soll noch einmal ausdrücklich hervorgehoben werden: Die Wahrheit zum Infektionsgeschehen steckt ausschließlich in der rechten Rubrik des Diagramms von Abb. 2.
Ungeimpfte versus Geimpfte: Der Blick wird klarer
Die in vielen Medien veröffentlichten und von einigen Bundesländern erhobenen Inzidenzen zu Geimpften und Ungeimpften sind, wie man an diesem Beispiel und der obigen Diskussion sieht, offensichtlich nicht vertrauenswürdig. Eher verlässlich sind die vom RKI publizierten Zahlenwerte zu den symptomatischen Inzidenzen. Symptomatisch infiziert heißt, die Betroffenen weisen Symptome auf und sind positiv getestet. Bei diesem Personenkreis wird der Impfstatus erfasst. Jedenfalls trifft das für etwa 84 % der Fälle zu. Es gibt also immer noch eine Unsicherheit, aber sie erscheint tolerabel. Die symptomatischen Inzidenzen sind somit ein vernünftiger Ausgangspunkt für die Beurteilung der Infektionsdynamik im Hinblick auf Geimpfte und Ungeimpfte.
Oben hatten wir auf die nach Altersgruppen aufgesplitteten symptomatischen Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte in Kalenderwoche 47 (s. Abb. 1) abgehoben. Es war schon angemerkt worden, dass hier die spezifischen Inzidenzen dargestellt sind (also die Entsprechung zur mittleren Rubrik in Abb. 2). Das werden wir aber gleich korrigieren (s. Abb. 3).
Abbildung 3: Korrigierte Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte hinsichtlich symptomatischer COVID-19-Fälle in KW 47 mit ausgewertetem Impfstatus. Korrektur zur eingebetteten Statista Infografik vom 13.12.2021 (s. Abb. 1). Man beachte die eklatanten Unterschiede bezüglich der Verhältnisse der Inzidenzen in den beiden Grafiken (s. Pfeile bei den Altersgruppen 18-59 und 60+).
Wie man Abb. 3 entnimmt, liegen die auf 100.000 Einwohner bezogenen Zahlenwerte deutlich niedriger als die auf die jeweiligen Gruppen bezogenen Inzidenzen (s. Abb. 1). Es zeigt sich eine gänzlich andere Botschaft als die von der Originalgrafik suggerierte. Besonders auffallend ist, dass nun die Inzidenzen der Geimpften höher liegen als die der Ungeimpften. Lediglich in der Altersgruppe 12-17 ist das nicht so, sie ist indes mit ca. 4,5 Mio. Individuen eine relativ kleine Gruppe und schlägt daher in der Gesamtschau (Rubrik rechts: alle) nicht durch. Insgesamt können wir daher festhalten, dass im Hinblick auf die symptomatischen Inzidenzen Ungeimpfte und Geimpfte die Infektionsdynamik in etwa gleicher Stärke bestimmen.
Was sagt die Wissenschaft zum Anteil der Ungeimpften am Infektionsgeschehen?
In einer relativ neuen Studie der Humboldt-Universität Berlin wird deutlich der hohe Anteil der Ungeimpften an der Infektionsdynamik hervorgehoben. Darüber wird z.B. so berichtet:
„Eine neue Studie zeigt, wie Geimpfte auf das Infektionsgeschehen einwirken: Nicht besonders stark“ (SZ).
„Ungeimpfte am Großteil der Corona-Neuinfektionen beteiligt“ (SWR).
Oder: „Ungeimpfte an bis zu 90 Prozent aller Infektionen beteiligt“ (ntv).
Die letzte Aussage noch kürzer und prägnanter formuliert „Ungeimpfte (sind) an 8 bis 9 von 10 Neuinfektionen beteiligt“. – Das ist schon eine ziemlich klare Ansage zur Verantwortlichkeit am Infektionsgeschehen. Die Infektionstreiber sind also offenbar die Ungeimpften.
