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Das ZDF-Politbarometer

Die Realität von Umfragen

Einmal im Monat präsentiert das ZDF die Ergebnisse von jeweils neuen repräsentativen Umfragen zur Einstellung der Deutschen hinsichtlich Parteien, Politikern und zur aktuellen politischen Lage: das sogenannte „Politbarometer“, mittlerweile ein stehender Begriff. In der Regel ist das Stimmungsbild laut Umfrage eine mehr oder weniger getreue Wiedergabe dessen, was man ohnehin Tag für Tag und Woche für Woche in der Fernsehberichterstattung an Themen und Meinungsbeiträgen vorgesetzt bekommt. Bei den Sachthemen gibt es daher nur selten Überraschungen.

Die Sympathischsten – sind sie auch die Besten?

Auf besonders Interesse stößt die Kategorie Politiker-Ranking. Das Politbarometer präsentiert diesbezüglich eine Rangfolge der 10  beliebtesten Politiker nach Sympathie und Leistung. Es ist nicht ganz klar, wie denn diese 10 Politiker von den vielen anderen ebenfalls prominenten und oft auch sehr wichtigen und einflussreichen politischen Akteuren unterschieden werden. Jedenfalls findet man auf der Internetseite des ZDF und des Partners „Forschungsgruppe Wahlen“ dazu wenig Aussagekräftiges. Abgesehen davon ist man immer wieder erstaunt, wer es hier auf die ersten Plätze schafft.

Über Jahre hinweg hatte Angela Merkel Platz 1 im Politbarometer gebucht. Auch da fragte man sich schon, wie das sein konnte, angesichts der zahllosen verbrieften Schwurbelsätze und der vernunftwidrigen Mischung aus Nichtstun und „Das Falsche tun“. Offenbar war es ihr gelungen, genau dieses Konzept zu ihrem Markenkern zu machen. Medial war sie damit ziemlich erfolgreich, wie das Politbarometer belegt. Vorne war stets die Marke „Angela Merkel“. Ihr Tun und Lassen konnten wenig an ihrer Beliebtheit ändern, auch wenn im Rückblick ihr politisches Wirken von den Medien sehr viel kritischer gesehen wird. So ist das: Gestern wurde sie hofiert und wider alle Vernunft mit einem Heiligenschein versehen, heute will’s keiner gewesen sein.

Wie dem auch sei, das ist nun alles Schnee von gestern. Nach dem Abtreten Merkels kämpft ein neues politisches Führungspersonal um die Spitzenplätze. Und es scheint so, dass die Rangfolge im Politbarometer eher noch weniger von Sachthemen und konkreten Leistungen und eher noch mehr von Sympathien und vorgefassten Meinungen bestimmt wird.

Wenn du geschwiegen hättest, Annalena

Es ist ein mittlerweile bekanntes Muster: Außenministerin Baerbock redet auf einer Veranstaltung und gibt irritierende Statements ab die alles Mögliche sind, nur nicht diplomatisch und schon gar nicht klug. Nur einige Beispiele: „Das wird Russland ruinieren“ (auf dem EU Außenministertreffen im Februar 2022); „Deutschland wird für immer auf russische Energie verzichten“ (Besuch in Kiew im Mai 2022); „Egal, was meine Wähler denken“ (EU Außenministertreffen im September 2022); „Waffenlieferungen helfen, Menschenleben zu retten“ (Interview in der FAZ im September 2022). Und nun also „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“ (vor dem Europarat im Januar 2023).

Man wundert sich schon gar nicht mehr. Nicht über Baerbock, nicht über die Grünen, nicht über die Ampelregierung und auch nicht über Bundeskanzler Scholz, der das alles so laufen lässt. Das politische Personal ist seiner Aufgabe erkennbar nicht gewachsen. Baerbock, Habeck und die gottlob zurückgetretene Lambrecht sind nur die Spitze des Eisbergs. – Hat das Einfluss aufs Politbarometer?

Umfragen spiegeln nicht die Realität, sondern die Medienlandschaft

Wundern muss man sich allerdings schon über die Ergebnisse des ZDF-Politbarometers, die regelmäßig Baerbock, Habeck und Scholz auf den ersten Plätzen sehen. Sie sind nach Meinung des Publikums also besonders sympathisch und bringen die beste Leistung. Na ja, Sympathie kann man in Umfragen sicher leicht messen, es ist aber nicht wirklich eine relevante politische Kategorie für das Land. Aber die beste Leistung? – Da reibt man sich ungläubig die Augen.

