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Wärmepumpe: Prinzip, Funktionsweise und Grenzen

Teil 2 der Reihe „Energiewende und Wärmepumpe“

Zusammenfassung

Die grundsätzliche Wirkungsweise von Wärmepumpen wird erläutert. Dazu wird der COP-Wert als der wichtigste Effizienzfaktor von Wärmepumpen eingeführt und es werden die theoretisch möglichen und die in der Praxis erreichbaren Effizienzwerte abgeleitet und mit aktuellen Studien verglichen.

Heizen mit Wärmepumpe –  der Carnot-Prozess

Das Prinzip der Wärmekraftmaschine ist bekannt: Die in einem Trägermedium mit hoher Temperatur enthaltene thermische Energie wird aufgenommen und zum Teil in Bewegung (mechanische Energie) umgewandelt. Dabei kühlt sich das Medium ab. Die verbleibende Restwärme wird an die Umwelt abgegeben. Ausgeführt als Kreislaufprozess kann so kontinuierlich aus Wärme Bewegung erzeugt werden. Diesem Vorgang liegt der Carnot-Prozess zugrunde. In einer Wärmepumpe wird dieses physikalische Prinzip umgekehrt: Die eingesetzte mechanische Energie wird dazu verwendet, Wärmeenergie aus der Umgebung an ein Trägermedium zu übertragen. Die aufgenommene thermische Energie wird anschließend zielgerichtet abgeleitet (also z.B. für die Erwärmung von Wasser benutzt), dabei kühlt sich das Trägermedium wieder ab. Danach kann der Prozess unter erneutem Einsatz von mechanischer Energie wiederholt werden. Es ist auch hier ein Kreislaufprozess.

© Hieronymus Fischer

Abbildung 2-1: Prinzip der Wärmepumpe als Umkehrung der Wärmekraftmaschine (Carnot-Kreisprozess)

Abhängig vom dafür eingesetzten Trägermedium ist es mit der Wärmepumpe im Grundsatz möglich, bei nahezu jeder Temperatur der Umwelt thermische Energie zu entziehen und diese zur Aufheizung zu verwenden. Dazu muss man sich vergegenwärtigen, dass z.B. auch Außenluft mit einer Temperatur von unter Null Grad Celsius noch Wärmeenergie enthält. Der Bezugspunkt dafür ist der absolute Nullpunkt von -273 °C = Null Grad Kelvin. Bei 250 Grad Kelvin (= -23 °C) enthält ein Stoff erheblich mehr thermische Energie als bei 200 °K (= -73 °C). Wenn ihm diese entzogen wird, so kann sie prinzipiell an anderer Stelle zum Aufheizen verwendet werden. Erst beim absoluten Nullpunkt ist die thermische Energie null.

Es ist daher auch ohne Weiteres durchführbar, der kalten Außenluft, die z.B. im Winter deutlich unter 0 ° Celsius liegen kann, Wärmeenergie zu entziehen und diese als Heizquelle zu verwenden.

Grundsätzliches zur Effizienz von Wärmepumpen

Die Effizienz der Wärmeerzeugung hängt ab vom verwendeten Trägermedium (typischerweise ein Gas mit einer niedrigen Verdampfungstemperatur, z.B. Propan), der Umwelttemperatur und der Zieltemperatur der Heizwärme. Je höher die Temperatur der Umwelt und je niedriger die gewünschte Heiztemperatur, desto größer der Effizienzfaktor der Wärmepumpe, meist Coefficient of Performance (COP) genannt. Theoretisch sind COP-Werte von bis zu 10 möglich. Aufgrund von unvermeidlichen Verlusten werden in der Praxis Werte von etwa 2 (niedrige Außentemperatur, hohe Heiztemperatur, z.B. bei der Brauchwassererwärmung) bis 5 (hohe Außentemperatur, niedrige Heiztemperatur, z.B. Fußbodenheizung) erreicht.

Grundsätzlich kann der Effizienzfaktor (COP) im zugrundeliegenden Carnot-Prozess wie folgt bestimmt werden:

\begin{equation} COP = \frac{T_{H}} {T_{H} – T_{U}} \end{equation}

Dabei ist z.B. \(T_H\) die Temperatur im Heizkreis (Vorlauftemperatur) und \(T_U\) die Umwelttemperatur. Man sieht hier unmittelbar: Je kleiner die Temperaturdifferenz zwischen Heizkreis und Umwelt, desto größer der Effizienzfaktor. Die Temperaturen sind hierbei in Kelvin anzugeben.

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Abbildung 2-2: Prinzip der Wärmepumpe: Aus Umweltwärme wird unter Einsatz von mechanischer Arbeit (elektrische Antriebsenergie) Heizwärme. Die Effizienz der Wärmeerzeugung hängt ab vom verwendeten Trägermedium (typischerweise ein Gas mit einer niedrigen Verdampfungstemperatur, z.B. Propan), der Umwelttemperatur und der Zieltemperatur der Heizwärme. Je höher die Temperatur der Umwelt und je niedriger die gewünschte Heiztemperatur, desto größer der Effizienzfaktor COP.

Haben Wärmepumpen einen Wirkungsgrad von mehr als 100 %?

Da man aus dem Einsatz von 1 kWh Strom teilweise 3 oder 4 kWh Wärmeenergie erhält, scheint der Wirkungsgrad der Wärmepumpe größer als 1 zu sein, sogar deutlich größer als 1. Manchmal liest man daher, der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe liege bei 300 oder 400 Prozent. Das ist Unsinn. Rein physikalisch ist auch der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe, wie der eines jeden technisch-physikalischen Systems, auf jeden Fall kleiner als 1 (also <100 %), weil in die Energiebilanz auch die der Umwelt entnommene Wärmeenergie einbezogen werden muss. Der COP-Wert darf nicht mit dem Wirkungsgrad verwechselt werden. Er beschreibt lediglich das Verhältnis zwischen der erhaltenen Heizwärme und der investierten elektrischen Energie.

Realistische COP-Faktoren

Mit der oben angegebenen Formel wird indes nur eine theoretische Effizienz bestimmt. In der Praxis gibt es eine Reihe von Verlusten, so dass der tatsächliche COP-Faktor sogar unter Laborbedingungen den Wert

\begin{equation} COP = \eta \cdot \frac{T_{H}}{T_{H} – T_{U}} \end{equation}

in der Regel nicht übersteigt, wobei \(\eta \approx 0.35 \dots 0.5 \).

Wenn man die Temperaturen in Celsius angibt, lautet die Formel wie folgt:

\begin{equation} COP = \eta \cdot \frac{273 + T_{H}}{T_{H} – T_{U}} \end{equation}

Unter günstigen Bedingungen, also bei vergleichsweise hohen Umwelttemperaturen und niedrigen Vorlauftemperaturen im Heizkreis, werden COP-Werte über 4 erzielt. Um vier Kilowattstunden Heizwärme zu erzeugen, muss dann nur eine Kilowattstunde elektrische Energie eingesetzt werden. Anders sieht es aus, wenn die Umwelttemperaturen niedrig (unter null Grad Celsius) und die erforderlichen Heizkreis-Vorlauftemperaturen hoch sind. Letzteres ist dann der Fall, wenn mit klassischen Radiatoren geheizt wird und der Wärmebedarf (z.B. bei vielen Gebäuden im Bestand) eher höher anzusetzen ist. Dann muss man mit COP-Werten zwischen 2 und 3 rechnen.

In Abb. 2-3 ist der prinzipielle Zusammenhang zwischen Außentemperatur und COP-Wert dargestellt.

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Abbildung 2-3: Theoretisch möglicher und praktisch erzielbarer Effizienzfaktor COP in Abhängigkeit von der Umwelttemperatur. Dabei wurde eine Heizkreisvorlauftemperatur von 40 °C bei 0 °C und 45 °C bei -10 °C Außentemperatur zugrunde gelegt. Der blau verschwommene Bereich um die durchgezogene Kurve soll die Schwankungsbreite der real erzielbaren COP-Werte symbolisieren.

Der Einfluss der Heizkreistemperatur

Neben der Außentemperatur hat insbesondere auch die Zieltemperatur – im Falle der Heizung also die Vorlauftemperatur – einen maßgeblichen Einfluss auf die resultierenden COP-Werte. In Abb. 2-4 wird das exemplarisch für drei unterschiedliche Vorlauftemperaturen aufgezeigt.

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Abbildung 2-4: Praktisch erzielbare Effizienzfaktoren COP in Abhängigkeit von der Umwelttemperatur und unterschiedlichen konstanten Vorlauftemperaturen im Heizkreis. Der farblich verschwommenen Bereiche um die durchgezogenen Kurven sollen die Schwankungsbreite der real erzielbaren COP-Werte symbolisieren. Man erkennt dennoch unschwer, dass eine Vorlauftemperatur von 65 °C höchst ineffizient ist. Dabei tritt dieser Fall bei der Warmwasseraufbereitung durchaus auf. Aber auch eine Vorlauftemperatur von 50 °C ist bei den üblicherweise zu erwartenden Wintertemperaturen von unter 0 °C kaum wirklich günstig zu nennen, da der resultierende COP-Faktor unter 3 fällt.

Effizienz von Wärmepumpen in der Praxis

Nachfolgend werden die typischerweise erreichten COP-Werte für die drei diskutierten Vorlauftemperaturen übersichtlich in einem Säulendiagramm dargestellt. Im konkreten Falle können die tatsächlichen COP-Werte davon abweichen. Das hängt von der jeweiligen Wärmepumpe und vom Aufstellungsort ab. Als Orientierung können die Werte dennoch dienen.

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Abbildung 2-5: Praktisch erzielbare Effizienzfaktoren in Abhängigkeit von der Umwelttemperatur und unterschiedlichen konstanten Vorlauftemperaturen im Heizkreis. Man erkennt unschwer, dass die hohe Vorlauftemperatur T_V von 65 °C ein Effizienzkiller ist. Aber auch bei einer Heizkreistemperatur von 50 °C und Außentemperaturen von unter 0 °C erreicht man bei niedrigen Außentemperaturen kaum COP-Werte über 3. Auf der anderen Seite erweist sich die niedrige Vorlauftemperatur von T_V = 35 °C, wie man sie in Verbindung mit einer Fußbodenheizung regelmäßig antrifft, noch bis hinunter zu einstelligen Minustemperaturen als sehr effizient.

