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Sommer in den Zeiten des Klimawandels

Der Klimawandel wird zum Politikum

Wenn man der öffentlichen Diskussion folgt, so scheint der Klimawandel als virulentes Thema mittlerweile nahezu überall angekommen zu sein. Auch sonst politisch total Desinteressierte sind aufgeschreckt und glauben, im Wettergeschehen, sei es Trockenheit oder Starkregen, den sicheren Beweis für das heraufziehende klimatische Unheil zu erkennen.

Keine Partei, die den „Klimaschutz“ nicht als die Herausforderung schlechthin begreift (von der AfD einmal abgesehen). Ganz zu schweigen von den Grünen, die quasi jegliche politische Entscheidung unter das Klimakuratel stellen wollen. Aber auch für die meisten anderen Parteien ist Klimaschutz mittlerweile das Nummer 1 Thema.

Wie überzeugt man Klimawandel-Zweifler?

Tagein, tagaus, wiederholen die Medien in enervierender Regelmäßigkeit das Lamento vom menschengemachten Klimawandel, dem nötigen Klimaschutz, dem 1,5-Grad-Ziel und der bei zögerlichem Handeln drohenden Apokalypse. Gerne werden dabei passende Wetterstatistiken angeführt, die auch dem ungläubigsten Thomas klarmachen sollen, dass es hier keineswegs um mögliche Entwicklungen, sondern um knallharte Fakten geht.

Kein Zufall, dass die präsentierten Statistiken immer genau ins Bild passen: Wärmstes Jahr seit 1881, regenreichster Sommer, trockenster Sommer, schmelzendes Grönlandeis.

Der erfahrene Statistiker weiß natürlich, man kann die Zahlenbeispiele immer so auswählen, dass die intendierte Botschaft damit gestützt wird. Was nicht passt, das muss man ja auch nicht präsentieren. Deswegen bekommt das geneigte Publikum nur Statistiken zu sehen, die das Narrativ vom nahenden Klimaunheil vorbehaltlos stützen.

Auch Zweifler brauchen Bestätigung

Hier machen wir es umgekehrt. Im Juristenjargon: Wir suchen nicht einseitig nach der Schuld des Angeklagten, sondern befassen uns auch mit entlastenden Indizien.

Beigefügt sind 3 kleine Statistiken über das Wettergeschehen der letzten 66 Jahre in München. Es wird der Zeitraum von 1955 bis 2021 abgedeckt, damit sind wir schon in einer klimarelevanten Zeitspanne. Tatsächlich geht es nicht um singuläre Wetterereignisse, sondern um die Einordnung des Wetters im langfristigen Klimakontext. Ausgewählt wurden dazu die kältesten Temperaturen und die größten Regenmengen an einem Sommertag sowie die höchste Anzahl von Sommertagen mit einer Regenmenge über 1 l / m2 (entspricht 1 mm). Sommertage deshalb, weil der aktuelle Sommer 2021 tatsächlich schon ziemlich feucht war, was ja grundsätzlich in die Klimaprognose von den steigenden Regenmengen aufgrund der wärmeren und damit feuchteren Atmosphäre passt. Aber ist das wirklich so eindeutig?

Die Top 10 Jahre mit der höchsten Anzahl von Regentagen im Sommer

Werfen wir einen Blick auf Abb. 1.

Anzahl Sommerregentage

Abbildung 1: Die zehn Jahre mit der höchsten Anzahl von Sommertagen, an denen über 1 Liter/m2 Regen gefallen ist (seit 1955)

Man entnimmt der Darstellung, dass auch 2021 unter den Jahren mit einer hohen Anzahl von Sommerregentagen ist. Immerhin liegt der Sommer 2021 auf Platz 4. Die Plätze 1 und 2 sind aber von 1956 und 1957 belegt. Zunächst ist das also eine Bestätigung des Klima-Narratives. Andererseits fällt auf, dass 8 der 10 Jahre mit der höchsten Anzahl von Sommertagen, an denen über 1 Liter/m2 Regen gefallen war, in der linken Hälfte des Betrachtungszeitraums liegen. Das heißt nichts anderes als: Früher hat es im Sommer nicht weniger geregnet. Ganz im Gegenteil. In die 21 Jahre von 1955 bis 1975 fallen 7 der Top 10 Jahre mit vielen Sommerregentagen. Damals hatte also jedes dritte Jahr besonders viele Sommerregentage. Völlig anders im Zeitraum zwischen 1994 und 2020: Kein einziges Jahr mit besonders vielen Sommerregentagen, erst 2021 wieder. Mit anderen Worten: Die Sommer mit vielen Regentagen gab es auch früher, und nicht einmal selten.

Die Top 10 Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer

Und wie sieht es mit den Regenmengen aus? In Abb. 2 sind die Top 10 Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer dargestellt.

Regenmengen im Sommer

Abbildung 2: Die zehn Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer (seit 1955)

Wir haben ein ähnliches Bild, aber die Verteilung ist nicht ganz so extrem einseitig wie in Abb. 1. Sechs der Top 10 Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer liegen zwischen 1955 und 1973. Nur zweimal zwischen 1996 und 2021 waren Regenmengen unter den Top 10 der Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer zu verzeichnen. Das passt zur Aussage von Abb. 1: Auch früher gab es im Sommer viele Niederschläge. Der verregnete Sommer 2021 ist also keine Ausnahme, sondern entspricht eher dem, was man im mitteleuropäischen Sommerklima nun einmal erwarten muss.

Die Top 10 Jahre mit den kältesten Temperaturen an einem Sommertag

Neben den im Zuge des Klimawandels prognostizierten größeren Niederschlagsmengen geht es natürlich vor allem um die steigenden Temperaturen. Wie steht es damit?

In Abb. 3 sind die zehn Jahre mit den kältesten Temperaturen an einem Sommertag (seit 1955) grafisch dargestellt. Erstaunlicher Weise liegen diese Top-Kaltsommertage nicht etwa weit in der Vergangenheit, sie gruppieren sich vielmehr um die Jahre 1997 bis 2009. Tatsächlich fallen 9 der Jahre mit den kältesten Sommertagen in die Zeit nach 1995. Von den Jahren davor war nur das Jahr 1986 unter den Top 10. Und keines der 30 Jahre von 1955 bis 1985 ist unter den Top 10 vertreten. Daher kann man nur resümieren: Kalte Sommertage waren früher nicht etwa kälter als heute. Und tatsächlich ist auch das Jahr 2021 unter den Top 10 Jahren mit den kältesten Temperaturen an einem Sommertag. Ganz so eindimensional ist das mit den steigenden Temperaturen offensichtlich nicht.

Kälteste Sommertage

Abbildung 3: Die zehn Jahre mit den kältesten Temperaturen an einem Sommertag (seit 1955)

Wird damit der Klimawandel widerlegt? 

Aber nein! Selbstredend wird damit keineswegs bewiesen, dass der Klimawandel nicht stattfindet, zumal wir nur das Beispiel München betrachtet haben. Das war auch nicht das Ziel. Zweifellos ist der Klimawandel Fakt. Schon einfach deswegen, weil das Klima noch nie in der Erdgeschichte über längere Zeiträume konstant war. Es sollte lediglich gezeigt werden, dass die simple und beziehungslose Wetterbeobachtung eben keine stichhaltigen Belege für den (menschengemachten) Klimawandel liefern kann. Ebenso wenig taugen platte Statistiken dafür. Wir haben aber ansatzweise gesehen: Wenn man dies wollte, könnte man die Öffentlichkeit mit Statistiken sicher auch in Richtung einer vermeintlich bestehenden Klimastabilität manipulieren.

Einseitige Kommunikation ist Manipulation

Man muss sich vergegenwärtigen, dass die in den Medien angeführten „Beweise“ wenig bis nichts dazu beitragen, den (menschengemachten) Klimawandel zu bestätigen. Was dabei präsentiert wird, sind vielmehr gefilterte Realitätsausschnitte, ausgewählt mit dem Ziel, die intendierte Botschaft möglichst prägnant zu vermitteln. Am besten gelingt das mit geeignet aufbereiteten Schaubildern und Statistiken oder dem Hinweis auf dieses oder jenes dienliche Wetterphänomen. Wie wir einleitend gesehen haben, ist der Ansatz überaus erfolgreich. Man erkennt aber ebenso, dass die Kommunikation durchaus manipulative Züge trägt.

Auch wenn immer wieder auf die bestehende wissenschaftliche Mehrheitsmeinung zum Klimawandel verwiesen wird: Es geht letztlich um eine politische Agenda. Diese hat zwar ihren Ursprung in den Erkenntnissen von Wissenschaftlern, sie ist aber überfrachtet mit politischen Botschaften. Die klimatische Veränderung wird gleichermaßen einseitig und eindimensional dargestellt und es wird so getan, als könne man gleichsam durch Verzicht aufs Autofahren oder Fleischessen aus Deutschland heraus das Weltklima schützen und so den Klimawandel bremsen oder gar aufhalten.

Ein letztes Wort noch: Der katastrophale Starkregen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Juni ist kein Beleg für den Klimawandel, auch wenn er von interessierten Kreisen gerne dafür herangezogen wird. Die Tragödie ist eher ein Zeugnis für eine unzulässig hohe Siedlungsdichte in hochwassergefährdeten Gebieten im Verein mit einem ungenügenden Katastrophenschutz.


[1] Gutes Klima – Globale Erwärmung, CO2 und der ganze Rest (1)

Corona-Impfung: Nutzen und Risiko

Die Impfung dient dem Selbstschutz

Immer wieder liest man widersprechende Thesen über die Sinnhaftigkeit der Corona-Impfung. Mal wird es als soziale Verpflichtung ausgegeben, weil man damit der Ausbreitung des Virus vermeintlich einen Riegel vorschiebt, mal wird gesagt, es gehe doch vor allem darum, das Risiko von schweren Krankheitsverläufen zu reduzieren. Letzteres gewährleisten die Corona-Impfstoffe mit hoher Wahrscheinlichkeit – jedenfalls gemäß Zulassung.

Die Wirksamkeit darf dabei nicht als eine dem Geimpften individuell zugesicherte Eigenschaft der Impfung missverstanden werden, sie ist vielmehr eine statistische Wahrscheinlichkeit. Der Zahlenwert ergibt sich aus dem Vergleich der Anzahl der Krankheitsfälle in einem Kollektiv von Geimpften mit der Anzahl der Krankheitsfälle in einem Kollektiv von Ungeimpften.

Für Comirnaty (BionTech/Pfizer) und Spikevax (Moderna) werden diesbezüglich 95 % Wirksamkeit angegeben. Die Wirksamkeit der Impfung mit Vaxzevria (AstraZeneca) liegt bei 80 %, während für COVID-19 Vaccine Janssen (Johnson & Johnson) 70 % dokumentiert sind.

Um es an dieser Stelle kurz und knapp auf den Punkt zu bringen: Da die bisher verfügbaren Corona-Vakzine zu keiner sterilen Immunität führen, dient die Impfung vor allem dem Selbstschutz. Nicht ausschließlich, aber doch weit überwiegend. Eine darüber hinausgehende soziale Komponente gibt es nicht wirklich. Die lange Zeit propagierte Herdenimmunität hat sich als Chimäre entpuppt.

Sind Impfkomplikationen bekannt?

Unklarheit herrscht offenbar auch bezüglich der möglichen Nebenwirkungen der Impfung. Manche sprechen von 30 % Impfschäden, andere vertreten die völlig konträre Position und verneinen jegliches Risiko: Noch nie etwas von Impfschäden gehört, das sind doch alles nur Fakes.

Nun, man muss darüber keine Vermutungen anstellen. Es gibt dazu offizielle Zahlen einer Bundesbehörde. Das Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel (Paul-Ehrlich-Institut; www.pei.de) gibt monatlich einen Sicherheitsbericht zu den Corona-Impfreaktionen in Deutschland heraus.

Die Zahlen zum Impfrisiko in aller Kürze

Der aktuelle Bericht ist auf den 19.08.2021 datiert und erstreckt sich über den Zeitraum vom 27.12.2020 bis zum 31.07.2021. In diesen 7 Monaten wurden insgesamt 131.671 Fälle von Impfkomplikationen offiziell an das PEI gemeldet, davon waren 14.027 als „schwerwiegend“ klassifiziert. Betreffend der Dunkelziffer zu den nicht gemeldeten unmittelbaren Nebenwirkungen der Impfung weiß man natürlich nichts. Man kann aber davon ausgehen, dass leichtere Fälle wohl kaum Eingang in die offizielle Statistik finden.

Um die absoluten Zahlen einzuordnen: 14 von 10.000 Impfungen hatten unerwünschte Nebenwirkungen oder sonstige Komplikationen zur Folge, immerhin 2 von 10.000 Fällen führten zu „schwerwiegenden“ Impfkomplikationen. Natürlich weiß man noch nichts über mögliche langfristige Impffolgen.

Sind auch Todesfälle zu verzeichnen?

Was der Bericht ebenfalls dokumentiert: In 1.254 Meldungen aus den letzten 7 Monaten wurde über einen tödlichen Ausgang „in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zur Corona-Impfung“ berichtet. Zum Vergleich: Im Verlaufe der 21 Jahre davor waren seit dem Jahr 2000 insgesamt 456 Todesfälle nach Impfungen gemeldet worden (etwa 22 Fälle pro Jahr).

Das zeigt zumindest: Die aktuell verfügbaren Corona-Impfstoffe gehören nicht zu den sichersten und harmlosesten Vakzinen, die je entwickelt wurden. Das ändert indessen nichts daran, dass die Impfung in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle vor allem Nutzen stiftet.

Impfentscheidung nach Altersgruppe

Das Risiko von schwerwiegenden Impfkomplikationen oder gar Tod infolge einer Impfung ist in fast allen Altersgruppen signifikant geringer, als das von einer COVID-19-Infektion ausgehende Risiko.

Bei den Über-60-Jährigen ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis der Impfung ganz klar positiv. Zu den Jüngeren hin (60 – 40) wird der Unterschied kleiner, die Nutzen-Risiko-Abwägung bleibt aber noch im Plus. Bei den Unter-40-Jährigen nähern sich das Impfrisiko und das COVID-19-Risiko einander an, aber erst bei den ganz Jungen drehen sich die Verhältnisse um, so dass die Impfung für diese Gruppe – im Hinblick auf den erwarteten Selbstschutz – keinen Gewinn bringt.

Beurteilung des Infektionsrisikos

Um das resultierende Risiko für eine Ansteckung bei einer Inzidenz von 100 an einem Beispiel plausibel zu machen: Jemand der 700 zufällig gewählte Personen ohne Schutzvorkehrungen trifft und ihnen dabei so nahe kommt, dass eine Infektion nicht ausgeschlossen werden kann (nach den Maßstäben der Corona-Warn-App heißt dies: 10 Minuten in einem Abstand < 1,5 m), wird sich dabei mit einer Chance von 50 % infizieren. Das tatsächliche Infektionsrisiko ist sogar noch deutlich geringer, weil 1. die Infektiosität aufgrund der ungleichen Virenlast von Positivbefunden sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, und 2. die Infektionsgefahr im zugrundeliegenden Zeitraum (7 Tage) nach einem Peak bald wieder abfällt. Daher führt nicht jeder enge und langanhaltende Kontakt mit einem akut infektiösen Virenträger mit Sicherheit zur Übertragung. Wenn wir unterstellen, dass jeder zweite enge und langanhaltende Kontakt mit Sicherheit zur Virenübertragung führt, reduziert sich daher das Infektionsrisiko bei einer Begegnung mit 700 zufällig ausgewählten Personen auf 25 %.

Sofern alle Beteiligten eine Maske tragen und dafür eine Schutzwirkung von 90 % angenommen wird, kann man demnach für dieselbe Infektionswahrscheinlichkeit von 25 % gar mit 7000 Personen in engen Kontakt treten. Da zudem, je nach Alter und Disposition, 80 % – 99 % der Infektionen mehr oder weniger harmlos verlaufen, wird klar, dass für Angst- und Panikmache unter rationalen Gesichtspunkten kein Platz ist. Die besonders von potentiell schweren Verläufen Betroffenen (z.B. spezifisch Vorerkrankte, Übergewichtige, Alte über 70 oder 80) müssen indessen besondere Vorsicht walten lassen. Wie bereits oben gesagt, ist hier die Impfung fraglos eine gute Entscheidung.


[1] Paul-Ehrlich-Institut: Corona Sicherheitsbericht

[2] Ärztekammer kritisiert Beschluss zu Kinderimpfungen scharf

[3] Der Streit um das dritte G – Sollen die drei Gruppen gleich behandelt werden? Bund plant Nachteile für Ungeimpfte

[4] Die Impfung ist hilfreich, der Impfdruck nicht

[5] Die Corona-Pandemie: Alter ist der dominierende Risikofaktor

[6] Die ominöse Herdenimmunität

[7] Virologe Stöhr prognostiziert „dramatische Entspannung“: Im Frühjahr soll die Pandemie endgültig vorbei sein | Merkur

Die Impfung ist hilfreich, der Impfdruck nicht

Zwei rationale Perspektiven auf die Impfung

Aus der staatlichen Perspektive der Pandemiebekämpfung macht die Impfung zweifellos Sinn, weil von dieser Warte aus gesehen der gesellschaftliche Nutzen höher gewichtet wird als das von Einzelnen getragene Risiko. Weniger klar ist die Situation aus der Sicht des Individuums. Die Abwägung folgt in diesem Falle zwangsläufig anderen Mechanismen. Dabei sind beide Perspektiven rational und ethisch vertretbar.

Der individuelle Nutzen der Impfung ist direkt abhängig vom bestehenden COVID-19- Erkrankungsrisiko. Für jüngere Personen ist das COVID-19-Risiko gering. Damit bleibt auch der Nutzen der Impfung klein. Völlig anders bei Älteren. Sie tragen teilweise ein vielfach höheres COVID-19-Risiko als z.B. Personen unter 40 und haben daher auch einen entsprechend höheren Nutzen. Auf der anderen Seite muss der individuell unterschiedliche Nutzen mit einem unzweifelhaft bestehenden Impfrisiko bezahlt werden (s.u.).

Das Versicherungsprinzip: Das Risiko auf die Schultern der Vielen verteilen

Bei einer Versicherung wird das Risiko gleichmäßig auf die Mitglieder der Versicherungsgemeinschaft verteilt. Die Versicherten zahlen Prämien in einen gemeinsamen Topf. Das individuelle Pech der wenigen Geschädigten wird von der Versicherung durch Griff in den Topf der angesparten Versicherungsprämien finanziell ausgeglichen.

  • Maxime: Einige profitieren, alle anderen müssen relativ wenig zahlen.