Entweder die Umfrageergebnisse sind manipuliert – was ich dem ZDF nicht unterstellen möchte – oder den Befragten fehlt es an Urteilskraft. Vielleicht sind sie auch nur falsch informiert oder glauben der oberflächlichen Berichterstattung in den Medien und gehen den vielen regierungsfreundlichen bzw. den Grünen äußerst wohlgesonnenen medialen Meinungsbeiträgen auf den Leim. Jedenfalls zeugt die Rangfolge des ZDF-Politbarometers kaum von einer kritischen Haltung der Regierung und den führenden Politikern gegenüber.

Man könnte es auch so formulieren: Der Wähler bekommt das, was er gewählt hat und verspürt offenbar wenig Lust, sich darüber zu beklagen. Es bringt ihm ja auch nichts, weil er die Malaise selbst verursacht hat.

ZDF Politbarometer vom 27. Januar 2023. Die beliebtesten Politiker nach Sympathie und Leistung (Plätze 1 – 5).
ZDF Politbarometer vom 27. Januar 2023. Die beliebtesten Politiker nach Sympathie und Leistung (Plätze 6 – 10).

Schlechte Leistungen schützen nicht vor guten Umfragewerten

Was genau wäre denn angesichts der obigen Latte von Fehltritten der Außenministerin eine noch schlechtere Leistung, die sie aus dem Politbarometer kicken könnte? Von Wirtschaftsminister Habeck, der nicht weiß, was eine Insolvenz ist und den sein Amt sichtlich überfordert, ganz zu schweigen. Und der über allem thronende Nichtentscheider Scholz, was könnte er tun, um weniger hervorzutreten.

Da fällt einem nichts ein. Alle drei performen stabil auf einem Leistungsminimum. Wie kann man sie also von der Spitze verdrängen? Am einfachsten ist es wohl bei Scholz. Er ist ja schon beinahe unsichtbar, wenn man nun noch sein Namen konsequent nicht mehr nennt, ihn praktisch totschweigt, so wird er binnen 14 Tagen völlig in Vergessenheit geraten. Er ist dann raus aus dem Politbarometer.

Schwieriger ist es bei Habeck und Baerbock. Muss Habeck eventuell die Energie weiter verknappen, indem er einen Gasspeicher leerlaufen lässt oder einen Flüssiggastanker versenkt? Ach, das wird nicht helfen. Am Ende rechnet man ihm das noch als Maßnahme zum Klimaschutz an.

Und Baerbock? Was, wenn sie China den Krieg erklärt und das Land der Mitte zu ruinieren droht, das dann aber dazu führt, dass wir keine Smartphones mehr bekommen und die Exporte einbrechen? Oder, wenn sie erläutert, dass feministische Außenpolitik vor allem meint, immer eine Kosmetiktasche dabei zu haben. Aber nein, das wird nichts ändern. Die vorderen Plätze im Politbarometer stehen über derlei kleinlichen Urteilen. Man wird dann sagen, sie sei falsch verstanden worden. Natürlich sei Kosmetik nur Camouflage, darunter aber stecke der Feminismus den man von außen, also außenpolitisch betrachtet, nicht sehe. Und genau diese inneren Werte seien es, für die Baerbock als Außenministerin stehe.

Sympathie ist wichtiger als fachliches Können und rhetorische Brillanz

Es erscheint kaum möglich, Habeck und Baerbock in der Wählergunst abrutschen zu lassen, jedenfalls nicht auf der Basis objektiv messbarer Kriterien. Das Hinterfragen der Leistung geht offensichtlich ins Leere. Versuchen wir‘s also mit der Sympathie, also damit, die beiden weniger sympathisch erscheinen zu lassen. Baerbock könnte sich einen Oberlippenbart tätowieren lassen, die Haare kurz schneiden und sie grün färben. Dazu vielleicht noch einen Nasenring und ein Panzer-Tattoo auf der linken Wange. Auch Blackfacing könnte helfen. Oder sie geht im Karneval als Indianer-Squaw. Ansonsten ist Mode ganz wichtig, dann also her mit dem lottrig sitzenden Blaumann und den Springerstiefeln. Ergänzend müsste sie dann noch klar zum Ausdruck bringen, dass ihr die Gendersprache absolut auf den Keks geht und sie privat auf Machos steht. Das alles könnte sie bei gleichbleibender Nicht-Leistung zwei, drei oder gar vier Plätze im Politbarometer kosten. Vor Wagenknecht und Weidel bliebe sie aber immer noch mit deutlichem Abstand.