Vergleich mit Ergebnissen aus Studien

Dazu sei an dieser Stelle auf die aktuelle Studienlage zu den in der Praxis erzielbaren Effizienzfaktoren von Luft-Wasser-Wärmepumpen hingewiesen. Vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) nennt eine Studie aus 2017 COP-Werte von 1,9 – 3,3 mit einem Mittelwert von 2,6 (s. Zukunft Bau: Effizienz von Wärmepumpen). Davon nicht gänzlich verschieden berichtet eine Studie von Agora Energiewende 2022 (s. A-EW_273_Waermepumpen_WEB.pdf (agora-energiewende.de) Werte von 2,5 – 3,8 mit einem Mittelwert von 3,1. Durchgeführt wurde diese Studie von Fraunhofer ISE und dem Öko-Institut e.V. In älteren Studien (s. WP-Bericht-2006-07 (pro-dx.de)) wurden eher geringere Werte gemessen, z.B. COP 2,1 – 3,3 mit einem Mittelwert von 2,8 beim Betrieb mit Fußbodenheizung (also niedriger Vorlauftemperatur) und 1,4 – 2,8 mit einem Mittelwert von 2,3 beim Betrieb mit Radiatoren, also klassischen Heizkörpern (und damit höherer Vorlauftemperatur).

Anmerkung: Da diese Studien vornehmlich eher von Lobbyverbänden und ihnen nahestehenden Instituten durchgeführt wurden, stehen die Ergebnisse nach Ansicht des Autors nicht im Verdacht einer ausgesprochen negativen Berichterstattung. Jedenfalls darf bzw. muss man wohl davon ausgehen, dass die tatsächlichen COP-Faktoren in Bestandsgebäuden im Mittel kaum über den in den Studien genannten Werten liegen werden.

Diskussion zu den COP-Faktoren

Wie man Abb. 2-5 entnehmen kann, ist die Wärmepumpe bei hohen Außentemperaturen sehr effizient. Mit einem geringen Einsatz an elektrischer Energie erzielt man hohe Wärmeleistungen. Aber natürlich benötigt man eine Heizung vor allem dann, wenn es kalt ist. Sofern der Heizkreis auf niedrige Vorlauftemperaturen ausgelegt ist (z.B. Fußbodenheizung), sind für das Heizen mit Wärmepumpe auch Frosttage mit Temperaturen bis  -10 °C und darunter kein ernsthaftes Problem. Anders sieht es aus bei hohen Vorlauftemperaturen, wie das bei Gebäuden im Bestand und klassischen Radiator-Heizungen zu erwarten ist. Bei Temperaturen unter -10 °C und Vorlauftemperaturen von 50 °C und mehr sinkt die Wärmepumpen-Effizienz schnell unter die klimapolitisch sinnvolle Schwelle von COP = 3, entsprechend steigen die Betriebskosten. Glücklicherweise sind solche niedrigen Temperaturen nur selten zu erwarten (in Deutschland regional unterschiedlich mit etwa 1 %  Wahrscheinlichkeit [2 – 5 Tage pro Jahr]).

Bei der Bewertung der Effizienzfaktoren aus Abb. 2-5 muss man noch berücksichtigen, dass der größte Wärmebedarf eben bei niedrigen Außentemperaturen anfällt, so dass bei der gewichteten Mittelwertbildung übers Jahr gerade die niedrigeren COP-Werte das Gesamtergebnis stark beeinflussen. Die bei den hohen Außentemperaturen sehr günstigen COP-Faktoren von 3,5, 4,5 oder 6 klingen gut, sind in der Gesamtbetrachtung aber eher von nachrangiger Bedeutung, weil bei höheren Temperaturen von 10 °C und mehr nur ein geringer Teil der erforderlichen Jahresheizwärme erzeugt werden muss. Allenfalls kann die ganzjährig nötige Warmwasseraufbereitung davon profitieren.

Wie steht’s mit der Wirtschaftlichkeit?

Verglichen mit einer reinen Elektroheizung ist gewiss jeder COP-Wert über 1 von Vorteil. Aber: Die absehbaren Betriebskosten liegen dann schnell in Bereichen über den Kosten für die klassischen fossilen Energieträger Öl, Gas und Holz (Pellets) – und dies bei nicht unerheblichen Investitionen für die Installation der Wärmepumpe. Dieser Themenkreis wird im Hinblick auf Erdgas als Energieträger  in den Teilen 4 und 5 näher beleuchtet.

Bereits an dieser Stelle kann man aber Folgendes vorwegnehmen: Bei energetisch nicht sanierten Bestandsgebäuden mit klassischen Radiator-Heizungen und hohen Vorlauftemperaturen ist der Einsatz einer Wärmepumpe im Allgemeinen unwirtschaftlich, weil die Betriebskosten absehbar höher liegen als bei den alternativen Heizsystemen. Mittels einer durchgreifenden energetischen Sanierung kann man die Effizienz steigern und damit die Heizkosten deutlich senken, allerdings können die dafür erforderlichen hohe Zusatzinvestitionen leicht einige 10.000 € ausmachen und teilweise gar sechsstellig werden. Und wenn dabei die Strompreise im Vergleich zum heutigen Niveau nicht erheblich nachgeben, dann ist es fraglich, ob sich die Investitionen überhaupt je amortisieren werden. Mehr dazu in Teil 4.

Ausblick auf Teil 3

Wir betrachten die zu erwartenden CO2-Emissionen von Luft-Wasser-Wärmepumpen im Bestand anhand einer Modellrechnung auf Basis realer Verbrauchwerte mit und ohne Photovoltaik. Es wird die Frage beantwortet: Was bringt das Heizen mit Wärmepumpe gegenüber dem Heizen mit Gas an CO2-Einsparung? Neben der grundsätzlichen Analyse wird eine bespielhafte Modellrechnung für ein Bestandsgebäude (Baujahr 2000) durchgeführt.

Link: CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude


Alle Beiträge der Reihe:

Energiewende und Wärmepumpe

1. Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission

2. Wärmepumpe. Prinzip, Funktionsweise und Grenzen

3. CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude

4. Gasheizung oder Wärmepumpe? Exemplarische Wirtschaftlichkeitsrechnung

5. Grundsätzliche Analyse zur Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen

6. Wärmepumpen für Deutschland – Klimapolitisch sinnvoll oder Fehlinvestition?

Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission

Teil 1 der Reihe „Energiewende und Wärmepumpe“

Der deutsche Strommix

Die Belastung der Stromproduktion mit CO2-Emissionen ist in Deutschland relativ hoch, weil noch ein erheblicher Teil der Stromerzeugung mittels fossiler Energieträger erfolgt. Es wird erläutert, wie der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro kWh im Strommix zustande kommt. Ferner werden die Chancen und Risiken bezüglich des Ausbaus der Erneuerbaren – insbesondere von Windkraft und Solarstrom – diskutiert. Im Hinblick auf die Sicherstellung der Stromversorgung fragen wir exemplarisch nach der nötigen Speicherkapazität in Zeiten geringer Wind- und Solarstromerträge. Dabei beleuchten wir auch die mögliche Rolle von Elektroautos.

Stromproduktion nach Energieträgern

Betrachten wir zunächst einmal den deutschen Strommix.

© Hieronymus Fischer

Abbildung 1-1: Stromverbrauch nach Energieträgern 2021

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Abbildung 1-2: Stromverbrauch nach Energieträgern 2022

Man kann den vorstehenden Abbildungen unschwer entnehmen, dass Kohle, Erdgas und Kernenergie mit über 50 % Anteil das Rückgrat der deutschen Stromproduktion bilden. Zwar liefern PV-Anlagen und Windkraft zusammen auch mehr als ein Drittel (35 % entsprechend 177 TWh), doch ist dieser Anteil aus den bekannten Gründen nur schwer planbar. Immerhin steigt die effektive Solar- und Windstromproduktion von Jahr zu Jahr. Noch 2010 waren es zusammen nur 50 TWh. Heute sind es also dreieinhalb Mal soviel.

Trotz des in 2022 um mehr als 10 TWh höheren Windstromertrags und der zugleich um 9 TWh größeren Ausbeute beim Solarstrom, stieg im Vergleich zu 2021 dennoch die Kohleverstromung um 13 TWh. Dabei war der Gesamtverbrauch sogar um etwa 10 TWh gesunken. Der Grund für das Plus bei der Kohle liegt in der Abschaltung von 3 Kern­kraft­werken im Dezember 2021 und der daraus folgenden um 33 TWh geringeren Produktion von Atomstrom.

Aufgrund des hohen Anteil an Kohle ist zu erwarten, dass der CO2-Ausstoß nicht gerade klein ausfällt. Das beleuchten wir im folgenden Abschnitt.

CO2-Emissionen im deutschen Strommix

© Hieronymus Fischer

Abbildung 1-3: CO2-Emissionen des Stromverbrauchs nach Energieträgern 2021

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Abbildung 1-4: CO2-Emissionen des Stromverbrauchs nach Energieträgern 2022

Wie man sieht, kommen die CO2-Emissionen überwiegend (75 %) aus der Kohleverstromung. Erdgas trägt nur knapp 14 % dazu bei. Die anderen Anteile kann man auf den ersten Blick demgegenüber vernachlässigen. Es ist dennoch aufschlussreich, genauer zu beleuchten, wie die diversen Energieträger (wobei wir auch die Erneuerbaren der Einfachheit halber als solche bezeichnen wollen) zu den Emissionen beitragen.

Beim Vergleich der beiden Jahre fällt auf, dass die Emissionen aus der Kohle in 2022 gegenüber 2021 um 12,4 Mio. t höher ausgefallen sind. Dies ist auf die bereits oben erwähnte höhere Kohleverstromung aufgrund der gezielten AKW-Abschaltung Ende 2021 zurückzuführen.

Verlauf der CO2-Emissionen im Verlauf der letzten 30 Jahre

Abbildung 1-5: Verlauf der CO2-Emission im deutschen Strommix (1990 – 2021). Die CO2-Emissionen gehen seit 1990 mit gelegentlichen Seitwärtsbewegungen zurück. Die Delle in 2020 ist eine Folge der Corona-Pandemie. In 2022 sind die Emissionen aufgrund der Abschaltung von 3 Atomkraftwerken und der Ersatzverstromung von Kohle gegenüber 2021 abermals gestiegen. Quelle: Umweltbundesamt (März 2022).

Spezifische CO2-Emissionen der Energieträger

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Abbildung 1-6: Spezifische CO2-Emissionen verschiedener Energieträger bei der Stromproduktion und durchschnittliche Emissionen im Strommix (2022). Quelle: Umweltbundesamt (Strommix Deutschland); eigene Berechnung (Strommix Deutschland im Heizlastprofil).

Neben den spezifischen CO2-Emissionen pro kWh sind im Diagramm auch zwei Mittelwerte für die CO2-Belastung von 420 und 480 g pro kWh im Strommix angegeben. Der erste Wert ergibt sich, wenn man die Gesamtemissionen an CO2 (s. Abb. 1-3 und 1-4) durch den Wert für die Gesamtstromproduktion (s. Abb. 1-1 und 1-2) teilt. Beim zweiten Wert ist es etwas schwieriger. Hier wird auch der zeitliche Verlauf der Stromproduktion und der Anteil der Energieträger mit berücksichtigt und daraus das gewichtete Mittel nach Maßgabe eines vorgegebenen Lastprofils gebildet. Da Heizstrom vor allem in der kalten Jahreszeit benötigt wird, dabei aber kaum Solarstrom und oft auch nur wenig Windstrom produziert wird (und folglich der Anteil der konventionellen Energieträger, also vornehmlich Kohle, steigt), ergibt sich im Heizlastprofil ein etwas höherer Durchschnittswert für die CO2-Emissionen pro kWh.