Doch ist das wirklich so eindeutig? Kann man das der Studie tatsächlich entnehmen? Oder werden hier Modellrechnungen überinterpretiert?
Wie entsteht ein mathematisches Modell?
Das grundsätzliche Vorgehen hinsichtlich des Modellaufbaus ist üblicherweise etwa folgendermaßen: Auf der Basis von Annahmen über die Infektionswege, Annahmen über die Kontakthäufigkeit von Ungeimpften und Geimpften, Annahmen über die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung unter Ungeimpften, unter Geimpften und zwischen den beiden Gruppen wird ein mathematisches Modell formuliert, das diese angenommenen Verhältnisse anhand von formelmäßigen Beziehungen adäquat widerspiegelt.
Mittels des Modells wird dann untersucht, ob die beobachteten Inzidenzen und ihre dynamische Entwicklung auf diese Weise nachgebildet werden können. Anschließend werden die Modellannahmen und ggf. die Zusammenhänge so lange verändert, bis sich eine gute Übereinstimmung zwischen den tatsächlichen Infektionszahlen und den vom Modell errechneten Zahlen ergibt.
Sofern dieses Ziel erreicht ist, darf man es in erster Näherung für plausibel halten, dass das aufgestellte mathematische Modell die realen Zusammenhänge angemessen abbildet. Ob es sich indes tatsächlich so verhält ist damit nicht bewiesen. Es ist i. A. sogar absolut unsicher, inwiefern ggf. andere Annahmen oder modifizierte Modellparameter zum selben Ergebnis führen könnten.
Modellrechnung versus Feldbeobachtung
Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Aussage der Studie, an 9 von 10 Corona-Ansteckungen seien Ungeimpfte beteiligt, nicht das Ergebnis einer Feldbeobachtung ist. Es handelt sich vielmehr um das Resultat aus einer Modellierung. Ob die Modellaussage richtig oder falsch ist, hängt davon ab, inwiefern die Modellannahmen zutreffend sind.
Insofern im Modell die Annahme getroffen wird, Ungeimpfte seien erheblich ansteckender als Geimpfte, wird das Modell natürlich auch das Ergebnis ausweisen, dass Ungeimpfte deutlich häufiger als Geimpfte Verursacher von Infektionen sind. Im Allgemeinen wird durch die Wahl der Eingangsparameter das Modellverhalten und damit auch das Untersuchungsergebnis wesentlich vorherbestimmt – wäre es anders, brauchte man das Modell nicht.
Modelle haben beschreibenden Charakter, sie können (möglicherweise) mathematisch abbilden, was man beobachtet und können unter Umständen z. B. zur Vorhersage künftiger Entwicklungen eingesetzt werden. Prinzipbedingt kann ein Modell aber keinen Beweis liefern.
Es ist also keineswegs evident, dass „an 9 von 10 Corona-Ansteckungen Ungeimpfte beteiligt sind“, vielleicht ist es lediglich eine mögliche Erklärung für die beobachtete Entwicklung der Infektionszahlen – sofern sonst alles richtig gemacht wurde und – das ist ganz wichtig – die Annahmen in der Realität zutreffen.
Kurzanalyse zur zentralen Modellaussage
Was heißt eigentlich, Ungeimpfte seien „an 9 von 10 Corona-Ansteckungen beteiligt“? Das ist eine etwas spitzfindige Formulierung, denn es wird ja nicht gesagt, dass 9 mal mehr Ungeimpfte als Geimpfte infiziert seien. Es wird damit auch nicht behauptet, Geimpfte seien nur an einer von 10 Ansteckungen beteiligt, obwohl man sicher sein kann, dass nicht wenige genau diesen Schluss daraus ziehen werden.