Und bei Habeck, wie kriegen wir ihn vom ersten Platz runter? Vielleicht so: glatt rasiert, Nickelbrille mit Goldrand, viel Gel in den Haaren, natürlich Seitenscheitel, weißes Hemd mit Krawatte, schwarzer Anzug und unterm Sakko ein Gilet. Die schwarze Aktentasche in der Hand nicht zu vergessen. Und dann müsste er natürlich noch sagen, dass die Energiewende sowieso nicht funktioniert, weil die atomaren Backup-Kraftwerke und die Speicher fehlen und dass er im Übrigen ein deutscher Patriot und heimlicher Fan von Franz-Josef Strauß sei.

Ja, das könnte wirken, Habeck fällt zurück auf Platz 4 (vor allem wegen seiner Sympathien für Strauß und weil man von einem perfekt gescheitelten Minister auch gescheite Sätze erwartet), knapp vor Baerbock auf Platz 5. Der Hauptgrund ist hier der schlechtsitzende Blaumann, denn auf das, was sie sagt, hört man ohnehin nicht. Es ist sozusagen „egal“, weil es ja regelmäßig nicht so gemeint war, wie es gesagt wurde.

Wer gehört auf die Spitzenplätze im Politbarometer?

Wer füllt nun aber die Lücken auf den Plätzen 1, 2 und 3 des Politbarometers. Karl Lauterbach oder Nancy Faeser. – Um Gottes willen, da wird’s mit der Leistung auch ganz schwierig. Und mit der Sympathie erst recht.  Könnten denn wenigstens Christian Lindner, Markus Söder oder Friedrich Merz in die Bresche springen? Von der Papierform her eventuell schon, das nützt aber nichts, wenn in der Praxis die Leistung nicht rüber kommt.

Bleiben als Kandidaten tatsächlich nur noch Sahra Wagenknecht und Alice Weidel. Beide scharfsinnig, fachlich versiert und oft auch rhetorisch brillant (und das muss man konstatieren unabhängig davon, ob man ihrer jeweiligen politischen Verortung nahesteht oder nicht): Frauenpower, die sich auf die kritische Vernunft stützt und das in der Realität Erreichbare in den Blick nimmt. Das wäre ein rationaler Feminismus, der nicht ansatzweise in den Verdacht geriete, als Camouflage für nicht vorhandene Inhalte herhalten zu müssen. – Die können’s aber nicht werden, weil sie in den falschen Parteien sind. Und welches die richtigen Parteien sind, das entscheiden die Medien und die notorisch sich über jede Petitesse echauffierenden „woken“ Neosozialisten von der links-illiberalen Einheitsfront.

Das Ziel der Umfrage bestimmt ihr Ergebnis

Vielleicht sollte man generell die Frage des Politbarometers variieren oder sogar umdrehen. Also nicht, welcher Politiker ist besonders sympathisch und bringt die beste Leistung, sondern, welcher Politiker ist seinem Amt am wenigsten gewachsen und daher eine ärgerliche Fehlbesetzung? Es wäre den Versuch wert, die Frage des ZDF-Politbarometers entsprechend abzuwandeln und somit konkret nach dem unbeliebtesten und leistungsschwächsten Politiker zu fragen. In einer solchen Umfrage hätten Habeck und Baerbock sicher ebenfalls gute Chancen auf die vorderen Plätze. Und die hätten sie in diesem Falle auch verdient.

Das neue ZDF Politbarometer vom 29. Februar 2023. Die unbeliebtesten und leistungsschwächsten Politiker.

Warum kann man davon ausgehen, dass die „Spitzenplätze“ auch in diesem Fall an Habeck und Baerbock gehen würden? Ganz einfach, wenn man nach Politikern fragt, dann fallen einem natürlich die Bekanntesten und am stärksten für Polarisierung Sorgenden zu allererst ein. Es ist nicht so entscheidend, ob man dabei die Frage mit einem positiven oder einem negativen Attribut oder Werturteil verknüpft. Und wie wir oben gesehen haben, spielt die objektiv messbare Leistung – deren Bewertung eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Fragestellung erfordern würde – im Allgemeinen eher eine untergeordnete Rolle.

Der Wähler bekommt die Politiker, die er verdient

Wie oben schon erwähnt, wurden die zu beurteilenden Politiker demokratisch gewählt. Der Wähler hat sich also direkt oder indirekt – im Allgemeinen eher Letzteres – für sie entschieden. Sie sind gewissermaßen sein Produkt. Nun sind sie also da und liefern das, was die mediale Öffentlichkeit vor allen anderen Dingen erwartet: Moralismus, Symbole, Haltung und Werte. Umgekehrt sind die Wähler (bzw. das Denken der Wähler) das Produkt der Politik und der Medien. Es ist eine Beziehung auf Gegenseitigkeit. Wähler und heutiger Politikertypus bedingen einander. Bei keiner Partei ist das offensichtlicher als bei den Grünen (s. Es grünt so grün). Zugleich sind die Grünen die Haupttreiber dieser Entwicklung weg von der Sachpolitik und hin zur Haltungspolitik.