CO2-Emissionen im Jahresverlauf der Stromproduktion

Der Beitrag der Erneuerbaren zum Strommix ist bekanntermaßen variabel. Im Sommer ist der Anteil der Photovoltaik hoch, im Winter gibt es dagegen kaum Solarstrom. Beim Wind ist es ähnlich: Es gibt Zeiten mit einer sehr hohen Produktion von Windstrom, zu anderen Zeiten ist der Beitrag aber nur sehr gering. Das hat unmittelbar Einfluss auf die entsprechenden CO2-Emissionen. In den beiden folgenden Grafiken ist das exemplarisch für den Jahresverlauf 2021 und 2022 dargestellt.

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Abbildung 1-7: Stromproduktion und Stromverbrauch im Jahresverlauf 2021. Zur Farbcodierung: Solarstrom ist gelb, Windstrom ist blau, konventionelle Energieträger sind in dunkelgrauer Farbe dargestellt. Der violette Kurvenverlauf (ohne Füllung) zeigt die CO2-Emissionen in Gramm pro kWh. Einige Maxima (rot) und Minima (weiß) sind exemplarisch hervorgehoben und mit den entsprechenden Zahlenwerten versehen. Im Durchschnitt stellt sich ein Wert von 390 g pro kWh ein. Quelle und Rohdaten: Agora Energiewende, Stand 29.03.2023.

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Abbildung 1-8: Stromproduktion und Stromverbrauch im Jahresverlauf 2022. Zur Farbcodierung: Solarstrom ist gelb, Windstrom ist blau, konventionelle Energieträger sind in dunkelgrauer Farbe dargestellt. Der violette Kurvenverlauf (ohne Füllung) zeigt die CO2-Emissionen in Gramm pro kWh. Einige Maxima (rot) und Minima (weiß) sind exemplarisch hervorgehoben und mit den entsprechenden Zahlenwerten versehen. Im Durchschnitt stellt sich der bereits oben genannte Wert von 420 g pro kWh ein. Quelle und Rohdaten: Agora Energiewende, Stand 29.03.2023.

Können Wind- und Solarstrom die Energieversorgung sicherstellen?

Wie wir gesehen haben, werden über Wind und Sonne maximal etwa 30 – 40 Prozent der benötigten Strommenge abgedeckt. Auf den ersten Blick könnte man daher vermuten, dass ein Ausbau dieser beiden Erneuerbaren um den Faktor zwei bis drei alle unsere Energieprobleme lösen würden. Tatsächlich kann man solche Aussagen im Netz finden und auch nicht wenige Politiker sind dieser Auffassung.

So wurde im Koalitionsvertrag der Ampel festgelegt, dass die Erneuerbaren bis 2030 auf eine Produktionskapazität von 80 % des Jahresstrombedarfs ausgebaut werden sollen. Dabei wurde auch gesagt, man sei damit sehr nahe an der Vollversorgung mit Erneuerbaren. Das ist natürlich Unsinn. Auch ein Ausbau auf 150 % oder gar 200 % würde keineswegs ohne Weiteres zu einer echten Autarkie führen. Das liegt daran, weil die summarische Betrachtung – also die Energiebilanz übers ganze Jahr – keine Aussage darüber macht, ob zu allen Zeiten Stromproduktion und Stromverbrauch im Gleichgewicht waren. Genau das ist aber – abgesehen von Speichermöglichkeiten – jederzeit nötig.

Zeitweise Defizite in der Wind- und Solarstromproduktion

Wenn im Oktober aufgrund von viel Wind und Sonne 15 Milliarden Kilowattstunden (= 15 TWh) mehr Wind- und Solarstrom produziert werden als benötigt, dann hilft das eben im November, ohne Sonne und ohne Wind und einer daraus resultierenden Deckungslücke von 10 TWh, nicht weiter. Letztlich muss in diesem Fall die unabweisbare Stromlücke konventionell geschlossen werden. In der Bilanzierung für Oktober und November würde dennoch ein Plus von 5 Milliarden Kilowattstunden (= 5 TWh) ausgewiesen werden, was beim nicht sachkundigen Beobachter leicht den Eindruck erwecken könnte, Windkraft und Solarstrom seien ausreichend vorhanden gewesen. Das ist ein Trugschluss, dem nichtsdestotrotz immer noch viele aufsitzen. Tatsächlich fehlten eben 10 TWh, und das war auch die Strom-Versorgungslücke.

Grobanalyse zu Windflauten 2021

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Abbildung 1-9: Stromproduktion und Stromverbrauch im Jahresverlauf 2021 mit exemplarisch markierten Wind- und Solarstromdefiziten. Zur Farbcodierung: Solarstrom ist gelb, Windstrom ist blau, konventionelle Energieträger sind in dunkelgrauer Farbe dargestellt. Die größten Wind- und Solarstromlücken sind mit weißen Pfeilen gekennzeichnet. Dazu ist jeweils die Größe der Lücke angegeben. Vornehmlich im Spätherbst und Winter können die Defizite 40 bis 60 GW betragen. Zu diesen Zeiten werden teilweise nur 10 GW Leistung oder etwa 15 % des Bedarfs über Erneuerbare beigesteuert. Auch im Sommer treten mitunter große Produktionslücken mit bis zu 45 GW auf. Quelle und Rohdaten: Agora Energiewende, Stand 29.03.2023.

Grobanalyse zu Windflauten 2022

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Abbildung 1-10: Stromproduktion und Stromverbrauch im Jahresverlauf 2022 mit exemplarisch markierten Wind- und Solarstromdefiziten. Zur Farbcodierung: Solarstrom ist gelb, Windstrom ist blau, konventionelle Energieträger sind in dunkelgrauer Farbe dargestellt. Die größten Wind- und Solarstromlücken sind mit weißen Pfeilen gekennzeichnet. Dazu ist jeweils die Größe der Lücke angegeben. Vornehmlich im Spätherbst und Winter können die Defizite 40 bis 60 GW betragen. Aber sogar im Sommer sind Leistungsfehlbeträge von 30 – 40 GW trotz hoher solarer Anteile keine Seltenheit (dabei war 2022 bezüglich der Solarstromerzeugung ein besonders gutes Jahr). Im Spätherbst und Winter werden teilweise nur 10 GW Leistung oder etwa 15 % des Bedarfs über Erneuerbare gedeckt. Quelle und Rohdaten: Agora Energiewende, Stand 29.03.2023.

Wie gravierend sind denn die potentiellen Stromlücken?

Zur richtigen Einordnung der angegebenen Stromlücken ist Folgendes zu sagen: Für eine Leistung von 10 GW benötigt man mindestens 2.000 Windräder der 5-Megawatt-Klasse (also Groß-Windkraftanlagen). Das gilt aber nur dann, wenn der Wind tatsächlich mit der Nennwindgeschwindigkeit bläst (meist 10 m/s). Bezogen auf die mittlere Leistungsabgabe benötigt man ein Vielfaches davon, nämlich etwa 9.000 solche Groß-Windräder (an Land), da der Effizienzfaktor (manchmal auch Leistungsausbeute oder Leistungsfaktor genannt) im Mittel nur bei etwa 22 % liegt. Im Falle der vorliegenden Lücken würde begreiflicherweise auch das wenig nützen, weil die geringen Erträge ja gerade aufgrund des sehr schwachen Windes entstehen.

Die Eingangsfrage, ob Wind- und Solarstrom die Energieversorgung sicherstellen können, kann man vorläufig so beantworten: Im Prinzip ja, aber nur dann, wenn das Wetter mitspielt.

Ein Extrembeispiel zum Windkraftdefizit

Um die Problematik an einem konkreten Beispiel festzumachen, betrachten wir den zweiten vertikalen Pfeil von rechts in Abb. 1-10. Die tatsächliche Windstromleistung (Onshore und Offshore) liegt in diesem Falle bei etwa 4 GW, der Leistungsbedarf ist aber 68 GW. Abzüglich anderer erneuerbarer Anteile entsteht so eine Lücke von 54 – 60 GW. Wollte man sie allein mit Windstrom schließen, so bräuchte man dafür offensichtlich mindestens die 13-fache Windstromkapazität (54/4 =13,5). Anstelle der heute (Ende 2022) installierten Windkraftleistung von ca. 65 GW müssten wir also über mehr als 800 GW verfügen.

Das wären 160.000 Windräder der 5-Megawatt-Klasse. Nur nebenbei bemerkt: Den Platzbedarf dafür können wir bei einem Abstand von 500 m (also 4 Windräder pro Quadratkilometer) auf 40.000 Quadratkilometer taxieren. Stellt man sie deutlich enger zusammen, sagen wir in einem Abstand von 333 m (also 9 Windräder pro Quadratkilometer; allerdings wird das die Leistungsabgabe substanziell beeinträchtigen), dann reichen 18.000 Quadratkilometer, was am Ende auf ca. 5 % der Landesfläche Deutschlands hinauslaufen würde: Das entspricht etwa der Größe von Sachsen oder den aufsummierten Flächen von Bremen, Hamburg, Berlin und Schleswig-Holstein zusammen. Im Mittel ist diese Vergleichsfläche in Deutschland von über 4 Millionen Menschen bewohnt.

Ist Solarstrom die Rettung?

Nach dem vorstehenden Rechenexempel sollte klar geworden sein, dass man fehlenden Windstrom nicht ohne Weiteres durch den beliebigen Ausbau der Windkraft kompensieren kann.

Die völlig analoge Aussage gilt selbstredend für Solarstrom. Diesbezüglich ist das natürlich unmittelbar einleuchtend, weil jeder weiß, dass nachts die Sonne nicht scheint und sich die Sonne im Herbst und Winter oft auch tagsüber rar macht. Hinsichtlich der Solarerträge können wir uns daher das Rechenbeispiel fast schenken. Nur so viel: In diesem Falle sind die Verhältnisse noch viel dramatischer und damit völlig aussichtslos. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die gesamte im Mittel auf Deutschland einstrahlende solare Leistung ein Vielfaches unseres Strombedarfs abdecken würde. Die Rechnung geht so: mittlere solare Globalstrahlung in Deutschland ≈ 134 W/qm, Fläche ≈ 357.000 km^2, gesamte mittlere Leistung ≈ 134 W/qm * 357 Mrd. qm ≈ 48.000 GW. Das ist etwa das Siebenhundert- bis Achthundertfache des mittleren Stromleistungsbedarfs von 60 – 70 GW.

Der spezifische Solarstromertrag mit den heute verfügbaren Solarzellen liegt in Deutschland bei etwa 200 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Auf dem Papier könnten wir daher mit Photovoltaik auf 1 % der Landesfläche (≈ 3.570 Quadratkilometer = 3,57 Mrd. Quadratmeter) leicht den kompletten Jahresstrombedarf von ca. 500 Mrd. kWh decken – aber leider nur in der Jahresbilanz und eben in der Theorie.