Dieses Prinzip ist bekannt und allgemein akzeptiert. Wer sich nicht in den Schutz der Versicherungsgemeinschaft begibt, muss im Schadenfall die gesamten Kosten selber tragen. Dafür erspart er sich die Versicherungsprämien. Das kann im Einzelfall sinnvoll sein, wenn das individuelle Risiko ungewöhnlich klein ist.

Ganz anders verhält es sich bei der Corona-Impfung. In gewisser Weise kommt es hier zu einer Umkehrung des Versicherungsprinzips.

Das Prinzip der Impfung: Den Nutzen möglichst vielen zugänglich machen

Bei der Corona-Impfkampagne wird nicht das Risiko, sondern der aus der Impfung resultierende Nutzen auf die „Impfgemeinschaft“ verteilt. Potentiell sind alle Geimpften Nutznießer der Impfung. Allerdings tragen nur die wenigen Impfgeschädigten die Kosten dafür.

  • Maxime: Einige müssen relativ viel zahlen, alle anderen profitieren.

Man muss sich klar machen, dass die vorstehende Regelbeziehung den Versicherungsgedanken gewissermaßen umdreht. Auch wenn das Prinzip in dieser prägnanten Form kaum allgemein bekannt sein dürfte, führt das offenbar doch bei vielen zu einer eher skeptischen Haltung und im Ergebnis zu einer geringeren Akzeptanz der Impfkampagne. Impfung und Versicherung sind ungleiche Brüder.

Spiegelbildlich zur obigen Situation gilt: Wer sich für die Impfung entscheidet (sich also in den Schutz der Impfgemeinschaft begibt), muss im Schadenfall die gesamten Kosten selber tragen, denn für Leib und Leben gibt es keinen adäquaten Ersatz. Auf der anderen Seite verzichten die Verweigerer auf den Nutzen der Impfung und nehmen das Erkrankungsrisiko in Kauf. Ähnlich wie oben kann das aber im Einzelfall durchaus rational begründet sein, wenn der individuelle Nutzen eher klein ausfällt, weil auch das Risiko gering ist.

Diese Problematik scheint den Politikern durchaus bewusst zu sein. Indem man Geimpften zusätzliche Freiheiten in Aussicht stellt, erhöht man den persönlichen Nutzen der Impfung. Das mag nicht wenige Skeptiker dazu bringen, ihre individuelle Nutzenbetrachtung zu überdenken. Solche Anreize sind ganz klar sachfremder Natur, weil dadurch ja nicht die eigentlich intendierte Schutzwirkung der Impfung erhöht wird. Vom ethischen Standpunkt aus gesehen ist dieses Vorgehen zumindest fragwürdig. Im Effekt kann das dennoch zum gewünschten Ergebnis der höheren Impfbereitschaft führen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der erwartete Zusatznutzen in der persönlichen Bewertung hinreichend hoch ausfällt.

Wie hoch sind die Risiken?

Laut offiziellem Corona-Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich Instituts (der doch auch den verantwortlichen Politikern vorliegen sollte) gibt es in Deutschland für das erste Halbjahr 2021 fast 110.000 an das Institut gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen. Viele dieser Meldungen beziehen sich auf letzten Endes vorübergehende Beeinträchtigungen. Es bleiben aber immerhin noch mehr als 10.000 schwerwiegende Fälle, darunter einige hundert Todesfälle und ebenso viele Personen mit bleibenden Schäden.

Wie im Bericht weiter zu lesen ist, führt etwa 1 von 10.000 Impfungen zu ernsthaften Komplikationen. – Ist das wenig? Oder ist das viel?

Die Wahrscheinlichkeit ist jedenfalls in etwa so groß, wie die Chance für 4 Richtige plus Zusatzzahl beim Lotto. Jede Woche gibt es mehr als 2.000 „Gewinner“ mit einer Zahlenkombination in dieser Gewinnklasse.

Verhalten sich Impfzauderer irrational?

Angesichts der dargelegten, objektiv bestehenden Faktenlage ist es völlig unangebracht, Menschen, die derzeit noch zögern sich impfen zu lassen, irrationales Verhalten oder gar Schlimmeres vorzuwerfen. Ihre Zurückhaltung ist vernunftgemäß und verantwortungsvoll. Sie nehmen in ihrer Bewertung die vorbehaltslos legitime und ethisch absolut vertretbare Individualperspektive ein. Das ist in diesem Fall (s. obige Versicherungsanalogie) die Perspektive derer, die nicht bereit sind, für die Gewinne der anderen zu zahlen.

Man kann es auch so formulieren: Impfen ist vernünftig, Nicht-Impfen ebenso!

Eigenverantwortung ist die erste Bürgerpflicht

Das Individuum kann in der freiheitlichen Demokratie weder faktisch noch moralisch dazu verpflichtet werden, seine Entscheidungen sozusagen bedenkenlos einer vermeintlichen Staatsräson unterzuordnen. Die erste Bürgerpflicht heißt Eigenverantwortung, nicht Patriotismus.

Ob man das Impfrisiko in der Abwägung mit dem individuellen Infektions- und COVID-19-Erkrankungsrisiko eingehen mag, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Jedenfalls verbietet sich nach der objektiven Sachlage jegliche Bevormundung von politischer Seite. Auch sozialer Druck ist weder rational begründbar noch moralisch angemessen.

Von wissenschaftlicher Seite sind Fakten willkommen – und wie es sich gehört, sollten die Fakten von den persönlichen Meinungen und individuellen Stimmungsbildern getrennt werden. Dies gilt vor allem auch deswegen, weil die wissenschaftlichen Erkenntnisse betreffend Corona sich schon häufig als sehr volatil erwiesen haben und nicht selten neue Einsichten die erst kürzlich von berufener Seite geäußerte Meinung und durchaus begründete Vermutung postwendend widerlegt haben.

Die Herdenimmunität ist eine Chimäre

Der oft gehörte Verweis auf die Herdenimmunität hilft in dieser Sache absolut nicht weiter. Die Herdenimmunität definiert lediglich die mathematische Grenze, ab welcher die exponentielle Ausbreitung des Virus bei einem gegebenem Reproduktionsfaktor eingedämmt ist. Selbst wenn sie erreicht ist, kann sich das Virus immer noch ausbreiten und auch Neuinfektionen in großer Anzahl sind keineswegs ausgeschlossen.

Der Begriff der Immunität bei einer Einzelperson ist nicht derart simpel übertragbar auf die Immunität der Gesellschaft als Ganzes. Es ist irreführend, wenn die Herdenimmunität – leider auch von Wissenschaftlern – immer wieder mit diesem Zungenschlag zitiert wird, um damit für eine höhere Impfbereitschaft zu werben.

Resümee

Durch die Impfung schützt man in Abhängigkeit vom individuellen COVID-19-Risiko vor allem sich selbst, da schwere Krankheitsverläufe unwahrscheinlicher werden. Das ist ein wirklich valides und seriöses Argument Pro Impfung. Ansonsten gilt: Geimpfte können sich infizieren und das Virus weitergeben, in geringerem Umfang zwar, aber doch grundsätzlich ähnlich, wie das auf Ungeimpfte zutrifft. Jedenfalls gilt das für die Delta-Variante.

Ein soziales Argument nach dem Motto: „Wer sich impfen lässt, schützt seine Lieben“ oder „Sich impfen zu lassen ist eine soziale Verantwortung“ hält der kritischen Betrachtung nicht stand und ist in dieser Absolutheit falsch, auch wenn die Infektionswahrscheinlichkeiten tendenziell geringer sind.

Man muss sich dabei immer wieder klar machen, dass auch bei einer Inzidenz von 100 pauschal 99,9% der Menschen nicht infektiös sind. Nur 1 von 1000 ist Virenträger und daher besteht auch nur bei 1 Person von 1000 ein Infektionsrisiko, 999 Menschen sind einfach nur gesund und infektionsfrei.


Quellen

[1] Der Streit um das dritte G – Sollen die drei Gruppen gleich behandelt werden? Bund plant Nachteile für Ungeimpfte

[2] Verschärfungen für Ungeimpfte? SPD gegen Spahns Vorschlag

[3] „Impfen ist ein patriotischer Akt“ – Spahn will den Druck auf Ungeimpfte im Herbst erhöhen

[4] Ärztekammer kritisiert Beschluss zu Kinderimpfungen scharf

[5] Aiwanger: Gesprächsbedarf mit Söder wegen Impf-Drucks

[6] Aiwanger kontert Vorwürfe im Impfstreit

[7] Bis zu 150 Euro Belohnung: Wo Sie für die Corona-Impfung Geld bekommen – auch eine Bratwurst diente als Köder

[8] Die Corona-Pandemie: Alter ist der dominierende Risikofaktor

[9] Die ominöse Herdenimmunität

[10] Paul-Ehrlich-Institut: Sicherheitsbericht 27.12.2020 bis 30.06.2021

Gefahr durch Corona-Varianten

Angst- und Panikmache sind noch immer die bestimmenden Elemente der Corona-Politik. Nachdem das Original-China/Wuhan-Virus kaum noch vorkommt, müssen nun gefährliche Corona-Varianten und -Mutanten für die offenbar als nötig angesehene Hysterie sorgen.

Und ja, es funktioniert: 80% der Menschen sind verängstigt.

Appell an die Eigenverantwortung: Fehlanzeige.

Die Corona-Politik schießt übers Ziel hinaus

Dem mündigen Staatsbürger sollte dieser ganze Vorgang eine Warnung sein: Die verbrieften Grundrechte sind keine Selbstverständlichkeit. Unter dem Dogma einer einseitigen staatlichen Gesundheitsfürsorge drohen sie im Zuge der Corona-Pandemie dauerhaft Schaden zu nehmen.

Hier ein Auszug aus den Schlagzeilen der letzten Wochen und Monate
  • Corona-Mutanten auf dem Vormarsch
  • Gefährliche britische Mutation B.1.1.7 (Alpha-Variante) ist um 70 % ansteckender und auch tödlicher …
  • Corona-Mutante P.1 überrennt Brasilien …
  • Angst vor der brasilianischen Gamma-Variante … sie ist aggressiver und resistent gegen Vakzine
  • Die Südafrika-Mutation B.1.351 (Beta-Variante) ist hochgefährlich
  • Lambda-Mutation C.37 breitet sich aus
  • Die indische Mutante B1.617.2. (Delta-Variante) ist auf dem Vormarsch … 40% ansteckender und auch tödlicher
  • Delta-Variante ist tödlicher als die bisher bekannten Mutationen – auch für Geimpfte
Und weiter mit der Hysterie
  • Delta-Variante breitet sich auch in Deutschland weiter aus
  • Coronavirus in Deutschland: Delta-Variante dominiert erstmals
  • Delta wird durch Schulen rauschen
  • Delta verbreitet sich wie ein Lauffeuer
  • Delta-Variante: Warum die Corona-Mutation so gefährlich ist …
Panikmache kann auf Verunsicherung nicht verzichten

Um die Verunsicherung perfekt zu machen, gibt es auch dies, es geht aber unter:

  • 06/2021 – Studie zur Delta-Variante: … ist weder pathogener noch letaler … 
  • 06/2021 – Corona-Studie zweifelt an PCR-Tests: „Nicht hinreichend für politische Maßnahmen“
  • 07/2021 – Corona-Studie mit überraschendem Ergebnis: Mehr als 42 Prozent wissen nichts von Infektion

Was nichts anderes heißt, als dass sich die tatsächliche Gefährlichkeit des Virus schlagartig fast halbiert hat.

Das Reservoir an neuen Varianten ist unerschöpflich

Hier noch Vorschläge für weitere gefährlich klingende Bezeichnungen, die geeignet sind, die Angst weiter zu schüren:

Corona-Max-Deviation, Aggressiv-Virus-Wandlung, Corona-T311-Abweichung, CHET-Virus-Aberration, Omega-Virus-Abart, Virus-Divergenz-Linie, C137-Hochpathogen-Typ, Maximal-Letal-Mutation, Dschim-Exzessiv-Variante, Black-Hole-Korpuskel, Armageddon-Varianz-Mutation, RNA-Differenzial-Typus, U235-Aggressions-Gattung, Exitus-Mutante …

Die ultimative Lösung für das Problem der Gendersprache

Gendersprache ist „in“

Noch vor 10 Jahren begegnetem einem Wörter wie „Kund*innen“, „BürgerInnen“, „Genoss_innen“, „Kolleg:innen“ nur höchst ausnahmsweise, vielleicht auf einen Treffen der Jungsozialisten, in der TAZ oder in der pseudowissenschaftlichen Arbeit einer abgebrochenen Germanistik- oder Soziologiestudentin. Mittlerweile kann man sich aber der immer weiter und immer schneller um sich greifenden Verbreitung der Gendersprache kaum mehr entziehen. In den sich fortschrittlich gebenden, eher dem linken Meinungsspektrum zugehörigen Magazinsendungen sind solche Substantive mittlerweile im Radio und Fernsehen hören. Da ist z.B. die Rede von Mitarbeiter…innen, Wähler…innen oder Ministerpräsident…innen. Die 3 Pünktchen muss man sich hier als winzige Sprechpause vorstellen. Etwa so, wie sie jemand macht, der über die entsprechende Stelle „stolpert“, und deswegen beim Sprechen ganz kurz innehält. Es hört sich an, wie ein leichtes Stottern.

Stottern für die Gleichberechtigung: Das Genderstottern

Der Fachbegriff für dieses Stolpern – also für die kleine Sprechpause – lautet „Glottisschlag“. In der Konsequenz dreht man damit das in der Sprache verankerte generische Maskulinum um, denn mit dem Glottisschlag wird eigentlich nur noch die feminine Form hörbar. Beispiel: Wenn ein Sprecher „Kund…innen“ sagt, dann hört man „Kundinnen“ mit dem erwähnten kleinen Stolperer. Im Zweifel ist es kaum möglich, ein gesprochenes „Kundinnen“ von „Kund*innen“ zu unterscheiden. Von „Kunden“ ist dabei jedenfalls nicht die Rede. Sind die dann explizit ausgeschlossen?

Diese Frage ist insofern berechtigt, als dass die Form „Kundinnen“ normalerweise ja eine Ableitung von „Kunden“ ist. Der Kreis der Angesprochenen wird daher näher spezifiziert. Anders gesagt: Kundin ist konkreter als Kunde und wirkt somit im Hinblick auf die getroffene Aussage eingrenzend und demnach – vielleicht ungewollt – auch ausgrenzend. Dagegen meint „Kunde“ die Gesamtheit völlig ohne Ansehen der geschlechtlichen Identität. Eventuell wäre es ratsam, die Nachrichten zu untertiteln, um bezüglich der „Kund…innen“ definitiven Aufschluss zu bekommen.

Wohin soll das führen? – Geschlechterneutrale Sprache

Es gibt es eine Reihe von Vorschlägen für genderneutrale Sprache. Alle laufen im Wesentlichen darauf hinaus, das generische Maskulinum zu überwinden. Wenn immer es geht, sollen stattdessen explizite weibliche Formen oder kombiniert weibliche und männliche Bezeichnungen (mit Gendersternchen o. ä., z.B. Lehrer*in) verwendet werden. Einige fordern das generische Femininum, also die weibliche Form als generischen Stamm. Z.B. Lehrerin als Grundform, die Frauen und Männer gleichermaßen meint, ggf. dann Lehrer als Ableitung davon zur Bezeichnung von männlichen Personen. In einer weniger radikalen Ausprägung verwendet man die männliche und die weibliche Form gleichrangig nebeneinander (z.B. Lehrerinnen und Lehrer, weitere Beispieltexte s. *Innen*Ansichten eines Beteiligten), was indessen die Texte teilweise extrem aufbläht und unleserlich macht.

Durch jede dieser Varianten wird die Sprache aufs Schaurigste verunstaltet, bei der einen mehr, bei der anderen weniger. Die Befürworter legen den Fokus auf die äußere Form und vergessen darüber den funktionalen Aspekt.

Schönheit und Eleganz gehen der Sprache unversehens verloren. Einfachste Aussagen werden sperrig. Umständlichkeit und Langatmigkeit werden zum tragenden Sprachkonzept. Stringenz und Klarheit bleiben auf der Strecke.

Es ist eine offene Frage, ob schöngeistige Literatur auf diesem Boden überhaupt gedeihen kann. Wenn die Verpackung zur Botschaft wird, bleibt der Inhalt unsichtbar.

Ein konstruktiver Lösungsvorschlag

Um all diesem dauerhaft zu entgehen, also die Sprache zu retten und dennoch den Wünschen der radikalen Sprachreformer nahezu vollständig zu entsprechen, wird im Folgenden eine durchgängige Sprachreform vorgeschlagen. Es geht dabei darum, die Schönheit der Sprache zu erhalten, überflüssiges Brimborium zu vermeiden sowie Wörter und Sätze nicht unnötig zu verlängern. Deutsch soll als Kultursprache weiterbestehen und nicht zur Lachnummer verkommen.

Das Reformkonzept in aller Kürze

Die Reform ist überaus simpel und besteht im Wesentlichen aus den folgenden Schritten und Phasen:

  1. Genus-Vertauschung
    Vertauschung des Genus maskulin mit dem Genus feminin unter Beibehaltung der jeweiligen Artikel und sinngemäßer Pluralbildung.
  2. Maskulin-feminines Intermezzo
    Durchgängige Anwendung der Regeln nach Schritt 1 für eine gewisse Zeitspanne, die aber auch sehr kurz sein kann.
  3. Wegfall des auf Personen mit dem Sexus „maskulin“ angewendeten Genus
    Aus Gründen der Sprachökonomie streicht man das Personen mit männlichem Sexus adressierende Genus. Das auf Personen mit weiblichem Sexus angewendete Genus wird Femininum genannt.
  4. Ziel: Generisches Femininum
    Das überkommene generische Maskulinum wird durch das neu definierte Femininum ersetzt und wandelt sich so zum generischen Femininum. Das Femininum kommt ausnahmslos für alle geschlechtlichen Identitäten zur Anwendung und entfaltet sich so zum universellen geschlechtsneutralen Genus.

Der überaus einfache Ablauf ist in Abb. 1 dargestellt. Die Schritte werden im Folgenden erläutert.

Blitzsprachreform – vom generischen Maskulinum zum generischen Femininum in wenigen kurzen Schritten

Abbildung 1: Blitzsprachreform – vom generischen Maskulinum zum generischen Femininum in wenigen kurzen Schritten

Genus-Vertauschung

Vertauschung der Genus-Sexus Beziehungen Genus maskulin ↔ Sexus männlich bzw. Genus feminin ↔ Sexus weiblich dahingehend, dass für männliche Personen konsequent die bis dato weibliche Form (also das Genus „feminin“) zur Anwendung kommt. Umgekehrt wird für Personen weiblichen Geschlechts ausnahmslos die bis dato maskuline Form (also das Genus „maskulin“) gebraucht. Die Artikel bleiben erhalten. Die Regel für die Pluralbildung bleibt bezogen auf die jeweilige Stammform unverändert.