Die Politik und fast die komplette Medienlandschaft haben sich der Kraft der Emotionen verschrieben und betreiben solchermaßen eine Infantilisierung der Gesellschaft. Dazu gehört zu vor allem die Moralisierung jeglicher Sachfragen. Immer häufiger geht es darum, Zeichen zu setzen, Haltung zu zeigen, für Werte einzutreten. Die auf pragmatische Lösungen fokussierte, ziel- und vernunftorientierte Realpolitik steht nicht hoch im Kurs.

Die Medien, und damit untrennbar verbunden, die Wähler, goutieren richtiges, und das heißt fast immer moralisches, besser gesagt, moralisierendes Politikerverhalten, und sie ereifern sich über die bloß strikt am Primat der Vernunft orientierten Entscheidungen. Letztere werden gar nicht erst rational beurteilt, man zerrt sie vielmehr auf die Ebene der Moral, genauer, der Scheinmoral, und delegitimiert sie damit.

Die simple Regel ist: Alles, was sich gegen den moralisierenden Zeitgeist richtet, nennt man undemokratisch, auch wenn die zugrundeliegende Handlung im konkreten Fall mit Demokratie im engeren Sinne nichts zu tun hat. Wenn das als Verdikt noch nicht genügt, dann werden, je nach Sachbezug, auch stärkere Geschütze aufgefahren: rassistisch, rechts, faschistisch, neoliberal, frauenfeindlich, homophob, und was der Adjektive mehr sind.

Von extremen Ausnahmen absoluter Ungeeignetheit für das Amt einmal abgesehen (wie z.B. im Falle Lambrechts), spielt daher die objektive, an den Inhalten gemessene Leistung eines Politikers im Allgemeinen eher eine untergeordnete Rolle. Und deswegen ist die Rangliste der Politiker nach Leistung und Sympathie so, wie sie uns im Politbarometer monatlich vorgesetzt wird.


Quelle: Politbarometer – ZDFmediathek
Bildnachweis
  • Aufmacher: Collage aus Bildern zum ZDF-Politbarometer (C) ZDF, Autor
  • Bild 1, 2: ZDF-Politbarometer (C) ZDF
  • Bild 3: Kreiert aus ZDF-Politbarometer (C) ZDF, Autor

Die ultimative Lösung für das Problem der Gendersprache

Gendersprache ist „in“

Noch vor 10 Jahren begegnetem einem Wörter wie „Kund*innen“, „BürgerInnen“, „Genoss_innen“, „Kolleg:innen“ nur höchst ausnahmsweise, vielleicht auf einen Treffen der Jungsozialisten, in der TAZ oder in der pseudowissenschaftlichen Arbeit einer abgebrochenen Germanistik- oder Soziologiestudentin. Mittlerweile kann man sich aber der immer weiter und immer schneller um sich greifenden Verbreitung der Gendersprache kaum mehr entziehen. In den sich fortschrittlich gebenden, eher dem linken Meinungsspektrum zugehörigen Magazinsendungen sind solche Substantive mittlerweile im Radio und Fernsehen hören. Da ist z.B. die Rede von Mitarbeiter…innen, Wähler…innen oder Ministerpräsident…innen. Die 3 Pünktchen muss man sich hier als winzige Sprechpause vorstellen. Etwa so, wie sie jemand macht, der über die entsprechende Stelle „stolpert“, und deswegen beim Sprechen ganz kurz innehält. Es hört sich an, wie ein leichtes Stottern.

Stottern für die Gleichberechtigung: Das Genderstottern

Der Fachbegriff für dieses Stolpern – also für die kleine Sprechpause – lautet „Glottisschlag“. In der Konsequenz dreht man damit das in der Sprache verankerte generische Maskulinum um, denn mit dem Glottisschlag wird eigentlich nur noch die feminine Form hörbar. Beispiel: Wenn ein Sprecher „Kund…innen“ sagt, dann hört man „Kundinnen“ mit dem erwähnten kleinen Stolperer. Im Zweifel ist es kaum möglich, ein gesprochenes „Kundinnen“ von „Kund*innen“ zu unterscheiden. Von „Kunden“ ist dabei jedenfalls nicht die Rede. Sind die dann explizit ausgeschlossen?