Modellrechnung basierend auf realen Wetterdaten

Werfen wir noch einen genaueren Blick auf die vorstehend aufgezeigte Problemstellung.

Das oben skizzierte Beispiel bezog sich lediglich auf eine Momentaufnahme. Für eine genauere Analyse muss man Zeitabschnitte betrachten. Da die Wind- und Solarstromproduktion in der Regel nicht für längere Zeit extrem niedrig ist und zeitweise auch Überkapazitäten bestehen, könnte man die Überstromproduktion speichern, um damit das wetterbedingt auftretende Manko kompensieren. Im Folgenden wollen wir dafür eine exemplarische Modellrechnung durchführen.

In der Modellbetrachtung verlangen wir, dass die Energie ausschließlich aus erneuerbaren Quellen kommen soll (also keine fossilen Kraftwerke und auch keine Kernenergie). Ferner lassen wir den möglichen Import von Strom außer Acht.

Der Analyse legen wir die konkreten Wetterdaten sowie den Stromverbrauch für die Monate November und Dezember 2022 zugrunde und gehen von einem 3-fachen Ausbau der Wind- und Solarenergie gegenüber dem Stand von 2022 aus. Zusammen mit den sonstigen Erneuerbaren ergibt der dreifache Ausbau von Windkraft und Photovoltaik eine installierte Gesamtleistung mit Regenerativen von ca. 400 GW. Das sind immerhin 600 % des typischen deutschen Leistungsbedarfs von etwa 60 – 70 GW. Auf dem Papier sieht das alles sehr gut aus und sollte, so mag man auf den ersten Blick denken, ohne Weiteres den Strombedarf decken..

Realitätsnahe Analyse zum Speicherbedarf

Die sich nun aufdrängende Frage ist:

Reicht dieser dreifache Ausbau von Windkraft und Photovoltaik bereits aus? Und wenn nicht, welche Speicherkapazität wäre nötig gewesen, um im Beispielzeitraum jederzeit die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können?

In Abb. 1-11 sind die Ergebnisse zusammenfassend dargestellt.

© Hieronymus Fischer

Abbildung 1-11: Modellrechnung zur Strombilanz mit Erneuerbaren basierend auf den realen Wetterdaten vom November und Dezember 2022. Unterhalb des Diagramms sind die resultierenden Werte für die Speicherkapazität sowie die minimale und die maximale Speicherladung angegeben. – Rohdaten zu Produktion und Verbrauch: Energy-Charts.info, Fraunhofer ISE. Stand 08.05.2023; Aufbereitung, Darstellung und Speicheranalyse vom Autor.

Die Antwort ist ernüchternd: Tatsächlich entsteht in der Simulation eine Versorgungslücke von über 16.000 Gigawattstunden. Und dies trotz einer formal bestehenden 6-fachen Überkapazität. Der errechnete Verlauf der hypothetisch erforderlichen Speicherladung (rechte Achse, Einheit Gigawattstunden) ist in Abb. 1-11 als rote Kurve dargestellt. Sie erreicht am 18.11.2022, 13:45 Uhr, mit einer Ladung von 16,05 TWh ihr Maximum und entlädt sich binnen eines Monats bis zum 18.12.2022, nachmittags um 15:15 Uhr. Danach befüllt sich der Speicher wieder in etwa auf das Ausgangsniveau. Die anderen Kurven beziehen sich sämtlich auf die linke Achse und geben die jeweiligen Leistungswerte in Gigawatt an.

Erläuterung zur Analyse und Modellierung

Die in Abb. 1-11 dargestellten Kurven zur Stromproduktion (grün), zum Verbrauch (violett) und den sonstigen Erneuerbaren, darunter Biogas, Wasserkraft, Müllverbrennung, Pumpspeicher, Wind Offshore, …, (dunkelgrün) geben die tatsächlich gemessenen bzw. geleisteten Werte an. Bezüglich Wind OnShore (blau) und Solar (gelb) wurden die produzierten Leistungen mit dem Faktor 3 multipliziert, um so einen hypothetisch verdreifachten Ausbau zu simulieren (s. Hinweis unterhalb des Diagrammtitels). Die graue Kurve zeigt zeitgenau den Überschuss bzw. das Defizit der Stromproduktion. Die zeitliche Auflösung für alle Kurven beträgt 15 Minuten, also 96 Datenpunkte pro Tag. Der Analyse liegen folglich 5.856 Datensätze mit jeweils 16 Einzelwerten zugrunde, in Summe also über 90.000 Zahlenwerte.

Wie im Diagramm vermerkt, wurde jeweils eine Verdreifachung der installierten Leistung von Windkraft (Onshore) und Photovoltaik im Vergleich zum tatsächlichen Ausbau Ende 2022 angenommen. Das sind demnach hypothetische Leistungswerte von 183 GW Windstrom (Onshore und Offshore) und 201 GW Solarstrom. Diese Verdreifachung entspricht in etwa den (hochgesteckten) Zielen der Bundesregierung für 2030 und danach.

In der hervorgehobenen Infobox im Diagramm sind einige interessierende Kennzahlen gelistet. Im Minimum werden nur 13 GW produziert – und dies trotz des genannten verdreifachten Ausbaus. Auf der anderen Seite sind es im Maximum 151 GW, etwa doppelt soviel wie heute im gleichen Zeitraum. Der Leistungsüberschuss (also die Überstromproduktion) beläuft sich im Extremfall auf 84 GW. Dem steht ein maximales Leistungsdefizit von 52 GW gegenüber. Alles Daten die zeigen, dass das Management der Energieversorgung auf dieser volatilen Grundlage sehr anspruchsvoll werden wird.

Ergebnis der Analyse

Unter den genannten Modellannahmen ergibt sich eine minimal erforderliche Speicherkapazität von 16,05 TWh. Dabei wurde eine anfängliche Speicherladung per 1.11.2022 von 8,425 TWh unterstellt. Die Erhöhung der Anfangsladung ändert nichts am Speicherbedarf, führt aber dazu, dass Überkapazitäten teilweise ungenutzt bleiben. Sofern man indes den Speicher initial nur mit z.B. 5 TWh befüllt, ergibt sich per 18.12. eine Versorgungslücke von 3,425 TWh. Ein anfänglich leerer Speicher vergrößert das Versorgungsmanko per 18.12. auf über 8 TWh.

Wenn man nur eine Speicherkapazität von 1 TWh zur Verfügung hat, so zeigt die Modellrechnung unter den ansonsten gleichen Annahmen, dass Windkraft und Photovoltaik im Vergleich zu 2022 um den Faktor 14 auf über 800 GW Windstrom und über 900 GW Solarstrom ausgebaut werden müssten. Das ist kaum vorstellbar.

Der errechnete Speicherbedarf von 16 TWh entspricht ungefähr 11 durchschnittlichen Tagesverbräuchen oder etwa 3 % des deutschen Jahresstromverbrauchs. Das ist enorm. Gleichfalls gewaltig sind die potentiellen Kosten. Für Batteriespeicher rechnet man typischerweise mit 1.000 € pro kWh. Auf dieser Basis kommt man für den erforderlichen Speicher auf die gigantische Summe von 16.000 Mrd. Euro (= 16 Mrd. kWh * 1000 € / kWh), das ist in etwa das Vierfache des deutschen Bruttoinlandsprodukts.

Nun darf man sicherlich annehmen, dass aufgrund des technischen Fortschritts Batteriespeicher nach und nach günstiger werden. Auch Skalierungseffekte spielen eine Rolle: Jedenfalls sind Lithium-Ionen-Speicher für Elektroautos mit 100 € bis 200 € bereits heute deutlich billiger. Nehmen wir den niedrigeren Wert, so könnten sich die Speicherkosten auf 1.600 Mrd. Euro reduzieren. Das ist angesichts der nur begrenzten Lebensdauer immer noch gewaltig. Unter der Annahme einer 20-jährigen Nutzungsdauer belastet das den Energiehaushalt um Zusatzkosten von 80 Mrd. Euro pro Jahr. Auf den Strompreis würde das mit zusätzlichen 16 ct pro kWh (≈ 80 Mrd. € / 510 Mrd. kWh) durchschlagen.

Wie belastbar ist die Speicheranalyse?

Ohne Frage sprengen die Kosten für einen solchen Speicher unterm Strich den Rahmen des Machbaren. Dabei haben wir den immensen Ressourcenbedarf und die technisch-wirtschaftlichen Fragen betreffend der Herstellung noch völlig ausgeklammert. Zudem muss man sehen, dass die errechnete Speichergröße noch nicht als final angesehen werden kann, da wir ja nur die Monate November und Dezember, und dies auch nur für das Jahr 2022 zugrunde gelegt hatten. Es gibt zwar Gründe für die Annahme, dass insbesondere die Wintermonate potentiell einen hohen Speicherbedarf erfordern und dass dabei gerade November und Dezember hervorstechen, dennoch erfordert die Analyse eine komplette Jahresbetrachtung und auch die Einbeziehung weiterer Vergleichsjahre. Eine daraus folgende eventuelle Erhöhung der erforderlichen Speichergröße kann man jedenfalls nicht definitiv ausschließen.

Anmerkung: Die Analyse über das komplette Jahr 2022 zeigt, dass die o.g. Speicherkapazität ausreichen würde. Für die Wetterbedingungen in 2021 könnte der Speicher mit 15 TWh sogar etwas kleiner ausfallen.

Welche ergänzenden Maßnahmen und Alternativen bieten sich an?

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass es mit dem Ausbau von Wind- und Solarleistung alleine nicht getan ist. Natürlich kann – und muss –  man Windkraft und Photovoltaik weiter voranbringen. Es gibt aber Grenzen dafür, weil mit dem Ausbau natürlich auch die Phasen der Überstromproduktion immer stärker zunehmen, Zeiten also, in denen viel mehr Windstrom und Solarstrom produziert wird als wir benötigen und sinnvollerweise verwenden können. Wir hatten ja oben gesehen (s. Abb. 1-11), wie sogar im Winter ein Leistungsüberschuss von 84 GW entstehen kann. Im Sommer könnte der Überschuss leicht bei über 250 GW liegen. Ein kritisches Problem dabei ist die jederzeit sicherzustellende Netzstabilität. Vielfach würde man dann die Überstromproduktion vom Netz nehmen müssen. Auch unter dem Blickwinkel der Wirtschaftlichkeit wird man das so gut es geht vermeiden wollen.

Drei naheliegende Auswege drängen sich auf:

Backup-Kraftwerke

Aufbau von Kraftwerkskapazitäten (sogenannte Backup-Kraftwerke), die bei geringer Wind- und Solarstromerzeugung jederzeit die Lücke füllen können. Dazu bieten sich z.B. GuD-Kraftwerke an (Gas-und-Dampf-Turbine). Backup-Kraftwerke könnten Speicher in einem gewissen Umfang ersetzen. Allerdings benötigen sie einen fossilen Energieträger, nämlich Erdgas oder Flüssiggas, und sorgen damit für CO2-Emissionen. Später ist natürlich auch selbst hergestellter (s.u.) oder importierter grüner Wasserstoff als Energieträger denkbar.