Wie dem auch sei, die Aussage könnte man etwa folgendermaßen ausdeuten:
(1) Ein Ungeimpfter infiziert 9 Geimpfte, und einer der Geimpften infiziert einen weiteren Geimpften. Dann waren also die Ungeimpften an 9 von 10 Ansteckungen beteiligt. – Das ist die ausgesprochene Botschaft, wie sie sich in den Köpfen festsetzt. Nebenbei bemerkt, aber das geht unter: In diesem Falle sind die Geimpften bei 10 von 10 Übertragungen direkt involviert.
Es könnte aber auch so sein:
(2) Ein Ungeimpfter infiziert 5 andere Ungeimpfte und 4 Geimpfte. Einer der Geimpften infiziert einen weiteren Geimpften. Es gibt 10 Ansteckungen, an 9 davon 10 waren Ungeimpfte beteiligt. Zum Vergleich: Geimpfte waren nur in 5 Ansteckungen involviert.
Oder so:
(3) 5 Geimpfte infizieren 5 Ungeimpfte und einen Geimpften. Vier Ungeimpfte infizieren 4 andere Ungeimpfte. Wieder sind Ungeimpfte an 9 von 10 Ansteckungen beteilig, Geimpfte an 6 von 10.
Vielleicht auch so:
(4) 10 Geimpfte infizieren 9 Ungeimpfte und einen weiteren Geimpften. An 9 von 10 Ansteckungen waren wieder Ungeimpfte beteiligt, Geimpfte aber an 10.
Oder gar so:
(5) Ein Geimpfter infiziert einen anderen Geimpften und 9 Ungeimpfte. Dann waren also die Ungeimpften ebenso an 9 von 10 Ansteckungen beteiligt, Geimpfte waren immer dabei. – Diese Lesart drängt sich nicht auf, sie steht aber nicht im Widerspruch zur zentralen Aussage.
Was sagen die Felddaten?
Unabhängig von der vorstehenden – zugegebenermaßen sophistischen – Relativierung der Studienaussage, darf man ernsthafte Zweifel an eben diesem zentralen Resultat, Ungeimpfte seien „an 9 von 10 Corona-Ansteckungen beteiligt“, anmelden. Ein Befund, der insbesondere in dieser zugespitzten Form geeignet ist, die einseitige Schuldzuweisung an Ungeimpfte weiter zu verfestigen. So als sei diese Gruppe sozusagen alleinverantwortlich für die teilweise hohen Inzidenzen. Und dies ohne wirklich belastbare Belege.
Nach Meinung des Autors legen die Fakten eine andere Sicht nahe.
Laut Daten des RKI wurden z.B. für die Kalenderwoche 45 insgesamt 84.000 Fälle mit symptomatischer Erkrankung an Covid-19 gemeldet, davon 41.500 Ungeimpfte und 42.500 Geimpfte. Diverse Feldstudien belegen, dass sich bei etwa einem Drittel der Infizierten eine Symptomatik ausbildet. Demnach kann die Anzahl der infizierten Ungeimpften in KW 45 auf ca. 125.000 taxiert werden. Wenn man nun davon ausgeht, dass Geimpfte einen mindestens 50-prozentigen Schutz vor einer symptomatischen Erkrankung aufweisen, dann müssen ursprünglich sogar 255.000 (= 42.500*3*2) Geimpfte als Infizierte gezählt werden. Mithin entfallen auf einen infizierten Ungeimpften zwei infizierte Geimpfte.
Das ist ein ganz anders Bild als das aus dem Modell abgeleitete. Abbildung 4 zeigt den aus den genannten RKI-Daten resultierenden Inzidenzverlauf für Geimpfte und Ungeimpfte über mehrere Wochen hinweg. Man erkennt, dass die Inzidenzen für Geimpfte und Ungeimpfte bis zu KW 40 nicht wesentlich voneinander abweichen. Danach steigen die Inzidenzen der Geimpften stärker an und liegen aktuell knapp doppelt so hoch wie die der Ungeimpften.