Beispiele: Statt Lehrer sagen und schreiben wir zu einer männlichen Lehrkraft künftig „Lehrerin“, im Plural „Lehrerinnen“. Umgekehrt sagen und schreiben wir zu einer weiblichen Lehrkraft künftig „Lehrer“, im Plural „Lehrer“. Und so halten wir es ausnahmelos in jeder entsprechenden Bezeichnung: Bürger (Mann) wird zu Bürgerin (Mann), Bürgerin (Frau) wird zu Bürger (Frau). Kollege (Mann) wird zu Kollegin (Mann), Kollegin (Frau) wird zu Kollege (Frau). Anwalt (Mann) wird zu Anwältin (Mann), Anwältin (Frau) wird zu Anwalt (Frau), Oberbürgermeister (Mann) wird zu Oberbürgermeisterin (Mann), Oberbürgermeisterin (Frau) wird zu Oberbürgermeister (Frau) usw.

Wenn im Plural die Geschlechter aus Gründen der Höflichkeit genannt werden (Doppelnennung, Beidnennung), ändert sich somit nur die Reihenfolge: Bürgerinnen und Bürger wird zu Bürger und Bürgerinnen, Wählerinnen und Wähler wird zu Wähler und Wählerinnen.

Maskulin-feminines Intermezzo

Nach der Umsetzung des erstens Schritts kommt es nun zu einer sicher nicht ganz einfachen Phase der gegenseitigen Vertauschung der grammatikalischen Geschlechter. Die Zeitspanne für die durchgängige Anwendung der Genus-Vertauschungsregeln kann aber auch sehr kurz gehalten werden.

Im Folgenden betrachten wir ein Textbeispiel zur Verdeutlichung des Ablaufs.

Beispieltext im Original (vor der Genus-Vertauschung)

Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrer, sie ist Klempnerin. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schülerin und möchte Lehrerin werden, vielleicht aber auch Bergsteigerin. Der Sohn ist Auszubildender und möchte gerne Schreiner werden, vielleicht aber auch Koch. Herr Meier wäre viel lieber Jurist geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwalt oder als Richter arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Gesellin bleiben und will sich daher noch zur Handwerksmeisterin fortbilden und später als Unternehmerin tätig sein.

Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Studentin, ein Arzt, eine Rechtsanwältin, ein Steuerberater, eine Lehrerin, ein Wissenschaftler, eine Politikerin, der Bürgermeister, der Stadtkämmerer und die Bürgermeistersekretärin. Daneben waren aber auch eine Schülerin sowie ein Vertreter der Elternverbände anwesend.

Beispieltext im maskulin-femininen Intermezzo (nach der Genus-Vertauschung)

Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrerin, sie ist Klempner. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schüler und möchte gerne Lehrer werden, vielleicht aber auch Bergsteiger. Der Sohn ist Auszubildende und möchte gerne Schreinerin werden, vielleicht aber auch Köchin. Herr Meier wäre viel lieber Juristin geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwältin oder als Richterin arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Geselle bleiben und will sich daher noch zum Handwerksmeister fortbilden und später als Unternehmer tätig sein.

Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerinnenzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Student, ein Ärztin, eine Rechtsanwalt, ein Steuerberaterin, eine Lehrer, ein Wissenschaftlerin, eine Politiker, der Bürgermeisterin, der Stadtkämmererin und die Bürgermeistersekretär. Daneben waren aber auch eine Schüler sowie ein Vertreterin der Elternverbände anwesend.

Wegfall des auf Personen mit dem Sexus „maskulin“ angewendeten Genus

Während der Zeitspanne der Genus-Vertauschung im maskulin-femininen Intermezzo erkennt die große Mehrheit der Sprechenden, Schreibenden, Hörenden und Lesenden, Männer wie Frauen, wie überflüssig die spezifisch für Männer reservierten Suffixe „in“ und „innen“ in Wahrheit doch sind. Tatsächlich ist es mindestens sonderbar, für Personen mit dem biologischen Geschlecht „männlich“ immer wieder die spezifisch männliche Form zu erwähnen, ohne dass dadurch irgendein substanzieller Mehrwert entsteht.

Ein Beispiel: In der Begrüßung „Guten Tag, Herr Lehrerin“, drückt die Endung „in“ ja nur aus, dass hier eine männliche Lehrkraft persönlich angesprochen wird. Indessen ist dieser Umstand schon mit der Anrede „Herr“ unmissverständlich klar. Das Suffix ist daher überflüssig. Zudem ist das biologische Geschlecht der Lehrkraft für die Arbeit des Lehrens absolut irrelevant. Darauf gleich doppelt zu verweisen lenkt daher im Zweifel schon in der Anrede vom Inhalt das danach Gesagten ab.

Im Übrigen sollte das Bemühen im Zentrum stehen, die Person als Mensch anzusprechen, als seiendes Wesen. Dessen geschlechtliche Identität ist nahezu immer völlig ohne Belang. Die Unterscheidung in der Anrede „Herr“ bzw. „Frau“ behält man lediglich aus Gründen Höflichkeit bei. Grundsätzlich ist auch dies absolut verzichtbar.

Bei der Pluralbildung gilt ähnliches: Bürgerinnen und Bürger, Wählerinnen und Wähler, Kolleginnen und Kollegen, usw., das sind im Kern redundante Doppelungen. Nach der Genusvertauschung sind Männer Bürgerinnen, Wählerinnen bzw. Kolleginnen, das ist völlig klar. Warum sollte man sich dessen ständig aufs Neue versichern? Die Endung „innen“ ist überflüssiger Ballast und kann daher entfallen.

Generisches Femininum

Die geschlechtliche Identität des Individuums ist ihrem tiefsten Ursprung nach lediglich eine im Hinblick auf die biologische Reproduktion hin ausgerichtete bzw. diesbezügliche relevante Eigenschaft. Indem man das biologische und das grammatikalische Geschlecht geradezu zwanghaft in Einklang zu bringen sucht, geht man in die Falle voraufklärerischen Denkens und erreicht eigentlich das genaue Gegenteil des Intendierten. Auf diesem Wege unterscheidet und trennt man. Der Mensch als denkendes Wesen wird nach seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert, das ist das Gegenteil von Inklusion. Es ist eine Form von Ausgrenzung.

Die den Sexus adressierende Benennung liefert eine meist völlig redundante Information, die die Sprache aufbläht und Wörter unnötig verlängert. Aus Gründen der Sprachökonomie streicht man daher das Personen mit männlichem Sexus adressierende Genus und verwendet ausschließlich das für Personen mit weiblichem Sexus reservierte Genus.

Unverkennbar wird damit das bisher geltende generische Maskulinum zum Femininum: Wir erhalten ein aus der Sprache abgeleitetes generisches Femininum. Dies wird ohne Ausnahme auf alle Menschen gleich welcher geschlechtlichen Identität angewendet. Das solchermaßen begründete generische Femininum ist daher offenkundig absolut geschlechterneutral.

Beispieltext auf Basis des neuen generischen Femininums

Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrer, sie ist Klempner. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schüler und möchte gerne Lehrer werden, vielleicht aber auch Bergsteiger. Der Sohn ist Auszubildender und möchte gerne Schreiner werden, vielleicht aber auch Koch. Herr Meier wäre viel lieber Jurist geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwalt oder als Richter arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Geselle bleiben und will sich daher noch zum Handwerksmeister fortbilden und später als Unternehmer tätig sein.

Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Student, ein Arzt, eine Rechtsanwalt, ein Steuerberater, eine Lehrer, ein Wissenschaftler, eine Politiker, der Bürgermeister, der Stadtkämmerer und die Bürgermeistersekretär. Daneben waren aber auch eine Schüler sowie ein Vertreter der Elternverbände anwesend.

Diskussion zum Lösungsvorschlag

Insbesondere Männer sehen ein, dass die Abschaffung des spezifisch männlichen Anhängsels „in“ bzw. „innen“ sachlich gerechtfertigt ist und sprachökonomisch sehr viel Sinn macht. Sie bestehen daher nach dem kurzen Intermezzo nach Schritt 2 nicht darauf, derart gesondert angesprochen zu werden.

Das ist also die Lösung: das feminine Genus ausnahmslos und am Ende völlig neutral auf alle biologischen Geschlechter anzuwenden. Genus und Sexus werden konsequent entkoppelt, so dass vermittels der solchermaßen codifizierten Sprache eine Abstraktionsebene entsteht, in welcher der Mensch in seinem Sein als denkendes Wesen angesprochen wird. Diese Codifizierung nennen wir „generisches Femininum“, weil dergestalt die Stammform des femininen Genus auf den maskulinen Sexus übertragen wird. Biologische oder gesellschaftliche Vorprägungen sind damit nicht mehr in der Sprachstruktur selbst verankert. Das ist im Ergebnis ein immenser Vorteil im Hinblick auf den Transport der Kommunikationsinhalte. Wo sprachliche Schnörkel fehlen, tritt der Inhalt, die Botschaft, umso klarer hervor.

Man kommt also überein, die explizite männliche Form (meist mit dem Suffix „in“, im Plural „innen“) in der Stammform gewissermaßen durch das neu definierte generische Femininum zu ersetzen. Statt Schreinerin (für eine männliche Person, die das Schreinerhandwerk ausübt) schreibt man also einfach Schreiner, wie man das bei Frauen ja ohnehin tut. Statt Oberbürgermeisterin bzw. Oberbürgerinnenmeisterin, einfach Oberbürgermeister. Statt Wähler und Wählerinnen beschränkt man sich einfach auf die weibliche Form und sagt Wähler. Das so verwendete generische Femininum ist die aufs Äußerste getriebene, durchgängig stimmige, kürzeste und gleichzeitig schönste Form einer alle einbeziehenden geschlechterneutralen Sprache.

Was erreichen wir damit?

Das solchermaßen verankerte „generische Femininum“ ist nur dem ersten Anschein nach vergleichbar oder gar identisch mit dem altbekannten „generischen Maskulinum“. Letzteres wird aufgrund historisch begründeter gesellschaftlicher Vorbelastungen von Feministen und anderen linken Sprachreformern radikal abgelehnt. Die vorgestellte Alternative des „generischen Femininums“ ist völlig frei von derlei Ballast. Es erwächst völlig zwanglos aus dem femininen Genus und stellt damit die besondere Wertschätzung des Weiblichen in der Sprache heraus. Dabei bleibt die Diktion klar und elegant und steht damit in einem denkbar scharfen Kontrast zu den mit Schnörkeln bestickten ausufernden Formulierungen in der klassischen Gendersprache mit und ohne Sternchen.

Zugleich entsteht ein Maximum an Geschlechterneutralität dadurch, dass in den Stammformen vollständig vom Sexus abstrahiert wird. Gänzlich ohne Ansehen der Geschlechtsidentität können so alle denkbaren Formen, Transgender, Queere, Frauen und Männer völlig gleichgewichtig in der Sprache gedacht werden. Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch … seine geschlechtliche Identität ist und bleibt auf der Sprachebene völlig ohne Bedeutung. Dem feministischen Ursprung der Sprache („Muttersprache“) und der Bedeutung von Frauen in der Kommunikation und im öffentlichen Leben wird der gebührende Platz eingeräumt.

Das Problem der Gendersprache ist damit obsolet. ARD, ZDF und Deutschlandfunk werden keine Schwierigkeiten haben, den Lösungsansatz postwendend umzusetzen. Auch Audi kann sein genderkonformes Firmenmotto „Vorsprung durch Gender-Gap“ wieder abschaffen und sich ganz auf das bewährte „Vorsprung durch Technik“ konzentrieren.


Quellen

[1] Gendersternchen sorgen auch bei ARD und ZDF für Diskussion – kleinreport.ch

[2] Wegen Gender-Sprache – Frontal-Attacke auf ARD und ZDF – Politik Inland – Bild.de

[3] Von „Mensch“ zu „ens“ – Sprachforscher fordert ein Umdenken in der Gender-Debatte | Welt (merkur.de)

[4] Geschlechtergerechte Sprache: Streit ums Gendern – ZDFheute

[5] Lufthansa begrüßt Fluggäste nun geschlechtsneutral | Reise (merkur.de)

[6] Gendergerechte Sprache: Der Kulturkampf um die deutsche Sprache – DER SPIEGEL

[7] Elke Heidenreich über Gender-Sprache: »Das ist alles ein verlogener Scheißdreck« – DER SPIEGEL

[8] Sprache für mehr Vielfalt: Audi gendert | Audi MediaCenter (audi-mediacenter.com)

[9] Audi: Mitarbeiter werden zu »Audianer_innen« – DER SPIEGEL

[10] Mitarbeiter klagt gegen Gender-Leitfaden von Audi – WELT

[11] Das Dudie – Kleines Wörterbuch des Genderdeutschen

[12] *Innen*Ansichten eines Beteiligten

*Innen*Ansichten eines Beteiligten

Die Genus-Sexus-Verwirrung und das generische Maskulinum: Ursache für die Gendersprache ist ein dummes Missverständnis.

Was passiert da gerade mit unserer Sprache?

Spätestens im Laufe der Coronakrise 2020 hat die Gendersprache – mit und ohne Sternchen – auch die allabendlichen Hauptnachrichtensendungen erreicht. Das hört sich dann z.B. so an:

„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben festgestellt, dass sich Kinder weniger häufig mit dem Coronavirus infizieren. Zwar gibt es unter Medizinerinnen und Medizinern auch kritische Stimmen, dennoch sind sich die Epidemiologinnen und Epidemiologen diesbezüglich weitgehend einig. Pädagoginnen und Pädagogen fordern daher die schnellstmögliche Öffnung der Schulen, damit die Lerndefizite bei den Schülerinnen und Schüler nicht noch größer werden. Lehrerinnen und Lehrer sind in großer Sorge, inwieweit die Lehrpläne der Kultusministerinnen und Kultusminister überhaupt noch umgesetzt werden können.“

„Aber auch Soziologinnen und Soziologen plädieren für den Präsenzunterricht, denn die Schülerinnen und Schüler brauchen auch ihre Freundinnen und Freunde. Auf diese vielstimmige Forderung von Befürworterinnen und Befürwortern hin, haben nun die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten von zunächst 10 Ländern entschieden, die Schulen zu öffnen. Es gibt aber auch Gegnerinnen und Gegner. Die Länderchefinnen und -chefs der restlichen Bundesländer sind jedenfalls noch nicht überzeugt und werden nochmals mit weiteren Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertretern der Eltern und der Schülerinnen und Schüler beraten, wie die nächsten Schritte aussehen könnten.“

Es klingt wie die Festansprache auf der Feier anlässlich des hundertjährigen Bestehens der „Vereinigung der Sprachneurotikerinnen und Sprachneurotiker“. Oder wie der Sprechtext zu einer unveröffentlichten Szene aus „Einer flog übers Kuckucksnest“. Aber nein, es ist leider sehr nahe an der bitteren Realität der Abendnachrichten im Deutschen Fernsehen.

Zugabe

Haben Sie das Lesen bis hierher ohne schmerzhafte Verwindungen im Sprachzentrum überstanden? Glückwunsch! Vielleicht möchten Sie noch eine Zugabe. Den letzten Satz der Nachrichten könnte man etwa folgendermaßen „verbessern“​: Die Länderchefinnen und -chefs der restlichen Bundesländerinnen und Bundesländer sind noch nicht überzeugt und werden nochmals mit weiteren Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertretern der Elterinnen und Eltern und der Schülerinnen und Schüler beraten, wie die nächsten Schrittinnen und Schritte aussehen könnten.

Dem Autor geht es jedenfalls so, dass er beim Anhören oder Lesen solcher Texte unwillkürlich bei jedem zweiten Substantiv gedanklich ein „innen“ dranhängt.

So könnte es weitergehen

Wenn man schon einmal dabei ist, das generische Maskulinum ad absurdum zu führen, dann muss man doch nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Warum nicht alle Substantive feminisieren? Erst dadurch erreicht man doch eine durchgreifende Sichtbarkeit des Weiblichen und macht sich frei von der dominanten Rolle des maskulinen Genus. Dabei darf man sich auch vom Neutrum nicht irre machen lassen. Ein Haus, in dem nur Frauen wohnen, sollte daher Hausin heißen, ein Tisch, an dem nur Frauen sitzen, muss Tischin genannt werden. Wenn Männer und Frauen daran Platz nehmen, wäre sicherlich die Wendung „sie setzten sich an Tisch und Tischin“ angemessen. Und wenn eine Frau spazieren geht, dann folgt doch wohl Schrittin auf Schrittin, usw.

Wenn sich erst einmal Perfektionistinnen und Perfektionisten der Sache annehmen, werden die Bedenkenträgerinnen und Bedenkenträger gewiss alsbald an Einfluss verlieren. Am Ende gibt es nur noch Siegerinnen und Sieger, vielleicht auch Siegende. Oder sind sie alle eher Verliererinnen und Verlierer? Ganz geschlechterneutral: Verlierende? Verloren haben Werdende? Verloren Seiende? Nicht profitieren werden jedenfalls die Schreiberinnen und Schreiber, Leserinnen und Leser, auch nicht die Schreibenden und Lesenden. Das alles zum Leidwesen der Denker und Denkerinnen sowie allen Denkenden. In einem Wort zusammengefasst: Denkende, sprich Denk-Ende. Ein Hoch auf die Fassade!

Das Gendersternchen

Die obige Doppelnennung der männlichen und weiblichen Formen, so lästig, meist überflüssig und zeitraubend sie auch sein mag, ist noch nicht das Ende der Entwicklung. Schauen wir uns obigen Text in der Gendersternchenschreibweise an:

„Wissenschaftler*innen haben festgestellt, dass sich Kinder weniger häufig mit dem Coronavirus infizieren. Zwar gibt es unter Mediziner*innen auch kritische Stimmen, dennoch sind sich die Epidemiolog*innen diesbezüglich weitgehend einig. Pädagog*innen fordern daher die schnellstmögliche Öffnung der Schulen, damit die Lerndefizite bei den Schüler*innen nicht noch größer werden. Lehrer*innen sind in großer Sorge, inwieweit die Lehrpläne der Kultusminister*innen überhaupt noch umgesetzt werden können.“

„Aber auch Soziolog*innen plädieren für den Präsenzunterricht, denn die Schüler*innen brauchen auch ihre Freund*innen. Auf diese vielstimmige Forderung von Befürworter*innen hin, haben nun die Ministerpräsident*innen von zunächst 10 Ländern entschieden, die Schulen zu öffnen. Es gibt aber auch Gegner*innen. Die Länderchef*innen der restlichen Bundesländer sind noch nicht überzeugt und werden nochmals mit weiteren Expert*innen sowie Vertreter*innen der Eltern und der Schüler*innen beraten, wie die nächsten Schritte aussehen könnten.“

Gender*Deutsch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Die Gendersprache wird noch nicht immer und überall in ARD und ZDF angewendet, und vor allem nicht konsequent, aber doch so, dass es auffällt und zunehmend stört. Der Deutschlandfunk ist da schon weiter. In seinen Redaktionsbeiträgen gehen gefühlt 10% der Sendezeit für das Sprechen von völlig sinnfreien und informationslosen Gendersprech-Schnörkeln verloren.

