Unter dem Deckmantel einer Gleichstellungsdiskussion nimmt die Sprachverhunzung durch die angeblich geschlechterneutrale Sprache einen immer breiteren Raum ein. Das ist schon lange nicht mehr amüsant. Und Gender*Deutsch nur ärgerlich zu nennen, wäre verharmlosend. Manche nennen die solchermaßen veränderte Sprache gar „geschlechtergerecht“, wohl um es Kritikern besonders schwer zu machen, Einwände dagegen zu erheben. Wer könnte schon gegen „Gerechtigkeit“ sein? Tatsächlich haben die Sprachregeln mit Gerechtigkeit absolut nichts zu tun: Es ist Konvention – mehr nicht. Wenn wir die Konvention über Bord werfen, wird die Sprache nicht „gerechter“, allenfalls entsteht der Schein von „Gerechtigkeit“. Es ist Pseudoemanzipation auf Kosten der Sprache und der Verständlichkeit.
Was sich da als aufgeklärte Diskussion zur Gleichstellung und notwendiges Kernelement einer angeblich nicht bestehenden und daher noch anzustrebenden Geschlechtergerechtigkeit tarnt, ist in Wahrheit ein aufgemotztes Nichts. Es ist der Verlust an Inhalt zugunsten der Verpackung. Es wird Substanz und Schwere vorgetäuscht, die offenbar das Gefühl geben soll, an etwas Wichtigem und Werthaltigen zu arbeiten. Etwas Gutes. Für den Fortschritt! Ad astra! – Nein, nicht zu den Sternen. Zu den Sternchen! Das ist für die Gender*Deutsch-Sprechenden offenbar schon ein hohes Ziel.
Wörter haben kein biologisches Geschlecht
Wenn man ernsthaft das Ziel erreichen will, dass bei Nennung der Begriffe Maurer, Wähler, Bürger, Verbrecher, Kunde, Mörder, Gast, Astronaut im Singular oder im Plural Menschen gleich welchen Geschlechts und damit auch Frauen völlig selbstverständlich mitgedacht, mitgemeint und ausdrücklich eingeschlossen sind, dann sollte man auf die spezifisch femininen Endungen am besten ganz verzichten. Wer permanent von Bürgerinnen, Kolleginnen, Mitarbeiterinnen, Ärztinnen und Helferinnen spricht, darf sich nicht wundern, wenn Bürger, Kollegen, Mitarbeiter, Ärzte und Helfer irgendwann einmal tatsächlich nur noch männliche Personen meinen und Frauen explizit ausschließen.
Derzeit sind im generischen Maskulinum (was im Kern überhaupt nichts mit dem biologischen Geschlecht, also dem Sexus des Adressaten zu tun hat) noch alle Menschen, völlig ohne Unterscheidung nach geschlechtlicher Identität ganz selbstverständlich inkludiert. Wenn man aber in der Sprache bewusst nach Männern, Frauen und anderen geschlechtlichen Identitäten diskriminiert, dann wird die Inklusion über kurz oder lang in ein Neben- und Gegeneinander münden.
Die exzessiv verwendete Doppelnennung von maskulinen und femininen Formen, sei es mit oder ohne Sternchen, im weiteren Sinne also die Gendersprache selbst, verursacht das Problem, für das sie angeblich die Lösung bereithält.
Gender*Deutsch unterscheidet und trennt, es ist nicht inklusiv.
Gender*Deutsch ist die Ursache für das von manchen empfundene Problem der vermeintlichen sprachlichen Ungerechtigkeit, es ist nicht die Lösung.
Gender*Deutsch gaukelt Emanzipation vor. Es ist nur Schein: Pseudoemanzipation.
Sprachliche Verrenkungen führen nicht zur Gleichstellung
Sprache hat mit Gleichberechtigung absolut nichts zu tun. Die Gendersprache (Gender*Deutsch) ist bloßes Herumstümpern an vordergründigen Symptomen, an der Form. Sie ändert nichts am Inhalt oder an Strukturen. Es ist pseudoemanzipatorisches Geschwätz, das von den wahren Problemen ablenkt. Werfen wir einen Blick auf das Englische: Im Grunde eine geschlechtsneutrale Sprache, trotzdem sind die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern in englischsprachigen Ländern im Wesentlichen vergleichbar mit denen im deutschen Sprachraum.
Im Türkischen gibt es überhaupt keine Geschlechterunterscheidungen, ebenso im Persischen (Farsi). Faktisch sind diese Sprachen daher geschlechtsneutral. Das zeigt exemplarisch, dass Sprache das Verhältnis zwischen den Geschlechtern weder stimmig widerspiegelt noch zwingend determiniert.
Immer das Gleiche tun, aber neue Ergebnisse erwarten
Die TAZ schreibt, 30 Jahre „Beidnennung“ von Männern und Frauen haben nichts an der gesellschaftlichen Benachteiligung von Frauen verändert. Daraus schließt die TAZ nicht etwa, dass die Gender*Deutsch-Sprachkosmetik offensichtlich nichts bringt, sondern meint, man müsse die Anstrengungen steigern. Auch die TAZ sollte wissen: Kosmetik ist Camouflage, ist Schein, nicht Wirklichkeit. Es ist Pseudoemanzipation!
Was meinen Kulturschaffende dazu?
Elke Heidenreich hat es im Spiegelinterview schön zusammengefasst: »Dieses feministische Getue in der Sprache geht mir furchtbar gegen den Strich«, und weiter, »Das (also die Gendersprache) ist alles ein verlogener Scheißdreck«.
Sehr drastische Worte findet auch Didi Hallervorden: »Es (Gender*Deutsch) ist eine Vergewaltigung der Sprache«. – Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Laut Wikipedia ist Vergewaltigungdas nicht einverständliche, sexuell bestimmte (…) Eindringen in den Körper einer anderen Person.
Es gehört nicht viel Fantasie dazu, den Personenbegriff auf das Gesamtgebilde der Sprache zu übertragen und dergestalt die Sprache als abstrakte Person zu verstehen.
Ohne Frage ist der offensive Gebrauch der Gendersprache in den Medien nicht einverständlich, denn eine große Mehrheit lehnt Gender*Deutsch ab.
Ohne Frage dringt man damit in das innere Gefüge der Sprache ein.
Und ohne Frage ist dieser offensive Spracheingriff quasi auch sexuell motiviert, insofern aufgrund der Genus-Sexus Verwirrung der Gender*Deutsch-Protagonisten das biologische Geschlecht, also der Sexus, zu einem bestimmenden Element der Diktion wird.
Alles in allem: Die Sprache wird manipuliert und missbraucht für die Zwecke der Genderideologie. Und genau wie bei einer Vergewaltigung geht es vor allem um Machtausübung.
Sprache ist ein Kommunikationsmittel, kein Kampfinstrument
Semantik und Sprachregeln sind nicht einfach nur Ästhetik, sie haben einen gewachsenen Sinn, der ein gemeinsames Verständnis der sich der Sprache Bedienenden widerspiegelt. Den Sprachgebrauch und die Auslegung der Sprachregeln einfach dem persönlichen – und damit potentiell schlechten – Geschmack zu überlassen, wäre weit übers Ziel hinausgeschossen und könnte über kurz oder lang zu einer babylonischen Sprachverwirrung führen.
Sprache ist kein persönliches Eigentum und auch nicht das Eigentum einer gesellschaftlichen Gruppe. Sprache dient der Verständigung. Im Zuge der Genderdiskussion wird sie indessen als politisches Instrument der Indoktrination eingesetzt. Das ist abzulehnen. Auch die weit überwiegende Mehrheit der Autoren und AUTORINNEN (ein lässlicher Zusatz, der an dieser Stelle nur zum Zwecke der Bekräftigung angefügt ist) steht dieser Entwicklung äußerst kritisch gegenüber. Der Verein der deutschen Sprache (VdS) hat diesbezüglich gleichfalls eine unmissverständlich ablehnende Position.
Noch vor 10 Jahren begegnetem einem Wörter wie „Kund*innen“, „BürgerInnen“, „Genoss_innen“, „Kolleg:innen“ nur höchst ausnahmsweise, vielleicht auf einen Treffen der Jungsozialisten, in der TAZ oder in der pseudowissenschaftlichen Arbeit einer abgebrochenen Germanistik- oder Soziologiestudentin. Mittlerweile kann man sich aber der immer weiter und immer schneller um sich greifenden Verbreitung der Gendersprache kaum mehr entziehen. In den sich fortschrittlich gebenden, eher dem linken Meinungsspektrum zugehörigen Magazinsendungen sind solche Substantive mittlerweile im Radio und Fernsehen hören. Da ist z.B. die Rede von Mitarbeiter…innen, Wähler…innen oder Ministerpräsident…innen. Die 3 Pünktchen muss man sich hier als winzige Sprechpause vorstellen. Etwa so, wie sie jemand macht, der über die entsprechende Stelle „stolpert“, und deswegen beim Sprechen ganz kurz innehält. Es hört sich an, wie ein leichtes Stottern.
Stottern für die Gleichberechtigung: Das Genderstottern
Der Fachbegriff für dieses Stolpern – also für die kleine Sprechpause – lautet „Glottisschlag“. In der Konsequenz dreht man damit das in der Sprache verankerte generische Maskulinum um, denn mit dem Glottisschlag wird eigentlich nur noch die feminine Form hörbar. Beispiel: Wenn ein Sprecher „Kund…innen“ sagt, dann hört man „Kundinnen“ mit dem erwähnten kleinen Stolperer. Im Zweifel ist es kaum möglich, ein gesprochenes „Kundinnen“ von „Kund*innen“ zu unterscheiden. Von „Kunden“ ist dabei jedenfalls nicht die Rede. Sind die dann explizit ausgeschlossen?
Diese Frage ist insofern berechtigt, als dass die Form „Kundinnen“ normalerweise ja eine Ableitung von „Kunden“ ist. Der Kreis der Angesprochenen wird daher näher spezifiziert. Anders gesagt: Kundin ist konkreter als Kunde und wirkt somit im Hinblick auf die getroffene Aussage eingrenzend und demnach – vielleicht ungewollt – auch ausgrenzend. Dagegen meint „Kunde“ die Gesamtheit völlig ohne Ansehen der geschlechtlichen Identität. Eventuell wäre es ratsam, die Nachrichten zu untertiteln, um bezüglich der „Kund…innen“ definitiven Aufschluss zu bekommen.
Wohin soll das führen? – Geschlechterneutrale Sprache
Es gibt es eine Reihe von Vorschlägen für genderneutrale Sprache. Alle laufen im Wesentlichen darauf hinaus, das generische Maskulinum zu überwinden. Wenn immer es geht, sollen stattdessen explizite weibliche Formen oder kombiniert weibliche und männliche Bezeichnungen (mit Gendersternchen o. ä., z.B. Lehrer*in) verwendet werden. Einige fordern das generische Femininum, also die weibliche Form als generischen Stamm. Z.B. Lehrerin als Grundform, die Frauen und Männer gleichermaßen meint, ggf. dann Lehrer als Ableitung davon zur Bezeichnung von männlichen Personen. In einer weniger radikalen Ausprägung verwendet man die männliche und die weibliche Form gleichrangig nebeneinander (z.B. Lehrerinnen und Lehrer, weitere Beispieltexte s. *Innen*Ansichten eines Beteiligten), was indessen die Texte teilweise extrem aufbläht und unleserlich macht.
Durch jede dieser Varianten wird die Sprache aufs Schaurigste verunstaltet, bei der einen mehr, bei der anderen weniger. Die Befürworter legen den Fokus auf die äußere Form und vergessen darüber den funktionalen Aspekt.
Schönheit und Eleganz gehen der Sprache unversehens verloren. Einfachste Aussagen werden sperrig. Umständlichkeit und Langatmigkeit werden zum tragenden Sprachkonzept. Stringenz und Klarheit bleiben auf der Strecke.
Es ist eine offene Frage, ob schöngeistige Literatur auf diesem Boden überhaupt gedeihen kann. Wenn die Verpackung zur Botschaft wird, bleibt der Inhalt unsichtbar.
Ein konstruktiver Lösungsvorschlag
Um all diesem dauerhaft zu entgehen, also die Sprache zu retten und dennoch den Wünschen der radikalen Sprachreformer nahezu vollständig zu entsprechen, wird im Folgenden eine durchgängige Sprachreform vorgeschlagen. Es geht dabei darum, die Schönheit der Sprache zu erhalten, überflüssiges Brimborium zu vermeiden sowie Wörter und Sätze nicht unnötig zu verlängern. Deutsch soll als Kultursprache weiterbestehen und nicht zur Lachnummer verkommen.
Das Reformkonzept in aller Kürze
Die Reform ist überaus simpel und besteht im Wesentlichen aus den folgenden Schritten und Phasen:
Genus-Vertauschung Vertauschung des Genus maskulin mit dem Genus feminin unter Beibehaltung der jeweiligen Artikel und sinngemäßer Pluralbildung.
Maskulin-feminines Intermezzo Durchgängige Anwendung der Regeln nach Schritt 1 für eine gewisse Zeitspanne, die aber auch sehr kurz sein kann.