Abbildung 4: Korrigierte Inzidenzen für Ungeimpfte und Geimpfte errechnet auf Basis der symptomatischen COVID-19-Fälle nach Daten des RKI von KW 28 bis KW 47. Die angegebenen Inzidenzwerte sind ggf. höher als die jeweils veröffentlichten Infektionszahlen. Das rührt daher, dass die vorliegenden Inzidenzen hochgerechnet sind und daher auch Anteile der Dunkelziffer an Infektionen enthalten können.
Welche Folgerungen kann man daraus ziehen?
Die aus den Daten des RKI bestimmte Relation zwischen der Anzahl der infizierten Ungeimpften und Geimpften entspricht bei der gegenwärtigen Impfquote in etwa dem Zahlenverhältnis zwischen Ungeimpften und Geimpften in der Bevölkerung (etwa 1:2).
Wenn also die absolute Zahl der infektiösen Geimpften doppelt so groß ist wie die Zahl der infektiösen Ungeimpften, dann darf man davon ausgehen, dass in der Realität, also abseits der oben exemplifizierten Kasuistik, Geimpfte im Vergleich zu den Ungeimpften auch einen entsprechend hohen Anteil am Infektionsgeschehen haben. Das ist jedenfalls plausibel. Es ist kaum vorstellbar, dass die Kausalität für diese hohe Infektionszahl bei den Geimpften zu fast 90 % auf Ungeimpfte zurückzuführen sein sollte. Sofern dies zuträfe, müsste sich dies auch in extrem hohen Inzidenzen der Ungeimpften zeigen.
Auch im internationalen Vergleich gibt es nach derzeitigem Stand keine greifbare Wechselbeziehung zwischen Inzidenzahlen und Impfquoten (s. [20]). Würde es eine Korrelation geben, dann müssten Länder mit hoher Impfquote, also zahlenmäßig wenigen Ungeimpften, i.A. niedrige Inzidenzen aufweisen. Das ist nicht der Fall.
Ein plausibles Alternativmodell
Eigene Modellüberlegungen (s. Anhang) basierend auf einem differenzierten Ansatz nach Altersgruppen und Impfstatus deuten auf eine in etwa ausgeglichene Kausalität der Ansteckungen zwischen Geimpften und Ungeimpften hin. Jedenfalls dann, wenn man von der Annahme ausgeht, infizierte Geimpfte seien um 50 % weniger ansteckend als Ungeimpfte und ihrerseits im Vergleich zu Ungeimpften um 50 % vor einer Ansteckung geschützt. Die Ergebnisse dazu finden sich in Abb. 5.
Abbildung 5: Aus Modellanalysen abgeleitete relative Häufigkeiten der Übertragungswege Ungeimpft-Ungeimpft (U-U), Ungeimpft-Geimpft (U-G), Geimpft-Ungeimpft (G-U) und Geimpft-Geimpft (G-G). Diese Verhältnisse stellen sich weitgehend unabhängig von der initialen Inzidenzverteilung ein. Annahmen: (1) infizierte Geimpfte sind um 50 % weniger ansteckend als Ungeimpfte; (2) Geimpfte sind gegenüber Ungeimpften um 50 % vor einer Ansteckung geschützt. (3) Betrachtungsdauer min. 3 Monate.
Natürlich ist auch das kein Beweis. Indes leuchtet das Resultat unmittelbar ein: Es gibt unter den Geimpften zwar doppelt so viele Infizierte (aufgrund der zweifachen Anzahl an Geimpften), da sie aber nur halb so infektiös sind, gleicht sich das in der Infektionsdynamik wieder aus. Analoges gilt auch für den umgekehrten Infektionsweg: halb so viele infektiöse Ungeimpfte, allerdings mit der doppelt so hohen Ansteckungsgefahr.