Ganz unter dem Motto: „So schön ist Gender*Deutsch“ hört sich das dann etwa so an: s. Videolink.

Ist das eine Verschwörungstheorie?

Das Schöne an Verschwörungstheorien ist, es sind nur Theorien. Die durch die Gendersprache herbeigeführte Sprachverhunzung ist leider keine Theorie mehr. Es ist ein Anschlag auf die Sprache als Mittel der Kommunikation. Sich als selbst fortschrittlich und elitär verstehende kleine Teile der Öffentlichkeit wollen damit den allgemeinen gesellschaftlichen Sprachgebrauch in ihrem Sinne verbiegen. Dabei geht es nicht um die Veränderung und Anpassung der Sprache, wie es sie immer gegeben hat, sondern um ihren bewussten Missbrauch als Mittel der Indoktrination. Das ist die in vielen Medien und insbesondere im Fernsehen bereits täglich erfahrbare Praxis.

Was der öffentlich-rechtliche Rundfunk hier betreibt ist also keine Theorie, sondern gelebte Praxis, sozusagen „Verschwörungs-Praxis“ und daher viel gefährlicher als all die vielen ebenso kruden wie hirnlosen Verschwörungs-Theorien.

Die neue Geschlechtervielfalt

Nach Aussagen von Feministen und anderen Befürwortern der Gendersprache geht es im Kern darum, Frauen und ggf. auch Divers-Geschlechtliche in der Sprache stärker sichtbar zu machen. Ihnen gegenüber Wertschätzung zu zeigen. Das Ziel ist also die Sichtbarmachung „aller“ Geschlechter. Davon gibt es doch nur zwei, glauben manche immer noch. Weit gefehlt!

Genderforscher und Genderforscherinnen, kurzum, Genderforschende oder eben Genderforscher*innen belehren uns, das sei viel zu eng und konventionell gedacht. Sie halten sich dabei auch nicht mit niedrigen einstelligen Zahlen auf und lassen die Vielfalt am liebsten offen: binär, nicht-binär, gender-queer, transgender, genderfluid, bigender, demigirl, demiboy, agender, neutrois, … Neutrinos oder gar Neutronen? Wer weiß?

Der Vielfalt sind im Grundsatz keine Grenzen gesetzt. Im Extremfall kann jedermann / jedefrau / jedeperson für sich persönlich ein spezifisches Geschlecht definieren und sich damit identifizieren. Gelegentlich passiert das auch, wie kürzlich beim „Film- und Popstar“ Demi Lovato, der / die / das bekannt gab, dass er / sie / es sich offiziell als non-binär identifiziere und sein / ihr Pronomen zu they / them ändere. Davor war er / sie /es übrigens pansexuell: sex may be subject to change.

https://www.dasding.de/update/demi-lovato-nicht-binaer-100.html

Wie die Welt berichtet, sind in Deutschland mit Datenstand 30.09.2020 insgesamt 394 Menschen mit dem Geschlechtereintrag „divers“ im Personenstandsregister eingetragen.

Warum eigentlich das Ganze?

Schon 1984 forderte die feministische Sprachwissenschaftlerin Luise Pusch, dass es nach dem generischen Maskulinum, „das wir schon seit Jahrtausenden haben“, Zeit für einen Perspektivwechsel nach dem „Rotationsprinzip“ sei. Nun, das ist etwas zu hoch gegriffen. Deutsch als ernstzunehmende Schriftsprache gibt es so lange nun doch noch nicht.

Sicher spiegelt sich im Sprachgebrauch in Teilen auch die Gesellschaftsstruktur wider. Die Rolle der Frau war über Jahrtausende sehr stark auf Kindererziehung und die im weitesten Sinne häuslichen Tätigkeiten eingeschränkt. Deswegen sind z.B. nahezu alle Berufsbezeichnungen männlich konnotiert. Das hat sich in vielen Lebensbereichen bereits geändert.

Zum Beispiel werden Lehrberufe sowie juristische und medizinische Berufe vielfach und teilweise sogar überwiegend von Frauen ausgeübt. Deswegen spricht man zurecht von der Lehrerin, der Anwältin oder der Ärztin. Es wäre absolut unangemessen, in der persönlichen Anrede eine Lehrerin als Lehrer, eine Anwältin als Anwalt und eine Ärztin als Arzt anzusprechen. Vor allem wäre es unhöflich.

Ebenso unangemessen wäre es indessen, das Umgekehrte zu tun, also einen Lehrer als Lehrerin, einen Anwalt als Anwältin und einen Arzt als Ärztin zu titulieren. Was gewönne man damit? Wäre es ausgleichende Gerechtigkeit für angeblich 10.000 Jahre Unterdrückung? – So denken wohl Revanchisten, die Sprache als ein Kampfinstrument zur Herbeiführung gesellschaftlicher Veränderungen missverstehen.

Sprache ist das wichtigste Kommunikationsmittel

Tatsächlich ist Sprache nicht mehr und nicht weniger als ein Mittel der Verständigung. Sie ist, wie sie ist und sie entwickelt sich im kulturellen und wirtschaftlichen Austausch weiter. Wer sie mutwillig verändert und für Zwecke missbraucht, für die sie nicht taugt, riskiert sehr viel. Er setzt vor allem das wichtigste Kommunikationsmittel unter Menschen aufs Spiel. Sprache ist Syntax und Semantik. Wenn sich die Syntax ändert, ist auch die Semantik in Gefahr. Und wo die Semantik verschwimmt, bleibt das Verstehen auf der Strecke.

Der Stein des Anstoßes: Das generische Maskulinum

In aller Kürze ist mit dem generischen Maskulinum gemeint, dass die die grammatikalisch männliche Form als abstrahierter allgemeingültiger Oberbegriff dient. Dies trifft z.B. dann zu, wenn das Maskulinum als Bezeichnung einer Gattung (Maurer statt Maurerin oder Maurer, Schneider statt Schneiderin oder Schneider, Anwalt statt Anwältin oder Anwalt, Arzt statt Ärztin oder Arzt) oder einer Gesamtheit (Bürger statt Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeiter statt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kollegen statt Kolleginnen und Kollegen) verwendet wird.

Das generische Maskulinum ist historisch aus der Sprach- und Gesellschaftsentwicklung heraus entstanden. Aus der Sicht feministischer Sprachwissenschaftler drückt sich darin die angeblich patriarchalische Gesellschaftsordnung aus. Folgt man dem generischen Maskulinum konsequent, dann sind Frauen in der Sprache kaum sichtbar, Männer dagegen scheinen omnipräsent zu sein. Zumindest kann man – oberflächlich gesehen – zu diesem Urteil gelangen.

Vor allem an dieser geringen Sichtbarkeit und der damit zum Ausdruck kommenden vermeintlich geringeren Wertschätzung stören sich die Befürworter einer „geschlechtergerechten“ Sprache. Und das ist auch der Grund für die Ablehnung des generischen Maskulinums. Dabei hat Letzteres eine völlig andere Rolle. Weder werden Männer damit in besonderer Weise hervorgehoben, noch werden Frauen damit unsichtbar. In der Realität ist es eher umgekehrt.

Die Ursache für die Gendersprache ist ein dummes Missverständnis

Das große Missverständnis der Befürworter der Gendersprache liegt darin, dass das grammatikalische Geschlecht mit dem biologischen Geschlecht verwechselt bzw. stur von dem einen auf das andere geschlossen wird. Dabei ist doch in der Sprache diese scharfe Beziehung überhaupt nicht gegeben. Es ist eine Banalität, dass das grammatikalische Geschlecht eines Wortes oftmals keinen sicheren Rückschluss auf das biologische Geschlecht des damit Bezeichneten zulässt. Mehr noch, die Unschärfe schließt sogar das Neutrum mit ein.

Für die gegenseitige Zuordnung von grammatikalischem Geschlecht (Genus) und biologischem Geschlecht (Sexus) gibt es zwar eine Reihe von Regeln, aber auch viele Ausnahmen. Teilweise kommt es hier in der Sprache zu einer willkürlich anmutenden Vermischung. Jedes der drei grammatikalischen Geschlechter männlich (m), weiblich (f), Neutrum (n) wird mitunter zur Bezeichnung von Personen beiderlei biologischen Geschlechts und von Sachen verwendet. Im Folgenden einige Beispiele für die Genus-Sexus-Zuordnung.

Genus maskulin

  • der Tisch, m – hat zwar meist vier Beine, ist aber dennoch ein Ding und kein Wesen mit einem biologischen Geschlecht
  • der Mensch, m – grammatikalisch maskulin, gemeint sind natürlich Männer und Frauen gleichermaßen und alles was es an diversen indifferenten Formen dazwischen oder darüber hinaus sonst noch geben mag
  • der Mond, m – grammatikalisch maskulin, tatsächlich aber ein Neutrum

Genus feminin

  • die Sonne, f – grammatikalisch feminin, tatsächlich aber ein Neutrum
  • die Person, f – grammatikalisch feminin, tatsächlich aber männlich oder weiblich
  • die Koryphäe, f – grammatikalisch feminin, tatsächlich aber männlich oder weiblich
  • die Tunte, f – grammatikalisch feminin, tatsächlich genutzt als Bezeichnung für einen homosexuellen Mann (abwertend)

Genus Neutrum

  • das Tier, n – biologisch sind Tiere aber (fast) immer entweder männlich oder weiblich
  • das Pferd, n – damit werden sowohl Hengste (männlich) wie Stuten (weiblich) bezeichnet
  • das Schwein, f – gemeint sind aber Sauen (weiblich) und Eber (männlich)
  • das Mädchen, n – bezeichnet werden damit meist jüngere weibliche Personen, mit der Umschreibung „Mädchen für alles“ kann aber auch ein Mann gemeint sein
  • das Kind, n – bezeichnet werden damit junge (nicht geschlechtsreife) männliche und weibliche Personen
  • das Exemplar, n – grammatikalisch ein Neutrum, tatsächlich aber sächlich, männlich oder weiblich
  • das Mensch, n – grammatikalisch ein Neutrum, tatsächlich genutzt als Bezeichnung für eine Frau (meist abwertend)

Genus-Sexus-Diskrepanz

Im Folgenden eine tabellarische Übersicht zur Genus-Sexus Zuordnung:

Genus-Sexus Zuordnung

Man könnte das Ganze die „Genus-Sexus-Diskrepanz“ nennen – und im Hinblick auf das offenkundige Miss- bzw. Unverständnis der Gendersprachler darf man auch von der Genus-Sexus-Verwirrung sprechen.

Genus (das grammatikalische Geschlecht) und Sexus (das biologische Geschlecht) sind zwei völlig verschiedene Dinge, die zwar oft zueinander passen, vielfach aber eben auch nicht. Wenn man eine eindeutige Zuordnung zwischen Genus und Sexus haben möchte, dann muss man die Sprache grundlegend verändern. Das ist zweifellos möglich, doch fragt man sich, was man damit wirklich gewönne?

Man könnte es auch wie im Englischen halten und grammatikalisch stets den sächlichen Artikel verwenden, also das Sonne, das Mond, das Person, das Tisch, das Mann, das Frau, das Bäcker, das Mieter, das Bewohner … Vieles würde damit einfacher, aber schöner wird die Sprache so nicht. Und es bliebe zunächst das Problem mit den Endungen.

Geschlechterneutrale Sprache = gerechte Gesellschaft?

Entstünde so eine neue und eventuell „gerechtere“ Gesellschaft? Daran kann man zweifeln, denn auch in Gesellschaften mit „geschlechtsneutralen“ oder „geschlechtergerechten“ Sprachen sind die Verhältnisse zwischen Männern und Frauen für letztere nicht vorteilhafter als im deutschen Sprachraum. Zum Beispiel gibt es im Türkischen überhaupt keine Geschlechterunterscheidungen, ebenso im Persischen (Farsi). Faktisch sind diese Sprachen daher geschlechtsneutral. Das zeigt exemplarisch, dass Sprache das Verhältnis zwischen den Geschlechtern weder stimmig widerspiegelt noch zwingend determiniert.

Von Menschen und Menschinnen

Es bleibt ein Geheimnis von „Feminist*innen“, dass sie am maskulinen Gattungsnamen Mensch bisher keinen Anstoß genommen haben. Wenn dies in diesem doch sehr allgemeinen Fall unproblematisch erscheint, wieso gilt dasselbe nicht auch für den Bäcker, den Metzger, den Maurer, die Wissenschaftler, die Bürger, die Wähler, die Anwohner? Hat man schon Klagen darüber gehört, dass bei der Erwähnung des Wortes „Mensch“ Frauen oder allgemein nicht-männliche Personen nur „mitgemeint“ sein könnten oder dass dieses nötige Mitdenken diskriminierend sei?

Es will sich mir jedenfalls nicht erschließen, wieso die Bezeichnung „der Mensch“ ganz selbstverständlich Frauen inkludieren soll, wenn doch „der Rektor“, „der Diplomat“, „die Hausärzte“, „die Teilnehmer“ oder „die Bürger“ das angeblich nicht leisten und mit dem Hinweis auf das generische Maskulinum abgelehnt werden. Wieso gibt es nicht auch die Menschin und wieso sprechen wir nicht von den Menschen und Menschinnen sowie den Menschen- und Menschinnenrechten, oder eben den Mensch*innenrechten. Weil es absurd wäre? Nicht absurder als alles andere in der Gendersprache.

Abstraktion ist nicht das Problem, sondern die Lösung

Ein Kunde ist eine Person, die etwas kauft, kaufen will oder gekauft hat. Das biologische Geschlecht ist davon in keiner Weise betroffen. Es ist absolut irrelevant. Genaugenommen ist gar kein biologisches Geschlecht gemeint, weil das in diesem Zusammenhang auf der abstrakten Sprachebene völlig belanglos ist. Auch „das Mitglied“ oder „das Unternehmen“ könnte kaufen oder gekauft haben. Gerade dies ist die kulturell-zivilisatorische Funktion von Sprache: Eine Kombination von Zeichen lässt ein Bild der Realität entstehen. Dieses Bild ist selbstredend nicht identisch mit der Realität. Es ist eine Abstraktion.

Ein Beispiel

Betrachten wir die folgende Aussagenkaskade, beginnend mit dem niedrigsten Abstraktionsgrad:

1.      „Im Stadion klatschten 3190 Männer und 2197 Frauen Beifall, 10 % der Männer trugen graue Pullover, 17 % der Frauen waren mit roten Blusen bekleidet“

Eine relative konkrete Info: Man erfährt, wie viele Männer und Frauen klatschten und welche Kleidungsstücke einige von ihnen trugen. Allerdings ist diese Info belanglos. Das ist nicht situationsgerecht. – Es ist der falsche Abstraktionsgrad.

2.      „Im Stadion klatschten 3190 Männer und 2197 Frauen Beifall“

Ebenfalls konkret: Man erfährt, wie viele Männer und Frauen klatschten. Allerdings ist auch diese verkürzte Info belanglos. Das ist nicht situationsgerecht. – Es ist der falsche Abstraktionsgrad.

3.      „Im Stadion klatschten 5387 Zuschauer Beifall“

Ebenfalls noch viel konkrete Information: Man erfährt, wie viele Personen klatschten. Auch diese stark verkürzte Info ist belanglos. Das ist nicht situationsgerecht. Es ist stupide, wenn nicht aus dem Kontext heraus die genaue Zahl der Klatschenden von Bedeutung ist. – Das ist der falsche Abstraktionsgrad.

4.      „Im Stadion klatschten Tausende Zuschauerinnen und Zuschauer Beifall“

Man erfährt hier nicht, dass männliche und weibliche Personen anwesend waren und klatschten, denn diese Formulierung wird man in der Gendersprache jedem Fall so treffen. Es gibt hier also keine echte Zusatzinformation. Auch diese Formulierung ist bei Lichte betrachtet stupide, wenn nicht aus dem Kontext heraus die Notwendigkeit entsteht, das Geschlecht der Klatschenden hervorzuheben. – Das ist der falsche Abstraktionsgrad.

5.      Das Original: „Im Stadion klatschten Tausende Zuschauer Beifall“

Knapp und hinreichend präzise. – Das ist der richtige Abstraktionsgrad.

Intelligente Abstraktion führt zu sinnhafter Information

Die Regeln, nach denen das abstrakte Bild gezeichnet wird, sind in der Grammatik festgelegt. Wenn wir die Grammatik ändern, dann bleibt die Realität dennoch wie sie ist. Es ändert sich lediglich das entworfene Bild. Beim Rückschluss vom Bild auf die Realität entsteht nichts Neues, wenn nur die Grammatik modifiziert wird. Zwar ist der Ausgangspunkt ein anderer, nämlich das umgestaltete Bild, doch wird dieses aufgrund der modifizierten Grammatik wieder auf die ursprüngliche Realität zurückentwickelt.

Zurück zum Kunden: Auf der abstrahierten Ebene (also im Abbild der Realität) verhält es sich damit, wie mit der „Person“. „Die Person“ ist grammatikalisch weiblich, dennoch kann man natürlich auch von einem Mann als Person sprechen, ohne dass damit das biologische Geschlecht in Abrede gestellt wird. Jedenfalls stört sich niemand daran, einen Mann als Person anzusprechen oder Männer und Frauen als Personen zu titulieren.

Damit kommen wir zum generischen Femininum. Beide Konzepte, das generische Femininum und das generische Maskulinum sind mächtige Abstraktionsmittel, die die Formulierung knapper und doch situationsgerecht präziser Sätze ohne überflüssigen Ballast erlauben.

Das generische Femininum

Tatsächlich gibt es auch das Pendant zum generischen Maskulinum: das generische Femininum. Seine Existenz wird indessen kaum zur Kenntnis genommen und vor allem in keiner Weise problematisiert oder gewürdigt. Hartgesottene Gendersprachler behaupten gar, das sei etwas ganz anderes.

Einige Beispiele:

  • die Person – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Geisel – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Lehrkraft – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Fachkraft – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Wache – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Waise – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Hilfskraft – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Putzkraft – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Koryphäe – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
  • die Aushilfe – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts

Ist das generische Femininum geschlechtsneutral?