Diese Frage ist insofern berechtigt, als dass die Form „Kundinnen“ normalerweise ja eine Ableitung von „Kunden“ ist. Der Kreis der Angesprochenen wird daher näher spezifiziert. Anders gesagt: Kundin ist konkreter als Kunde und wirkt somit im Hinblick auf die getroffene Aussage eingrenzend und demnach – vielleicht ungewollt – auch ausgrenzend. Dagegen meint „Kunde“ die Gesamtheit völlig ohne Ansehen der geschlechtlichen Identität. Eventuell wäre es ratsam, die Nachrichten zu untertiteln, um bezüglich der „Kund…innen“ definitiven Aufschluss zu bekommen.

Wohin soll das führen? – Geschlechterneutrale Sprache

Es gibt es eine Reihe von Vorschlägen für genderneutrale Sprache. Alle laufen im Wesentlichen darauf hinaus, das generische Maskulinum zu überwinden. Wenn immer es geht, sollen stattdessen explizite weibliche Formen oder kombiniert weibliche und männliche Bezeichnungen (mit Gendersternchen o. ä., z.B. Lehrer*in) verwendet werden. Einige fordern das generische Femininum, also die weibliche Form als generischen Stamm. Z.B. Lehrerin als Grundform, die Frauen und Männer gleichermaßen meint, ggf. dann Lehrer als Ableitung davon zur Bezeichnung von männlichen Personen. In einer weniger radikalen Ausprägung verwendet man die männliche und die weibliche Form gleichrangig nebeneinander (z.B. Lehrerinnen und Lehrer, weitere Beispieltexte s. *Innen*Ansichten eines Beteiligten), was indessen die Texte teilweise extrem aufbläht und unleserlich macht.

Durch jede dieser Varianten wird die Sprache aufs Schaurigste verunstaltet, bei der einen mehr, bei der anderen weniger. Die Befürworter legen den Fokus auf die äußere Form und vergessen darüber den funktionalen Aspekt.

Schönheit und Eleganz gehen der Sprache unversehens verloren. Einfachste Aussagen werden sperrig. Umständlichkeit und Langatmigkeit werden zum tragenden Sprachkonzept. Stringenz und Klarheit bleiben auf der Strecke.

Es ist eine offene Frage, ob schöngeistige Literatur auf diesem Boden überhaupt gedeihen kann. Wenn die Verpackung zur Botschaft wird, bleibt der Inhalt unsichtbar.

Ein konstruktiver Lösungsvorschlag

Um all diesem dauerhaft zu entgehen, also die Sprache zu retten und dennoch den Wünschen der radikalen Sprachreformer nahezu vollständig zu entsprechen, wird im Folgenden eine durchgängige Sprachreform vorgeschlagen. Es geht dabei darum, die Schönheit der Sprache zu erhalten, überflüssiges Brimborium zu vermeiden sowie Wörter und Sätze nicht unnötig zu verlängern. Deutsch soll als Kultursprache weiterbestehen und nicht zur Lachnummer verkommen.

Das Reformkonzept in aller Kürze

Die Reform ist überaus simpel und besteht im Wesentlichen aus den folgenden Schritten und Phasen:

  1. Genus-Vertauschung
    Vertauschung des Genus maskulin mit dem Genus feminin unter Beibehaltung der jeweiligen Artikel und sinngemäßer Pluralbildung.
  2. Maskulin-feminines Intermezzo
    Durchgängige Anwendung der Regeln nach Schritt 1 für eine gewisse Zeitspanne, die aber auch sehr kurz sein kann.
  3. Wegfall des auf Personen mit dem Sexus „maskulin“ angewendeten Genus
    Aus Gründen der Sprachökonomie streicht man das Personen mit männlichem Sexus adressierende Genus. Das auf Personen mit weiblichem Sexus angewendete Genus wird Femininum genannt.
  4. Ziel: Generisches Femininum
    Das überkommene generische Maskulinum wird durch das neu definierte Femininum ersetzt und wandelt sich so zum generischen Femininum. Das Femininum kommt ausnahmslos für alle geschlechtlichen Identitäten zur Anwendung und entfaltet sich so zum universellen geschlechtsneutralen Genus.

Der überaus einfache Ablauf ist in Abb. 1 dargestellt. Die Schritte werden im Folgenden erläutert.