Batterie-Stromspeicher

Als weitere Ergänzung werden wir kaum umhin kommen, zusätzlich nennenswerte Batterie-Speicherkapazitäten aufzubauen. Aus Kostengründen wird das kaum in Höhe des oben bestimmten Umfangs von über 10 TWh erfolgen können. Eine Speicherreserve von mindestens 1 – 2 Tagen (also etwa 1,5 – 3 TWh) wäre indessen technisch machbar und bliebe auch bezüglich der Kosten noch einigermaßen im Rahmen. Aber wie gesagt, diese Speichergröße würde nur einen kleinen Teil der potentiellen wetterbedingten Versorgungslücke abdecken.

Oft werden in diesem Zusammenhang die in Elektroautos verbauten Batterien als optionale Speicher genannt. Das ist tatsächlich ein erwähnenswerter Faktor, allerdings ist die so potentiell entstehende Speicherkapazität sowohl zum Aufnehmen einer größeren Überproduktion als auch hinsichtlich der Schließung der oben diskutieren Wind- und Solarstromlücken bei weitem nicht ausreichend. Diese Fragestellung wird im nachfolgenden Abschnitt über E-Autos näher beleuchtet.

Wasserstoff als Energiespeicher

Die zeitweise anfallende Überstromproduktion von bis zu weit über 200 GW kann man dazu nutzen, mittels Elektrolyse grünen Wasserstoff zu erzeugen und zu bevorraten. In Zeiten des Strommangels aufgrund schwachen Windes und wenig Sonne würde man den erzeugten Wasserstoff in einer Brennstoffzelle wieder in Strom zurück wandeln. Im Ergebnis ist auch dies ein Stromspeicher, der dabei hilft, Versorgungslücken zu schließen.

Bei der Elektrolyse erreicht man einen Wirkungsgrad von 60 – 80 %, in der Rückverstromung von Wasserstoff sind es ebenfalls etwa 60 – 80 %. In der Gesamtkette Strom-Wasserstoff-Strom erhält man daher Gesamtwirkungsgrade von ca. 40 – 50 %. I. d. R. gehen daher mehr als 50 Prozent der eingesetzten Energie verloren. Das ist indessen belanglos, wenn der eingesetzte Strom aus einer Überschussproduktion kommt.

Selbstverständlich ist die Frage nach dem Wirkungsgrad des technischen Prozesses isoliert betrachtet absolut legitim. Im größeren Kontext macht diese Betrachtung indessen überhaupt keinen Sinn mehr. Sie ist nachgerade absurd. Entscheidend ist die CO2-Effizienz, also das Potential zur CO2-Einsparung.

Das Sprichwort sagt: Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul.

Entscheidend ist, dass die ansonsten nicht verwendbare Überstromproduktion derart gespeichert werden kann. Das ist ein enorm wichtiger Aspekt im Hinblick auf die Sicherstellung der Energieversorgung in Zeiten geringer Stromproduktion mit Erneuerbaren. Dass dabei graduelle Verluste entstehen ist irrelevant, denn wenn man die Überstromproduktion nicht nutzt, liegen die Verluste bei 100 %.

Synthetische Kraftstoffe als Energiespeicher

Desgleichen bietet es sich an, die zeitweisen Überkapazitäten zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen (sogenannte E-Fuels) heranzuziehen. Die immer wieder dagegen vorgebrachten Argumente (wie z.B. die von Harald Lesch: Harald Lesch zerlegt E-Fuels!) sind nicht stichhaltig und gehen am sachlichen Kern der Thematik völlig vorbei.

Als Effizienz des Herstellungsverfahrens kann man auch in diesem Fall das Verhältnis zwischen dem resultierenden Energieertrag im synthetischen Kraftstoff und der aufgewendeten Energie (i. W. Strom für die Herstellung) heranziehen. Es sind ca. 50 %. Nimmt man nun noch die motorischen Verluste im Verbrenner dazu, so bleiben am Ende nur 15 % der aufgewendeten Energie für die eigentliche Mobilität (also Bewegungsenergie). Bei fossilen Kraftstoffen (die ja nicht mittels Strom erzeugt werden müssen) werden 30 % der eingesetzten Energie genutzt, bei Elektrofahrzeugen sind es über 70 % (bezogen auf die Stromnutzung).

Ist damit das Urteil über E-Fuels gesprochen? – Das wäre ein Kurzschluss. Denn man muss ja sehen, dass der für die Herstellung erforderliche Strom auch in diesem Falle sozusagen „Abfallenergie“ ist, die man sonst überhaupt nicht verwenden kann (es sei denn zur Herstellung von Wasserstoff). Diese Abfallenergie entsteht durch die Überstromproduktion in Zeiten starken Windes und hoher Solarerträge. Sie entsteht unvermeidlicherweise, weil die installierten Wind- und PV-Stromleistungen ein Vielfaches des eigentlichen Bedarfs betragen müssen, wie wir oben gesehen haben.

Die Herstellung von E-Fuels ist daher klimapolitisch von Vorteil, weil so CO2-freie Energie bereitgestellt werden kann. Niemand denkt dabei daran, die bestehende Mobilität mit Verbrennern komplett mit Hilfe von E-Fuels zu „retten“. Dies ausschließlich mit erneuerbaren (Überschuss-) Strom aus Deutschland zu machen wäre jedenfalls nicht möglich.

Resümee zu Wasserstoff und E-Fuels

Auch wenn beide Verfahren (Herstellung von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen) für sich genommen eine geringe energetische Effizienz aufweisen, machen diese Ansätze dennoch auch wirtschaftlich absolut Sinn, insofern man ausschließlich die ansonsten nutzlose und sogar netz-destabilisierende Überstromproduktion dafür verwendet. Letztlich verblasst die Frage nach der Effizienz vor diesem Hintergrund. Denn wie gesagt: Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul.

Der vielfach vorgebrachte Vergleich mit E-Fahrzeugen, die aufgrund des formal höheren Wirkungsgrads mit dem Strom doch eine viel längere Wegstrecke zurücklegen könnten (ADAC: E-Fuels: Sind synthetische Kraftstoffe die Zukunft? | ADAC), führt in die Irre. Mit dem gleichen Argument könnte man auch das Radfahren verteufeln. Ein Radfahrer hat nur einen Wirkungsgrad von 18 – 23 %. Man verschwendet also gewissermaßen Energie, wenn man mit dem Fahrrad statt mit dem Elektroauto unterwegs ist.

Noch pointierter: Der durchschnittliche Wirkungsgrad bei körperlicher Arbeit beträgt beim Menschen etwa 25 %. Roboter dagegen können ihre Leistung – ähnlich wie Elektroautos – ohne Weiteres mit einem Wirkungsgrad von über 70 % erbringen ? Müsste man demnach nicht Menschen schleunigst durch Roboter ersetzen? – Natürlich ist das absurd.

Und noch ein letzter Punkt: Aus einem Kilogramm Bioabfall kann man 0,2 bis 0,3 kWh Strom erzeugen. Erschreckend wenig, angesichts der Tatsache, dass aus 1 kg Braunkohle immerhin 1,6 kWh, aus 1 kg Steinkohle 3,5 kWh und aus 1 kg Flüssiggas sogar 6 kWh Strom werden können. Sollte man deswegen auf die Verstromung des Bioabfalls verzichten? – Keineswegs, selbstverständlich ist das dennoch sinnvoll.

Diese Beispiele sollten nur noch einmal zeigen, dass die Fokussierung auf den Wirkungsgrad ein Irrweg ist. Dasselbe gilt für die u. U. geringe nominelle Ausbeute. Es bleibt ein Rätsel, aus welchem Grunde gerade die eifrigsten Befürworter der Energiewende, Interessenverbände und teilweise auch Wissenschaftsjournalisten und Wissenschaftler diesem Irrtum aufsitzen.

E-Autos als Stromspeicher – was bringt das?

Nehmen wir an, es gebe 10 Mio. Elektroautos (derzeit sind nur etwa 1 Million E-Autos zugelassen) mit einer durchschnittlichen Speichergröße von 50 kWh und einer abrufbaren Leistung von 20 kW. Die Leistung wurde deswegen auf diesen niedrigen Wert gesetzt, weil der Hausanschluss typischerweise nur mit 11 bis 22 kW belastet werden kann. Für höhere Einspeisungsleistungen müssen zusätzliche technische Vorkehrungen getroffen werden (höhere Absicherung, Verlegung von Leitungen mit größerem Querschnitt).

Unterstellen wir, die Fahrzeuge stehen in der Garage oder auf einem Stellplatz mit Ladesäule und sind bidirektional ans Stromnetz angeschlossen. Die Batterien können also jederzeit geladen und entladen werden.

Welche Leistung kann abgerufen werden?

Die Speicherkapazität und die Batterieleistung dürfen nicht miteinander vermengt werden. Das erstere ist die Energiemenge, das zweite ist quasi die Geschwindigkeit, mit der die gespeicherte Ladung abgerufen werden kann.

Die Rechnung bezüglich der Leistung ist einfach: 10 Mio. x 20 kW ergibt eine Leistung von 200 Mio. kW, also 200 GW. Das ist bereits deutlich mehr als die typischerweise im Netz angeforderte Leistung von 60 – 80 GW. Auf Seiten der Leistung würden die Batterien von 10 Mio. E-Autos also bereits vollauf und mit reichlichen Reserven genügen für die Sicherstellung der Netzstromversorgung. Im Minimum könnten sogar schon 3 – 4 Mio. Autos dafür reichen. Das ist aber auch nötig, weil natürlich nur ein Bruchteil der Autos tatsächlich mit geladenen Batterien in der Garage stehen. Viele andere sind entweder unterwegs oder müssen ihrerseits geladen werden, haben also Strombedarf.

Der kritische Punkt ist nicht die Leistung der Batteriespeicher, sondern ihre Ladekapazität, wie wir gleich sehen werden. Diese reicht nur für einen relativ kurzen Zeitraum von einigen Stunden.

Welche Speicherkapazität steht zur Verfügung?

Bei einer Entladung bis hinunter auf eine Restkapazität von 20 kWh (was einer Restreichweite von ca. 100 -150 km entsprechen würde) stehen unter den obigen Annahmen pro Fahrzeug 30 kWh zur Verfügung, die im Bedarfsfall in das Netz eingespeist werden können. Das summiert sich auf eine potentielle Netzspeicherreserve von 300 GWh oder 300 Mio. kWh.

Was bringt das für das Stromnetz?