Dies sind keine geschlechtsneutralen Formen, wie manche meinen. Sie tragen explizit das feminine Genus. Dass man mit diesen Wörtern ohne Weiteres auch Personen männlichen Geschlechts belegen kann und dies auch tut, macht sie nicht geschlechtsneutral, sondern zeigt vielmehr, dass es keine maskuline Form dafür gibt. Man könnte ja auch Personerich, Geiseler, Lehrkrafter oder Waiserich sagen, um damit ausdrücklich männliche Personen anzusprechen. Wäre das bizarr? Es ist bei Lichte betrachtet nicht weniger verwegen als Bösewichtin, Dummköpfin oder Gästin.

Personen männlichen Geschlechts bleiben in all diesen Fällen des generischen Femininums völlig unsichtbar. In den genannten Beispielen gibt es noch nicht einmal eine maskuline Ableitung. Die Geisel mag wohl biologisch männlich sein, das grammatikalische Genus ist gleichwohl feminin. Niemand stört sich daran. Ganz anders verhält es sich mit dem Geiselnehmer. Grammatikalisch ist er maskulin und wir halten es für selbstverständlich, dass er auch biologisch maskulin sein müsse. Diese Deutung ist indessen nicht in der Sprache angelegt, sondern das Resultat einer gesellschaftlichen Semantik: Aller Erfahrung nach sind Geiselnehmer fast immer männlich. Einen weiblichen Geiselnehmer würden wir Geiselnehmerin nennen, weil wir es für „normal“ halten, die Bezeichnung für weibliche Personen aus der maskulinen Grundform (hier: Nehmer) abzuleiten und sie damit besonders herauszustellen.

Hervorhebung des femininen Genus

Tatsächlich haben wir uns daran gewöhnt, das Genus von maskulinen Substantiven durch Anhängen des Suffixes „in“ oder „innen“ zu feminisieren. Ganz selbstverständlich reden wir daher von der Kundin, der Besucherin, der Spaziergängerin, der Anwältin oder der Giftmischerin. Dabei ist es lediglich die Konvention, im konkreten Falle von (biologisch) weiblichen Personen die betreffende Person auch in der Sprache entsprechend durch das feminine Genus hervorzuheben. Ohne das Suffix bliebe das Geschlecht offen: „In der Ferne sah man einen Spaziergänger“ besagt eben nicht, dass dort ein männliches Wesen spazierte.

Ein Spaziergänger ist ein Mensch, der spazieren geht. Wenn wir wissen, dass dieser Mensch weiblich ist, dann verlangt die Sprachkonvention, dass wir von der Spaziergängerin reden. Ist er männlich, dann haben wir – im strengen Sinne – keinen Ausdruck dafür. Der Spaziergänger ist grammatikalisch maskulin, sein biologisches Geschlecht ist unbestimmt. Im obigen Satz ist daher gemeint: „In der Ferne sah man eine Person, die spazieren ging“. Wenn man so will: man sah eine spazierengehende Person unbestimmten biologischen Geschlechts. – Man stelle sich solche schöngeistige Literatur vor.

Ausdruckskraft durch Generizität

Die Kraft der Sprache liegt gerade in dieser hier durchschimmernden und schon oben erwähnten Abstraktionsfähigkeit auf Basis des generischen Maskulinums und auch des generischen Femininums. Verzichtet man darauf, entstehen vielfach umständliche und geradezu alberne Umschreibungen, die man durchaus als Kennzeichen der Gendersprache verstehen kann.

In der Pluralbildung gilt es bereits als allgemein gebräuchlich, von Kundinnen, Mieterinnen, Anwohnerinnen, Wählerinnen, Bürgerinnen, Antragstellerinnen … zu sprechen. Im Grundsatz trifft auch hierfür das oben Gesagte zu: Das sind im Kern redundante aber immerhin noch tolerable Ableitungen, sofern sie nicht ausufernd gebraucht werden.

Warum muss man sich bei jeder Formulierung aufs Neue versichern, dass es Menschen unterschiedlichen biologischen Geschlechts gibt? Wir verzichten mit diesen Wendungen bewusst auf die der Sprache innewohnende Abstraktionskraft. Eine kulturelle Glanzleistung ist das nicht und mit Gerechtigkeit hat das absolut nichts zu tun, wie wir oben gesehen haben und im nächsten Abschnitt vertiefen werden. Dabei spricht natürlich absolut nichts dagegen, in einer Begrüßung oder Einleitung explizit von Bürgerinnen und Bürgern, Wählerinnen und Wählern oder Kundinnen und Kunden zu sprechen. Es ist aber schlichtweg albern, bei der x-ten Wiederholung dieselbe Floskel nochmals einzubauen.

Unsichtbarkeit des maskulinen Sexus

Bezeichnenderweise stören sich „Befürworter*innen“ der Gendersprache überhaupt nicht daran, dass explizit männliche Formen in der Regel gar nicht existieren: Das ist nämlich die Konsequenz aus dem Gebrauch des generischen Maskulinums. Rein grammatikalisch gesehen ist ein Spaziergänger, ein Teilnehmer oder ein Antragsteller ein Mensch unbestimmten biologischen Geschlechts. Erst durch das Aufkommen und den um sich greifenden Gebrauch weiblicher Formen werden (biologisch) geschlechtsneutrale Substantive mit maskulinem Genus im Umkehrschluss semantisch einseitig dem männlichen Sexus zugeordnet. Wenn man so will:

Die Gendersprache versucht ein Problem zu lösen,
das erst sie selbst geschaffen hat.

  • Gendersprache unterscheidet und trennt, statt zu integrieren.
  • Gendern heißt, diskriminieren
    (also unterscheiden, einen Unterschied machen).

Tatsächlich ist es im Falle maskuliner Substantive so, dass es (fast immer) auch eine weibliche Form gibt, die in der persönlichen Anrede auch ganz selbstverständlich verwendet wird. Kurioserweise existiert aber nur selten eine explizite männliche Form, also eine Form, die abseits des generischen Maskulinums, das ja nur im grammatikalischen Sinne gemeint ist, das biologische Geschlecht adressiert (spezifisches Maskulinum).

Der Bäckerich

Ein Beispiel soll das verdeutlichen. „Bäcker“ ist eine Berufsbezeichnung für Personen, die das Backhandwerk beherrschen. Das generische Maskulinum ist hier also „Bäcker“. Die weibliche Form dazu ist „Bäckerin“. Damit werden ausschließlich Personen angesprochen, die dem biologischen Geschlecht „weiblich“ zuzurechnen sind. Eine explizit männliche Form zur ausschließlichen Bezeichnung von Personen männlichen Geschlechts, die das Backhandwerk ausüben gibt es nicht, denn auch eine Bäckerin ist – grammatikalisch gesehen – Bäcker. Die passende männliche Form könnte z.B. „Bäckerer“ oder „Bäckerich“ lauten. Desgleichen bei Metzger-Metzgerer-Metzgerich, Maurer-Maurerer-Maurerich, Informatiker-Informatikerer-Informatikerich, Rechtsanwalt-Rechtsanwalter-Rechtsanwalterich usw.

Ansprachen von Politikern und Gewerkschaftlern könnten etwa so beginnen: Liebe Bürgeriche und Bürgerinnen, liebe Kollegeriche und Kolleginnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiteriche  – natürlich klingt das reichlich schräg und wäre gleichfalls Sprachverhunzung. Es ist aber keineswegs grotesker als die Gendersternchen-Konstruktion in den verschiedenen Varianten.

Zusammenfassung

Es gibt also ein generisches Maskulinum, das in einem abstrahierten Sinne als Oberbegriff zur grammatikalischen Bezeichnung von Personen gleich welchen biologischen Geschlechts verwendet wird. Für weibliche Personen gibt es darüber hinaus eine spezifisch feminine Form (mit dem Suffix „in“ im Singular und dem Suffix „innen“ im Plural), die dann verwendet wird, wenn eine Person oder Gruppe von Personen adressiert wird (und das spezifische Weibliche dabei von Belang ist). Für männliche Personen gibt es diese spezifisch maskuline Form in der Regel nicht.

Auch das generische Femininum spielt eine bedeutende Rolle. Es erlaubt die grammatikalisch korrekte Benennung von Personen mittels einer Reihe von vielseitig verwendbaren Substantiven. Im Unterschied zum generischen Maskulinum wird beim generischen Femininum im Falle der Anwendung auf Männer kein spezifisches Suffix angehängt, sie bleiben daher (ganz im Gegensatz zur Situation bei den Frauen) völlig unsichtbar.

Die Sprache hält in Form des generischen Maskulinums sowie des generischen Femininums alle Mittel für eine gendergerechte Benennung bereit. Mehr noch, es sind eigentlich eher die spezifisch den männlichen Sexus adressierenden Formen, die zu kurz kommen. Die Sprache ist syntaktisch weitgehend feminisiert. Für die gesellschaftliche Semantik kann die Sprache nichts.

Ausblick

Über die Endung „in“ wird in der persönlichen Anrede eine ausdrückliche Sichtbarkeit und Wertschätzung des Weiblichen sichergestellt. Im Plural kommt dies durch das Suffix „innen“ zum Ausdruck, wobei die Endung im Sinne der Sprachökonomie nicht ausufernd verwendet werden sollte. So ist es zum Beispiel völlig übers Ziel hinausgeschossen und geradezu enervierend, eine und dieselbe Form mehrfach zu wiederholen. Der Fokus sollte auf Höflichkeit liegen, nicht auf enervierenden und langatmigen Wiederholungen.

Wenn man ernsthaft das Ziel erreichen will, dass bei Nennung der Begriffe Maurer, Wähler, Bürger, Verbrecher, Kunde, Mörder, Gast, Astronaut im Singular oder im Plural Menschen gleich welchen Geschlechts und damit auch Frauen völlig selbstverständlich mitgedacht, mitgemeint und ausdrücklich eingeschlossen sind, dann sollte man auf die spezifisch femininen Endungen ganz verzichten.

Wer permanent von Bürgerinnen, Kolleginnen, Mitarbeiterinnen, Ärztinnen und Helferinnen spricht, darf sich nicht wundern, wenn Bürger, Kollegen, Mitarbeiter, Ärzte und Helfer irgendwann einmal tatsächlich nur noch männliche Personen meinen und Frauen explizit ausschließen. Derzeit ist das noch nicht der Fall, es fehlt aber nicht mehr allzu viel. Wie schon oben gesagt: Die Gendersprache selbst verursacht das Problem, für das sie angeblich die Lösung bereithält. Sie diskriminiert, statt zu inkludieren.

Eingedenk des Vorstehenden und die letzte Empfehlung beherzigend, scheint mir in Summe mit dem bewährten Deutsch alles in bester Ordnung zu sein.

Die Veränderung der gesellschaftlichen Semantik ist zuvorderst eine inhaltliche Aufgabe. Sprache kann das nicht leisten. Durch Streichen der Hausfassade wird das Wohnzimmer nicht wohnlicher, das Bett nicht weicher und die Küche nicht zweckmäßiger.


Link: DAS DUDIE – KLEINES WÖRTERBUCH DES GENDERDEUTSCHEN

Das Dudie – Kleines Wörterbuch des Genderdeutschen

Auch „Gaga-Dudie“ genannt.

Herausgeber*innen:

Frau Profin. Drin. Konrada Dudie, Lehrstuhlinhabend für gendergerechte Linguistupistik an der Friederike-von-Duck-Diversität, Entenhausen

Div Profo. Dro. Heinrich Gagalowski, Lehrbeauftragtseiend für vergleichende Langustik an der Wilhelmine-Tiefschule, Watt-Ebbenhagen


Hinweis: Das Wörterbuch ist im PDF-Format mit der nebenstehenden Grafik verlinkt. Erläuterungen und Praxisbeispiele finden sich im nachfolgenden Text.

Vorbemerkung: Was macht denn ein Langustiker mit Spezialgebiet vergleichende Langustik unter besonderer Berücksichtigung des Asterisks? Ja, was schon, er vergleicht Langusten. Mit Langusten sind nicht etwa die Küstengewässer bewohnenden zehnfüßigen Krebstiere gemeint. Weit gefehlt! Es sind Wörter. Und zwar besonders lange Wörter mit „Innen“ bzw. „innen“ und Sternchen (Asterisk). Ein solches Wort ist z.B. Oberbürger*innenmeister*innen mit immerhin 29 Zeichen, ein noch längeres ist Oberbürger*innenmeister*innensekretär*innen (43 Zeichen). Deswegen also „Lang“-ustik.

Und was genau ist Linguistupistik? Das kann man nicht so einfach erklären, man braucht dazu wohl ein Studium der Gendrogermastupistik. Dieses Wissensgebiet ist außerordentlich komplex. Eine Ahnung, worum es da geht, bekommt man vielleicht nach Lesen der nachfolgenden Textbeispiele.

Übrigens, das Gaga-Dudie erscheint im Genderologischen Institut, Frauendorf.

Genderdeutsch in der Praxis

Wir verwenden hier das Gendersternchen * (Asterisk) und schreiben daher z.B. statt Bürgerinnen und Bürger einfach nur Bürger*innen. Das Gendersternchen ist dabei synonym zum Gender-Unterstrich „_“ und zum Gender-Doppelpunkt „:“ zu verstehen. Im Prinzip kann man stattdessen auch ein beliebiges anderes genderkonformes Sonderzeichen setzen, sofern das nicht mit etwas anderem verwechselt werden kann und konsequent verwendet wird, z.B. („:“, „_“, „^“, „∞“, „⅔“, „≠“, „●“, „≈“, „√“, „♥“, „©“, „֍“, „۞“, „☼“ usw.). Nicht erlaubt sind die Zeichen „♂“ und „♀“, da sie einseitig den Bezug zu „männlich“ bzw. „weiblich“ herstellen.

Das Gender-Sonderzeichen steht für diejenigen Menschen, die sich selbst außerhalb des überkommenen Geschlechterdualismus einordnen.

Absolut synonym sind also:

  • Bürgerinnen und Bürger, und solche Menschen unseres Landes, die sich weder als Mann noch als Frau verstehen
  • Bürger*innen
  • Bürger_innen
  • Bürger:innen
  • Bürger^innen
  • Bürger√innen
  • Bürger֍innen
  • Bürger☼innen
  • Bürger♥innen

usw.

Ganz allgemein: Bürger<Sonderzeichen>innen

Wenn in einem Wort mehrere Gender-Sonderzeichen vorkommen, wie zum Beispiel bei Oberbürger*innenmeister*innen, dann müssen diese Zeichen alle gleich sein.

Nur eingeschränkt vergleichbar ist in diesem Zusammenhang das Binnen-„I“, weil damit die Berücksichtigung der nicht dualgeschlechtlichen Identitäten auf der Strecke bleibt.

BürgerInnen meint demnach nicht genau dasselbe wie Bürger*innen.

Übrigens, wie die Welt berichtet, sind in Deutschland mit Datenstand 30.09.2020 insgesamt 394 Menschen mit dem Geschlechtereintrag „divers“ im Personenstandsregister eingetragen.

Gender*Perfektion

Das Gender*Deutsche kennt verschiedene Perfektionsstufen bzw. Perfektionsgrade. In der Stufe 0 ist Gender*Deutsch nicht von Normaldeutsch, also Deutsch, zu unterscheiden. Die Perfektionsstufe bemisst sich nach der Anzahl der Sternchen (oder anderer genderkonformer Sonderzeichen) in einem Wort.

Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Auf Deutsch nennt man den Bürgermeister einer größeren kreisfreien Stadt meist Oberbürgermeister. Die weibliche Form dafür ist Oberbürgermeisterin, im Plural Oberbürgermeisterinnen. Das ist zugleich die korrekte Form in Gendernormaldeutsch und im Gender*Deutschen der Perfektionsstufe 0. Beim Wechsel auf die Perfektionsstufe 1 wird daraus im Singular Oberbürgermeister*in, im Plural Oberbürgermeister*innen. Erst ab der Stufe 1 wird Gender*Deutsch als solches wirklich sichtbar.

Gehen wir zur Stufe 2: Wir sprechen nun von Oberbürger*innenmeister*innen. Da es um die Bürgerinnen und Bürger, also um Bürger*innen geht, ist die Beschränkung auf „Bürger“ unter Gendergesichtspunkten absolut unangemessen. Daher erscheint der zweite Genderstern als geradezu zwingend geboten. Das kann und muss man natürlich fortspinnen, wie z.B. betreffend den bereits oben erwähnten Oberbürger*innenmeister*innensekretär*innen (Gender*Perfektionsstufe 3) und ihren Helfer*innen, also den Oberbürger*innenmeister*innensekretär*innenhelfer*innen (Gender*Perfektionsstufe 4).

Im Grundsatz ist dergestalt dem Perfektionsgrad keine Grenze gesetzt.

In der Gendrogermastupistik ist die Frage nicht abschließend geklärt, inwiefern in dieser Perfektionskaskade „Ober“ durch „Oberin“ bzw. „Ober*in“ ersetzt werden soll oder gar muss. Tatsächlich steht „Ober“ fraglos lediglich für die maskuline Form der im übertragenen Sinne zu verstehenden Umschreibung von „etwas ist über etwas anderem befindlich“. Die dazu passende feminine Form ist “Oberin“.

Diese Ableitung ist zur Bezeichnung der Vorstehenden einer Gemeinschaft von Nonnen absolut gebräuchlich. Es wäre daher nur konsequent, diese Form auch auf zusammengesetzte Wörter in Gendernormaldeutsch und Gender*Deutsch zu verwenden. Damit sprechen wird dann mit wachsendem Gender*Perfektionsgrad von Oberbürgermeisterinnen, Oberbürgermeister*innen, Oberbürger*innenmeister*innen bzw. Ober*inbürger*innenmeister*innen (Gender*Perfektionsstufe 0 – 3).

Das obige Beispiel im Perfektionsgrad 4 wird damit zu Ober*inbürger*innenmeister*innensekretär*innenhelfer*innen (Gender*Perfektionsstufe 5). Wie gesagt, die gendrogermastupistische Diskussion hierzu hält an.

Der Perfektionsgrad eines Gendertextes bemisst sich nach der höchsten vorkommenden Gender*Perfektionsstufe von Wörtern innerhalb des Textes. Demnach hat z.B. der vorstehende Absatz den Gender*Perfektionsgrad 5, der zweite Absatz dieses Abschnitts dagegen nur 1, und der nächste Absatz 0.