Wegfall des auf Personen mit dem Sexus „maskulin“ angewendeten Genus Aus Gründen der Sprachökonomie streicht man das Personen mit männlichem Sexus adressierende Genus. Das auf Personen mit weiblichem Sexus angewendete Genus wird Femininum genannt.
Ziel: Generisches Femininum Das überkommene generische Maskulinum wird durch das neu definierte Femininum ersetzt und wandelt sich so zum generischen Femininum. Das Femininum kommt ausnahmslos für alle geschlechtlichen Identitäten zur Anwendung und entfaltet sich so zum universellen geschlechtsneutralen Genus.
Der überaus einfache Ablauf ist in Abb. 1 dargestellt. Die Schritte werden im Folgenden erläutert.
Abbildung 1: Blitzsprachreform – vom generischen Maskulinum zum generischen Femininum in wenigen kurzen Schritten
Genus-Vertauschung
Vertauschung der Genus-Sexus Beziehungen Genus maskulin ↔ Sexus männlich bzw. Genus feminin ↔ Sexus weiblich dahingehend, dass für männliche Personen konsequent die bis dato weibliche Form (also das Genus „feminin“) zur Anwendung kommt. Umgekehrt wird für Personen weiblichen Geschlechts ausnahmslos die bis dato maskuline Form (also das Genus „maskulin“) gebraucht. Die Artikel bleiben erhalten. Die Regel für die Pluralbildung bleibt bezogen auf die jeweilige Stammform unverändert.
Beispiele: Statt Lehrer sagen und schreiben wir zu einer männlichen Lehrkraft künftig „Lehrerin“, im Plural „Lehrerinnen“. Umgekehrt sagen und schreiben wir zu einer weiblichen Lehrkraft künftig „Lehrer“, im Plural „Lehrer“. Und so halten wir es ausnahmelos in jeder entsprechenden Bezeichnung: Bürger (Mann) wird zu Bürgerin (Mann), Bürgerin (Frau) wird zu Bürger (Frau). Kollege (Mann) wird zu Kollegin (Mann), Kollegin (Frau) wird zu Kollege (Frau). Anwalt (Mann) wird zu Anwältin (Mann), Anwältin (Frau) wird zu Anwalt (Frau), Oberbürgermeister (Mann) wird zu Oberbürgermeisterin (Mann), Oberbürgermeisterin (Frau) wird zu Oberbürgermeister (Frau) usw.
Wenn im Plural die Geschlechter aus Gründen der Höflichkeit genannt werden (Doppelnennung, Beidnennung), ändert sich somit nur die Reihenfolge: Bürgerinnen und Bürger wird zu Bürger und Bürgerinnen, Wählerinnen und Wähler wird zu Wähler und Wählerinnen.
Maskulin-feminines Intermezzo
Nach der Umsetzung des erstens Schritts kommt es nun zu einer sicher nicht ganz einfachen Phase der gegenseitigen Vertauschung der grammatikalischen Geschlechter. Die Zeitspanne für die durchgängige Anwendung der Genus-Vertauschungsregeln kann aber auch sehr kurz gehalten werden.
Im Folgenden betrachten wir ein Textbeispiel zur Verdeutlichung des Ablaufs.
Beispieltext im Original (vor der Genus-Vertauschung)
Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrer, sie ist Klempnerin. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schülerin und möchte Lehrerin werden, vielleicht aber auch Bergsteigerin. Der Sohn ist Auszubildender und möchte gerne Schreiner werden, vielleicht aber auch Koch. Herr Meier wäre viel lieber Jurist geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwalt oder als Richter arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Gesellin bleiben und will sich daher noch zur Handwerksmeisterin fortbilden und später als Unternehmerin tätig sein.
Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Studentin, ein Arzt, eine Rechtsanwältin, ein Steuerberater, eine Lehrerin, ein Wissenschaftler, eine Politikerin, der Bürgermeister, der Stadtkämmerer und die Bürgermeistersekretärin. Daneben waren aber auch eine Schülerin sowie ein Vertreter der Elternverbände anwesend.
Beispieltext im maskulin-femininen Intermezzo (nach der Genus-Vertauschung)
Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrerin, sie ist Klempner. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schüler und möchte gerne Lehrer werden, vielleicht aber auch Bergsteiger. Der Sohn ist Auszubildende und möchte gerne Schreinerin werden, vielleicht aber auch Köchin. Herr Meier wäre viel lieber Juristin geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwältin oder als Richterin arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Geselle bleiben und will sich daher noch zum Handwerksmeister fortbilden und später als Unternehmer tätig sein.
Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerinnenzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Student, ein Ärztin, eine Rechtsanwalt, ein Steuerberaterin, eine Lehrer, ein Wissenschaftlerin, eine Politiker, der Bürgermeisterin, der Stadtkämmererin und die Bürgermeistersekretär. Daneben waren aber auch eine Schüler sowie ein Vertreterin der Elternverbände anwesend.
Wegfall des auf Personen mit dem Sexus „maskulin“ angewendeten Genus
Während der Zeitspanne der Genus-Vertauschung im maskulin-femininen Intermezzo erkennt die große Mehrheit der Sprechenden, Schreibenden, Hörenden und Lesenden, Männer wie Frauen, wie überflüssig die spezifisch für Männer reservierten Suffixe „in“ und „innen“ in Wahrheit doch sind. Tatsächlich ist es mindestens sonderbar, für Personen mit dem biologischen Geschlecht „männlich“ immer wieder die spezifisch männliche Form zu erwähnen, ohne dass dadurch irgendein substanzieller Mehrwert entsteht.
Ein Beispiel: In der Begrüßung „Guten Tag, Herr Lehrerin“, drückt die Endung „in“ ja nur aus, dass hier eine männliche Lehrkraft persönlich angesprochen wird. Indessen ist dieser Umstand schon mit der Anrede „Herr“ unmissverständlich klar. Das Suffix ist daher überflüssig. Zudem ist das biologische Geschlecht der Lehrkraft für die Arbeit des Lehrens absolut irrelevant. Darauf gleich doppelt zu verweisen lenkt daher im Zweifel schon in der Anrede vom Inhalt das danach Gesagten ab.
Im Übrigen sollte das Bemühen im Zentrum stehen, die Person als Mensch anzusprechen, als seiendes Wesen. Dessen geschlechtliche Identität ist nahezu immer völlig ohne Belang. Die Unterscheidung in der Anrede „Herr“ bzw. „Frau“ behält man lediglich aus Gründen Höflichkeit bei. Grundsätzlich ist auch dies absolut verzichtbar.
Bei der Pluralbildung gilt ähnliches: Bürgerinnen und Bürger, Wählerinnen und Wähler, Kolleginnen und Kollegen, usw., das sind im Kern redundante Doppelungen. Nach der Genusvertauschung sind Männer Bürgerinnen, Wählerinnen bzw. Kolleginnen, das ist völlig klar. Warum sollte man sich dessen ständig aufs Neue versichern? Die Endung „innen“ ist überflüssiger Ballast und kann daher entfallen.
Generisches Femininum
Die geschlechtliche Identität des Individuums ist ihrem tiefsten Ursprung nach lediglich eine im Hinblick auf die biologische Reproduktion hin ausgerichtete bzw. diesbezügliche relevante Eigenschaft. Indem man das biologische und das grammatikalische Geschlecht geradezu zwanghaft in Einklang zu bringen sucht, geht man in die Falle voraufklärerischen Denkens und erreicht eigentlich das genaue Gegenteil des Intendierten. Auf diesem Wege unterscheidet und trennt man. Der Mensch als denkendes Wesen wird nach seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert, das ist das Gegenteil von Inklusion. Es ist eine Form von Ausgrenzung.
Die den Sexus adressierende Benennung liefert eine meist völlig redundante Information, die die Sprache aufbläht und Wörter unnötig verlängert. Aus Gründen der Sprachökonomie streicht man daher das Personen mit männlichem Sexus adressierende Genus und verwendet ausschließlich das für Personen mit weiblichem Sexus reservierte Genus.
Unverkennbar wird damit das bisher geltende generische Maskulinum zum Femininum: Wir erhalten ein aus der Sprache abgeleitetes generisches Femininum. Dies wird ohne Ausnahme auf alle Menschen gleich welcher geschlechtlichen Identität angewendet. Das solchermaßen begründete generische Femininum ist daher offenkundig absolut geschlechterneutral.
Beispieltext auf Basis des neuen generischen Femininums
Herr Meier und Frau Schmidt leben zusammen. Er ist Lehrer, sie ist Klempner. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist Schüler und möchte gerne Lehrer werden, vielleicht aber auch Bergsteiger. Der Sohn ist Auszubildender und möchte gerne Schreiner werden, vielleicht aber auch Koch. Herr Meier wäre viel lieber Jurist geworden, dann könnte er jetzt als Rechtsanwalt oder als Richter arbeiten. Frau Schmidt ist zufrieden mit ihrer Berufswahl. Sie möchte aber nicht auf Dauer Geselle bleiben und will sich daher noch zum Handwerksmeister fortbilden und später als Unternehmer tätig sein.
Neulich trafen Sie sich zu einer Diskussionsrunde im Bürgerzentrum. An der Diskussion nahmen teil: eine Student, ein Arzt, eine Rechtsanwalt, ein Steuerberater, eine Lehrer, ein Wissenschaftler, eine Politiker, der Bürgermeister, der Stadtkämmerer und die Bürgermeistersekretär. Daneben waren aber auch eine Schüler sowie ein Vertreter der Elternverbände anwesend.
Diskussion zum Lösungsvorschlag
Insbesondere Männer sehen ein, dass die Abschaffung des spezifisch männlichen Anhängsels „in“ bzw. „innen“ sachlich gerechtfertigt ist und sprachökonomisch sehr viel Sinn macht. Sie bestehen daher nach dem kurzen Intermezzo nach Schritt 2 nicht darauf, derart gesondert angesprochen zu werden.
Das ist also die Lösung: das feminine Genus ausnahmslos und am Ende völlig neutral auf alle biologischen Geschlechter anzuwenden. Genus und Sexus werden konsequent entkoppelt, so dass vermittels der solchermaßen codifizierten Sprache eine Abstraktionsebene entsteht, in welcher der Mensch in seinem Sein als denkendes Wesen angesprochen wird. Diese Codifizierung nennen wir „generisches Femininum“, weil dergestalt die Stammform des femininen Genus auf den maskulinen Sexus übertragen wird. Biologische oder gesellschaftliche Vorprägungen sind damit nicht mehr in der Sprachstruktur selbst verankert. Das ist im Ergebnis ein immenser Vorteil im Hinblick auf den Transport der Kommunikationsinhalte. Wo sprachliche Schnörkel fehlen, tritt der Inhalt, die Botschaft, umso klarer hervor.
Man kommt also überein, die explizite männliche Form (meist mit dem Suffix „in“, im Plural „innen“) in der Stammform gewissermaßen durch das neu definierte generische Femininum zu ersetzen. Statt Schreinerin (für eine männliche Person, die das Schreinerhandwerk ausübt) schreibt man also einfach Schreiner, wie man das bei Frauen ja ohnehin tut. Statt Oberbürgermeisterin bzw. Oberbürgerinnenmeisterin, einfach Oberbürgermeister. Statt Wähler und Wählerinnen beschränkt man sich einfach auf die weibliche Form und sagt Wähler. Das so verwendete generische Femininum ist die aufs Äußerste getriebene, durchgängig stimmige, kürzeste und gleichzeitig schönste Form einer alle einbeziehenden geschlechterneutralen Sprache.
Was erreichen wir damit?
Das solchermaßen verankerte „generische Femininum“ ist nur dem ersten Anschein nach vergleichbar oder gar identisch mit dem altbekannten „generischen Maskulinum“. Letzteres wird aufgrund historisch begründeter gesellschaftlicher Vorbelastungen von Feministen und anderen linken Sprachreformern radikal abgelehnt. Die vorgestellte Alternative des „generischen Femininums“ ist völlig frei von derlei Ballast. Es erwächst völlig zwanglos aus dem femininen Genus und stellt damit die besondere Wertschätzung des Weiblichen in der Sprache heraus. Dabei bleibt die Diktion klar und elegant und steht damit in einem denkbar scharfen Kontrast zu den mit Schnörkeln bestickten ausufernden Formulierungen in der klassischen Gendersprache mit und ohne Sternchen.
Zugleich entsteht ein Maximum an Geschlechterneutralität dadurch, dass in den Stammformen vollständig vom Sexus abstrahiert wird. Gänzlich ohne Ansehen der Geschlechtsidentität können so alle denkbaren Formen, Transgender, Queere, Frauen und Männer völlig gleichgewichtig in der Sprache gedacht werden. Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch … seine geschlechtliche Identität ist und bleibt auf der Sprachebene völlig ohne Bedeutung. Dem feministischen Ursprung der Sprache („Muttersprache“) und der Bedeutung von Frauen in der Kommunikation und im öffentlichen Leben wird der gebührende Platz eingeräumt.