Der durchschnittliche Tagesverbrauch an Strom beläuft sich auf etwa 1,4 TWh (≈ 510 TWh / 365), also 1.400 GWh, bzw. 1.400 Mio. kWh. Wenn wir nun noch die Stromproduktion aus anderen Quellen (Biogas, Wasserkraft, sonstige Quellen) mit etwa 200 GWh pro Tag (entsprechend einer Leistung von etwa 8 GW) berücksichtigen, so kommen wir auf eine potentielle Stromlücke von 1.200 GWh pro Tag. Folglich entspricht die in den 10 Mio. Elektroautos gespeicherte und für das Netz verfügbare Energie in etwa 25 % des durchschnittlichen Tagesbedarfs. Damit können also ca. 6 Stunden Dunkelflaute kompensiert werden. Tatsächlich sind derweil mehrere Tage währende Phasen mit einer extrem geringen Leistung von Solar- und Windkraftanlagen (z.B. weniger als 10 – 20 Prozent der durchschnittlichen Leistung) keine Seltenheit (s. z.B. Abb. 1-9 und 1-10).

Um eine Dunkelflaute von 1 Woche zu überbrücken, benötigt man nach dem Vorstehenden eine Speicherkapazität von bis zu 10 TWh = 10.000 Gigawattstunden. Das ist das 33-fache der hypothetisch vorrätigen Speicherladung von 10 Millionen Elektroautos. Dabei hatten wir in der Modellrechnung oben (s. Abb. 1-11) gesehen, dass die Versorgungslücke durchaus auch höher liegen kann.

Natürlich wird es keine 330 Millionen Elektroautos in Deutschland geben und auch die disponible Batteriespeicherkapazität der grundsätzlich verfügbaren Fahrzeuge wird kaum 50 kWh pro Auto übersteigen, daher ist die Erwartung, auf diesem Wege größere Stromlücken tatsächlich schließen zu können absolut unrealistisch. Allenfalls kann man derart kleinere Engpässe – vorzugsweise innerhalb eines Tages – überbrücken oder andere Mittel (stationäre Speicher, Pumpspeicher, Backup-Kraftwerke) sinnvoll ergänzen. Das ist fraglos ein sehr wertvoller Beitrag, er reicht aber eben zur Lösung der grundsätzlichen Problematik bei Weitem nicht aus.

Nach diesem Ausflug kommen wir zurück auf das Kernthema Energiewende und Wärmepumpe.

Spezifische CO2-Emissionen bezogen auf den Heizwert

Für den Betrieb einer Wärmepumpe braucht man bekanntlich Strom. Der Strombedarf ist abhängig von der benötigten Heizenergie, daher braucht man Im Winter viel Strom, im Sommer eher wenig (ggf. nur für die Warmwasseraufbereitung). Wie man den obigen Grafiken (s. Abb. 1-7 und 1-8) entnimmt, ist nun aber insbesondere im Winter der CO2-Ausstoß pro kWh relativ hoch (geringe Solarstromerträge, zeitweise kein Wind). Deshalb ergibt sich im gewichteten Mittel nach dem Heizenergie- bzw. dem Strombedarf einer Wärmepumpe ein höherer Durchschnittswert als der oben angegebene Strommix-Wert von 420 g/kWh. Im Heizlastprofil beläuft sich der Durchschnittswert der CO2-Emissionen auf ca. 480 g/kWh (s. Abb. 1-6).

Im Folgenden (s. Teil 3, CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude) wollen wir die Emissionen beim Heizen mit Wärmepumpe vergleichen mit der klassischen Gas-Brennwertheizung, also Heizen  mit Gas. Deshalb müssen wir auch die spezifischen Emissionen bezogen auf den Heizwert kennen (s. Abb. 1-12).

© Hieronymus Fischer

Abbildung 1-12: Spezifische CO2-Emissionen verschiedener Energieträger bezogen auf den Heizwert (Verbrennung)

Von den vorstehend genannten Emissionswerten werden wir in der Vergleichsbetrachtung Gas-Brennwerttherme vs. Wärmepumpe (s. Teil 3, CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude) vor allem zwei brauchen: Den spezifischen Emissionswert von 480 g/kWh im Heizlastprofil aus dem deutschen Strommix und den entsprechenden Emissionswert von 182 g/kWh beim Heizen mit Gas (genauer, Erdgas).

Ausblick auf Teil 2

Die grundsätzliche Wirkungsweise von Wärmepumpen wird erläutert. Dazu wird der COP-Wert als der wichtigste Effizienzfaktor von Wärmepumpen eingeführt und es werden die theoretisch möglichen und die in der Praxis erreichbaren Effizienzwerte abgeleitet und mit aktuellen Studien verglichen.

Link: Wärmepumpe. Prinzip, Funktionsweise und Grenzen


Querverweise

Windräder statt Atomstrom

Alle Beiträge der Reihe:

Energiewende und Wärmepumpe

1. Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission

2. Wärmepumpe. Prinzip, Funktionsweise und Grenzen

3. CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude

4. Gasheizung oder Wärmepumpe? Exemplarische Wirtschaftlichkeitsrechnung

5. Grundsätzliche Analyse zur Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen

6. Wärmepumpen für Deutschland – Klimapolitisch sinnvoll oder Fehlinvestition?

Energiewende und Wärmepumpe

Was bringt ein Verbot von Gasheizungen fürs Klima?

Das von der Ampel geplante Verbot von Gas- und Ölheizungen schlägt hohe Wellen. Dabei hat der Wirtschaftsminister dem Parlament noch nicht einmal einen entsprechenden Gesetzentwurf wirklich vorgelegt. Von Kritikern wird angemerkt, dass es rein technisch kaum möglich sein wird, binnen weniger Jahre Millionen von Gas- und Ölheizungen auszutauschen. Zunächst fehlen die Produktionskapazitäten für die Wärmepumpen. Darüber hinaus mangelt es sogar an den Handwerkern für die Durchführung der Arbeiten. Und für die betroffenen Hausbesitzer wird das absehbar immens teuer.

Zwei Fragen drängen sich unmittelbar auf:

1. Was bringen Wärmepumpen im Vergleich zu Gasheizungen hinsichtlich der Reduzierung der CO2-Emissionen?

2. Ist der Umstieg von der Gas- auf eine Wärmepumpen-Heizung aufgrund der Anschaffungs- und Betriebskosten eine ökonomisch vertretbare Maßnahme?

Und drittens kann man anschließen:

3. Wieso denkt man in diesem Falle überhaupt an Verbote? Ist es nicht zweckdienlicher, Anreize zu schaffen? Sollte die Regierung nicht lieber aufzeigen wie sich die Kosten für Gas und Strom in den nächsten Jahren entwickeln werden? Und sollte man es den Leuten nicht selbst überlassen, welche Schlüsse sie daraus ziehen?

Wie steht es mit der Wirtschaftlichkeit?

Die klimapolitische Sinnhaftigkeit des Verbots ist zumindest fragwürdig. Das Einsparungspotential betreffend der CO2-Emissionen bleibt aufgrund der Kohleverstromung vorerst eher klein. Daneben steht insbesondere die Frage im Raum, ob der Austausch überhaupt wirtschaftlich sinnvoll ist oder nur höhere Kosten produziert werden. Trotz Förderung sind die Investitionen in eine Wärmepumpe deutlich höher als bei dem bloßen Austausch einer Gasheizung. Der Grund: Neben den reinen Anschaffungskosten für die Wärmepumpe fällt bei vielen Bestandsgebäuden ein erheblicher zusätzlicher Installations- und ggf. auch Sanierungsaufwand an.

Bei hohen Stromkosten liegen die effektiven Betriebskosten für die Wärmepumpe kaum unter denen einer Gasbrennwertheizung. Und wenn die Kosten für den Bezug von Gas steigen, dann werden aufgrund der Marktmechanismen auch die Stromkosten höher. Denn Gaskraftwerke sind als Backup für die Stromerzeugung unverzichtbar. Bei wenig Wind und starker Bewölkung reicht die Stromproduktion durch Wind und Sonne nicht aus. Das gilt auch noch bei einem deutlich stärkeren Ausbau von Windkraft und Photovoltaik. Die Verzahnung der Preise gilt jedenfalls dann, sofern nicht politisch gegengesteuert wird.

Faustregel zur Wirtschaftlichkeit

Eine erste grobe Aussage zur Wirtschaftlichkeit sei an dieser Stelle vorweggenommen. Als Faustregel kann  man sagen:

Wenn der Strompreis pro kWh weniger als zweieinhalb bis dreimal höher ist als der Gaspreis, dann sind die reinen Betriebskosten einer (Luft-Wasser-) Wärmepumpenheizung i. A. (also bei noch annehmbarer Energieeffizienz) signifikant geringer als die einer Gasheizung.

Bei einem ungünstigeren Verhältnis Strompreis zu Gaspreis von etwa 3:1 oder 3,5:1 und höher amortisieren sich die erheblichen Zusatzinvestitionen in die Wärmepumpe in vielen Fällen nicht. Abhängig von den individuellen Verhältnissen im Hinblick auf die Effizienz der Wärmepumpe und der Möglichkeit der Solarstromnutzung besteht daher nicht selten die Gefahr eines dauerhaften Draufzahlgeschäfts.

Ältere Bestandsgebäude sind potentiell problematisch

Die vorstehende Aussage gilt insbesondere für die vielen älteren Gebäude. Immerhin gibt es etwa 20 Millionen Wohngebäude im Bestand. In einer Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz München (FIW München, s. [12]) wird dazu angemerkt, dass etwa die Hälfte davon (also 10 Mio. Gebäude) für den Betrieb mit Wärmepumpen überhaupt nicht geeignet sei, weil der energetische Sanierungsstand der Häuser einen halbwegs wirtschaftlichen Betrieb gar nicht zulasse.

Hinzu kommt der damit einhergehende höhere Strombedarf. Es gibt berechtigte Zweifel, inwiefern angesichts des schleppenden Ausbaus das Stromnetz an die Belastungsgrenze oder gar darüber hinaus kommt. Gerade auch, wenn gleichzeitig, wie von der Politik gewünscht, immer mehr Menschen auf Elektromobilität umsteigen sollten und auch der Stromverbrauch in der Industrie wächst.

Welche Themen werden behandelt?

Die engere Frage der Wirtschaftlichkeit soll an dieser Stelle noch nicht weiter vertieft werden, sie wird in Teil 4 (Gasheizung oder Wärmepumpe? Exemplarische Wirtschaftlichkeitsrechnung) und Teil 5 (Grundsätzliche Analyse zur Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen) behandelt. Davor wollen wir in Teil 3 (CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude) beleuchten, ob mit dem Umstieg von der Gas- auf die Wärmepumpen-Heizung dem Klima gedient ist. Konkret soll dabei an einem Beispiel die Frage beantwortet werden: Was bringt das Heizen mit Wärmepumpe gegenüber dem Heizen mit Gas an CO2-Einsparung. In Teil 2 (Wärmepumpe. Prinzip, Funktionsweise und Grenzen) wird die grundlegende Funktionsweise von Wärmepumpen erläutert. Ferner wird das theoretische und das in der Praxis mittels Wärmepumpenheizungen erreichbare Effizienzpotential aufgezeigt.