Blitzsprachreform – vom generischen Maskulinum zum generischen Femininum in wenigen kurzen Schritten

Abbildung 1: Blitzsprachreform – vom generischen Maskulinum zum generischen Femininum in wenigen kurzen Schritten

Genus-Vertauschung

Vertauschung der Genus-Sexus Beziehungen Genus maskulin ↔ Sexus männlich bzw. Genus feminin ↔ Sexus weiblich dahingehend, dass für männliche Personen konsequent die bis dato weibliche Form (also das Genus „feminin“) zur Anwendung kommt. Umgekehrt wird für Personen weiblichen Geschlechts ausnahmslos die bis dato maskuline Form (also das Genus „maskulin“) gebraucht. Die Artikel bleiben erhalten. Die Regel für die Pluralbildung bleibt bezogen auf die jeweilige Stammform unverändert.

Beispiele: Statt Lehrer sagen und schreiben wir zu einer männlichen Lehrkraft künftig „Lehrerin“, im Plural „Lehrerinnen“. Umgekehrt sagen und schreiben wir zu einer weiblichen Lehrkraft künftig „Lehrer“, im Plural „Lehrer“. Und so halten wir es ausnahmelos in jeder entsprechenden Bezeichnung: Bürger (Mann) wird zu Bürgerin (Mann), Bürgerin (Frau) wird zu Bürger (Frau). Kollege (Mann) wird zu Kollegin (Mann), Kollegin (Frau) wird zu Kollege (Frau). Anwalt (Mann) wird zu Anwältin (Mann), Anwältin (Frau) wird zu Anwalt (Frau), Oberbürgermeister (Mann) wird zu Oberbürgermeisterin (Mann), Oberbürgermeisterin (Frau) wird zu Oberbürgermeister (Frau) usw.

Wenn im Plural die Geschlechter aus Gründen der Höflichkeit genannt werden (Doppelnennung, Beidnennung), ändert sich somit nur die Reihenfolge: Bürgerinnen und Bürger wird zu Bürger und Bürgerinnen, Wählerinnen und Wähler wird zu Wähler und Wählerinnen.

Maskulin-feminines Intermezzo

Nach der Umsetzung des erstens Schritts kommt es nun zu einer sicher nicht ganz einfachen Phase der gegenseitigen Vertauschung der grammatikalischen Geschlechter. Die Zeitspanne für die durchgängige Anwendung der Genus-Vertauschungsregeln kann aber auch sehr kurz gehalten werden.

Im Folgenden betrachten wir ein Textbeispiel zur Verdeutlichung des Ablaufs.

Beispieltext im Original (vor der Genus-Vertauschung)

Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrer, sie ist Klempnerin. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schülerin und möchte Lehrerin werden, vielleicht aber auch Bergsteigerin. Der Sohn ist Auszubildender und möchte gerne Schreiner werden, vielleicht aber auch Koch. Herr Meier wäre viel lieber Jurist geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwalt oder als Richter arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Gesellin bleiben und will sich daher noch zur Handwerksmeisterin fortbilden und später als Unternehmerin tätig sein.

Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Studentin, ein Arzt, eine Rechtsanwältin, ein Steuerberater, eine Lehrerin, ein Wissenschaftler, eine Politikerin, der Bürgermeister, der Stadtkämmerer und die Bürgermeistersekretärin. Daneben waren aber auch eine Schülerin sowie ein Vertreter der Elternverbände anwesend.

Beispieltext im maskulin-femininen Intermezzo (nach der Genus-Vertauschung)

Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrerin, sie ist Klempner. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schüler und möchte gerne Lehrer werden, vielleicht aber auch Bergsteiger. Der Sohn ist Auszubildende und möchte gerne Schreinerin werden, vielleicht aber auch Köchin. Herr Meier wäre viel lieber Juristin geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwältin oder als Richterin arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Geselle bleiben und will sich daher noch zum Handwerksmeister fortbilden und später als Unternehmer tätig sein.

Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerinnenzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Student, ein Ärztin, eine Rechtsanwalt, ein Steuerberaterin, eine Lehrer, ein Wissenschaftlerin, eine Politiker, der Bürgermeisterin, der Stadtkämmererin und die Bürgermeistersekretär. Daneben waren aber auch eine Schüler sowie ein Vertreterin der Elternverbände anwesend.

Wegfall des auf Personen mit dem Sexus „maskulin“ angewendeten Genus

Während der Zeitspanne der Genus-Vertauschung im maskulin-femininen Intermezzo erkennt die große Mehrheit der Sprechenden, Schreibenden, Hörenden und Lesenden, Männer wie Frauen, wie überflüssig die spezifisch für Männer reservierten Suffixe „in“ und „innen“ in Wahrheit doch sind. Tatsächlich ist es mindestens sonderbar, für Personen mit dem biologischen Geschlecht „männlich“ immer wieder die spezifisch männliche Form zu erwähnen, ohne dass dadurch irgendein substanzieller Mehrwert entsteht.