Das Problem der Gendersprache ist damit obsolet. ARD, ZDF und Deutschlandfunk werden keine Schwierigkeiten haben, den Lösungsansatz postwendend umzusetzen. Auch Audi kann sein genderkonformes Firmenmotto „Vorsprung durch Gender-Gap“ wieder abschaffen und sich ganz auf das bewährte „Vorsprung durch Technik“ konzentrieren.
Die Genus-Sexus-Verwirrung und das generische Maskulinum: Ursache für die Gendersprache ist ein dummes Missverständnis.
Was passiert da gerade mit unserer Sprache?
Spätestens im Laufe der Coronakrise 2020 hat die Gendersprache – mit und ohne Sternchen – auch die allabendlichen Hauptnachrichtensendungen erreicht. Das hört sich dann z.B. so an:
„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben festgestellt, dass sich Kinder weniger häufig mit dem Coronavirus infizieren. Zwar gibt es unter Medizinerinnen und Medizinern auch kritische Stimmen, dennoch sind sich die Epidemiologinnen und Epidemiologen diesbezüglich weitgehend einig. Pädagoginnen und Pädagogen fordern daher die schnellstmögliche Öffnung der Schulen, damit die Lerndefizite bei den Schülerinnen und Schüler nicht noch größer werden. Lehrerinnen und Lehrer sind in großer Sorge, inwieweit die Lehrpläne der Kultusministerinnen und Kultusminister überhaupt noch umgesetzt werden können.“
„Aber auch Soziologinnen und Soziologen plädieren für den Präsenzunterricht, denn die Schülerinnen und Schüler brauchen auch ihre Freundinnen und Freunde. Auf diese vielstimmige Forderung von Befürworterinnen und Befürwortern hin, haben nun die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten von zunächst 10 Ländern entschieden, die Schulen zu öffnen. Es gibt aber auch Gegnerinnen und Gegner. Die Länderchefinnen und -chefs der restlichen Bundesländer sind jedenfalls noch nicht überzeugt und werden nochmals mit weiteren Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertretern der Eltern und der Schülerinnen und Schüler beraten, wie die nächsten Schritte aussehen könnten.“
Es klingt wie die Festansprache auf der Feier anlässlich des hundertjährigen Bestehens der „Vereinigung der Sprachneurotikerinnen und Sprachneurotiker“. Oder wie der Sprechtext zu einer unveröffentlichten Szene aus „Einer flog übers Kuckucksnest“. Aber nein, es ist leider sehr nahe an der bitteren Realität der Abendnachrichten im Deutschen Fernsehen.
Zugabe
Haben Sie das Lesen bis hierher ohne schmerzhafte Verwindungen im Sprachzentrum überstanden? Glückwunsch! Vielleicht möchten Sie noch eine Zugabe. Den letzten Satz der Nachrichten könnte man etwa folgendermaßen „verbessern“: Die Länderchefinnen und -chefs der restlichen Bundesländerinnen und Bundesländer sind noch nicht überzeugt und werden nochmals mit weiteren Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertretern der Elterinnen und Eltern und der Schülerinnen und Schüler beraten, wie die nächsten Schrittinnen und Schritte aussehen könnten.
Dem Autor geht es jedenfalls so, dass er beim Anhören oder Lesen solcher Texte unwillkürlich bei jedem zweiten Substantiv gedanklich ein „innen“ dranhängt.
So könnte es weitergehen
Wenn man schon einmal dabei ist, das generische Maskulinum ad absurdum zu führen, dann muss man doch nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Warum nicht alle Substantive feminisieren? Erst dadurch erreicht man doch eine durchgreifende Sichtbarkeit des Weiblichen und macht sich frei von der dominanten Rolle des maskulinen Genus. Dabei darf man sich auch vom Neutrum nicht irre machen lassen. Ein Haus, in dem nur Frauen wohnen, sollte daher Hausin heißen, ein Tisch, an dem nur Frauen sitzen, muss Tischin genannt werden. Wenn Männer und Frauen daran Platz nehmen, wäre sicherlich die Wendung „sie setzten sich an Tisch und Tischin“ angemessen. Und wenn eine Frau spazieren geht, dann folgt doch wohl Schrittin auf Schrittin, usw.
Wenn sich erst einmal Perfektionistinnen und Perfektionisten der Sache annehmen, werden die Bedenkenträgerinnen und Bedenkenträger gewiss alsbald an Einfluss verlieren. Am Ende gibt es nur noch Siegerinnen und Sieger, vielleicht auch Siegende. Oder sind sie alle eher Verliererinnen und Verlierer? Ganz geschlechterneutral: Verlierende? Verloren haben Werdende? Verloren Seiende? Nicht profitieren werden jedenfalls die Schreiberinnen und Schreiber, Leserinnen und Leser, auch nicht die Schreibenden und Lesenden. Das alles zum Leidwesen der Denker und Denkerinnen sowie allen Denkenden. In einem Wort zusammengefasst: Denkende, sprich Denk-Ende. Ein Hoch auf die Fassade!
Das Gendersternchen
Die obige Doppelnennung der männlichen und weiblichen Formen, so lästig, meist überflüssig und zeitraubend sie auch sein mag, ist noch nicht das Ende der Entwicklung. Schauen wir uns obigen Text in der Gendersternchenschreibweise an:
„Wissenschaftler*innen haben festgestellt, dass sich Kinder weniger häufig mit dem Coronavirus infizieren. Zwar gibt es unter Mediziner*innen auch kritische Stimmen, dennoch sind sich die Epidemiolog*innen diesbezüglich weitgehend einig. Pädagog*innen fordern daher die schnellstmögliche Öffnung der Schulen, damit die Lerndefizite bei den Schüler*innen nicht noch größer werden. Lehrer*innen sind in großer Sorge, inwieweit die Lehrpläne der Kultusminister*innen überhaupt noch umgesetzt werden können.“
„Aber auch Soziolog*innen plädieren für den Präsenzunterricht, denn die Schüler*innen brauchen auch ihre Freund*innen. Auf diese vielstimmige Forderung von Befürworter*innen hin, haben nun die Ministerpräsident*innen von zunächst 10 Ländern entschieden, die Schulen zu öffnen. Es gibt aber auch Gegner*innen. Die Länderchef*innen der restlichen Bundesländer sind noch nicht überzeugt und werden nochmals mit weiteren Expert*innen sowie Vertreter*innen der Eltern und der Schüler*innen beraten, wie die nächsten Schritte aussehen könnten.“
Gender*Deutsch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Die Gendersprache wird noch nicht immer und überall in ARD und ZDF angewendet, und vor allem nicht konsequent, aber doch so, dass es auffällt und zunehmend stört. Der Deutschlandfunk ist da schon weiter. In seinen Redaktionsbeiträgen gehen gefühlt 10% der Sendezeit für das Sprechen von völlig sinnfreien und informationslosen Gendersprech-Schnörkeln verloren.
Ganz unter dem Motto: „So schön ist Gender*Deutsch“ hört sich das dann etwa so an: s. Videolink.
Ist das eine Verschwörungstheorie?
Das Schöne an Verschwörungstheorien ist, es sind nur Theorien. Die durch die Gendersprache herbeigeführte Sprachverhunzung ist leider keine Theorie mehr. Es ist ein Anschlag auf die Sprache als Mittel der Kommunikation. Sich als selbst fortschrittlich und elitär verstehende kleine Teile der Öffentlichkeit wollen damit den allgemeinen gesellschaftlichen Sprachgebrauch in ihrem Sinne verbiegen. Dabei geht es nicht um die Veränderung und Anpassung der Sprache, wie es sie immer gegeben hat, sondern um ihren bewussten Missbrauch als Mittel der Indoktrination. Das ist die in vielen Medien und insbesondere im Fernsehen bereits täglich erfahrbare Praxis.
Was der öffentlich-rechtliche Rundfunk hier betreibt ist also keine Theorie, sondern gelebte Praxis, sozusagen „Verschwörungs-Praxis“ und daher viel gefährlicher als all die vielen ebenso kruden wie hirnlosen Verschwörungs-Theorien.
Die neue Geschlechtervielfalt
Nach Aussagen von Feministen und anderen Befürwortern der Gendersprache geht es im Kern darum, Frauen und ggf. auch Divers-Geschlechtliche in der Sprache stärker sichtbar zu machen. Ihnen gegenüber Wertschätzung zu zeigen. Das Ziel ist also die Sichtbarmachung „aller“ Geschlechter. Davon gibt es doch nur zwei, glauben manche immer noch. Weit gefehlt!
Genderforscher und Genderforscherinnen, kurzum, Genderforschende oder eben Genderforscher*innen belehren uns, das sei viel zu eng und konventionell gedacht. Sie halten sich dabei auch nicht mit niedrigen einstelligen Zahlen auf und lassen die Vielfalt am liebsten offen: binär, nicht-binär, gender-queer, transgender, genderfluid, bigender, demigirl, demiboy, agender, neutrois, … Neutrinos oder gar Neutronen? Wer weiß?
Der Vielfalt sind im Grundsatz keine Grenzen gesetzt. Im Extremfall kann jedermann / jedefrau / jedeperson für sich persönlich ein spezifisches Geschlecht definieren und sich damit identifizieren. Gelegentlich passiert das auch, wie kürzlich beim „Film- und Popstar“ Demi Lovato, der / die / das bekannt gab, dass er / sie / es sich offiziell als non-binär identifiziere und sein / ihr Pronomen zu they / them ändere. Davor war er / sie /es übrigens pansexuell: sex may be subject to change.
Wie die Welt berichtet, sind in Deutschland mit Datenstand 30.09.2020 insgesamt 394 Menschen mit dem Geschlechtereintrag „divers“ im Personenstandsregister eingetragen.
Warum eigentlich das Ganze?
Schon 1984 forderte die feministische Sprachwissenschaftlerin Luise Pusch, dass es nach dem generischen Maskulinum, „das wir schon seit Jahrtausenden haben“, Zeit für einen Perspektivwechsel nach dem „Rotationsprinzip“ sei. Nun, das ist etwas zu hoch gegriffen. Deutsch als ernstzunehmende Schriftsprache gibt es so lange nun doch noch nicht.
Sicher spiegelt sich im Sprachgebrauch in Teilen auch die Gesellschaftsstruktur wider. Die Rolle der Frau war über Jahrtausende sehr stark auf Kindererziehung und die im weitesten Sinne häuslichen Tätigkeiten eingeschränkt. Deswegen sind z.B. nahezu alle Berufsbezeichnungen männlich konnotiert. Das hat sich in vielen Lebensbereichen bereits geändert.
Zum Beispiel werden Lehrberufe sowie juristische und medizinische Berufe vielfach und teilweise sogar überwiegend von Frauen ausgeübt. Deswegen spricht man zurecht von der Lehrerin, der Anwältin oder der Ärztin. Es wäre absolut unangemessen, in der persönlichen Anrede eine Lehrerin als Lehrer, eine Anwältin als Anwalt und eine Ärztin als Arzt anzusprechen. Vor allem wäre es unhöflich.
Ebenso unangemessen wäre es indessen, das Umgekehrte zu tun, also einen Lehrer als Lehrerin, einen Anwalt als Anwältin und einen Arzt als Ärztin zu titulieren. Was gewönne man damit? Wäre es ausgleichende Gerechtigkeit für angeblich 10.000 Jahre Unterdrückung? – So denken wohl Revanchisten, die Sprache als ein Kampfinstrument zur Herbeiführung gesellschaftlicher Veränderungen missverstehen.
Sprache ist das wichtigste Kommunikationsmittel
Tatsächlich ist Sprache nicht mehr und nicht weniger als ein Mittel der Verständigung. Sie ist, wie sie ist und sie entwickelt sich im kulturellen und wirtschaftlichen Austausch weiter. Wer sie mutwillig verändert und für Zwecke missbraucht, für die sie nicht taugt, riskiert sehr viel. Er setzt vor allem das wichtigste Kommunikationsmittel unter Menschen aufs Spiel. Sprache ist Syntax und Semantik. Wenn sich die Syntax ändert, ist auch die Semantik in Gefahr. Und wo die Semantik verschwimmt, bleibt das Verstehen auf der Strecke.
Der Stein des Anstoßes: Das generische Maskulinum
In aller Kürze ist mit dem generischen Maskulinum gemeint, dass die die grammatikalisch männliche Form als abstrahierter allgemeingültiger Oberbegriff dient. Dies trifft z.B. dann zu, wenn das Maskulinum als Bezeichnung einer Gattung (Maurer statt Maurerin oder Maurer, Schneider statt Schneiderin oder Schneider, Anwalt statt Anwältin oder Anwalt, Arzt statt Ärztin oder Arzt) oder einer Gesamtheit (Bürger statt Bürgerinnen und Bürger, Mitarbeiter statt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kollegen statt Kolleginnen und Kollegen) verwendet wird.
Das generische Maskulinum ist historisch aus der Sprach- und Gesellschaftsentwicklung heraus entstanden. Aus der Sicht feministischer Sprachwissenschaftler drückt sich darin die angeblich patriarchalische Gesellschaftsordnung aus. Folgt man dem generischen Maskulinum konsequent, dann sind Frauen in der Sprache kaum sichtbar, Männer dagegen scheinen omnipräsent zu sein. Zumindest kann man – oberflächlich gesehen – zu diesem Urteil gelangen.