Im letzten Teil 6 (Wärmepumpen für Deutschland – Klimapolitisch sinnvoll oder Fehlinvestition?) diskutieren wir die mit der Wärmewende zusammenhängenden Fragen im Hinblick auf den volkswirtschaftlichen und den globalen klimapolitischen Nutzen, insbesondere hinsichtlich der Effizienz und der Sinnhaftigkeit des Kapitaleinsatzes (auch von Fördermaßnahmen).

Beginnen wollen wir indes in Teil 1 (Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission) mit einem genaueren Blick auf die Stromproduktion: Welche Anteile haben die einzelnen Energieträger? Wie setzt sich der Strommix zusammen? Wie hoch ist der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro kWh? Was können Windkraft- und Solarstrom leisten? Wo liegen die Grenzen? Welche ergänzenden Maßnahmen sind nötig, um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können?

Kurzer Überblick über die Einzelbeiträge

1. Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission

Die Belastung der Stromproduktion mit CO2-Emissionen ist in Deutschland relativ hoch, weil noch ein erheblicher Teil der Stromerzeugung mittels fossiler Energieträger erfolgt. Es wird erläutert, wie der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro kWh im Strommix zustande kommt. Ferner werden die Chancen und Risiken bezüglich des Ausbaus der Erneuerbaren – insbesondere von Windkraft und Solarstrom – diskutiert. Im Hinblick auf die Sicherstellung der Stromversorgung fragen wir exemplarisch nach der nötigen Speicherkapazität in Zeiten geringer Wind- und Solarstromerträge. Dabei beleuchten wir auch die mögliche Rolle von Elektroautos.

Link: Energiewende, Stromproduktion und CO2-Emission

2. Wärmepumpe. Prinzip, Funktionsweise und Grenzen

Die grundsätzliche Wirkungsweise von Wärmepumpen wird erläutert. Dazu wird der COP-Wert als der wichtigste Effizienzfaktor von Wärmepumpen eingeführt und es werden die theoretisch möglichen und die in der Praxis erreichbaren Effizienzwerte abgeleitet.

Link: Wärmepumpe. Prinzip, Funktionsweise und Grenzen

3. CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude

Es wird die Frage beantwortet: Was bringt das Heizen mit (Luft-Wasser-) Wärmepumpe gegenüber dem Heizen mit Gas an CO2-Einsparung? Neben der grundsätzlichen Betrachtung wird eine bespielhafte Modellrechnung für ein Bestandsgebäude (Baujahr 2000) mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe durchgeführt.

Link: CO2-Emissionen von Gasheizung und Wärmepumpe – Vergleich für ein Bestandsgebäude

4. Gasheizung oder Wärmepumpe? Exemplarische Wirtschaftlichkeitsrechnung

Ist der Umstieg von der Gasheizung auf die ( Luft-Wasser-) Wärmepumpenheizung wirtschaftlich sinnvoll? Hierzu wird eine konkrete Beispielrechnung für ein Bestandsgebäude (Baujahr 2000) mit einem typischen Wärmebedarf und einem akzeptablen Energiestandard (Energieeffizienzklasse C) durchgeführt. In die Betrachtung werden die bekannten Fördermaßnahmen mit einbezogen und die Wirtschaftlichkeit hinsichtlich der Betriebskosten und der Investitionen im Vergleich zu einer modernen Gas-Brennwerttherme bewertet.

Link: Gasheizung oder Wärmepumpe? Exemplarische Wirtschaftlichkeitsrechnung

5. Grundsätzliche Analyse zur Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen

Über den konkret betrachteten Fall hinaus werden grundsätzliche Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen gegenüber Gas-Brennwertthermen angestellt. Ferner werden Wirtschaftlichkeitskriterien mit und ohne Investition sowie mit und ohne Einsatz von Photovoltaik formuliert.

Link: Grundsätzliche Analyse zur Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen

6. Wärmepumpen für Deutschland – Klimapolitisch sinnvoll oder Fehlinvestition?

Die Analyse im Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass die Gegebenheiten in Deutschland aufgrund des ungünstigen Strommix‘ und der hohen Kosten unvorteilhaft sind. Ist daher die Wärmepumpe zum jetzigen Zeitpunkt das richtige Heizsystem für Deutschland? Macht ein Verbot bzw. ein Tauschzwang für Gasheizungen Sinn? Und ist der finanzielle Aufwand dafür unter allen Gesichtspunkten – wirtschaftlich und klimapolitisch – vernünftig?

Es wird gezeigt, dass der Einsatz von Luft-Wasser-Wärmepumpen unter den gegebenen Umständen in der großen Perspektive weder wirtschaftlich ist noch überhaupt eine nennenswerte klimapolitische Wirkung entfaltet. Darüber hinaus wird dargelegt, mit welchen Maßnahmen die CO2-Emissionen wirksam und effizient reduziert werden können. Das Kriterium dafür ist der finanzielle Aufwand pro eingesparter CO2-Menge.

Link: Wärmepumpen für Deutschland – Klimapolitisch sinnvoll oder Fehlinvestition?


Quellen

[1] https://www.agora-energiewende.de/
Stromerzeugung, Stromverbrauch, CO2-Emissionen – Agora Energiewende

[2] Stromproduktion | Energy-Charts
Energy-Charts-Info – Fraunhofer ISE, u.a. mit den Leistungs- und Energiedaten sowie dem Datenstand zum Ausbau der Erneuerbaren:
Bundesnetzagentur, 50 Hertz, Amprion, Tennet, TransnetBW, EEX-Transparenzplattform, ENTSOE Transparenzplattform, Statistisches Bundesamt (Destatis), Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), AGEE

[3] CO2-Emissionen im deutschen Strommix
Umweltbundesamt

[4] Fachlexikon Mechatronik / Energiewerte (fachlexika.de)
Brennwerte und Heizwerte üblicher Brennstoffe

[5] Zukunft Umweltwärme – Wirkungsgrade der Stromerzeugung (zukunft-umweltwaerme.de)
Wirkungsgrade der Stromerzeugung

[6] A-EW_273_Waermepumpen_WEB.pdf (agora-energiewende.de)
Agora Energiewende 2022

[7] Wärmepumpen in Bestandsgebäuden (tsb-energie.de)
Wärmepumpen im Bestand – Mythen und Fakten (Fraunhofer ISE 2022)

[8] BMWi-03ET1272A-WPsmart_im_Bestand-Schlussbericht.pdf
Fraunhofer ISE 2020

[9] Zukunft Bau: Effizienz von Wärmepumpen
Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) 2017

[10] Nicht jede Wärmepumpe trägt zum Klimaschutz bei
Feldtest zu Wärmepumpen

[11] Feldstudien & Ergebnisse (jahresarbeitszahlen.de)
Übersicht über einige ältere Studien zu Wärmepumpen und den erreichten COP-Werten

[12] Wärmepumpen-Offensive nur bei Hälfte aller Wohnungen sinnvoll (merkur.de)
Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz München (FIW München)

[13] Heizwerte/-äquivalente
Heizwerte- und Heizäquivalente für eine Reihe von Energieträgern

[14] Das können die neuen Wärmepumpen (merkur.de)

[15] Wärmepumpen sind laute und teure Stromfresser? Experte klärt über die 10 größten Irrtümer auf (merkur.de)

[16] Habeck plant Verbot von Öl- und Gasheizungen: Jetzt gibt es erste Details (merkur.de)

[17] Klimawende im Heizungskeller: Handwerk gegen strikte Verbote (merkur.de)

[18] Wärmepumpen-Engpass: Diese Hersteller liefern jetzt am schnellsten (merkur.de)

[19] Handwerk kritisiert Habecks Heiz-Plan: „Klimawende nicht mit einem Fingerschnippen“ (merkur.de)

[20] Wasserstoff oder Wärmepumpe? Studie klärt auf: Was ist beim Heizen im Haushalt günstiger (merkur.de)

[21] Handwerk: Verbot neuer Öl- und Gasheizungen nicht umsetzbar (merkur.de)

[22] Aufregung um Öl- und Gasheizung: „Das macht Dänemark schon seit 2013“ (merkur.de)

[23] Energiewende mit Gefahren: Jahrhundertgift PFAS in Wärmepumpen (merkur.de)

[24] Wärmepumpen-Boom hält an (merkur.de)

[25] Wirtschaftsweise Grimm übt harsche Kritik an Habecks Heizungsverbot (merkur.de)

[26] „Ins Knie schießen“: Wirtschaftsweise zerpflückt Habeck-Pläne zum Verbot von Öl- und Gasheizungen (merkur.de)

[27] Lindner zerreißt Habecks Heizungspläne: Geplantes Verbot ein „finanzielles Luftschloss“ (merkur.de)

[28] Heizen ohne Putin: Wärmepumpen sind beliebt – und werden knapp (merkur.de)

[29] FDP will Habecks Heizungspläne stoppen (merkur.de)

[30] Habecks Heizgesetz: Verbraucher soll auf Energieverbrauch durchleuchtet werden (merkur.de)

[31] Einbau von Wärmepumpen: So fördern andere Staaten in Europa – FOCUS online

Sommer in den Zeiten des Klimawandels

Der Klimawandel wird zum Politikum

Wenn man der öffentlichen Diskussion folgt, so scheint der Klimawandel als virulentes Thema mittlerweile nahezu überall angekommen zu sein. Auch sonst politisch total Desinteressierte sind aufgeschreckt und glauben, im Wettergeschehen, sei es Trockenheit oder Starkregen, den sicheren Beweis für das heraufziehende klimatische Unheil zu erkennen.

Keine Partei, die den „Klimaschutz“ nicht als die Herausforderung schlechthin begreift (von der AfD einmal abgesehen). Ganz zu schweigen von den Grünen, die quasi jegliche politische Entscheidung unter das Klimakuratel stellen wollen. Aber auch für die meisten anderen Parteien ist Klimaschutz mittlerweile das Nummer 1 Thema.

Wie überzeugt man Klimawandel-Zweifler?

Tagein, tagaus, wiederholen die Medien in enervierender Regelmäßigkeit das Lamento vom menschengemachten Klimawandel, dem nötigen Klimaschutz, dem 1,5-Grad-Ziel und der bei zögerlichem Handeln drohenden Apokalypse. Gerne werden dabei passende Wetterstatistiken angeführt, die auch dem ungläubigsten Thomas klarmachen sollen, dass es hier keineswegs um mögliche Entwicklungen, sondern um knallharte Fakten geht.

Kein Zufall, dass die präsentierten Statistiken immer genau ins Bild passen: Wärmstes Jahr seit 1881, regenreichster Sommer, trockenster Sommer, schmelzendes Grönlandeis.

Der erfahrene Statistiker weiß natürlich, man kann die Zahlenbeispiele immer so auswählen, dass die intendierte Botschaft damit gestützt wird. Was nicht passt, das muss man ja auch nicht präsentieren. Deswegen bekommt das geneigte Publikum nur Statistiken zu sehen, die das Narrativ vom nahenden Klimaunheil vorbehaltlos stützen.