Das ist eine Momentaufnahme basierend auf der gegenwärtigen Impfquote. Mit steigender Impfquote wachsen erwartbar die Anteile der Geimpften und sinkt der Einfluss der Ungeimpften. Auf die absoluten Inzidenzzahlen hat das voraussichtlich keine durchschlagende Auswirkung (s. [20]).
Weitere Plausibilisierung
In Großbritannien hat man in einer großangelegten Studie über einige Monate hinweg PCR-Tests gleichermaßen für Ungeimpfte und Geimpfte durchgeführt. Dabei hat sich Folgendes ergeben: Die dort ebenfalls etwa doppelt so große Gruppe der Geimpften wies im Vergleich zur Gruppe der Ungeimpften eine doppelt so hohe Infektionszahl auf. D. h., die spezifischen Inzidenzen in den beiden Gruppen waren also gleich.
Dieses Ergebnis deckt sich mit der oben aus den vorliegenden Felddaten der symptomatischen Inzidenzen abgeleiteten Aussage für Deutschland. Es liegt daher nahe, dass die Ungeimpften und die Geimpften gleichermaßen und in etwa gemäß ihrem Anteil in der Bevölkerung die Infektionsdynamik bestimmen. Der wesentliche Unterschied besteht allerdings darin, dass die Ungeimpften, und darunter insbesondere die Älteren, die Intensivstationen überproportional belasten. Das aber ist ein ganz anderes Thema.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Aussage zur in derselben Weise bestehenden Verantwortlichkeit sowohl der Ungeimpften wie auch der Geimpften nicht das bloße Ergebnis aus einer Modelluntersuchung ist, sondern vielmehr durch Feldbeobachtungen (Daten des RKI zu symptomatisch Infizierten, s. [18], Studie des UK Health Service, s. [19]) untermauert wird.
Anhang
Kurzbeschreibung des mathematischen Modells
\(N\) = Größe der Population.
\(N^{(j)}\) = Anzahl der Individuen in der Altersgruppe \(j\).
\begin{equation} \sum_{j=1}^{m}{ N^{(j)} } = N\end{equation}
\(u_{n}^{(j)}\) = Anzahl infektiöser Ungeimpfter in der Altersgruppe \(j\) und in der Periode \(n\).
\(g_{n}^{(j)}\) = Anzahl infektiöser Geimpfter in der Altersgruppe \(j\) und in der Periode \(n\).
\(U_{init}^{(j)}\) = Anzahl infizierter Ungeimpfter in der Altersgruppe \(j\) zu Begin des Betrachtungszeitraums.
\(G_{init}^{(j)}\) = Anzahl infizierter Geimpfter in der Altersgruppe \(j\) zu Begin des Betrachtungszeitraums.
\(U_{n}^{(j)}\) = Summe der infizierten Ungeimpften in der Altersgruppe \(j\) am Ende der Periode \(n\) .
\(G_{n}^{(j)}\) = Summe der infizierten Geimpften in der Altersgruppe \(j\) am Ende der Periode \(n\) .
\begin{equation} U_{n}^{(j)} = U_{init}^{(j)} + \sum_{k=0}^{n} { u_{k}^{(j)}} \end{equation}
\begin{equation} G_{n}^{(j)} = G_{init}^{(j)} + \sum_{k=0}^{n} { g_{k}^{(j)}} \end{equation}
\(q_{n}^{(j)}\) = Impfquote in der Altersgruppe \(j\) am Ende der Periode \(n\) .