Vor allem an dieser geringen Sichtbarkeit und der damit zum Ausdruck kommenden vermeintlich geringeren Wertschätzung stören sich die Befürworter einer „geschlechtergerechten“ Sprache. Und das ist auch der Grund für die Ablehnung des generischen Maskulinums. Dabei hat Letzteres eine völlig andere Rolle. Weder werden Männer damit in besonderer Weise hervorgehoben, noch werden Frauen damit unsichtbar. In der Realität ist es eher umgekehrt.
Die Ursache für die Gendersprache ist ein dummes Missverständnis
Das große Missverständnis der Befürworter der Gendersprache liegt darin, dass das grammatikalische Geschlecht mit dem biologischen Geschlecht verwechselt bzw. stur von dem einen auf das andere geschlossen wird. Dabei ist doch in der Sprache diese scharfe Beziehung überhaupt nicht gegeben. Es ist eine Banalität, dass das grammatikalische Geschlecht eines Wortes oftmals keinen sicheren Rückschluss auf das biologische Geschlecht des damit Bezeichneten zulässt. Mehr noch, die Unschärfe schließt sogar das Neutrum mit ein.
Für die gegenseitige Zuordnung von grammatikalischem Geschlecht (Genus) und biologischem Geschlecht (Sexus) gibt es zwar eine Reihe von Regeln, aber auch viele Ausnahmen. Teilweise kommt es hier in der Sprache zu einer willkürlich anmutenden Vermischung. Jedes der drei grammatikalischen Geschlechter männlich (m), weiblich (f), Neutrum (n) wird mitunter zur Bezeichnung von Personen beiderlei biologischen Geschlechts und von Sachen verwendet. Im Folgenden einige Beispiele für die Genus-Sexus-Zuordnung.
Genus maskulin
der Tisch, m – hat zwar meist vier Beine, ist aber dennoch ein Ding und kein Wesen mit einem biologischen Geschlecht
der Mensch, m – grammatikalisch maskulin, gemeint sind natürlich Männer und Frauen gleichermaßen und alles was es an diversen indifferenten Formen dazwischen oder darüber hinaus sonst noch geben mag
der Mond, m – grammatikalisch maskulin, tatsächlich aber ein Neutrum
Genus feminin
die Sonne, f – grammatikalisch feminin, tatsächlich aber ein Neutrum
die Person, f – grammatikalisch feminin, tatsächlich aber männlich oder weiblich
die Koryphäe, f – grammatikalisch feminin, tatsächlich aber männlich oder weiblich
die Tunte, f – grammatikalisch feminin, tatsächlich genutzt als Bezeichnung für einen homosexuellen Mann (abwertend)
Genus Neutrum
das Tier, n – biologisch sind Tiere aber (fast) immer entweder männlich oder weiblich
das Pferd, n – damit werden sowohl Hengste (männlich) wie Stuten (weiblich) bezeichnet
das Schwein, f – gemeint sind aber Sauen (weiblich) und Eber (männlich)
das Mädchen, n – bezeichnet werden damit meist jüngere weibliche Personen, mit der Umschreibung „Mädchen für alles“ kann aber auch ein Mann gemeint sein
das Kind, n – bezeichnet werden damit junge (nicht geschlechtsreife) männliche und weibliche Personen
das Exemplar, n – grammatikalisch ein Neutrum, tatsächlich aber sächlich, männlich oder weiblich
das Mensch, n – grammatikalisch ein Neutrum, tatsächlich genutzt als Bezeichnung für eine Frau (meist abwertend)
Genus-Sexus-Diskrepanz
Im Folgenden eine tabellarische Übersicht zur Genus-Sexus Zuordnung:
Man könnte das Ganze die „Genus-Sexus-Diskrepanz“ nennen – und im Hinblick auf das offenkundige Miss- bzw. Unverständnis der Gendersprachler darf man auch von der Genus-Sexus-Verwirrung sprechen.
Genus (das grammatikalische Geschlecht) und Sexus (das biologische Geschlecht) sind zwei völlig verschiedene Dinge, die zwar oft zueinander passen, vielfach aber eben auch nicht. Wenn man eine eindeutige Zuordnung zwischen Genus und Sexus haben möchte, dann muss man die Sprache grundlegend verändern. Das ist zweifellos möglich, doch fragt man sich, was man damit wirklich gewönne?
Man könnte es auch wie im Englischen halten und grammatikalisch stets den sächlichen Artikel verwenden, also das Sonne, das Mond, das Person, das Tisch, das Mann, das Frau, das Bäcker, das Mieter, das Bewohner … Vieles würde damit einfacher, aber schöner wird die Sprache so nicht. Und es bliebe zunächst das Problem mit den Endungen.
Geschlechterneutrale Sprache = gerechte Gesellschaft?
Entstünde so eine neue und eventuell „gerechtere“ Gesellschaft? Daran kann man zweifeln, denn auch in Gesellschaften mit „geschlechtsneutralen“ oder „geschlechtergerechten“ Sprachen sind die Verhältnisse zwischen Männern und Frauen für letztere nicht vorteilhafter als im deutschen Sprachraum. Zum Beispiel gibt es im Türkischen überhaupt keine Geschlechterunterscheidungen, ebenso im Persischen (Farsi). Faktisch sind diese Sprachen daher geschlechtsneutral. Das zeigt exemplarisch, dass Sprache das Verhältnis zwischen den Geschlechtern weder stimmig widerspiegelt noch zwingend determiniert.
Von Menschen und Menschinnen
Es bleibt ein Geheimnis von „Feminist*innen“, dass sie am maskulinen Gattungsnamen Mensch bisher keinen Anstoß genommen haben. Wenn dies in diesem doch sehr allgemeinen Fall unproblematisch erscheint, wieso gilt dasselbe nicht auch für den Bäcker, den Metzger, den Maurer, die Wissenschaftler, die Bürger, die Wähler, die Anwohner? Hat man schon Klagen darüber gehört, dass bei der Erwähnung des Wortes „Mensch“ Frauen oder allgemein nicht-männliche Personen nur „mitgemeint“ sein könnten oder dass dieses nötige Mitdenken diskriminierend sei?
Es will sich mir jedenfalls nicht erschließen, wieso die Bezeichnung „der Mensch“ ganz selbstverständlich Frauen inkludieren soll, wenn doch „der Rektor“, „der Diplomat“, „die Hausärzte“, „die Teilnehmer“ oder „die Bürger“ das angeblich nicht leisten und mit dem Hinweis auf das generische Maskulinum abgelehnt werden. Wieso gibt es nicht auch die Menschin und wieso sprechen wir nicht von den Menschen und Menschinnen sowie den Menschen- und Menschinnenrechten, oder eben den Mensch*innenrechten. Weil es absurd wäre? Nicht absurder als alles andere in der Gendersprache.
Abstraktion ist nicht das Problem, sondern die Lösung
Ein Kunde ist eine Person, die etwas kauft, kaufen will oder gekauft hat. Das biologische Geschlecht ist davon in keiner Weise betroffen. Es ist absolut irrelevant. Genaugenommen ist gar kein biologisches Geschlecht gemeint, weil das in diesem Zusammenhang auf der abstrakten Sprachebene völlig belanglos ist. Auch „das Mitglied“ oder „das Unternehmen“ könnte kaufen oder gekauft haben. Gerade dies ist die kulturell-zivilisatorische Funktion von Sprache: Eine Kombination von Zeichen lässt ein Bild der Realität entstehen. Dieses Bild ist selbstredend nicht identisch mit der Realität. Es ist eine Abstraktion.
Ein Beispiel
Betrachten wir die folgende Aussagenkaskade, beginnend mit dem niedrigsten Abstraktionsgrad:
1. „Im Stadion klatschten 3190 Männer und 2197 Frauen Beifall, 10 % der Männer trugen graue Pullover, 17 % der Frauen waren mit roten Blusen bekleidet“
Eine relative konkrete Info: Man erfährt, wie viele Männer und Frauen klatschten und welche Kleidungsstücke einige von ihnen trugen. Allerdings ist diese Info belanglos. Das ist nicht situationsgerecht. – Es ist der falsche Abstraktionsgrad.
2. „Im Stadion klatschten 3190 Männer und 2197 Frauen Beifall“
Ebenfalls konkret: Man erfährt, wie viele Männer und Frauen klatschten. Allerdings ist auch diese verkürzte Info belanglos. Das ist nicht situationsgerecht. – Es ist der falsche Abstraktionsgrad.
3. „Im Stadion klatschten 5387 Zuschauer Beifall“
Ebenfalls noch viel konkrete Information: Man erfährt, wie viele Personen klatschten. Auch diese stark verkürzte Info ist belanglos. Das ist nicht situationsgerecht. Es ist stupide, wenn nicht aus dem Kontext heraus die genaue Zahl der Klatschenden von Bedeutung ist. – Das ist der falsche Abstraktionsgrad.
4. „Im Stadion klatschten Tausende Zuschauerinnen und Zuschauer Beifall“
Man erfährt hier nicht, dass männliche und weibliche Personen anwesend waren und klatschten, denn diese Formulierung wird man in der Gendersprache jedem Fall so treffen. Es gibt hier also keine echte Zusatzinformation. Auch diese Formulierung ist bei Lichte betrachtet stupide, wenn nicht aus dem Kontext heraus die Notwendigkeit entsteht, das Geschlecht der Klatschenden hervorzuheben. – Das ist der falsche Abstraktionsgrad.
5. Das Original: „Im Stadion klatschten Tausende Zuschauer Beifall“
Knapp und hinreichend präzise. – Das ist der richtige Abstraktionsgrad.
Intelligente Abstraktion führt zu sinnhafter Information
Die Regeln, nach denen das abstrakte Bild gezeichnet wird, sind in der Grammatik festgelegt. Wenn wir die Grammatik ändern, dann bleibt die Realität dennoch wie sie ist. Es ändert sich lediglich das entworfene Bild. Beim Rückschluss vom Bild auf die Realität entsteht nichts Neues, wenn nur die Grammatik modifiziert wird. Zwar ist der Ausgangspunkt ein anderer, nämlich das umgestaltete Bild, doch wird dieses aufgrund der modifizierten Grammatik wieder auf die ursprüngliche Realität zurückentwickelt.
Zurück zum Kunden: Auf der abstrahierten Ebene (also im Abbild der Realität) verhält es sich damit, wie mit der „Person“. „Die Person“ ist grammatikalisch weiblich, dennoch kann man natürlich auch von einem Mann als Person sprechen, ohne dass damit das biologische Geschlecht in Abrede gestellt wird. Jedenfalls stört sich niemand daran, einen Mann als Person anzusprechen oder Männer und Frauen als Personen zu titulieren.
Damit kommen wir zum generischen Femininum. Beide Konzepte, das generische Femininum und das generische Maskulinum sind mächtige Abstraktionsmittel, die die Formulierung knapper und doch situationsgerecht präziser Sätze ohne überflüssigen Ballast erlauben.
Das generische Femininum
Tatsächlich gibt es auch das Pendant zum generischen Maskulinum: das generische Femininum. Seine Existenz wird indessen kaum zur Kenntnis genommen und vor allem in keiner Weise problematisiert oder gewürdigt. Hartgesottene Gendersprachler behaupten gar, das sei etwas ganz anderes.
Einige Beispiele:
die Person – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Geisel – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Lehrkraft – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Fachkraft – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Wache – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Waise – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Hilfskraft – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Putzkraft – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Koryphäe – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
die Aushilfe – feminin, generisch verwendet für Menschen gleich welchen Geschlechts
Ist das generische Femininum geschlechtsneutral?
Dies sind keine geschlechtsneutralen Formen, wie manche meinen. Sie tragen explizit das feminine Genus. Dass man mit diesen Wörtern ohne Weiteres auch Personen männlichen Geschlechts belegen kann und dies auch tut, macht sie nicht geschlechtsneutral, sondern zeigt vielmehr, dass es keine maskuline Form dafür gibt. Man könnte ja auch Personerich, Geiseler, Lehrkrafter oder Waiserich sagen, um damit ausdrücklich männliche Personen anzusprechen. Wäre das bizarr? Es ist bei Lichte betrachtet nicht weniger verwegen als Bösewichtin, Dummköpfin oder Gästin.
Personen männlichen Geschlechts bleiben in all diesen Fällen des generischen Femininums völlig unsichtbar. In den genannten Beispielen gibt es noch nicht einmal eine maskuline Ableitung. Die Geisel mag wohl biologisch männlich sein, das grammatikalische Genus ist gleichwohl feminin. Niemand stört sich daran. Ganz anders verhält es sich mit dem Geiselnehmer. Grammatikalisch ist er maskulin und wir halten es für selbstverständlich, dass er auch biologisch maskulin sein müsse. Diese Deutung ist indessen nicht in der Sprache angelegt, sondern das Resultat einer gesellschaftlichen Semantik: Aller Erfahrung nach sind Geiselnehmer fast immer männlich. Einen weiblichen Geiselnehmer würden wir Geiselnehmerin nennen, weil wir es für „normal“ halten, die Bezeichnung für weibliche Personen aus der maskulinen Grundform (hier: Nehmer) abzuleiten und sie damit besonders herauszustellen.