Ein Beispiel: In der Begrüßung „Guten Tag, Herr Lehrerin“, drückt die Endung „in“ ja nur aus, dass hier eine männliche Lehrkraft persönlich angesprochen wird. Indessen ist dieser Umstand schon mit der Anrede „Herr“ unmissverständlich klar. Das Suffix ist daher überflüssig. Zudem ist das biologische Geschlecht der Lehrkraft für die Arbeit des Lehrens absolut irrelevant. Darauf gleich doppelt zu verweisen lenkt daher im Zweifel schon in der Anrede vom Inhalt das danach Gesagten ab.

Im Übrigen sollte das Bemühen im Zentrum stehen, die Person als Mensch anzusprechen, als seiendes Wesen. Dessen geschlechtliche Identität ist nahezu immer völlig ohne Belang. Die Unterscheidung in der Anrede „Herr“ bzw. „Frau“ behält man lediglich aus Gründen Höflichkeit bei. Grundsätzlich ist auch dies absolut verzichtbar.

Bei der Pluralbildung gilt ähnliches: Bürgerinnen und Bürger, Wählerinnen und Wähler, Kolleginnen und Kollegen, usw., das sind im Kern redundante Doppelungen. Nach der Genusvertauschung sind Männer Bürgerinnen, Wählerinnen bzw. Kolleginnen, das ist völlig klar. Warum sollte man sich dessen ständig aufs Neue versichern? Die Endung „innen“ ist überflüssiger Ballast und kann daher entfallen.

Generisches Femininum

Die geschlechtliche Identität des Individuums ist ihrem tiefsten Ursprung nach lediglich eine im Hinblick auf die biologische Reproduktion hin ausgerichtete bzw. diesbezügliche relevante Eigenschaft. Indem man das biologische und das grammatikalische Geschlecht geradezu zwanghaft in Einklang zu bringen sucht, geht man in die Falle voraufklärerischen Denkens und erreicht eigentlich das genaue Gegenteil des Intendierten. Auf diesem Wege unterscheidet und trennt man. Der Mensch als denkendes Wesen wird nach seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert, das ist das Gegenteil von Inklusion. Es ist eine Form von Ausgrenzung.

Die den Sexus adressierende Benennung liefert eine meist völlig redundante Information, die die Sprache aufbläht und Wörter unnötig verlängert. Aus Gründen der Sprachökonomie streicht man daher das Personen mit männlichem Sexus adressierende Genus und verwendet ausschließlich das für Personen mit weiblichem Sexus reservierte Genus.

Unverkennbar wird damit das bisher geltende generische Maskulinum zum Femininum: Wir erhalten ein aus der Sprache abgeleitetes generisches Femininum. Dies wird ohne Ausnahme auf alle Menschen gleich welcher geschlechtlichen Identität angewendet. Das solchermaßen begründete generische Femininum ist daher offenkundig absolut geschlechterneutral.

Beispieltext auf Basis des neuen generischen Femininums

Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrer, sie ist Klempner. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schüler und möchte gerne Lehrer werden, vielleicht aber auch Bergsteiger. Der Sohn ist Auszubildender und möchte gerne Schreiner werden, vielleicht aber auch Koch. Herr Meier wäre viel lieber Jurist geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwalt oder als Richter arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Geselle bleiben und will sich daher noch zum Handwerksmeister fortbilden und später als Unternehmer tätig sein.

Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Student, ein Arzt, eine Rechtsanwalt, ein Steuerberater, eine Lehrer, ein Wissenschaftler, eine Politiker, der Bürgermeister, der Stadtkämmerer und die Bürgermeistersekretär. Daneben waren aber auch eine Schüler sowie ein Vertreter der Elternverbände anwesend.

Diskussion zum Lösungsvorschlag

Insbesondere Männer sehen ein, dass die Abschaffung des spezifisch männlichen Anhängsels „in“ bzw. „innen“ sachlich gerechtfertigt ist und sprachökonomisch sehr viel Sinn macht. Sie bestehen daher nach dem kurzen Intermezzo nach Schritt 2 nicht darauf, derart gesondert angesprochen zu werden.