Infizierte nach Impfstatus:
\begin{equation} a _{n} = \begin{pmatrix}
u_{n}^{(1)} \\ g_{n}^{(1)} \\ u_{n}^{(2)} \\ g_{n}^{(2)} \\ \vdots \\ u_{n}^{(m)} \\ g_{n}^{(m)}
\end{pmatrix} \end{equation}
Entwicklungsgesetz:
\begin{equation} a _{n+1} = F_{n} \cdot R \cdot a_{n} \end{equation}
Hierin ist \(F_{n}\) die Transformationsmatrix zur Berücksichtung der Anzahl der bereits Infizierten:
\begin{equation} F_{n} = \begin{pmatrix}
f_{n}^{(1,1)} & 0 & \cdots & 0 \\
0 & f_{n}^{(2,2)} & \cdots & 0 \\
\vdots & \vdots & \cdots & \vdots \\
0 & 0 & \cdots & f_{n}^{(2m,2m)}
\end{pmatrix} \end{equation}
Dabei gilt für \( 1 \le j \le 2m \):
\begin{equation} f_{n}^{(j,j)} = \begin{cases}
1 -q_{n}^{(j)} – \frac{ U_{n}^{(j) }} { N^{(j) }}, & j \equiv 1 \mod 2 \\
q_{n}^{(j)} – \frac{ G_{n}^{(j) }} { N^{(j) }}, & j \equiv 0 \mod 2 \\
\end{cases} \end{equation}
Ferner wird die nach Geimpften und Ungeimpften differenzierende \(2m\times 2m \) Reproduktionsmatrix \(R\) eingesetzt, wobei:
\begin{equation} R = \begin{pmatrix}
r^{(1,1)} & r^{(1,2)} & \cdots & r^{(1,2m)} \\
r^{(2,1)} & r^{(2,2)} & \cdots & r^{(2,2m)} \\
\vdots & \vdots & \cdots & \vdots \\
r^{(2m,1)} & r^{(2m,2)} & \cdots & r^{(2m,2m)}
\end{pmatrix} \end{equation}
Die Matrixelemente sind für \(1 \le i,j \le m\) folgendermaßen definiert:
\begin{equation} \begin{pmatrix}
r^{(2i-1,2j-1)} & r^{(2i-1,2j)} \\
r^{(2i,2j-1)} & r^{(2i,2j)}
\end{pmatrix} = \begin{pmatrix}
R_{uu}^{(i,j)} & R_{ug}^{(i,j)} \\
R_{gu}^{(i,j)} & R_{gg}^{(i,j)}
\end{pmatrix} \end{equation}
Hierin steht \( R_{uu}^{(i,j)} \) für den Reproduktionsfaktor von infektiösen Ungeimpften der Altersgruppe \(j\) auf Ungeimpfte der Altersgruppe \(i\). Analog steht \( R_{ug}^{(i,j)} \) für den Reproduktionsfaktor von infektiösen Geimpften der Altersgruppe \(j\) auf Ungeimpfte der Altersgruppe \(i\), \( R_{gu}^{(i,j)} \) für den Reproduktionsfaktor von infektiösen Ungeimpften der Altersgruppe \(j\) auf Geimpfte der Altersgruppe \(i\) sowie \( R_{gg}^{(i,j)} \) für den Reproduktionsfaktor von infektiösen Geimpften der Altersgruppe \(j\) auf Geimpfte der Altersgruppe \(i\).