Hervorhebung des femininen Genus
Tatsächlich haben wir uns daran gewöhnt, das Genus von maskulinen Substantiven durch Anhängen des Suffixes „in“ oder „innen“ zu feminisieren. Ganz selbstverständlich reden wir daher von der Kundin, der Besucherin, der Spaziergängerin, der Anwältin oder der Giftmischerin. Dabei ist es lediglich die Konvention, im konkreten Falle von (biologisch) weiblichen Personen die betreffende Person auch in der Sprache entsprechend durch das feminine Genus hervorzuheben. Ohne das Suffix bliebe das Geschlecht offen: „In der Ferne sah man einen Spaziergänger“ besagt eben nicht, dass dort ein männliches Wesen spazierte.
Ein Spaziergänger ist ein Mensch, der spazieren geht. Wenn wir wissen, dass dieser Mensch weiblich ist, dann verlangt die Sprachkonvention, dass wir von der Spaziergängerin reden. Ist er männlich, dann haben wir – im strengen Sinne – keinen Ausdruck dafür. Der Spaziergänger ist grammatikalisch maskulin, sein biologisches Geschlecht ist unbestimmt. Im obigen Satz ist daher gemeint: „In der Ferne sah man eine Person, die spazieren ging“. Wenn man so will: man sah eine spazierengehende Person unbestimmten biologischen Geschlechts. – Man stelle sich solche schöngeistige Literatur vor.
Ausdruckskraft durch Generizität
Die Kraft der Sprache liegt gerade in dieser hier durchschimmernden und schon oben erwähnten Abstraktionsfähigkeit auf Basis des generischen Maskulinums und auch des generischen Femininums. Verzichtet man darauf, entstehen vielfach umständliche und geradezu alberne Umschreibungen, die man durchaus als Kennzeichen der Gendersprache verstehen kann.
In der Pluralbildung gilt es bereits als allgemein gebräuchlich, von Kundinnen, Mieterinnen, Anwohnerinnen, Wählerinnen, Bürgerinnen, Antragstellerinnen … zu sprechen. Im Grundsatz trifft auch hierfür das oben Gesagte zu: Das sind im Kern redundante aber immerhin noch tolerable Ableitungen, sofern sie nicht ausufernd gebraucht werden.
Warum muss man sich bei jeder Formulierung aufs Neue versichern, dass es Menschen unterschiedlichen biologischen Geschlechts gibt? Wir verzichten mit diesen Wendungen bewusst auf die der Sprache innewohnende Abstraktionskraft. Eine kulturelle Glanzleistung ist das nicht und mit Gerechtigkeit hat das absolut nichts zu tun, wie wir oben gesehen haben und im nächsten Abschnitt vertiefen werden. Dabei spricht natürlich absolut nichts dagegen, in einer Begrüßung oder Einleitung explizit von Bürgerinnen und Bürgern, Wählerinnen und Wählern oder Kundinnen und Kunden zu sprechen. Es ist aber schlichtweg albern, bei der x-ten Wiederholung dieselbe Floskel nochmals einzubauen.
Unsichtbarkeit des maskulinen Sexus
Bezeichnenderweise stören sich „Befürworter*innen“ der Gendersprache überhaupt nicht daran, dass explizit männliche Formen in der Regel gar nicht existieren: Das ist nämlich die Konsequenz aus dem Gebrauch des generischen Maskulinums. Rein grammatikalisch gesehen ist ein Spaziergänger, ein Teilnehmer oder ein Antragsteller ein Mensch unbestimmten biologischen Geschlechts. Erst durch das Aufkommen und den um sich greifenden Gebrauch weiblicher Formen werden (biologisch) geschlechtsneutrale Substantive mit maskulinem Genus im Umkehrschluss semantisch einseitig dem männlichen Sexus zugeordnet. Wenn man so will:
Die Gendersprache versucht ein Problem zu lösen, das erst sie selbst geschaffen hat.
Gendersprache unterscheidet und trennt, statt zu integrieren.
Gendern heißt, diskriminieren (also unterscheiden, einen Unterschied machen).
Tatsächlich ist es im Falle maskuliner Substantive so, dass es (fast immer) auch eine weibliche Form gibt, die in der persönlichen Anrede auch ganz selbstverständlich verwendet wird. Kurioserweise existiert aber nur selten eine explizite männliche Form, also eine Form, die abseits des generischen Maskulinums, das ja nur im grammatikalischen Sinne gemeint ist, das biologische Geschlecht adressiert (spezifisches Maskulinum).
Der Bäckerich
Ein Beispiel soll das verdeutlichen. „Bäcker“ ist eine Berufsbezeichnung für Personen, die das Backhandwerk beherrschen. Das generische Maskulinum ist hier also „Bäcker“. Die weibliche Form dazu ist „Bäckerin“. Damit werden ausschließlich Personen angesprochen, die dem biologischen Geschlecht „weiblich“ zuzurechnen sind. Eine explizit männliche Form zur ausschließlichen Bezeichnung von Personen männlichen Geschlechts, die das Backhandwerk ausüben gibt es nicht, denn auch eine Bäckerin ist – grammatikalisch gesehen – Bäcker. Die passende männliche Form könnte z.B. „Bäckerer“ oder „Bäckerich“ lauten. Desgleichen bei Metzger-Metzgerer-Metzgerich, Maurer-Maurerer-Maurerich, Informatiker-Informatikerer-Informatikerich, Rechtsanwalt-Rechtsanwalter-Rechtsanwalterich usw.
Ansprachen von Politikern und Gewerkschaftlern könnten etwa so beginnen: Liebe Bürgeriche und Bürgerinnen, liebe Kollegeriche und Kolleginnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiteriche – natürlich klingt das reichlich schräg und wäre gleichfalls Sprachverhunzung. Es ist aber keineswegs grotesker als die Gendersternchen-Konstruktion in den verschiedenen Varianten.
Zusammenfassung
Es gibt also ein generisches Maskulinum, das in einem abstrahierten Sinne als Oberbegriff zur grammatikalischen Bezeichnung von Personen gleich welchen biologischen Geschlechts verwendet wird. Für weibliche Personen gibt es darüber hinaus eine spezifisch feminine Form (mit dem Suffix „in“ im Singular und dem Suffix „innen“ im Plural), die dann verwendet wird, wenn eine Person oder Gruppe von Personen adressiert wird (und das spezifische Weibliche dabei von Belang ist). Für männliche Personen gibt es diese spezifisch maskuline Form in der Regel nicht.
Auch das generische Femininum spielt eine bedeutende Rolle. Es erlaubt die grammatikalisch korrekte Benennung von Personen mittels einer Reihe von vielseitig verwendbaren Substantiven. Im Unterschied zum generischen Maskulinum wird beim generischen Femininum im Falle der Anwendung auf Männer kein spezifisches Suffix angehängt, sie bleiben daher (ganz im Gegensatz zur Situation bei den Frauen) völlig unsichtbar.
Die Sprache hält in Form des generischen Maskulinums sowie des generischen Femininums alle Mittel für eine gendergerechte Benennung bereit. Mehr noch, es sind eigentlich eher die spezifisch den männlichen Sexus adressierenden Formen, die zu kurz kommen. Die Sprache ist syntaktisch weitgehend feminisiert. Für die gesellschaftliche Semantik kann die Sprache nichts.
Ausblick
Über die Endung „in“ wird in der persönlichen Anrede eine ausdrückliche Sichtbarkeit und Wertschätzung des Weiblichen sichergestellt. Im Plural kommt dies durch das Suffix „innen“ zum Ausdruck, wobei die Endung im Sinne der Sprachökonomie nicht ausufernd verwendet werden sollte. So ist es zum Beispiel völlig übers Ziel hinausgeschossen und geradezu enervierend, eine und dieselbe Form mehrfach zu wiederholen. Der Fokus sollte auf Höflichkeit liegen, nicht auf enervierenden und langatmigen Wiederholungen.
Wenn man ernsthaft das Ziel erreichen will, dass bei Nennung der Begriffe Maurer, Wähler, Bürger, Verbrecher, Kunde, Mörder, Gast, Astronaut im Singular oder im Plural Menschen gleich welchen Geschlechts und damit auch Frauen völlig selbstverständlich mitgedacht, mitgemeint und ausdrücklich eingeschlossen sind, dann sollte man auf die spezifisch femininen Endungen ganz verzichten.
Wer permanent von Bürgerinnen, Kolleginnen, Mitarbeiterinnen, Ärztinnen und Helferinnen spricht, darf sich nicht wundern, wenn Bürger, Kollegen, Mitarbeiter, Ärzte und Helfer irgendwann einmal tatsächlich nur noch männliche Personen meinen und Frauen explizit ausschließen. Derzeit ist das noch nicht der Fall, es fehlt aber nicht mehr allzu viel. Wie schon oben gesagt: Die Gendersprache selbst verursacht das Problem, für das sie angeblich die Lösung bereithält. Sie diskriminiert, statt zu inkludieren.
Eingedenk des Vorstehenden und die letzte Empfehlung beherzigend, scheint mir in Summe mit dem bewährten Deutsch alles in bester Ordnung zu sein.
Die Veränderung der gesellschaftlichen Semantik ist zuvorderst eine inhaltliche Aufgabe. Sprache kann das nicht leisten. Durch Streichen der Hausfassade wird das Wohnzimmer nicht wohnlicher, das Bett nicht weicher und die Küche nicht zweckmäßiger.
Frau Profin. Drin. Konrada Dudie, Lehrstuhlinhabend für gendergerechte Linguistupistik an der Friederike-von-Duck-Diversität, Entenhausen
Div Profo. Dro. Heinrich Gagalowski, Lehrbeauftragtseiend für vergleichende Langustik an der Wilhelmine-Tiefschule, Watt-Ebbenhagen
Hinweis: Das Wörterbuch ist im PDF-Format mit der nebenstehenden Grafik verlinkt. Erläuterungen und Praxisbeispiele finden sich im nachfolgenden Text.
Vorbemerkung: Was macht denn ein Langustiker mit Spezialgebiet vergleichende Langustik unter besonderer Berücksichtigung des Asterisks? Ja, was schon, er vergleicht Langusten. Mit Langusten sind nicht etwa die Küstengewässer bewohnenden zehnfüßigen Krebstiere gemeint. Weit gefehlt! Es sind Wörter. Und zwar besonders lange Wörter mit „Innen“ bzw. „innen“ und Sternchen (Asterisk). Ein solches Wort ist z.B. Oberbürger*innenmeister*innen mit immerhin 29 Zeichen, ein noch längeres ist Oberbürger*innenmeister*innensekretär*innen (43 Zeichen). Deswegen also „Lang“-ustik.
Und was genau ist Linguistupistik? Das kann man nicht so einfach erklären, man braucht dazu wohl ein Studium der Gendrogermastupistik. Dieses Wissensgebiet ist außerordentlich komplex. Eine Ahnung, worum es da geht, bekommt man vielleicht nach Lesen der nachfolgenden Textbeispiele.
Übrigens, das Gaga-Dudie erscheint im Genderologischen Institut, Frauendorf.
Das Gender-Sonderzeichen steht für diejenigen Menschen, die sich selbst außerhalb des überkommenen Geschlechterdualismus einordnen.
Absolut synonym sind also:
Bürgerinnen und Bürger, und solche Menschen unseres Landes, die sich weder als Mann noch als Frau verstehen
Bürger*innen
Bürger_innen
Bürger:innen
Bürger^innen
Bürger√innen
Bürger֍innen
Bürger☼innen
Bürger♥innen
usw.
Ganz allgemein: Bürger<Sonderzeichen>innen
Wenn in einem Wort mehrere Gender-Sonderzeichen vorkommen, wie zum Beispiel bei Oberbürger*innenmeister*innen, dann müssen diese Zeichen alle gleich sein.
Nur eingeschränkt vergleichbar ist in diesem Zusammenhang das Binnen-„I“, weil damit die Berücksichtigung der nicht dualgeschlechtlichen Identitäten auf der Strecke bleibt.
BürgerInnen meint demnach nicht genau dasselbe wie Bürger*innen.
Übrigens, wie die Welt berichtet, sind in Deutschland mit Datenstand 30.09.2020 insgesamt 394 Menschen mit dem Geschlechtereintrag „divers“ im Personenstandsregister eingetragen.
Gender*Perfektion
Das Gender*Deutsche kennt verschiedene Perfektionsstufen bzw. Perfektionsgrade. In der Stufe 0 ist Gender*Deutsch nicht von Normaldeutsch, also Deutsch, zu unterscheiden. Die Perfektionsstufe bemisst sich nach der Anzahl der Sternchen (oder anderer genderkonformer Sonderzeichen) in einem Wort.
Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Auf Deutsch nennt man den Bürgermeister einer größeren kreisfreien Stadt meist Oberbürgermeister. Die weibliche Form dafür ist Oberbürgermeisterin, im Plural Oberbürgermeisterinnen. Das ist zugleich die korrekte Form in Gendernormaldeutsch und im Gender*Deutschen der Perfektionsstufe 0. Beim Wechsel auf die Perfektionsstufe 1 wird daraus im Singular Oberbürgermeister*in, im Plural Oberbürgermeister*innen. Erst ab der Stufe 1 wird Gender*Deutsch als solches wirklich sichtbar.
Gehen wir zur Stufe 2: Wir sprechen nun von Oberbürger*innenmeister*innen. Da es um die Bürgerinnen und Bürger, also um Bürger*innen geht, ist die Beschränkung auf „Bürger“ unter Gendergesichtspunkten absolut unangemessen. Daher erscheint der zweite Genderstern als geradezu zwingend geboten. Das kann und muss man natürlich fortspinnen, wie z.B. betreffend den bereits oben erwähnten Oberbürger*innenmeister*innensekretär*innen (Gender*Perfektionsstufe 3) und ihren Helfer*innen, also den Oberbürger*innenmeister*innensekretär*innenhelfer*innen (Gender*Perfektionsstufe 4).
Im Grundsatz ist dergestalt dem Perfektionsgrad keine Grenze gesetzt.
In der Gendrogermastupistik ist die Frage nicht abschließend geklärt, inwiefern in dieser Perfektionskaskade „Ober“ durch „Oberin“ bzw. „Ober*in“ ersetzt werden soll oder gar muss. Tatsächlich steht „Ober“ fraglos lediglich für die maskuline Form der im übertragenen Sinne zu verstehenden Umschreibung von „etwas ist über etwas anderem befindlich“. Die dazu passende feminine Form ist “Oberin“.
Diese Ableitung ist zur Bezeichnung der Vorstehenden einer Gemeinschaft von Nonnen absolut gebräuchlich. Es wäre daher nur konsequent, diese Form auch auf zusammengesetzte Wörter in Gendernormaldeutsch und Gender*Deutsch zu verwenden. Damit sprechen wird dann mit wachsendem Gender*Perfektionsgrad von Oberbürgermeisterinnen, Oberbürgermeister*innen, Oberbürger*innenmeister*innen bzw. Ober*inbürger*innenmeister*innen (Gender*Perfektionsstufe 0 – 3).
Das obige Beispiel im Perfektionsgrad 4 wird damit zu Ober*inbürger*innenmeister*innensekretär*innenhelfer*innen (Gender*Perfektionsstufe 5). Wie gesagt, die gendrogermastupistische Diskussion hierzu hält an.
Der Perfektionsgrad eines Gendertextes bemisst sich nach der höchsten vorkommenden Gender*Perfektionsstufe von Wörtern innerhalb des Textes. Demnach hat z.B. der vorstehende Absatz den Gender*Perfektionsgrad 5, der zweite Absatz dieses Abschnitts dagegen nur 1, und der nächste Absatz 0.
Genderstottern
Beim Sprechen ist das Gender-Sonderzeichen durch eine kleine Sprechpause (den sogenannten Glottischlag) zu hören. Bei weniger geübten Sprechern klingt das wie ein zögerliches Stolpern oder leichtes Stottern. Mit etwas Übung werden die Sprechpausen flüssiger artikuliert und werden zugleich deutlicher hörbar. Mit fortschreitender Könnerschaft und je nach Text entsteht so nach und nach ein von winzigen Stolperstellen gehemmter fluktuierender Redefluss. Das sich herausbildende charakteristische unrhythmische Klangbild wird als Genderstottern bezeichnet (Hörprobe im Video).
So „schön“ ist die Gendersprache
Betrachten wir einige Beispiele für die Gendersprache, also Gender(x)Deutsch, in den verschiedenen Varianten im Vergleich mit (richtigem) Deutsch. Weiter unten finden sich konkrete Beispiele aus dem Wahlprogramm der Grünen und ein Auszug aus den Richtlinien für Studenten der Uni Bielefeld.
Beim Arzt
Deutsch: „zum Arzt gehen“.
Gendernormaldeutsch: „zum Arzt oder zur Ärztin gehen“.
Gender*Deutsch: „zu Ärzt*innen gehen“ oder „zum*zur A*Ärzt*in gehen“.
Genderneutraldeutsch: „zu einer gesundheitsfachkundigen Person mit Approbation gehen“, „eine medizinisch fachkundige Person mit Approbation konsultieren“.
Deutsch: „Fragen Sie Ihren Hausarzt und lassen Sie sich ggf. zu einem Internisten überweisen“.
Gendernormaldeutsch: „Fragen Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin und lassen Sie sich ggf. zu einem Internisten oder einer Internistin überweisen“.
Gender*Deutsch: „Fragen Sie Ihre*n Hausa*ärzt*in und lassen Sie sich ggf. zu ein*em*er Internist*en*in überweisen“.
Genderneutraldeutsch: „Fragen Sie Ihre regelmäßig konsultierte medizinisch fachkundige Person mit Approbation und lassen Sie sich ggf. zu einer auf innere Medizin spezialisierten fachkundigen Person mit Approbation überweisen“. Oder: „Fragen Sie Ihre regelmäßig konsultierte medizinberufausübende Person mit Approbation und lassen Sie sich ggf. zu einer auf innere Medizin spezialisierte medizinberufausübende Person mit Approbation überweisen“.
Deutsch: „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“.
Gendernormaldeutsch: „Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin oder Ihren Apotheker oder Ihre Apothekerin“.
Gender*Deutsch: „Fragen Sie Ihre*n A*Ärzt*in oder Ihre*n Apotheker*in“.
Genderneutraldeutsch: „Fragen Sie Ihre regelmäßig konsultierte medizinisch fachkundige Person mit Approbation oder Ihre regelmäßig konsultierte pharmazeutisch fachkundige Person mit Zulassung“. Oder: „Fragen Sie Ihre regelmäßig konsultierte medizinberufausübende Person mit Approbation oder Ihre regelmäßig konsultierte pharmazieberufausübende Person mit Zulassung“.
Deutsch: „Fragen Sie einen Arzt oder Apotheker“.
Gendernormaldeutsch: „Fragen Sie einen Arzt oder eine Ärztin oder einen Apotheker oder eine Apothekerin“.
Gender*Deutsch: „Fragen Sie eine*n A*Ärzt*in oder eine*n Apotheker*in“.
Genderneutraldeutsch: „Fragen Sie eine medizinisch fachkundige Person mit Approbation oder eine pharmazeutisch fachkundige Person mit Zulassung“. Oder: „Fragen Sie eine medizinberufausübende Person mit Approbation oder eine pharmazieberufausübende Person mit Zulassung“.
Auf Kreuzfahrt
Deutsch: „Achtung! Feuer an Bord. Alle Passagiere bitte sofort aufs Oberdeck“.
Gendernormaldeutsch: „Achtung! Feuer an Bord. Alle Passagierinnen und Passagiere bitte sofort aufs Oberdeck“.
Gender*Deutsch: „Achtung! Feuer an Bord. Alle Passagier*innen bitte sofort aufs Oberdeck“.
Genderneutraldeutsch: “Achtung! Feuer an Bord. Alle Passagenden (neu für Personen, die sich gegen Zahlung eines Fahrpreises an Bord aufhalten) bitte sofort aufs Oberdeck“. Auch: “Achtung! Feuer an Bord. Alle an der Passage Teilnehmenden bitte sofort aufs Oberdeck“. Oder so: „Achtung! Feuer an Bord. Alle sich an Bord Befindlichen – mit Ausnahme der Besatzung – bitte sofort aufs Oberdeck“.
Deutsch: „Ist ein Arzt an Bord?“.
Gendernormaldeutsch: „Ist ein Arzt oder eine Ärztin an Bord?“.
Gender*Deutsch: „Sind Ärzt*innen an Bord?“ oder „ist ein*e A*Ärzt*in an Bord“.
Genderneutraldeutsch: „Ist eine medizinisch fachkundige Person mit Approbation an Bord?“.
Wohnen
Deutsch: „Drei der Wohnungen werden von Eigentümern bewohnt, der Rest von Mietern“.
Gendernormaldeutsch: „Drei der Wohnungen werden von Eigentümerinnen und Eigentümern bewohnt, der Rest von Mieterinnen und Mietern“.
Gender*Deutsch: „Drei der Wohnungen werden von Eigentümer*innen bewohnt, der Rest von Mieter*innen“.
Genderneutraldeutsch: „Drei der Wohnungen werden von Eigentümenden bewohnt, der Rest von Mietenden“. Oder: „Drei der Wohnungen werden von Eigentumbesitzenden bewohnt, der Rest von Mietenden“. Anm: Eigentümende, m/f – (allgem.) Personen, die Eigentum besitzen; (konkret) Personen, die in einem Haus oder einer Wohnung wohnen, das oder die ihr Eigentum ist.
Arbeiten
Deutsch: „Mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrer sind Pendler“.
Gendernormaldeutsch: „Mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer sind Pendlerinnen und Pendler“.
Gender*Deutsch: „Mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrer*innen sind Pendler*innen“.
Genderneutraldeutsch: „Mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrenden sind Pendelnde“ oder „Mehr als die Hälfte der Personen mit der amtlichen Erlaubnis zum Bewegen eines Lastkraftwagens im öffentlichen Straßenverkehr, die das in der Regel auch täglich tun, sind zugleich Leute, die aus diesem Grunde zu ihrer Arbeitsstelle pendeln“.
Vor Gericht
Deutsch: „Danach wurden die Zeugen aufgerufen“.
Gendernormaldeutsch: „Danach wurden die Zeuginnen und Zeugen aufgerufen“.
Gender*Deutsch: „Danach wurden die Zeug*innen aufgerufen“.
Genderneutraldeutsch: „Danach wurden die Zeugenden aufgerufen“ (sic!) oder „Danach wurden die potentiell sachdienliche Hinweise zum Tathergang Gebenden aufgerufen“. Oder: „Danach wurden die Tathergangskundigen aufgerufen“.
Deutsch: „Vor Gericht erging der Richterspruch nacheinander gegen Betrüger, Vergewaltiger, Diebe, Einbrecher, Steinewerfer, Hochstapler, Heiratsschwindler sowie andere Verbrecher“.
Gendernormaldeutsch: „Vor Gericht erging der Richterinnen- und Richterspruch nacheinander gegen Betrügerinnen und Betrüger, Vergewaltigerinnen und Vergewaltiger, Diebinnen und Diebe, Einbrecherinnen und Einbrecher, Steinewerferinnen und Steinewerfer, Hochstaplerinnen und Hochstapler, Heiratsschwindlerinnen und Heiratsschwindler sowie andere Verbrecherinnen und Verbrecher“.
Gender*Deutsch: „Vor Gericht erging der Richter*innenspruch nacheinander gegen Betrüger*innen, Vergewaltiger*innen, Dieb*innen, Einbrecher*innen, Steinewerfer*innen, Hochstapler*innen, Heiratsschwindler*innen sowie andere Verbrecher*innen“.
Genderneutraldeutsch: „Vor Gericht erging der Richtendenspruch nacheinander gegen Betrügende, Vergewaltigende, Diebende (also Diebischseiende, Klauende bzw. geklaut Habende), Einbrechende, Steinewerfende, Hochstapelnde, Heiratsschwindelnde sowie andere Verbrechende (also Verbrecherischseiende, Verbrechenausübende bzw. Verbrechen ausgeübt Habende)“.
Politik
Deutsch: „An der Runde im Kanzleramt nahmen auch die Minister sowie alle Ministerpräsidenten teil“.
Gendernormaldeutsch: „An der Runde im Kanzleramt nahmen auch die Ministerinnen und Minister sowie alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten teil“. Oder so: „An der Runde im Kanzlerinamt nahmen auch die Ministerinnen und Minister sowie alle Ministerinnen- und Ministerpräsidentinnen und die Ministerinnen- und Ministerpräsidenten teil“.
Gender*Deutsch: „An der Runde im Kanzler*inamt nahmen auch die Minister*innen sowie alle Minister*innenpräsident*innen teil“.
Genderneutraldeutsch: „An der Runde in der Bundesregierungskanzlei nahmen auch die Fachdepartementvorstehenden sowie alle Landesregierungsvorstehenden teil“.
Deutsch: „Die Wähler sind gefragt“.
Gendernormaldeutsch: „Die Wählerinnen und Wähler sind gefragt“.
Gender*Deutsch: „Die Wähler*innen sind gefragt“.
Genderneutraldeutsch: „Die Wählenden sind gefragt“.
Deutsch: „Die Baden-Württemberger haben gewählt“.
Gendernormaldeutsch: „Die Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger haben gewählt“.
Gender*Deutsch: „Die Baden-Württemberger*innen haben gewählt“.
Genderneutraldeutsch: „Die Baden-Württemberg Bewohnenden haben gewählt“.
Gesellschaft
Deutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Oberbürgermeister mit Vertretern kleinerer Kommunen, die als Gäste geladen waren“.
Gendernormaldeutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister mit Vertreterinnen und Vertretern kleinerer Kommunen, die als Gästinnen und Gäste geladen waren“
Gendernormaldeutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Oberbürgerinnenmeisterinnen und Oberbürgerinnenmeister mit Vertreterinnen und Vertretern kleinerer Kommunen, die als Gästinnen und Gäste geladen waren“.
Gender*Deutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Oberbürger*innenmeister*innen mit Vertreter*innen kleinerer Kommunen, die als Gäst*innen geladen waren“.
Genderneutraldeutsch: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die Stadtratsvorsitzführenden mit Vertretenden kleinerer Kommunen, die als unverbindlich Besuchende geladen waren“ Oder so: „Auf dem deutschen Städtetag trafen sich die den Stadtratsvorsitzausübenden mit Vertretenden kleinerer Kommunen, die als unverbindlich Besuchende geladen waren“ (weil im Beispiel davor das grundsätzlich problematische Verb „führen“ vorkommt, das sich unschwer mit „Führer“ in Verbindung bringen lässt und damit den an die versammelten Oberbürgermeister gerichteten Nazivorwurf geradezu provoziert).
Deutsch: „An der Diskussion nahmen Studenten, Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Lehrer, Wissenschaftler sowie Politiker teil, aber auch Schüler sowie Vertreter der Elternverbände waren anwesend“.
Gendernormaldeutsch: „An der Diskussion nahmen Studentinnen und Studenten, Ärztinnen und Ärzte, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Steuerberaterinnen und Steuerberater, Lehrerinnen und Lehrer, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Politikerinnen und Politiker teil, aber auch Schülerinnen und Schüler sowie Vertreterinnen und Vertreter der Elternverbände waren anwesend“.
Gender*Deutsch: „An der Diskussion nahmen Student*innen, Ärzt*innen, Rechtsanwält*innen, Steuerberater*innen, Lehrer*innen, Wissenschaftler*innen sowie Politiker*innen teil, aber auch Schüler*innen sowie Vertreter*innen der Elternverbände waren anwesend“.
Genderneutraldeutsch: „An der Diskussion nahmen Studierende, Gesundheitsfachkundige mit Approbation, Rechtsvertretungsberufausübende mit Zulassung, Steuerberatende mit Zulassung, Lehrende, Wissenschaffende sowie Politikbetreibende teil, aber auch Schulbesuchende sowie Vertretende der Elternverbände waren anwesend“.
Verkehr
Deutsch: „Bei Vorfahrtsverstößen mit Blechschäden sind die Unfallverursacher mehrheitlich weiblich“.
Gendernormaldeutsch: „Bei Vorfahrtsverstößen mit Blechschäden sind die Unfallverursacher und Unfallverursacherinnen mehrheitlich weiblich“.
Gender*Deutsch: „Bei Vorfahrtsverstößen mit Blechschäden sind die Unfallverursacher*innen mehrheitlich weiblich“.
Genderneutraldeutsch: „Bei Vorfahrtsverstößen mit Blechschäden sind die Unfallverursachenden mehrheitlich weiblich“.
Deutsch: „47% aller Führerscheininhaber sind weiblich“.
Gendernormaldeutsch: „47% aller Führerscheininhaber und Führerscheininhaberinnen sind weiblich“.
Gender*Deutsch: „47% aller Führerscheininhaber*innen sind weiblich“. Oder so: „47% aller Führer*innenscheininhaber*innen sind weiblich“. Besser: „47% aller Fahrerlaubnisinhaber*innen sind weiblich“.
Genderneutraldeutsch: „47% aller Führendenscheininhabenden sind weiblich“ „47% aller Fahrerlaubnisinhabenden sind weiblich“.
Deutsch: „Bei etwa 60% aller Unfälle mit Beteiligung von Autofahrern und Radfahrern sind die Kfz-Lenker die Verursacher“.
Gendernormaldeutsch: „Bei etwa 60% aller Unfälle mit Beteiligung von Autofahrerinnen und Autofahrern und Radfahrerinnen und Radfahrern sind die Kfz-Lenkerinnen und Kfz-Lenker die Verursacherinnen und Verursacher“.
Gender*Deutsch: „Bei etwa 60% aller Unfälle mit Beteiligung von Autofahrer*innen und Radfahrer*innen sind die Kfz-Lenker*innen die Verursacher*innen“.
Genderneutraldeutsch: „Bei etwa 60% aller Unfälle mit Beteiligung von Autofahrenden und Radfahrenden sind die Kfz-Lenkenden die Verursachenden“.
Sonstiges
Deutsch: „Auf der Wiese haben die Maulwürfe zahlreiche Löcher gegraben. Daher die vielen Maulwurfshügel“.
Gendernormaldeutsch: „Auf der Wiese haben die Maulwürfe und Maulwürfinnen zahlreiche Löcher gegraben. Daher die vielen Maulwurfs- und Maulwürfinnenhügel“.
Gender*Deutsch: „Auf der Wiese haben die Maulwürf*innen zahlreiche Löcher gegraben. Daher die vielen Maulwürf*innenhügel“.
Genderneutraldeutsch: „Auf der Wiese haben die Maulwürfenden zahlreiche Löcher gegraben. Daher die vielen Maulwürfendenhügel“.
Deutsch: „Helfer für den Deichbau gesucht. Jeder, der helfen will, ist willkommen“.
Gendernormaldeutsch: „Helfer und Helferinnen für den Deichbau gesucht. Jede und jeder, die oder der helfen will, ist willkommen“.
Gender*Deutsch: „Helfer*innen für den Deichbau gesucht. Jede*r, die*der helfen will, ist willkommen“.
Genderneutraldeutsch: „Helfende für den Deichbau gesucht. Jede Person, die helfen will, ist willkommen“.
Deutsch: „In der Ferne sah man einen Spaziergänger“.
Gendernormaldeutsch: „In der Ferne sah man einen Spaziergänger oder eine Spaziergängerin“.
Gender*Deutsch: „In der Ferne sah man eine*n Spaziergänger*in“.
Genderneutraldeutsch: „In der Ferne sah man (eine) Spazierengehende“ oder „In der Ferne man sah eine spazierengehende Person unbestimmten biologischen Geschlechts“.
Deutsch: „Ich gehe zum Bäcker“.
Gendernormaldeutsch: „Ich gehe zum Bäcker oder zur Bäckerin“.
Gender*Deutsch: „Ich gehe zum Bäcker oder zum*zur Bäcker*in“.
Genderneutraldeutsch: „Ich gehe zum oder zur Backenden“ oder „Ich gehe zu Backenden unbestimmten biologischen Geschlechts“.
Deutsch: „Die Arbeiter schliefen“.
Gendernormaldeutsch: „Die Arbeiterinnen und Arbeiter schliefen“.
Gendernormaldeutsch: Doch die Sängerinnen und Sänger sangen nicht“.
Gender*Deutsch: „Doch die Sänger*innen sangen nicht“.
Genderneutraldeutsch: „Doch die Singenden sangen nicht“.
Deutsch: „Ober, die Rechnung bitte“.
Gendernormaldeutsch: „Ober / Oberin, die Rechnung bitte“.
Gender*Deutsch: „Herr*Frau Ober*in, die Rechnung bitte“ oder „Ober*in, die Rechnung bitte“.
Genderneutraldeutsch: „Bedienende, die Rechnung bitte“, „Kellnernde, die Rechnung bitte“ oder „Kassierende, die Rechnung bitte“.
Deutsch: „Am Ende gibt es nur noch Verlierer“.
Gendernormaldeutsch: „Am Ende gibt es nur noch Verliererinnen und Verlierer“.
Gender*Deutsch: „Am Ende gibt es nur noch Verlierer*innen“.
Genderneutraldeutsch: „Am Ende gibt es nur noch Verlierende“ oder „Am Ende gibt es nur noch verloren haben Werdende“, „Am Ende gibt es nur noch verloren Seiende“. Die explizite Fassung geht natürlich immer: „Am Ende gibt es nur noch verloren haben Werdende über deren biologisches Geschlecht man nichts Genaues weiß, wobei dies im Allgemeinen ohnehin nicht von Belang ist“.
Eingeladen sind langjährige Partner*innen aus aller Welt.
Hier tauschen sich alle Rektor*innen aus.
Aus dem Wahlprogramm 2021 der Grünen
Das Gendersternchen kommt in der Programmvorlage für den Bundesparteitag der Grünen vom 11. bis 13. Juni 2021 rekordverdächtige 509-mal vor.
Das Wahlprogramm trägt den Titel:
Deutschland. Alles ist drin. Bundestagswahlprogramm 2021.
Im Untertitel heißt es, „Bereit, weil Ihr es seid.“ – Wahlweise ist das eine reichlich veraltete Form der Anrede („Ihrzen“) oder schlichtweg ein dicker Rechtschreibfehler auf der Frontseite. Vielleicht wollte man auch dem Binnen-I in Gestalt eines Linksaußen-I zu einem letzten Auftritt verhelfen.
Die Wirtschaftswissenschaft ist die einzige „Wissenschaft“, in der man sowohl für die Formulierung einer Theorie als auch deren Widerlegung den Nobelpreis bekommen kann. – Das sagt nicht alles, aber schon vieles und ist letzten Endes dann doch noch harmlos: So gibt es z.B. politisch überkorrekte Disziplinen wie die „Genderforschung“ (allein in Deutschland kann man fast 200 Professuren zählen). Dabei handelt es sich um eine Art „säkularer Theologie“ auf der Basis von vorwissenschaftlichen Glaubensgrundsätzen. Verglichen damit ist BWL eine exakte Wissenschaft.
Letzten Endes befindet sich die Wirtschaftswissenschaft in „guter“ Gesellschaft mit anderen (Geistes- und Sozial-) „Wissenschaften“ die sich gerne als solche bezeichnen, die aber zumindest nicht in der gleichen Liga spielen wie die Natur- und Ingenieurswissenschaften und insbesondere die Mathematik (nehmen wir als Platzhalter einfach das Akronym MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Worin liegen die wesentlichen Unterschiede? Ich denke, es gibt drei ganz wichtige Gesichtspunkte.
Methodik.
In den MINT-Disziplinen haben wir einen definierten und allgemein anerkannten sich evolutionär – manchmal auch disruptiv – erweiternden Satz von beweisbaren (im Sinne von funktionierenden und sich nicht widersprechenden) Methoden zur Lösung von Teilproblemen. Die Geistes- und Sozial-Wissenschaften, zu denen ich die Wirtschaftswissenschaften rechne, verfügen zwar ebenfalls über gewisse methodische Ansätze, meist beschränken sich diese aber auf die deskriptiven Aspekte. Sie können nichts oder nur wenig erklären, also Beobachtungen zwingend auf Ursachen zurückführen. Zum Teil auch deswegen, weil es diese einfachen kausalen Beziehungen in vielen Fällen gar nicht gibt.
Objekt (der Betrachtung).
In den MINT-Disziplinen kommt dem untersuchten Gegenstand (axiomatischer Rahmen der Mathematik, digitale Welt, unbelebte und belebte Natur, Technik) gewissermaßen eine objektiv existierende oder gestaltbare Realität zu, die im Grundsatz unabhängig vom Betrachter über einen Satz von beobachtbaren Eigenschaften verfügt (Der Begriff der „objektiv bestehenden Realität“ ist schwierig und angreifbar, sehen wir einstweilen darüber hinweg). Ganz anders bei den Geistes- und Sozial-Wissenschaften. Das Objekt der Untersuchung sind wir selbst. Können wir aus der Innenperspektive heraus objektiv von außen auf uns selbst blicken? Nein! Wir existieren nicht unabhängig von uns selbst, von unserem eigenen Denken. Nach Descartes („Cogito ergo sum“) ist das Denken selbst gewissermaßen die Voraussetzung für unsere Existenz. Wir können über uns selbst reflektieren, wir können dabei aber keine objektiven Wahrheiten zutage fördern. Wir sind vernunftbegabte Wesen, wir verhalten uns aber nicht selten im Widerspruch zur Ratio. Beispiel: Das lange als gültig betrachtete wirtschaftswissenschaftliche Paradigma des rational handelnden Marktteilnehmers ist längst als Schimäre entlarvt.
Resultate.
MINT: Erkenntnisse über die gemäß 2 charakterisierten Gegenstände werden mittels Beobachtung und/oder Experimenten gewonnen und sind in aller Regel beliebig reproduzierbar, deswegen lassen sich im Verein mit Punkt 1 Modelle über die interessierenden Weltausschnitte erstellen, mit deren Hilfe zutreffende Ursache-Wirkungsbeziehungen (Vorhersagen) formuliert werden können. Darin liegt die große Stärke der Naturwissenschaften, der Technik und der Mathematik. – In den Geistes- und Sozial-Wissenschaften gibt es nur selten Reproduzierbarkeit. Modelle über die Realität sind in der Regel nicht verallgemeinerbar und gelten nur für den ganz speziellen Fall, für den sie geschaffen wurden. Im Ergebnis stehen Vorhersagen für zukünftige Ereignisse auf wackligen Beinen. Hinzu kommt die durch Prognosen hervorgerufene mögliche und sogar wahrscheinliche Beeinflussung künftigen Verhaltens. Der Hinweis auf den Aktienmarkt mag als Beleg genügen. Ich denke, man kann ganz allgemein ein paradoxes Prinzip formulieren: Ereignisse und Verhalten, die der Mensch selbst beeinflussen kann, entziehen sich der Vorsehbarkeit. Resümee: Die Geistes- und Sozial-Wissenschaften sind i. A. nicht in der Lage, zutreffende Ursache-Wirkungsbeziehungen abzuleiten und schlüssig darzulegen. Genau das ist ihre große Schwäche.