Genderstottern

Beim Sprechen ist das Gender-Sonderzeichen durch eine kleine Sprechpause (den sogenannten Glottischlag) zu hören. Bei weniger geübten Sprechern klingt das wie ein zögerliches Stolpern oder leichtes Stottern. Mit etwas Übung werden die Sprechpausen flüssiger artikuliert und werden zugleich deutlicher hörbar. Mit fortschreitender Könnerschaft und je nach Text entsteht so nach und nach ein von winzigen Stolperstellen gehemmter fluktuierender Redefluss. Das sich herausbildende charakteristische unrhythmische Klangbild wird als Genderstottern bezeichnet (Hörprobe im Video).

So „schön“ ist die Gendersprache

Betrachten wir einige Beispiele für die Gendersprache, also Gender(x)Deutsch, in den verschiedenen Varianten im Vergleich mit (richtigem) Deutsch. Weiter unten finden sich konkrete Beispiele aus dem Wahlprogramm der Grünen und ein Auszug aus den Richtlinien für Studenten der Uni Bielefeld.

Beim Arzt

Deutsch: „zum Arzt gehen“.

Gendernormaldeutsch: „zum Arzt oder zur Ärztin gehen“.

Gender*Deutsch: „zu Ärzt*innen gehen“ oder „zum*zur A*Ärzt*in gehen“.

Genderneutraldeutsch: „zu einer gesundheitsfachkundigen Person mit Approbation gehen“, „eine medizinisch fachkundige Person mit Approbation konsultieren“.


Deutsch: „Fragen Sie Ihren Hausarzt und lassen Sie sich ggf. zu einem Internisten überweisen“.

Gendernormaldeutsch: „Fragen Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin und lassen Sie sich ggf. zu einem Internisten oder einer Internistin überweisen“.

Gender*Deutsch: „Fragen Sie Ihre*n Hausa*ärzt*in und lassen Sie sich ggf. zu ein*em*er Internist*en*in überweisen“.

Genderneutraldeutsch: „Fragen Sie Ihre regelmäßig konsultierte medizinisch fachkundige Person mit Approbation und lassen Sie sich ggf. zu einer auf innere Medizin spezialisierten fachkundigen Person mit Approbation überweisen“. Oder: „Fragen Sie Ihre regelmäßig konsultierte medizinberufausübende Person mit Approbation und lassen Sie sich ggf. zu einer auf innere Medizin spezialisierte medizinberufausübende Person mit Approbation überweisen“.


Deutsch: „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“.

Gendernormaldeutsch: „Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin oder Ihren Apotheker oder Ihre Apothekerin“.

Gender*Deutsch: „Fragen Sie Ihre*n A*Ärzt*in oder Ihre*n Apotheker*in“.

Genderneutraldeutsch: „Fragen Sie Ihre regelmäßig konsultierte medizinisch fachkundige Person mit Approbation oder Ihre regelmäßig konsultierte pharmazeutisch fachkundige Person mit Zulassung“. Oder: „Fragen Sie Ihre regelmäßig konsultierte medizinberufausübende Person mit Approbation oder Ihre regelmäßig konsultierte pharmazieberufausübende Person mit Zulassung“.


Deutsch: „Fragen Sie einen Arzt oder Apotheker“.

Gendernormaldeutsch: „Fragen Sie einen Arzt oder eine Ärztin oder einen Apotheker oder eine Apothekerin“.

Gender*Deutsch: „Fragen Sie eine*n A*Ärzt*in oder eine*n Apotheker*in“.

Genderneutraldeutsch: „Fragen Sie eine medizinisch fachkundige Person mit Approbation oder eine pharmazeutisch fachkundige Person mit Zulassung“. Oder: „Fragen Sie eine medizinberufausübende Person mit Approbation oder eine pharmazieberufausübende Person mit Zulassung“.

Auf Kreuzfahrt

Deutsch: „Achtung! Feuer an Bord. Alle Passagiere bitte sofort aufs Oberdeck“.

Gendernormaldeutsch: „Achtung! Feuer an Bord. Alle Passagierinnen und Passagiere bitte sofort aufs Oberdeck“.

Gender*Deutsch: „Achtung! Feuer an Bord. Alle Passagier*innen bitte sofort aufs Oberdeck“.

Genderneutraldeutsch: “Achtung! Feuer an Bord. Alle Passagenden (neu für Personen, die sich gegen Zahlung eines Fahrpreises an Bord aufhalten) bitte sofort aufs Oberdeck“. Auch: “Achtung! Feuer an Bord. Alle an der Passage Teilnehmenden bitte sofort aufs Oberdeck“. Oder so: „Achtung! Feuer an Bord. Alle sich an Bord Befindlichen – mit Ausnahme der Besatzung –  bitte sofort aufs Oberdeck“.


Deutsch: „Ist ein Arzt an Bord?“.

Gendernormaldeutsch: „Ist ein Arzt oder eine Ärztin an Bord?“.

Gender*Deutsch: „Sind Ärzt*innen an Bord?“ oder „ist ein*e A*Ärzt*in an Bord“.

Genderneutraldeutsch: „Ist eine medizinisch fachkundige Person mit Approbation an Bord?“.

Wohnen

Deutsch: „Drei der Wohnungen werden von Eigentümern bewohnt, der Rest von Mietern“.

Gendernormaldeutsch: „Drei der Wohnungen werden von Eigentümerinnen und Eigentümern bewohnt, der Rest von Mieterinnen und Mietern“.

Gender*Deutsch: „Drei der Wohnungen werden von Eigentümer*innen bewohnt, der Rest von Mieter*innen“.

Genderneutraldeutsch: „Drei der Wohnungen werden von Eigentümenden bewohnt, der Rest von Mietenden“. Oder: „Drei der Wohnungen werden von Eigentumbesitzenden bewohnt, der Rest von Mietenden“. Anm: Eigentümende, m/f – (allgem.) Personen, die Eigentum besitzen; (konkret) Personen, die in einem Haus oder einer Wohnung wohnen, das oder die ihr Eigentum ist.

Arbeiten

Deutsch: „Mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrer sind Pendler“.

Gendernormaldeutsch: „Mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer sind Pendlerinnen und Pendler“.

Gender*Deutsch: „Mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrer*innen sind Pendler*innen“.

Genderneutraldeutsch: „Mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrenden sind Pendelnde“ oder „Mehr als die Hälfte der Personen mit der amtlichen Erlaubnis zum Bewegen eines Lastkraftwagens im öffentlichen Straßenverkehr, die das in der Regel auch täglich tun, sind zugleich Leute, die aus diesem Grunde zu ihrer Arbeitsstelle pendeln“.

Vor Gericht

Deutsch: „Danach wurden die Zeugen aufgerufen“.

Gendernormaldeutsch: „Danach wurden die Zeuginnen und Zeugen aufgerufen“.

Gender*Deutsch: „Danach wurden die Zeug*innen aufgerufen“.

Genderneutraldeutsch: „Danach wurden die Zeugenden aufgerufen“ (sic!) oder „Danach wurden die potentiell sachdienliche Hinweise zum Tathergang Gebenden aufgerufen“. Oder: „Danach wurden die Tathergangskundigen aufgerufen“.


Deutsch: „Vor Gericht erging der Richterspruch nacheinander gegen Betrüger, Vergewaltiger, Diebe, Einbrecher, Steinewerfer, Hochstapler, Heiratsschwindler sowie andere Verbrecher“.

Gendernormaldeutsch: „Vor Gericht erging der Richterinnen- und Richterspruch nacheinander gegen Betrügerinnen und Betrüger, Vergewaltigerinnen und Vergewaltiger, Diebinnen und Diebe, Einbrecherinnen und Einbrecher, Steinewerferinnen und Steinewerfer, Hochstaplerinnen und Hochstapler, Heiratsschwindlerinnen und Heiratsschwindler sowie andere Verbrecherinnen und Verbrecher“.

Gender*Deutsch: „Vor Gericht erging der Richter*innenspruch nacheinander gegen Betrüger*innen, Vergewaltiger*innen, Dieb*innen, Einbrecher*innen, Steinewerfer*innen, Hochstapler*innen, Heiratsschwindler*innen sowie andere Verbrecher*innen“.

Genderneutraldeutsch: „Vor Gericht erging der Richtendenspruch nacheinander gegen Betrügende, Vergewaltigende, Diebende (also Diebischseiende, Klauende bzw. geklaut Habende), Einbrechende, Steinewerfende, Hochstapelnde, Heiratsschwindelnde sowie andere Verbrechende (also Verbrecherischseiende, Verbrechenausübende bzw. Verbrechen ausgeübt Habende)“.

Politik

Deutsch: „An der Runde im Kanzleramt nahmen auch die Minister sowie alle Ministerpräsidenten teil“.

Gendernormaldeutsch: „An der Runde im Kanzleramt nahmen auch die Ministerinnen und Minister sowie alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten teil“. Oder so: „An der Runde im Kanzlerinamt nahmen auch die Ministerinnen und Minister sowie alle Ministerinnen- und Ministerpräsidentinnen und die Ministerinnen- und Ministerpräsidenten teil“.

Gender*Deutsch: „An der Runde im Kanzler*inamt nahmen auch die Minister*innen sowie alle Minister*innenpräsident*innen teil“.

Genderneutraldeutsch: „An der Runde in der Bundesregierungskanzlei nahmen auch die Fachdepartementvorstehenden sowie alle Landesregierungsvorstehenden teil“.

Deutsch: „Die Wähler sind gefragt“.

Gendernormaldeutsch: „Die Wählerinnen und Wähler sind gefragt“.

Gender*Deutsch: „Die Wähler*innen sind gefragt“.

Genderneutraldeutsch: „Die Wählenden sind gefragt“.


Deutsch: „Die Baden-Württemberger haben gewählt“.

Gendernormaldeutsch: „Die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger haben gewählt“.

Gender*Deutsch: „Die Baden-Württemberger*innen haben gewählt“.

Genderneutraldeutsch: „Die Baden-Württemberg Bewohnenden haben gewählt“.

Gesellschaft

Deutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Oberbürgermeister mit Vertretern kleinerer Kommunen, die als Gäste geladen waren“.

Gendernormaldeutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister mit Vertreterinnen und Vertretern kleinerer Kommunen, die als Gästinnen und Gäste geladen waren“

Gendernormaldeutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Oberbürgerinnenmeisterinnen und Oberbürgerinnenmeister mit Vertreterinnen und Vertretern kleinerer Kommunen, die als Gästinnen und Gäste geladen waren“.

Gender*Deutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Oberbürger*innenmeister*innen mit Vertreter*innen kleinerer Kommunen, die als Gäst*innen geladen waren“.

Genderneutraldeutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Stadtratsvorsitzführenden mit Vertretenden kleinerer Kommunen, die als unverbindlich Besuchende geladen waren“ Oder so: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die den Stadtratsvorsitzausübenden mit Vertretenden kleinerer Kommunen, die als unverbindlich Besuchende geladen waren“ (weil im Beispiel davor das grundsätzlich problematische Verb „führen“ vorkommt, das sich unschwer mit „Führer“ in Verbindung bringen lässt und damit den an die versammelten Oberbürgermeister gerichteten Nazivorwurf geradezu provoziert).


Deutsch: „An der Diskussion nahmen Studenten, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Lehrer, Wissenschaftler sowie Politiker teil, aber auch Schüler sowie Vertreter der Elternverbände waren anwesend“.

Gendernormaldeutsch: „An der Diskussion nahmen Studentinnen und Studenten, Ärztinnen und Ärzte, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Steuerberaterinnen und Steuerberater, Lehrerinnen und Lehrer, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Politikerinnen und Politiker teil, aber auch Schülerinnen und Schüler sowie Vertreterinnen und Vertreter der Elternverbände waren anwesend“.

Gender*Deutsch: „An der Diskussion nahmen Student*innen, Ärzt*innen, Rechtsanwält*innen, Steuerberater*innen, Lehrer*innen, Wissenschaftler*innen sowie Politiker*innen teil, aber auch Schüler*innen sowie Vertreter*innen der Elternverbände waren anwesend“.

Genderneutraldeutsch: „An der Diskussion nahmen Studierende, Gesundheitsfachkundige mit Approbation, Rechtsvertretungsberufausübende mit Zulassung, Steuerberatende mit Zulassung, Lehrende, Wissenschaffende sowie Politikbetreibende teil, aber auch Schulbesuchende sowie Vertretende der Elternverbände waren anwesend“.

Verkehr

Deutsch: „Bei Vorfahrtsverstößen mit Blechschäden sind die Unfallverursacher mehrheitlich weiblich“.

Gendernormaldeutsch: „Bei Vorfahrtsverstößen mit Blechschäden sind die Unfallverursacher und Unfallverursacherinnen mehrheitlich weiblich“.

Gender*Deutsch: „Bei Vorfahrtsverstößen mit Blechschäden sind die Unfallverursacher*innen mehrheitlich weiblich“.

Genderneutraldeutsch: „Bei Vorfahrtsverstößen mit Blechschäden sind die Unfallverursachenden mehrheitlich weiblich“.


Deutsch: „47% aller Führerscheininhaber sind weiblich“.

Gendernormaldeutsch: „47% aller Führerscheininhaber und Führerscheininhaberinnen sind weiblich“.

Gender*Deutsch: „47% aller Führerscheininhaber*innen sind weiblich“. Oder so: „47% aller Führer*innenscheininhaber*innen sind weiblich“. Besser: „47% aller Fahrerlaubnisinhaber*innen sind weiblich“.

Genderneutraldeutsch: „47% aller Führendenscheininhabenden sind weiblich“ „47% aller Fahrerlaubnisinhabenden sind weiblich“.


Deutsch: „Bei etwa 60% aller Unfälle mit Beteiligung von Autofahrern und Radfahrern sind die Kfz-Lenker die Verursacher“.

Gendernormaldeutsch: „Bei etwa 60% aller Unfälle mit Beteiligung von Autofahrerinnen und Autofahrern und Radfahrerinnen und Radfahrern sind die Kfz-Lenkerinnen und Kfz-Lenker die Verursacherinnen und Verursacher“.

Gender*Deutsch: „Bei etwa 60% aller Unfälle mit Beteiligung von Autofahrer*innen und Radfahrer*innen sind die Kfz-Lenker*innen die Verursacher*innen“.

Genderneutraldeutsch: „Bei etwa 60% aller Unfälle mit Beteiligung von Autofahrenden und Radfahrenden sind die Kfz-Lenkenden die Verursachenden“.

Sonstiges

Deutsch: „Auf der Wiese haben die Maulwürfe zahlreiche Löcher gegraben. Daher die vielen Maulwurfshügel“.

Gendernormaldeutsch: „Auf der Wiese haben die Maulwürfe und Maulwürfinnen zahlreiche Löcher gegraben. Daher die vielen Maulwurfs- und Maulwürfinnenhügel“.

Gender*Deutsch: „Auf der Wiese haben die Maulwürf*innen zahlreiche Löcher gegraben. Daher die vielen Maulwürf*innenhügel“.

Genderneutraldeutsch: „Auf der Wiese haben die Maulwürfenden zahlreiche Löcher gegraben. Daher die vielen Maulwürfendenhügel“.


Deutsch: „Helfer für den Deichbau gesucht. Jeder, der helfen will, ist willkommen“.

Gendernormaldeutsch: „Helfer und Helferinnen für den Deichbau gesucht. Jede und jeder, die oder der helfen will, ist willkommen“.

Gender*Deutsch: „Helfer*innen für den Deichbau gesucht. Jede*r, die*der helfen will, ist willkommen“.

Genderneutraldeutsch: „Helfende für den Deichbau gesucht. Jede Person, die helfen will, ist willkommen“.


Deutsch: „In der Ferne sah man einen Spaziergänger“.

Gendernormaldeutsch: „In der Ferne sah man einen Spaziergänger oder eine Spaziergängerin“.

Gender*Deutsch: „In der Ferne sah man eine*n Spaziergänger*in“.

Genderneutraldeutsch: „In der Ferne sah man (eine) Spazierengehende“ oder „In der Ferne man sah eine spazierengehende Person unbestimmten biologischen Geschlechts“.


Deutsch: „Ich gehe zum Bäcker“.

Gendernormaldeutsch: „Ich gehe zum Bäcker oder zur Bäckerin“.

Gender*Deutsch: „Ich gehe zum Bäcker oder zum*zur Bäcker*in“.

Genderneutraldeutsch: „Ich gehe zum oder zur Backenden“ oder „Ich gehe zu Backenden unbestimmten biologischen Geschlechts“.


Deutsch: „Die Arbeiter schliefen“.

Gendernormaldeutsch: „Die Arbeiterinnen und Arbeiter schliefen“.

Gender*Deutsch: „Die Arbeiter*innen schliefen“.

Genderneutraldeutsch: „Die Arbeitenden schliefen“.


Deutsch: „Die Mitarbeiter weigerten sich, am Projekt mitzuarbeiten“.

Gendernormaldeutsch: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weigerten sich, am Projekt mitzuarbeiten“.

Gender*Deutsch: „Die Mitarbeiter*innen weigerten sich, am Projekt mitzuarbeiten“.

Genderneutraldeutsch: „Die Mitarbeitenden weigerten sich, am Projekt mitzuarbeiten“.


Deutsch: „Die Leser hielten die Augen geschlossen“.

Gendernormaldeutsch: „Die Leserinnen und Leser hielten die Augen geschlossen“.

Gender*Deutsch: „Die Leser*innen hielten die Augen geschlossen“.

Genderneutraldeutsch: „Die Lesenden hielten die Augen geschlossen“.


Deutsch: „Die Dachdecker spielten Fußball“.

Gendernormaldeutsch: Die Dachdeckerinnen und Dachdecker spielten Fußball“.

Gender*Deutsch: „Die Dachdecker*innen spielten Fußball“.

Genderneutraldeutsch: „Die Dachdeckenden spielten Fußball“.


Deutsch: „Doch die Sänger sangen nicht“.

Gendernormaldeutsch: Doch die Sängerinnen und Sänger sangen nicht“.

Gender*Deutsch: „Doch die Sänger*innen sangen nicht“.

Genderneutraldeutsch: „Doch die Singenden sangen nicht“.


Deutsch: „Ober, die Rechnung bitte“.

Gendernormaldeutsch: „Ober / Oberin, die Rechnung bitte“.

Gender*Deutsch: „Herr*Frau Ober*in, die Rechnung bitte“ oder „Ober*in, die Rechnung bitte“.

Genderneutraldeutsch: „Bedienende, die Rechnung bitte“, „Kellnernde, die Rechnung bitte“ oder „Kassierende, die Rechnung bitte“.


Deutsch: „Am Ende gibt es nur noch Verlierer“.

Gendernormaldeutsch: „Am Ende gibt es nur noch Verliererinnen und Verlierer“.

Gender*Deutsch: „Am Ende gibt es nur noch Verlierer*innen“.