Die Anzahl der Infektionen \(s_{n}^{(y,x)}\) in der Periode \(n\) nach Kausalität \(x \in \left\{ u,g\right\} \) und Ziel \(y \in \left\{ u,g\right\} \) wird wie folgt bestimmt:
\begin{equation} s_{n}^{(y,x)} = \left \lVert {F_{n} \cdot T^{(y)} \cdot R \cdot T^{(x)} \cdot a_{n}} \right \rVert_{1} \end{equation}
Dabei sind die \(2m\times 2m \) Matrizen \( T^{(x)} \), \(x \in \left\{ u,g\right\} \), definiert gemäß
\begin{equation} T^{(u)} = \begin{pmatrix}
1 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 1 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
\vdots &\vdots &\vdots &\vdots & \cdots &\vdots &\vdots \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 1 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0
\end{pmatrix} \end{equation}
\begin{equation} T^{(g)} = \begin{pmatrix}
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 1 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 1 & \cdots & 0 & 0 \\
\vdots &\vdots &\vdots &\vdots & \cdots &\vdots &\vdots \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 0 \\
0 & 0 & 0 & 0 & \cdots & 0 & 1
\end{pmatrix} \end{equation}
Aufgelöst erhalten wir:
\begin{equation} s_{n}^{(u,u)} =\sum_{i=1}^{m} \left(\left( 1 – q_{n}^{(i)} – \frac{ U_{n}^{(i) }} { N^{(i)}} \right) \sum_{j=1}^{m} R_{uu}^{(i,j)} u_{n}^{(j)} \right) \end{equation}
\begin{equation} s_{n}^{(g,u)} =\sum_{i=1}^{m} \left(\left( q_{n}^{(i)} – \frac{ G_{n}^{(i) }} { N^{(i)}} \right) \sum_{j=1}^{m} R_{gu}^{(i,j)} u_{n}^{(j)} \right) \end{equation}
\begin{equation} s_{n}^{(u,g)} =\sum_{i=1}^{m} \left(\left( 1 – q_{n}^{(i)} – \frac{ U_{n}^{(i) }} { N^{(i)}} \right) \sum_{j=1}^{m} R_{ug}^{(i,j)} g_{n}^{(j)} \right) \end{equation}
\begin{equation} s_{n}^{(g,g)} =\sum_{i=1}^{m} \left(\left( q_{n}^{(i)} – \frac{ G_{n}^{(i) }} { N^{(i)}} \right) \sum_{j=1}^{m} R_{gg}^{(i,j)} g_{n}^{(j)} \right) \end{equation}
Über den Betrachtungszeitraum von \(n\) Perioden ergeben sich daher mit \(x,y \in \left\{ u,g\right\} \) die folgenden 4 Summen zur Gesamtanzahl der Infektionen in Bezug auf die entsprechenden Übertragungswege:
\begin{equation} S_{n}^{(y,x)} =\sum_{k=1}^{n} s_{n}^{(y,x)} \end{equation}
Für die obige Rechnung wurden drei Altersgruppen angesetzt (also \(m=3\,\)): 12-17, 18-59 und 60+ und ferner die folgenden Annahmen getroffen:
Infektionswahrscheinlichkeiten:
\begin{equation} \begin{pmatrix}
U \leftarrow U & U \leftarrow G \\
G \leftarrow U & G \leftarrow G
\end{pmatrix} = \begin{pmatrix}
0.2 & 0.1 \\
0.1 & 0.05
\end{pmatrix} \end{equation}
Impfquoten (näherungsweise konstant über den Betrachtungszeitraum):
\begin{equation} \begin{pmatrix}
q_{n}^{(12-17)} \\
q_{n}^{(18-59)} \\
q_{n}^{(60+)}
\end{pmatrix} = \begin{pmatrix}
0.46 \\
0.75 \\
0.86
\end{pmatrix} \end{equation}
Quellen
[1] Ungeimpfte: Inzidenz ist deutlich höher als bei Geimpften in Bayern (augsburger-allgemeine.de)
[2] https://www.sueddeutsche.de/bayern/corona-bayern-archiv-1.5462482
[7] Schlagabtausch wegen Corona-Zahlen: Auch Grüne gegen FDP (merkur.de)
[10] Corona: Kritik an Bayern und Hamburg wegen Inzidenzberechnung (faz.net)
[11] Datenfehler: Inzidenz für Ungeimpfte in Hamburg massiv zu hoch ausgegeben | STERN.de
[14] https://de.statista.com/infografik/26384/inzidenz-nach-impfstatus-und-altersgruppe/
[18] Inzidenzen der symptomatischen und hospitalisierten COVID-19-Fälle nach Impfstatus
[19] UK Health Security Agency: COVID-19 vaccine surveillance report week 42
[20] Gibt es eine Korrelation zwischen Impfquote und Inzidenz?
[21] Der Effekt der Corona-Impfung auf die Fallzahlen – sumymus blog