Vielleicht wird der eine oder andere hier die Messbarkeit als Unterscheidungsmerkmale vermissen. Messbarkeit ist KEIN Kriterium für eine exakte Wissenschaft. Die minimale Voraussetzung für sinnhaftes wissenschaftliches Arbeiten ist Unterscheidbarkeit: Der Gegenstand der Betrachtung muss abgrenzbar sein und er muss sich in irgendeiner Weise in unterscheidbare Teile (in allgemeinster Form also Elemente, Fragmente, Objekte, Subjekte, Ideen, …) gliedern lassen. Ist dies gegeben und können zudem den Teilen Eigenschaften zugewiesenen werden (mathematisch gesehen entspricht dies der Definition einer abstrakten Abbildung \(f\) aus dem Gegenstandsraum \(G\) auf einen Zielraum \(E\), den wir Eigenschaftsraum nennen), so haben wir bereits alle nötigen Zutaten für eine exakte Wissenschaft. Z.B. können dann schon Aussagen der Art „Teil A steht zu Teil B in der Beziehung X“ getroffen werden. Der Grad der erreichbaren Exaktheit ist vor allem eine Funktion des in die Strukturierung gesteckten Aufwandes. Exaktheit heißt ja nicht, dass Ergebnisse auf \(n\) Stellen nach dem Komma angegeben werden können. Ein exaktes wissenschaftliches Ergebnis kann genauso gut in einer wahren aber zahlenlosen Aussage stecken. Ein Beispiel: Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ist konstant.
Messbarkeit ist ein spezifischerer Begriff und hängt ab vom Charakter der o.g. Abbildung \(f\) und der besonderen Struktur des Eigenschaftsraums \(E\). Ist letzterer ein (endlicher oder unendlicher) Zahlenraum, so können wir von Messbarkeit reden. – Das erscheint vielleicht abstrakt, ist aber bereits entschärft. Die abstrakt-mathematische Definition von Messbarkeit ist viel komplexer.
Dazu noch ein Zitat des Aufklärers und Aphoristikers Georg Christoph Lichtenberg: „Ich glaube, dass es, im strengsten Verstand, für den Menschen nur eine einzige Wissenschaft gibt, und diese ist reine Mathematik. Hierzu bedürfen wir nichts weiter als unseren Geist.“ Oder, etwas profaner und gleichzeitig provokativer: „… alles andere ist eine Mischung aus Handwerk und Stochern im Nebel“.
Trotz der o.g. Punkte kann man dennoch konstatieren: Gerade Betriebs- und Volkswirtschaft sind Generalistenstudiengänge par excellence, idealerweise gepaart mit einem technologischen Schwerpunkt (z.B. Informatik). Jura dagegen ist ein eher eindimensionales Studium, in dem das reale Leben praktisch nicht vorkommt und versucht wird, die Welt in ein Schema von Regeln zu pressen. Die Tatsache, dass Juristen nicht selten Karriere in Politik und Wirtschaft machen hat m.E. weniger mit dem Inhalt des Jurastudiums zu tun, als vielmehr mit einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung: Wir glauben, alles müsse geregelt sein und haben es verlernt, Freiräume konstruktiv und konsensual zu gestalten. Im Ergebnis bekommen wir immer mehr Reglementierung und wundern uns, dass wir aus dem Gestrüpp der sich widersprechenden Vorschriften und Regeln ohne rechtskundige Spezialisten, die doch das Dickicht selbst angelegt haben, nicht mehr herausfinden. – Alles klar? (Nein, das ist keine Anmache; das ist der kürzeste Juristenwitz)
Generell darf man nicht erwarten, im Studium einen festen Satz von unabänderlichen methodischen Vorgehensweisen und Modellen zu erlernen, die im späteren Berufsleben dann stur angewendet werden. In meinem Verständnis dient ein Studium vor allem dazu, selbstständiges und kritisches Denken einzuüben. Die erlernten Modelle und Methoden verstehe ich als Exempel. In der Mathematik liegt der Schwerpunkt im Abstrakt-Theoretischen, worin zweifellos große Potentiale im Hinblick auf vielfältige Anwendungsbereiche liegen. Allerdings ist hier der Transferaufwand in aller Regel vergleichsweise hoch. Viel näher an den realen Problemen ist man in den Wirtschaftswissenschaften, fertige Lösungen und Rezepte darf man gleichwohl auch hier nicht erwarten.
Von der hohen gesellschaftspolitischen Warte aus gesehen klingt die Quotenforderung angesichts der steigenden Anzahl hochqualifizierter Frauen zunächst einmal logisch. Und vor allem, sie ist politisch korrekt. Aber sind Forderungen nach einer Quote in Top-Führungspositionen auch zweckdienlich? Sind sie überhaupt gerechtfertigt? Da habe ich meine Zweifel.
Über die vermeintlich offensichtliche Gerechtigkeitsfrage hinaus wird gerne als Zusatzargument für die Sinnhaftigkeit genannt, Frauen hätten ja einen ganz anderen Führungsstil und würden schon deswegen dem Unternehmen gut tun. Das ist insofern ein Kurzschluss, als dass man damit allgemein Frauen zugeschriebene Attribute wie z. B. Empathie und Harmoniebedürfnis vorschnell auf die Gruppe karrierebewusster Frauen überträgt. Sie haben es geschafft, unter Männern und mit den Spielregeln der Männer ihre jeweilige Karrierestufe zu erreichen. Warum? Weil sie sich ihrem Umfeld angepasst haben und sich danach verhalten. Für die Führungskultur sind sie ein bunter Tupfen. Ihr Beitrag für die dringend benötigte Neuausrichtung in der Führungskultur ist ebenso wahrscheinlich positiv oder negativ wie der eines zufällig ausgewählten männlichen Kollegen.
Wenn man die Führungsaufgabe auf einen Kernsatz reduzieren will, geht es darum, mit den Mitarbeitern im konstruktiven und auf Augenhöhe geführten Dialog zusammenzuarbeiten, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und am Ende die Entscheidungen zu treffen. Intelligent, kreativ, fachlich qualifiziert müssen vor allem die Mitarbeiter sein. Die Führungskraft braucht Entscheidungs- und Kommunikationsfähigkeit. Sie muss in der Lage sein, ihre Mitarbeiter zu begeistern und mitzunehmen. Sie muss Hindernisse beseitigen und die Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Arbeiten schaffen. Die alles entscheidende Grundlage dafür ist Vertrauen, nicht Kontrolle. Dafür vor allem trägt sie die Verantwortung – und sie steht dabei zugleich vor und hinter ihren Mitarbeitern.
Wie sieht die Realität aus? Vielfach trifft man auf egomanische Managementstrukturen, Kontrolle statt Vertrauen, Entscheidungskonzentration statt Delegation von Verantwortung und im Ergebnis operatives Heißlaufen mit wenig Effekt und frustrierte Mitarbeiter. Hans-Jürgen Kugler von Kugler Maag Cie fasst das folgendermaßen zusammen: „Die meisten Firmen funktionieren passabel, obwohl es ein Management gibt“. Diese Feststellung so formulieren zu müssen ist frappierend und erschreckend zugleich. Wie kann dies sein nach Jahrzehnten immer raffinierterer Human Resources Methoden und Leadership Forschung. Sind die Personaler nicht in der Lage, die richtigen Personen auszuwählen? Oder dürfen sie es nicht, weil gerade in den höheren Führungspositionen andere und damit vielfach sachfremde Kriterien wichtiger sind? Letzteres dürfte die Wahrheit nicht allzu sehr verfehlen.
Richtig ist daher, dass die Kriterien für die Besetzung von Führungspositionen geändert werden müssen. Falsch ist, dass dies als Geschlechterfrage wahrgenommen und dargestellt wird. Was ändert sich, wenn der Egomane durch die Egomanin ersetzt wird? Richtig, die Anrede.
Letzten Endes sind die Quotenforderungen vom Symptom her gedacht, nicht von der Ursache. Und auch nicht vom vernünftigen Ziel einer neuen Führungskultur.
Drei Anmerkungen zur Quote im Hinblick die Rolle der Qualifikation, der Zielrichtung und der Gerechtigkeitsfrage:
Im Hinblick auf die Karrierechancen wird die Bedeutung der fachlichen Ausbildung und des Könnens überschätzt – bei Frauen UND bei Männern.
Es ist geradezu naiv, zu glauben, dass die wie auch immer definierte Qualifikation entscheidend ist für die Besetzung einer Führungsposition. Das fängt schon damit an, dass objektive Kriterien in den meisten Fällen gar nicht existieren. Karriere macht im Zweifel nicht die Person mit dem besseren Abschluss, nicht die mit dem größeren Können, sondern, in Abhängigkeit von den selbst gesetzten Präferenzen, die mit dem größeren Einsatz (natürlich auch im Netzwerk), dem Durchsetzungsvermögen, dem Willen, und, wenn man so will, dem Ego. Man kann es dabei drehen und wenden wie man will: Wer da ist, die Arbeit sucht, sich einsetzt und die Aufgabe erledigt – meinetwegen kaum besser als mittelmäßig – wird jedenfalls als Macher wahrgenommen. Im Konjunktiv funktioniert das nicht, auch nicht bei besten Potentialen („könnte“ die Arbeit hervorragend erledigen, ist aber nach 16:30 nicht mehr da, kann nicht für drei Wochen auf Dienstreise, …). Das mag man beklagen und für ungerecht halten. Gleichviel, es ist Fakt. Und es ist bei näherem Hinsehen nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick vielleicht erscheint. Die daraus sich ableitende politische Aufgabe ist daher nicht die Quote, sondern die konsequente politische Hilfestellung für die Gestaltung eines familienkompatiblen Umfelds (Kita, Kindergarten, Schule, Ganztagsbetreuung, …).
Top down vs. Bottom up: Wieso eigentlich redet man immerzu über die Besetzung von Führungspositionen im Top-Management?
Das ist etwa so, als würde man beim Hausbau mit dem Dachstuhl beginnen. Fangen wir doch da an, wo alles beginnt: Auf dem Boden (der Tatsachen)! Dort, wo die Fülle der Arbeiten tatsächlich anfällt und Führung unmittelbar erlebt wird und Wirkung zeigt. Zunächst einmal reden wir hier also vom unteren und mittleren Management. Wenn man für karrierebewusste Frauen im Beruf wirklich etwas tun will, dann muss man auf dieser Ebene beginnen. Nur dort kann man in der Breite wirklich einen merklichen Effekt erzielen und wird mittel- bis langfristig zu einer stärkeren Durchdringung kommen – auch im Top-Management. Die Frauenquote im Aufsichtsrat oder im Vorstand ist doch eigentlich nur ideologische Augenwischerei. Ohne Substanz! Symbolpolitik für eine kleine und ohnehin privilegierte Minderheit.
Männer und Frauen sind gleichberechtigt, haben gleiche Rechte und Pflichten, sind gleichgestellt.
Geschlechtsspezifische Unterschiede spielen keine Rolle, sofern sie für die Erledigung der Aufgabe keine Bedeutung haben. Das ist Realität! Weitgehend auch im Berufsleben. Gleichstellung bedeutet doch aber nicht, dass gleiche Chancen auch im gleichen Verhältnis realisiert werden. Gleichstellung ist ein Versprechen auf gleiche Chancen, nicht die Vorgabe gleicher Biografien. Und auch keine Garantie auf Karriere. Jedenfalls nicht bei Männern. Warum sollte es bei Frauen anders sein? – Die Quote will offensichtlich die Gleichstellung im Ergebnis. Das ist etwa so, als würde man im Spielcasino die Gewinne am Tisch gleichmäßig verteilen, mit der Begründung, es herrsche ja auch Chancengleichheit (jeder Vergleich hinkt, auch dieser). Das ist absurd!
Deswegen ist die Quote als Lösungsansatz ähnlich sinnhaft, wie das Kaltbad für den fiebernden Patienten: Die Temperatur sinkt, der Patient wird aber nicht gesund. – Gehen wir doch an die Ursachen: die Führungskultur. Dann bekommen wir am Ende mehr von dem, was uns alle zusammen voran bringt: Männer und Frauen, die führen können. Frauen und Männer, die Führung nicht als Selbstdarstellung verstehen, sondern als Dienstleistung an ihren Mitarbeitern und damit in bestem Sinne auch für das Unternehmen.
Wenn man über die Symbolpolitik hinaus tatsächlich mehr erreichen will, dann muss man die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpacken, insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eine Aufgabe gleichermaßen für den Staat und die Wirtschaft – doch ohne Zweifel: Die Quote ist bequemer und billiger und damit lassen sich ideologische Feindbilder trefflich zementieren.