Genderneutraldeutsch: „Am Ende gibt es nur noch Verlierende“ oder „Am Ende gibt es nur noch verloren haben Werdende“, „Am Ende gibt es nur noch verloren Seiende“. Die explizite Fassung geht natürlich immer: „Am Ende gibt es nur noch verloren haben Werdende über deren biologisches Geschlecht man nichts Genaues weiß, wobei dies im Allgemeinen ohnehin nicht von Belang ist“.

Konkrete Beispiele aus der gelebten Praxis

Uni Bielefeld

Link: https://www.uni-bielefeld.de/verwaltung/refkom/gendern/richtlinien/

  • Im Kulturangebot ist für jede*n etwas dabei.
  • An dem Forschungsprojekt sind dreißig Mitarbeiter*innen beteiligt.
  • Der*die Lehrer*in schreibt den Notendurchschnitt an die Tafel.
  • Melden Sie sich mit Ihrem Nutzer*innenkennwort an.
  • In der Checkliste findet ein*e Studierende*r, was er*sie in den ersten Wochen erledigen muss.
  • Wer sein*ihr Tablet verloren hat, kann es beim Hausmeister*innenservice abholen.
  • Die Absolvent*innenbefragung wird in Kürze ausgewertet.
  • Wirtschaftswissenschaftler*innen untersuchen Konsument*innenverhalten.
  • Eingeladen sind langjährige Partner*innen aus aller Welt.
  • Hier tauschen sich alle Rektor*innen aus.
Aus dem Wahlprogramm 2021 der Grünen

Das Gendersternchen kommt in der Programmvorlage für den Bundesparteitag der Grünen vom 11. bis 13. Juni 2021 rekordverdächtige 509-mal vor.

Das Wahlprogramm trägt den Titel:

Deutschland. Alles ist drin.
Bundestagswahlprogramm 2021
.

Im Untertitel heißt es, „Bereit, weil Ihr es seid.“ – Wahlweise ist das eine reichlich veraltete Form der Anrede („Ihrzen“) oder schlichtweg ein dicker Rechtschreibfehler auf der Frontseite. Vielleicht wollte man auch dem Binnen-I in Gestalt eines Linksaußen-I zu einem letzten Auftritt verhelfen.

Link: Vorlaeufiges-Wahlprogramm_GRUENE-Bundestagswahl-2021.pdf

Hier nur einige Beispiele:

  • Menschenrechtsverteidiger*innen sind Held*innen
  • Zudem wollen wir eine*n weisungsunabhängige*n und finanziell gut ausgestattete*n Antirassismusbeauftragte*n einsetzen.
  • Akteur*innen
  • Anwohner*innen
  • Athlet*innenvertretung
  • Bezieher*innen
  • Bürger*innenbegehren
  • Bürger*innenbeteiligung
  • bürger*innennahe Polizei
  • bürger*innennäher
  • Bürger*innenräte
  • Bürger*innenrechte
  • Bürgerrechtler*innen (Anm.: ein offensichtlicher Fehlgriff; selbstverständlich muss es Bürger*innenrechtler*innen heißen)
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Deutschland ist Spitze – jedenfalls in der Steuerlast

Im OECD-Vergleich liegt Deutschland in der gesamten Steuer- und Abgabenlast seit Jahren auf einem der Spitzenplätze. Das Handelsblatt titelte jüngst gar: Die höchsten Steuern und Abgaben: Deutschland ist Weltmeister. In keinem anderen Land müssen Arbeitnehmer so hohe Steuern und Abgaben zahlen wie in der Bundesrepublik. Und anders als oft behauptet werden auch Familien kräftig zur Kasse gebeten. In der Welt schon 2020 der gleiche Tenor: Bei Steuern und Abgaben ist Deutschland jetzt sogar globaler Spitzenreiter.

Die Steuerquote

Unstrittig ist also, dass Deutschland bei der Belastung von Arbeitseinkommen durch Steuern und Sozialabgaben schon seit Jahren zu den Spitzenreitern gehört. Die Steuer- und Abgabenquote auf Arbeitseinkommen beläuft sich auf etwa 37,5%. Damit gibt sich der Fiskus aber nicht zufrieden. Über die Umsatz- und Verbrauchssteuern belastet der Staat darüber hinaus auch noch das verbliebene Nettoeinkommen. Deswegen liegt die volkswirtschaftliche Einkommensbelastungsquote sogar bei 52,1 Prozent (2020) – nach Angaben des Bundes der Steuerzahler ein Rekordwert. Von einem verdienten Euro gehen also 52,1 ct direkt oder indirekt an den Fiskus bzw. an den Staat. Nur 47,9 ct bleiben übrig. 

Abbildung 1: Steuerquote in Deutschland 2020. Mehr als die Hälfte des Arbeitslohns gehen letztlich an den Fiskus. Von 1000 € nimmt er sich 521 €.

Sind die Steuern etwa nicht hoch genug?

Was die Grünen, die SPD und die Linken dazu treibt, angesichts dessen sogar noch weitere Steuererhöhungen zu fordern ist rational kaum nachvollziehbar. Kaum besser bei CDU und CSU: auch die Unionsparteien schließen Steuererhöhungen nicht aus. Einzig die FDP fordert folgerichtig, auf weitere Steuererhöhungen zu verzichten und ggf. sogar Entlastungen anzustreben (FDP will Wirtschaft um 60 Milliarden Euro bei der Steuer entlasten).

Nicht nur bei den Steuern auf Arbeitseinkommen, auch betreffend der Unternehmenssteuern langt der Fiskus kräftig zu. Ein völlig anders Bild zeichnet das extra3-Video. Darin wird in den Raum gestellt, Deutschland sei ein Steuerparadies mit ineffizienten Steuergesetzen und einer nachlässigen Finanzverwaltung.

Videolink: Bund der Steuersparer: Ein Arsch voll Tochterunternehmen | extra 3 | NDR

Bei Anhängern der SPD, der Grünen und der Linken findet der Sketch sicher viel Zuspruch. Dabei ist genau das Gegenteil richtig. Kaum etwas funktioniert in Deutschland so gut, wie das fortwährende Perfektionieren von Steuererlassen und das Eintreiben der Steuern.

Das Steuerrecht ist komplex, die Bürokratie überbordend

Über die Jahre ist ein hochkomplexes und sich ständig änderndes Steuerrecht entstanden, das es Unternehmen fast unmöglich macht, jederzeit eine 100 % regelkonforme Steuererklärung abzugeben. Die sinnvolle Steuergestaltung wird mit jedem neuen Erlass weiter erschwert. Ohne die Konsultation von hochspezialisierten Steuerexperten ist das längst nicht mehr darstellbar. Noch nicht einmal für kleinere Firmen. Man kann sich vor der Erkenntnis nicht länger verschließen: Nicht nur die Steuerquote, auch die deutsche Bürokratie ist „Weltspitze“.

Es mangelt nicht an Geld, sondern an Effizienz

Die gesamten Staatseinnahmen (Steuereinnahmen inkl. Gebühren, Verwaltungseinnahmen, Gewinne, Veräußerungen, …) haben sich von 2005 bis 2019 um mehr als 600 Mrd. € (2005: 995 Mrd. €, 2019: 1.600 Mrd. €, ein Plus von 60 %) erhöht. Straßen mit Schlaglöchern, sanierungsbedürftige Schulen, Funklöcher und langsames Internet gibt es nicht, weil es dem Staat an Geld mangelt, sondern weil die Bürokratie fett und träge ist und es nicht auf die Reihe kriegt, das Geld dahin zu leiten, wo der Bedarf besteht. Eher werden unsinnige Lieblingsprojekte von Politikern finanziert.

Der Staat funktioniert perfekt, wenn es darum geht, den Unternehmen und leistungswilligen Bürgern neue Lasten aufzubürden (erweiterte Berichtspflichten, neuartige Abgaben, Öko-Steuer, CO2-Steuer, EEG-Umlage, Kohlepfennig, …) oder längst abzuschaffende Steuern (z.B. Solidaritätszuschlag) einfach beizubehalten, weil er sich daran gewöhnt hat. Er macht allzu oft keinen guten Job, wenn er selbst den Ansprüchen gerecht werden muss, die er den Staatsbürgern ohne viel Federlesens aufbürdet. In der Corona-Pandemie wurde es einmal mehr offenkundig.

Prosperität durch Eigenverantwortung statt ineffektiver staatlicher Einflussnahme

Ganz anders, als es das Video suggerieren will, ist es angesichts der hier nur ganz kurz skizzierten Zustandsbeschreibung absolut legitim und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gar dringend geboten, wenn Wirtschaftsunternehmen den verbleibenden Gestaltungsspielraum im Steuerrecht so weit wie möglich ausschöpfen.

Das kommt im Übrigen auch der Gesellschaft zugute, weil das Geld in den Händen der Bürger respektive Unternehmen bleibt und sie damit wirtschaften und es in Umlauf bringen. Jedenfalls ist das immer noch besser, als wenn der Staat das Geld vereinnahmt und es dann im aufgeblähten Behördenapparat versickert, für fragwürdige parteipolitische Umverteilungspläne draufgeht oder für unsinnige Projekte verschleudert wird. Nach dem Bericht des Rechnungshofes kommen so allein mehrere 10 Milliarden Euro pro Jahr zusammen.

Wie verquer in der Politik teilweise agiert wird, sieht man am aktuellen Beispiel der CO2-Steuer. Die wird selbstredend auch von der SPD und anderen Parteien mitgetragen. Man will damit die Menschen dazu bewegen, weniger fossile Energie zu verbrauchen. Das ist ein richtiges Ziel, wenn auch die Besteuerung selbst sicher nicht die beste Maßnahme ist. Was macht die SPD daraus? Sie hat vorgeschlagen und es mittlerweile auch durchgesetzt, dass Mieter für Heizenergie nur die Hälfte der CO2-Steuer tragen sollen und die andere Hälfte von den Vermietern übernommen wird. Damit wird die Grundidee hinter der CO2-Besteuerung schon wieder ad absurdum geführt, kaum dass die Steuer eingeführt ist.

Die Besteuerung mittlerer Einkommen ist zu hoch

In den Wahlprogrammen der Grünen, der SPD und der Linken wird ein ganz anders Bild gezeichnet. Auch wenn sich fast alle vor konkreten Zahlen drücken, geht die Zielrichtung ganz klar zu höheren Steuern. Opportun ist dabei immer der Hinweis auf die Reichen und Superreichen. Dem kann im Zweifel jeder beipflichten. Man verschweigt dabei gerne, dass die Steuerprogression schon bei Einkommen knapp über dem Durchschnitt auf den Spitzensteuersatz von 42 % ansteigt. Ledige zahlen diesen Satz schon ab etwa 57.000 € zu versteuerndem Jahreseinkommen für jeden weiteren verdienten Euro. Dabei beträgt das Durchschnittseinkommen gerade knapp 48.000 €. Wer also nur ein wenig mehr verdient als der Durchschnitt (etwa 20 %), der wird bereits mit dem Höchststeuersatz belastet.

Im Jahre 1990 wurde der Spitzensteuersatz erst bei dem 5-fachen des Vollzeit-Durchschnittseinkommens fällig. In den wirtschaftlich erfolgreichen Aufbaujahren der Bundesrepublik lag das Verhältnis anfangs gar bei dem 18-fachen (1960). Das kann man zwar nicht 1:1 mit der Situation heute vergleichen (z.B., weil sich auch die Höhe des Spitzensteuersatzes geändert hat), aber dennoch wird klar, dass wir bezüglich der Besteuerung von mittleren Einkommen in einer deutlichen Schieflage sind. Ursache dafür ist vor allem die kalte Progression. Sie entsteht dadurch, dass zwar das allgemeine Gehaltsniveau aufgrund der Lohn- und Preisentwicklung von Jahr zu Jahr mehr oder weniger stark steigt, der Steuertarif i. d. R. aber unverändert bleibt.

Heimliche Steuererhöhungen durch die kalte Progression

Betrachten wir einen Arbeitnehmer, dessen Bruttoverdienst sich im gleichen Maße wie die Inflationsrate erhöht, sagen wir 2 %. Sein Gehalt wächst dann also von 48.000 € auf 48.960 €. Aufgrund der Steuerprogression steigt das Gehalt netto aber um weniger als 2 % (weil er für den Mehrverdienst einen höheren Steueranteil entrichten muss). Genau bleiben hier von den 960 € nur 594 € übrig, das entspricht einer Erhöhung des Nettogehalts um 1,6 %. Tatsächlich hat der Arbeitnehmer damit preisbereinigt (also bezogen auf die Kaufkraft) sogar weniger Geld in der Tasche hat als zuvor. Er ist daher faktisch ärmer geworden, muss dafür aber höhere Steuern entrichten. Das ist die Konsequenz aus der kalten Progression.

Wenn man nur ein einzelnes Jahr nimmt, ist der Effekt im Allgemeinen nicht sehr groß, kann sich aber immerhin auf einige 100 € pro Jahr summieren. Weil der Missstand aber nun schon seit Jahrzehnten besteht, hat sich hier eine massive Fehlbesteuerung vor allem von mittleren Einkommen aufgebaut. Die kalte Progression ist im Ergebnis eine heimliche Steuererhöhung. Eine jedes Jahr aufs Neue greifende Steuererhöhung ohne Ansage. Der alleinige Nutznießer ist der Fiskus, denn was dem Bürger fehlt, mehrt im gleichen Umfang das Steueraufkommen des Staates. Jahr für Jahr entstehen so Steuermehreinnahmen in Milliardenhöhe. So sind die Steuereinnahmen aus Löhnen- und Gehältern von 2005 bis 2018 um 74 % gestiegen, während die Löhne im gleichen Zeitraum nur um 54 % gewachsen sind.

Viele andere Länder machen das besser und vor allem stärker am Wohle der steuerzahlenden Bürger orientiert: u.a. in den USA, Frankreich und der Schweiz wird die Steuerprogression jährlich an die Inflationsrate angepasst. So wird sichergestellt, dass ein Arbeitnehmer, der 2 % mehr brutto bekommt auch netto 2 % mehr verfügbar hat und somit bei einer Inflationsrate von maximal 2 % keinen Kaufkraftverlust erleidet.

Hohe Steuern zum Wohle der Bürger – aber in welchem Land?

Die Grünen, die SPD und die Linken reden derweil unverdrossen davon, der Staat müsse die Steuereinnahmen erhöhen, um die von ihm erwarteten Leistungen finanzieren zu können. Für manche können z.B. die direkten und indirekten Transferzahlungen in Richtung EU gar nicht hoch genug sein (s. DEUTSCHLAND IST REICH. UND WIE GEHT’S DEN DEUTSCHEN?). Gerne werden auch die Mängel bezüglich Schulen, Bildung, Digitalisierung, Infrastruktur, Gesundheit, Rente, … zur Begründung herangezogen. Man will dem Bürger so weismachen, dem Staat fehle es an Geld für die Bewältigung elementarer Aufgaben. Wir haben oben schon gesehen, dass das nicht zutrifft. Das Gegenteil ist richtig.

Das hohe deutsche Steueraufkommen führt dazu, dass in Europa Begehrlichkeiten geweckt werden und in der Folge Deutschland immer wieder neue Lasten übernimmt. Wie verschiedene Statistiken zeigen, sind die Menschen hierzulande keineswegs die vermögendsten Europäer. Aber dennoch sind deutsche Politiker, insbesondere von den bereits oben genannten Grünen und der SPD allzu gerne bereit, hier erwirtschaftete Steuermittel in Länder zu transferieren, deren Steuersäckel nicht so prall gefüllt ist, weil sie ihre Bürger weniger stark mit Steuern und Abgaben belasten. Offenbar denken andere Politiker in Europa zuallererst an das Wohl ihrer eigenen Bürger. Den Grünen, der SPD und den Linken geht es mehr darum, die Welt zu beglücken.

Eine weitere Idee hinter den Forderungen nach höheren Steuern ist die, dem Bürger zunächst neue Lasten aufzuerlegen und einen Teil dieser Mehreinnahmen wieder als „staatliche Wohltaten“ zurückzugeben. Explizit wird das z.B. von den Grünen bezüglich der CO2-Besteuerung geplant. Das offenbart ein Staatsverständnis, wie man es aus sozialistischen Planwirtschaften kennt. Damit schafft man vorzugsweise neue Planstellen in der Verwaltung, also vor allem mehr Bürokratie. – Daran mangelt es uns gewiss nicht.

Resümee

Der Staat ist überfinanziert und kann mit Geld nicht umgehen. Je reichlicher die Steuerquellen sprudeln, desto mehr davon wird er sinnlos verpulvern. Die Beispiele Berliner Flughafen, Elbphilharmonie, Mautdebakel und die europäische Schuldenunion sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Liste ist sehr viel länger und geht gar noch weit über Europa hinaus. Zum Beispiel zahlt Deutschland noch immer Entwicklungshilfe in Höhe von mehreren 100 Millionen Euro pro Jahr an die Welt- und Technologiemacht China.

Die zahlreichen extra3-Bürokratie-Videos (Der reale Irrsinn im Überblick) belegen eher die „kleineren“ Fehler von Lokal- und Regionalpolitikern im Land. Dabei geht es um in den Sand gesetzte Projekte und unsinnige Maßnahmen, die „nur“ Hundertausende oder wenige Millionen Euro kosten: Straßen ins Nirgendwo, Brückenruinen, Stromtankstellen auf Radwegen, Parkplätze, auf denen man nicht parken darf, Autobahnen ohne Ausfahrt, unterirdische Gehwege. Darüber darf man aber auch die Leitlinien für Gendersprache oder die Zuschüsse für staatsfeindliche linke Aktionsbündnisse … nicht vergessen.


Quellen:

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundestagswahl-fdp-will-wirtschaft-um-60-milliarden-euro-bei-der-steuer-entlasten/27175650.html?

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/oecd-studie-die-hoechsten-steuern-und-abgaben-deutschland-ist-weltmeister/27143260.html

https://www.welt.de/wirtschaft/article207627587/OECD-Bei-Steuern-und-Abgaben-ist-Deutschland-Spitzenreiter.html

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/lohn-immer-mehr-arbeitnehmer-zahlen-spitzensteuersatz/25451980.html

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/durchschnittseinkommen-so-hoch-ist-das-durchschnittsgehalt-in-deutschland/26628226.htm

https://www.vlh.de/arbeiten-pendeln/beruf/kalte-progression-einfach-erklaert-mit-beispiel.html

https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2018/heft/8/beitrag/60-jahre-einkommensteuertarif-in-deutschland-bestandsaufnahme-und-handlungsempfehlungen.html

https://steuertabelle.com.de/Steuerprogression-Tabelle.php

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/164032/umfrage/einnahmen-und-ausgaben-des-deutschen-staats/

https://de.wikipedia.org/wiki/Staatseinnahmen

https://de.wikipedia.org/wiki/Steueraufkommen_(Deutschland)

https://www.focus.de/politik/ausland/630-millionen-euro-allein-im-jahr-2017-fast-10-milliarden-euro-seit-1979-darum-zahlt-deutschland-entwicklungshilfe-an-china_id_10817274.html

Es grünt so grün

Die K-Frage bei den Grünen

Bis um 19. April 2021 galt Folgendes: Robert Habeck und Annalena Baerbock waren die zwei Kanzler*inkandidat*inkandidat*innen der Grünen. Und zwar deswegen Kandidat*inkandidat*innen, weil sie beide die Rolle als Kanzler*inkandidat*in bei den Grünen angestrebt haben.