Das ist also die Lösung: das feminine Genus ausnahmslos und am Ende völlig neutral auf alle biologischen Geschlechter anzuwenden. Genus und Sexus werden konsequent entkoppelt, so dass vermittels der solchermaßen codifizierten Sprache eine Abstraktionsebene entsteht, in welcher der Mensch in seinem Sein als denkendes Wesen angesprochen wird. Diese Codifizierung nennen wir „generisches Femininum“, weil dergestalt die Stammform des femininen Genus auf den maskulinen Sexus übertragen wird. Biologische oder gesellschaftliche Vorprägungen sind damit nicht mehr in der Sprachstruktur selbst verankert. Das ist im Ergebnis ein immenser Vorteil im Hinblick auf den Transport der Kommunikationsinhalte. Wo sprachliche Schnörkel fehlen, tritt der Inhalt, die Botschaft, umso klarer hervor.

Man kommt also überein, die explizite männliche Form (meist mit dem Suffix „in“, im Plural „innen“) in der Stammform gewissermaßen durch das neu definierte generische Femininum zu ersetzen. Statt Schreinerin (für eine männliche Person, die das Schreinerhandwerk ausübt) schreibt man also einfach Schreiner, wie man das bei Frauen ja ohnehin tut. Statt Oberbürgermeisterin bzw. Oberbürgerinnenmeisterin, einfach Oberbürgermeister. Statt Wähler und Wählerinnen beschränkt man sich einfach auf die weibliche Form und sagt Wähler. Das so verwendete generische Femininum ist die aufs Äußerste getriebene, durchgängig stimmige, kürzeste und gleichzeitig schönste Form einer alle einbeziehenden geschlechterneutralen Sprache.

Was erreichen wir damit?

Das solchermaßen verankerte „generische Femininum“ ist nur dem ersten Anschein nach vergleichbar oder gar identisch mit dem altbekannten „generischen Maskulinum“. Letzteres wird aufgrund historisch begründeter gesellschaftlicher Vorbelastungen von Feministen und anderen linken Sprachreformern radikal abgelehnt. Die vorgestellte Alternative des „generischen Femininums“ ist völlig frei von derlei Ballast. Es erwächst völlig zwanglos aus dem femininen Genus und stellt damit die besondere Wertschätzung des Weiblichen in der Sprache heraus. Dabei bleibt die Diktion klar und elegant und steht damit in einem denkbar scharfen Kontrast zu den mit Schnörkeln bestickten ausufernden Formulierungen in der klassischen Gendersprache mit und ohne Sternchen.

Zugleich entsteht ein Maximum an Geschlechterneutralität dadurch, dass in den Stammformen vollständig vom Sexus abstrahiert wird. Gänzlich ohne Ansehen der Geschlechtsidentität können so alle denkbaren Formen, Transgender, Queere, Frauen und Männer völlig gleichgewichtig in der Sprache gedacht werden. Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch … seine geschlechtliche Identität ist und bleibt auf der Sprachebene völlig ohne Bedeutung. Dem feministischen Ursprung der Sprache („Muttersprache“) und der Bedeutung von Frauen in der Kommunikation und im öffentlichen Leben wird der gebührende Platz eingeräumt.

Das Problem der Gendersprache ist damit obsolet. ARD, ZDF und Deutschlandfunk werden keine Schwierigkeiten haben, den Lösungsansatz postwendend umzusetzen. Auch Audi kann sein genderkonformes Firmenmotto „Vorsprung durch Gender-Gap“ wieder abschaffen und sich ganz auf das bewährte „Vorsprung durch Technik“ konzentrieren.


Quellen

[1] Gendersternchen sorgen auch bei ARD und ZDF für Diskussion – kleinreport.ch

[2] Wegen Gender-Sprache – Frontal-Attacke auf ARD und ZDF – Politik Inland – Bild.de

[3] Von „Mensch“ zu „ens“ – Sprachforscher fordert ein Umdenken in der Gender-Debatte | Welt (merkur.de)

[4] Geschlechtergerechte Sprache: Streit ums Gendern – ZDFheute

[5] Lufthansa begrüßt Fluggäste nun geschlechtsneutral | Reise (merkur.de)

[6] Gendergerechte Sprache: Der Kulturkampf um die deutsche Sprache – DER SPIEGEL

[7] Elke Heidenreich über Gender-Sprache: »Das ist alles ein verlogener Scheißdreck« – DER SPIEGEL

[8] Sprache für mehr Vielfalt: Audi gendert | Audi MediaCenter (audi-mediacenter.com)

[9] Audi: Mitarbeiter werden zu »Audianer_innen« – DER SPIEGEL

[10] Mitarbeiter klagt gegen Gender-Leitfaden von Audi – WELT

[11] Das Dudie – Kleines Wörterbuch des Genderdeutschen

[12] *Innen*Ansichten eines Beteiligten