Das nur der Ordnung halber. Nun zum eigentlichen Inhalt: Schade, dass die beiden so fra(u)vorragend geeigneten Kanzler*inkandidat*innen untereinander auskungeln mussten, wer es denn nun werden soll. Sie haben sich entschieden: gegen Robert Habeck und für Annalena Baerbock.

Seit dem 19. April, 11:00 Uhr MESZ, gilt jetzt also dieses: Annalena Baerbock ist Kanzler*inkandidat*in, wobei sie strenggenommen noch Kanzler*inkandidat*inkandidat*in ist, weil sie noch formal von den Parteigremien als Kanzler*inkandidat*in bestätigt werden muss. Das wird im Juni geschehen. Erst dann ist sie offiziell Kanzler*inkandidat*in.

Im Folgenden ein schlaglichtartiges Profil der Beiden. Beginnen wir mit Annalena Baerbock. – Ja warum eigentlich? Weil Sie eine Frau ist? Ich höre schon den Aufschrei. Aber da stehe ich drüber. Ich denke, man darf auch einmal einer Frau den Vortritt lassen, ohne dass man das gleich als chauvinistische Galanterie missverstehen muss. Im Übrigen ist es einfach die alphabetische Reihenfolge.

Annalena Baerbock

Baerbock gilt allgemein als inhaltlich stärker als ihr Konkurrent Robert Habeck. Die Bezeichnung Konkurrent ist zwar im grammatikalischen Sinne richtig, in der Sache ist das aber nicht ganz zutreffend, er ist ja nur ein Mann. Viel schwieriger wäre die Entscheidung gefallen, wenn es eine Konkurrentin gegeben hätte.

Über die Kompetenz Baerbocks kann es keinen Zweifel gebe. Auf jeden Fall redet sie jede Talkrunde ohne Punkt und Komma in Grund und Boden. Und weil sie keine Sprechpausen macht, kommt sonst niemand zu Wort. Das muss wohl der Grund sein für die vor allem von den Medien verbreitete hohe Meinung zu ihrer inhaltlichen Stärke. Dabei kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieses relativ homogene Stimmungsbild das Resultat vielfachen voneinander Abschreibens ist.

Nur drei Beispiele für den überragenden Durchblick Baerbocks, z.B. in den für die Grünen so eminent wichtigen Energiefragen:

1. Sie kennt sich super mit Batterien aus, in denen bekanntlich Kobolde für die Energie sorgen. – Vielleicht meinte Sie auch Kobalt, aber genau weiß man das nicht. Außerdem wäre das doch viel zu profan.

2. Dass wir als Einwohner Deutschlands zu viel CO2 produzieren ist ihr ebenfalls völlig klar. Sagenhafte 9 Gigatonnen CO2 pro Person und Jahr sind auch wirklich eine Menge, einfach zu viel. Vor allem viel zu viel für das Klima. Kein Wunder, dass insbesondere Deutschland auf diese Weise das Klima schädigt und für die globale Erwärmung sorgt. – Na ja, Kilo, Mega, Giga, Tera, … da kann man sich schonmal vertun. Andererseits: Sie liegt hier um den Faktor 1 Milliarde daneben. D. h. also, die Aussage ist nur zu 0,0000001 % richtig und damit zu 99,9999999 % falsch. Kann man dazu überhaupt noch Fehler sagen?  Vielleicht war es als politisches Statement gedacht: Die Fakten sind egal, Hauptsache die Botschaft kommt rüber.

3. Den überschüssigen Solar- und Windstrom muss man „einfach im Netz speichern“, dann kann man ihn später, wenn es dunkel ist oder Flaute herrscht verwenden. – Absolut, wozu denn die gefährliche Kernkraft oder schmutzige Braunkohle? „Im Netz speichern“ ist die Lösung und mancher*frauchsie Wähler*in der Grünen fragt sich, warum das nicht gemacht wird. Und die Franzosen wird Baerbock auch noch davon überzeugen, dass Atomstrom böse ist, obwohl doch das Klima davon profitiert.

Das hat Sie jedenfalls auf diversen Talkrunden ungefähr so geäußert. Widerspruch in der Runde gab es dazu nicht. Wie auch, es hatte ja sonst niemand die Chance, das Wort ergreifen.

Man mag’s beklagen: Auch in 2021 gibt es immer noch keine Gleichberechtigung. Männer und Frauen werden mit unterschiedlichem Maß gemessen. Da redet sich eine Frau – bildlich gesprochen – um Kopf und Kragen und wird von großen Teilen der geneigten Öffentlichkeit dennoch einhellig für kompetent gehalten. Was wäre denn gewesen, wenn Annalena nicht nur geredet, sondern sogar etwas Vernünftiges gesagt hätte? – Nicht auszudenken! Das grün gestrichene Kanzler*innenamt wäre ihr gewiss. Obendrein eine eigene Talkshow im Deutschen Fernsehen. Jeden Tag! Viele Gäst*innen! Und außer Annalena kommt niemand zu Wort.

Wenn Du geschwiegen hättest, Desdemona alias Annalena.“ – Nein, das konnten und können wir nicht ernsthaft von ihr verlangen. Und auch nicht von uns. Dann hätte sie ja Zeit zum Nachdenken und die Talkrunden im Fernsehen wären noch langweiliger.

Robert Habeck

Man kann es nicht anders sagen: Er ist mehr der Philosoph und gilt als inhaltlich weniger sattelfest. Auch darüber gibt es in den Medien weitgehende Einigkeit. Vielleicht auch hier: Meinungseinfalt durch Abschreiben? Wie dem auch sei, Habeck hat auch einige Stärken. Betrachten wir auch in diesem Fall nur drei Beispiele:

1. Anlässlich der Steuerdiskussion um Pendlerpauschale und CO2-Preis äußerte er sich etwa so: Wenn die Pendlerpauschale um 5 ct pro km erhöht wird, der Benzinpreis durch die CO2-Abgabe aber nur um 3 ct steigt, dann sei das ein Anreiz für den Umstieg aufs Auto. Er meint also, Arbeitnehmer hätten quasi 2 ct mehr in der Tasche. – Darauf kann man kommen. Vielleicht muss man für diese höhere Sicht Philosoph sein. Entschuldigend mag man anführen, dass das Steuerrecht eh viel zu kompliziert ist. Vermutlich wollen es die Grünen vereinfachen. Etwa so: einheitlich 50% auf alles. Die Pendlerpauschale kriegt nur, wer zu Fuß geht, mit dem Rad fährt oder im Homeoffice arbeitet.

2. Wenn wir Fluchtursachen bekämpfen ernst meinen, dann müssen wir „die Staaten (Afrikas) (…) in eine wirtschaftliche Prosperität (…) versetzen“, so Robert Habeck im ARD-Sommerinterview. – Absolut, so einfach ist das. Wir müssen dafür sorgen, dass afrikanische Staaten wirtschaftlich funktionieren. Das ist nobelpreisverdächtig.

3. „Wir versuchen, alles zu machen, damit Thüringen ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land wird […].“ sagte er im Wahlkampf 2019. Auf die Frage, was Thüringen heute denn tatsächlich sei, antwortete Habeck im BR-Interview: „Genau das“. – Am nächsten Tag meinte er dann: „Ich beiß mir in den Arsch. Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht, wie mir so etwas passieren kann.“

Wie sagte doch der Lateiner Anicius Manlius Severinus Boethius: „Hättest Du geschwiegen, wärest Du ein Philosoph geblieben.“ Na ja, lateinische Weisheiten helfen nicht immer weiter. In diesem Falle gilt eher die Umkehrung: „Weil Du geredet hast, bleibst Du ein Philosoph.“ Vielleicht auch so: „Hättest Du geschwiegen, wärest Du ein Kandidat geworden.

Resümee

So ungerecht ist die Gesellschaft, soweit weg sind wir von echter Gleichberechtigung: Da redet eine Frau Unfug und wird prompt für sachkompetent gehalten. Und noch immer haben’s Männer leichter. Stillschweigen genügt ihnen für dieselbe Kompetenzvermutung. Wenn sie reden, dann kommt der Inhalt auf den Prüfstand. Geschwätz aus ihrem Munde wird jedenfalls nicht goutiert. Das ist nicht fair. Und zwar in beiden Richtungen.

Irgendwie ist es aber auch ein Ergebnis der heutzutage vielfach anzutreffenden Auffassung: „Woher soll ich denn wissen, was ich denke, bevor ich gehört habe, was ich sage?“ Hauptsache Lärm gemacht und Aufmerksamkeit erzeugt, der Inhalt scheint nachrangig. In den Medien allemal.

Kann Annalena Baerbock Kanzler werden? – Nein, vollkommen ausgeschlossen. Unabhängig von Ihrer Kompetenz in erneuerbaren Energien ist das schon grammatikalisch absolut unmöglich. Sie hat einfach nicht das richtige Genus. Und wie will man das ändern, ohne eine große Sprachreform? Da helfen noch nicht einmal die Gendersternchen.

Ebenso wahr ist aber auch: Robert Habeck kann nicht Kanzlerin werden. Es würde auch dann unmöglich sein, wenn er Kanzlerinkandidat geworden wäre. Da fehlt ihm einfach etwas. Er hat den falschen Sexus. Ein Satz von philosophischer Tiefe: Was ihm fehlt, hat er zu viel. Vielleicht hat er auch zu viel geredet oder zu wenig geschwiegen.

Und wenn Annalena Baerbock doch Kanzlerin wird? – Oh weh, dann gibt es ein böses Erwachen. Jedenfalls bei den Wählern, vielleicht sogar bei den Medien. Denn die Grünen haben auch ein Programm. Und es ist zu befürchten, dass sie es umsetzen wollen. Gegenwärtig scheint das noch niemand zu kümmern. Es grünt ja sooo schön grün. Und alle freuen sich darüber, jedenfalls alle Schafe.

Sollte es zur *Kanzlerinschaft* Baerbocks kommen, wird sie sich dereinst in der historischen Perspektive mit Angela Merkel um den Titel als die schlechteste Kanzlerin aller Zeiten streiten müssen. Nein, das ist kein frauenfeindlicher Chauvinismus, das ist Logik. Noch nicht einmal die feministischste Feministin kann sich dieser scharfsinnigen Überlegung mit Aussicht auf Erfolg entgegenstellen.

«Dieser Satz enthält genau trei Feehler», sagte schon Douglas R. Hofstadter (der Autor von «Gödel, Escher, Bach»). Nicht auszudenken, wie viele Fehler in diesem ganzen Text zusammenkommen mögen.

Ist ein Elektroauto „umweltfreundlich“ oder nur weniger „umweltschädlich“?

Es soll in diesem Beitrag nicht um die Frage des besten Antriebskonzepts gehen. Nicht darum, ob Elektroautos weniger umweltschädlich und Verbrenner weniger umweltfreundlich sind. Ebenso wenig soll erörtert werden, ob das Attribut umweltfreundlich eher zum Elektroauto passt, beim Verbrenner indes die Assoziation umweltschädlich näher liegt. Das Thema ist vielmehr der Sinnzusammenhang der beiden Adjektive. Kann man überhaupt, von trivialen Fällen abgesehen, sicher sagen, etwas sei umweltfreundlich oder umweltschädlich? Und was genau, sollte das jeweils bedeuten?

Semantik

Die Fragestellung hat zwei Hauptaspekte, eine philosophische und eine logisch-semantische. Wir beginnen mit dem Letzteren. „Wahre“ und „falsche“ Aussagen kann man im strengen Sinne nur innerhalb eines axiomatischen Systems treffen. Im realen Leben bewegt sich alles irgendwo dazwischen, vor allem auch deshalb, weil die Wortbedeutungen unscharf sind.

Konkret ist hier „umweltfreundlich“ ein genauso unscharfes Adjektiv wie „umweltschädlich“.  In beiden Attributen klingt ein gewisser Absolutheitsanspruch durch, den zu verifizieren kaum gelingen kann. Mit Sicherheit wird man auch keinen allgemeinen Konsens darüber erzielen können, wo genau die Grenze liegt. Treffender ist es, stattdessen von „umweltschonend“ zu sprechen. Darin steckt viel weniger Wertung, obwohl immer noch offenbleibt, was genau damit gemeint sein mag. Sinnvoll erscheint zunächst einmal eine relative Definition. Die eine technische Lösung oder Handlungsweise ist umweltschonender als die andere, wenn sie in der Umwelt räumlich und zeitlich eine weniger starke Wirkung hinterlässt.

Logik

Darüber hinaus gibt es ein im eigentlichen Sinne logisches Problem. Es ist eine banale Erkenntnis, dass technische Systeme (und ihre Nutzung durch uns) die Umwelt immer in mehrerlei Hinsicht tangieren. Sie sind von ihr abhängig sind und beeinflussen sie. In der Regel reden wir hier von einer komplexen multifaktoriellen Beeinflussung bzw. Wechselbeziehung. Die Begründung für das Logikproblem ist einfach. Systeme, die durch mehr als nur einen Parameter charakterisiert werden (nur solche gibt es in der Realität), lassen sich nicht eindeutig in eine Ordnung bringen. Man kann nicht zwingend darlegen, dass das System mit der Charakteristik (2 5) besser oder schlechter ist als das System mit der Charakteristik (3 4). Das ist logisch unmöglich.

Ist ein Elektrofahrzeug mit einem Energieverbrauch von 20 kWh pro 100 km bei einer Zuladung von 500 kg und einer Akkukapazität von 80 kWh dem Konkurrenzprodukt mit 16 kWh pro 100 km, 400 kg Zuladung und 60 kWh Akkukapazität überlegen? Es kommt darauf an, wie man das Zusammenspiel der Eigenschaften im Hinblick auf den im Grundsatz willkürlich gesetzten Nutzwert beurteilt.

„Besser“ oder „umweltfreundlicher“ wird ein System erst durch die nicht im absoluten Sinne objektivierbare Bewertung, die wir ihm beimessen. Völlig gleich, wie viele vermeintlich gute Gründe wir dafür finden: Das Resultat wird durch die mehr oder weniger bewusste Entscheidung zur Zielsetzung determiniert und spiegelt daher zwangsläufig unser – unvollständiges – Bild von den Zusammenhängen.

Philosophische Sicht

Umwelt, das ist – im engeren Sinne – die Menge aller natürlichen (und im weiteren Sinne auch der künstlichen) Entitäten und ihrer Wechselbeziehungen. Wir sind Teil der Umwelt und alles was wir tun und lassen, hat Folgen auf das System Umwelt. Schon durch unsere bloße Existenz beeinflussen wir die Umwelt. Mindestens nehmen wir Raum ein, und selbst bei größter Bescheidenheit benötigen wir Ressourcen für unser Überleben.

In unserer zwangsläufig anthropozentrischen und zuweilen auch romantisierenden Perspektive neigen wir dazu, unseren Einfluss auf die Umwelt, sofern er in Richtung einer Veränderung zurück zur Situation vor Auftreten des Menschen geht, als positiv und „umweltfreundlich“ zu begreifen. Den Einfluss in Richtung einer erzwungenen Anpassung der Umwelt auf die Existenz des Menschen und seiner Bedürfnisse verstehen wir oft pauschal als negativ. Aber auch hier gibt es kein simples Richtig oder Falsch. Gut oder schlecht, positiv oder negativ wird unser Wirken erst durch unser eigenes und letztlich willkürlich gesetztes Maß. Die Natur selbst kennt weder Gut noch Böse.

War der Einschlag des Meteoriten, dem vor 65 Mio. Jahren die Dinosaurier zum Opfer gefallen sind, eine Katastrophe? Oder war es doch ein segensreiches Ereignis, weil im Ökosystem mutmaßlich erst dadurch der Freiraum für die Entwicklung der Säugetiere und damit letztlich des Menschen entstanden ist?

Massive Eingriffe auf die Umwelt tragen das Risiko von Instabilität und disruptiver Veränderung in sich. Was danach folgt, muss nicht zwangsläufig „negativ“ sein, es ist aber jedenfalls ungewiss.

Ziel: Eingriffe klein halten

Wir kommen jetzt noch einmal auf den obigen Begriff zurück. Mit dem Attribut „umweltschonend“ messen wir uns am Ziel, den Einfluss auf die Umwelt möglichst klein zu halten. Das ist nicht unvernünftig, weil wir die Folgen unseres Handelns aufgrund der Komplexität des Gesamtsystems Umwelt zumindest in der Langfristperspektive nicht sicher vorhersagen können.  Mehr noch, es fällt sogar schwer, die Auswirkung unseres Tuns auf die Umwelt überhaupt objektiv zu bestimmen. Was wir wahrnehmen, ist immer nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit. Die Vielgestaltigkeit der tatsächlichen, offenen und versteckten, direkten und indirekten Wechselbeziehungen erlaubt uns allenfalls eine Annäherung an die komplexe Realität mit begrenzter Aussagekraft.

Ausgehend vom vorgefundenen stabilen Umweltsystem, liegt es in unserem unmittelbaren Interesse, die Stabilität des Systems zu erhalten. Denn eingedenk der immensen Komplexität wissen wir nicht, wohin es sich entwickeln wird, wenn es den Status quo verlässt und in der Konsequenz möglicherweise in einen Zustand der Instabilität gerät. Besser als das stark wertende Begriffspaar „umweltfreundlich“ vs. „umweltschädlich“ trifft daher die Fragestellung, inwiefern und in welchem Grade technische Lösungen und Handlungen als „umweltschonend“ bezeichnet werden können, den Kern der Diskussion.

Wie muss die Frage formuliert werden?

Die sinnvollere Fragestellung lautet daher: Ist ein Elektroauto „umweltschonender“ als ein Fahrzeug mit konventioneller Motorisierung? Entfaltet also ein Elektroauto im Hinblick auf seine Produktion und den Betrieb sowie der Energiebereitstellung im gesamten Lebenszyklus räumlich und zeitlich eine weniger starke Wirkung auf die Umwelt als ein sonst vergleichbares fossil betriebenes Fahrzeug? – Diese Frage zu beantworten soll indes einem anderen Beitrag vorbehalten bleiben.