Auch Zweifler brauchen Bestätigung

Hier machen wir es umgekehrt. Im Juristenjargon: Wir suchen nicht einseitig nach der Schuld des Angeklagten, sondern befassen uns auch mit entlastenden Indizien.

Beigefügt sind 3 kleine Statistiken über das Wettergeschehen der letzten 66 Jahre in München. Es wird der Zeitraum von 1955 bis 2021 abgedeckt, damit sind wir schon in einer klimarelevanten Zeitspanne. Tatsächlich geht es nicht um singuläre Wetterereignisse, sondern um die Einordnung des Wetters im langfristigen Klimakontext. Ausgewählt wurden dazu die kältesten Temperaturen und die größten Regenmengen an einem Sommertag sowie die höchste Anzahl von Sommertagen mit einer Regenmenge über 1 l / m2 (entspricht 1 mm). Sommertage deshalb, weil der aktuelle Sommer 2021 tatsächlich schon ziemlich feucht war, was ja grundsätzlich in die Klimaprognose von den steigenden Regenmengen aufgrund der wärmeren und damit feuchteren Atmosphäre passt. Aber ist das wirklich so eindeutig?

Die Top 10 Jahre mit der höchsten Anzahl von Regentagen im Sommer

Werfen wir einen Blick auf Abb. 1.

Anzahl Sommerregentage

Abbildung 1: Die zehn Jahre mit der höchsten Anzahl von Sommertagen, an denen über 1 Liter/m2 Regen gefallen ist (seit 1955)

Man entnimmt der Darstellung, dass auch 2021 unter den Jahren mit einer hohen Anzahl von Sommerregentagen ist. Immerhin liegt der Sommer 2021 auf Platz 4. Die Plätze 1 und 2 sind aber von 1956 und 1957 belegt. Zunächst ist das also eine Bestätigung des Klima-Narratives. Andererseits fällt auf, dass 8 der 10 Jahre mit der höchsten Anzahl von Sommertagen, an denen über 1 Liter/m2 Regen gefallen war, in der linken Hälfte des Betrachtungszeitraums liegen. Das heißt nichts anderes als: Früher hat es im Sommer nicht weniger geregnet. Ganz im Gegenteil. In die 21 Jahre von 1955 bis 1975 fallen 7 der Top 10 Jahre mit vielen Sommerregentagen. Damals hatte also jedes dritte Jahr besonders viele Sommerregentage. Völlig anders im Zeitraum zwischen 1994 und 2020: Kein einziges Jahr mit besonders vielen Sommerregentagen, erst 2021 wieder. Mit anderen Worten: Die Sommer mit vielen Regentagen gab es auch früher, und nicht einmal selten.

Die Top 10 Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer

Und wie sieht es mit den Regenmengen aus? In Abb. 2 sind die Top 10 Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer dargestellt.

Regenmengen im Sommer

Abbildung 2: Die zehn Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer (seit 1955)

Wir haben ein ähnliches Bild, aber die Verteilung ist nicht ganz so extrem einseitig wie in Abb. 1. Sechs der Top 10 Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer liegen zwischen 1955 und 1973. Nur zweimal zwischen 1996 und 2021 waren Regenmengen unter den Top 10 der Jahre mit den größten Regenmengen im Sommer zu verzeichnen. Das passt zur Aussage von Abb. 1: Auch früher gab es im Sommer viele Niederschläge. Der verregnete Sommer 2021 ist also keine Ausnahme, sondern entspricht eher dem, was man im mitteleuropäischen Sommerklima nun einmal erwarten muss.

Die Top 10 Jahre mit den kältesten Temperaturen an einem Sommertag

Neben den im Zuge des Klimawandels prognostizierten größeren Niederschlagsmengen geht es natürlich vor allem um die steigenden Temperaturen. Wie steht es damit?

In Abb. 3 sind die zehn Jahre mit den kältesten Temperaturen an einem Sommertag (seit 1955) grafisch dargestellt. Erstaunlicher Weise liegen diese Top-Kaltsommertage nicht etwa weit in der Vergangenheit, sie gruppieren sich vielmehr um die Jahre 1997 bis 2009. Tatsächlich fallen 9 der Jahre mit den kältesten Sommertagen in die Zeit nach 1995. Von den Jahren davor war nur das Jahr 1986 unter den Top 10. Und keines der 30 Jahre von 1955 bis 1985 ist unter den Top 10 vertreten. Daher kann man nur resümieren: Kalte Sommertage waren früher nicht etwa kälter als heute. Und tatsächlich ist auch das Jahr 2021 unter den Top 10 Jahren mit den kältesten Temperaturen an einem Sommertag. Ganz so eindimensional ist das mit den steigenden Temperaturen offensichtlich nicht.

Kälteste Sommertage

Abbildung 3: Die zehn Jahre mit den kältesten Temperaturen an einem Sommertag (seit 1955)

Wird damit der Klimawandel widerlegt? 

Aber nein! Selbstredend wird damit keineswegs bewiesen, dass der Klimawandel nicht stattfindet, zumal wir nur das Beispiel München betrachtet haben. Das war auch nicht das Ziel. Zweifellos ist der Klimawandel Fakt. Schon einfach deswegen, weil das Klima noch nie in der Erdgeschichte über längere Zeiträume konstant war. Es sollte lediglich gezeigt werden, dass die simple und beziehungslose Wetterbeobachtung eben keine stichhaltigen Belege für den (menschengemachten) Klimawandel liefern kann. Ebenso wenig taugen platte Statistiken dafür. Wir haben aber ansatzweise gesehen: Wenn man dies wollte, könnte man die Öffentlichkeit mit Statistiken sicher auch in Richtung einer vermeintlich bestehenden Klimastabilität manipulieren.

Einseitige Kommunikation ist Manipulation

Man muss sich vergegenwärtigen, dass die in den Medien angeführten „Beweise“ wenig bis nichts dazu beitragen, den (menschengemachten) Klimawandel zu bestätigen. Was dabei präsentiert wird, sind vielmehr gefilterte Realitätsausschnitte, ausgewählt mit dem Ziel, die intendierte Botschaft möglichst prägnant zu vermitteln. Am besten gelingt das mit geeignet aufbereiteten Schaubildern und Statistiken oder dem Hinweis auf dieses oder jenes dienliche Wetterphänomen. Wie wir einleitend gesehen haben, ist der Ansatz überaus erfolgreich. Man erkennt aber ebenso, dass die Kommunikation durchaus manipulative Züge trägt.

Auch wenn immer wieder auf die bestehende wissenschaftliche Mehrheitsmeinung zum Klimawandel verwiesen wird: Es geht letztlich um eine politische Agenda. Diese hat zwar ihren Ursprung in den Erkenntnissen von Wissenschaftlern, sie ist aber überfrachtet mit politischen Botschaften. Die klimatische Veränderung wird gleichermaßen einseitig und eindimensional dargestellt und es wird so getan, als könne man gleichsam durch Verzicht aufs Autofahren oder Fleischessen aus Deutschland heraus das Weltklima schützen und so den Klimawandel bremsen oder gar aufhalten.

Ein letztes Wort noch: Der katastrophale Starkregen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Juni ist kein Beleg für den Klimawandel, auch wenn er von interessierten Kreisen gerne dafür herangezogen wird. Die Tragödie ist eher ein Zeugnis für eine unzulässig hohe Siedlungsdichte in hochwassergefährdeten Gebieten im Verein mit einem ungenügenden Katastrophenschutz.


[1] Gutes Klima – Globale Erwärmung, CO2 und der ganze Rest (1)

Gutes Klima – Globale Erwärmung, CO2 und der ganze Rest (1)

Teil 1: Von der Eiszeit in die Heißzeit?

Was ist Klima? Gibt es die globale Erwärmung und den Klimawandel? Steuern wir auf die „Heißzeit“ zu? War es früher kalt und damit besser?

Zu den Inhalten der Teile 2 und 3 siehe Ende des Textes.

Klima und Wetter

Was ist Klima? Klima ist das über einen längeren Zeitraum von mindestens 30 Jahren statistisch gemittelte Wettergeschehen für einen Ort oder ein geographisch definiertes Gebiet. Bezüglich der beobachteten Phänomene sind dabei insbesondere die Mittelwerte aber auch die Schwankungsbreiten von vorrangigem Interesse. Unter anderem sind das z.B. die mittlere Temperatur sowie die typischen Maxima und Minima im jahreszeitlichen Temperaturverlauf. Aber natürlich auch andere Phänomene wie durchschnittliche Niederschlagsmenge, Sonneneinstrahlung und Wolkenbildung, Häufigkeit von Stürmen usw. (s. a. https://de.wikipedia.org/wiki/Klima).

Klima und Wetter sind zwei verschiedene Dinge. Im Grundsatz weiß das jeder. Nichtsdestotrotz wird es aber auch in der medialen Diskussion immer wieder durcheinandergebracht. Erleben wir einen heißen Sommer, so wird das als ein Effekt des Klimawandels gesehen und am Ende kurzerhand damit gleichgesetzt. In Wahrheit ist es aber Wettergeschehen, auch wenn es im Einzelfall perfekt in das Narrativ vom Klimawandel passt. Damit soll nicht gesagt werden, den Klimawandel gebe es nicht. Die Unterscheidung muss man aber dennoch treffen.

Der wichtigste Klimaindikator

In der öffentlichen Diskussion zum Klimawandel steht insbesondere die Durchschnittstemperatur eines Jahres im Fokus: in Deutschland, in Europa, in der Arktis oder gar global. Die globale Durchschnittstemperatur und deren Veränderung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit gelten dabei als zentrale Indikatoren für den beobachteten Klimawandel. So wird z.B. im UN-Klimaabkommen von Paris ganz klar das Ziel benannt, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad verglichen mit der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Oft wird das als „2 Grad Ziel“ oder schärfer auch als „1,5 Grad Ziel“ zitiert.

Klärung der Begriffe

Im Sinne einer Klärung der Begriffe sollte man sich dabei durchaus nochmal vor Augen führen, dass es „das Klima“ nicht gibt; auch nicht „den Klimawandel“. Die Begriffe beziehen sich ihrem Wesen nach immer auf ein geographisches Gebiet (oder einen Ort) mit einem im weitesten Sinne einheitlichen oder zumindest vergleichbaren mittleren Wettergeschehen. Es existiert kein globales Klima im strengen Sinne. Gleichwohl kann man die Gesamtheit der unterscheidbaren Klimate rund um den Globus in gewisser Weise als „das globale Klima“ auffassen, obwohl damit der meteorologische Klimabegriff arg strapaziert wird. Veränderungen dieses solchermaßen unscharf definierten „globalen Klimas“ darf man sodann als „globalen Klimawandel“ verstehen. Man sieht, dass man sich damit aufs Glatteis begibt, denn Veränderungen irgendwo auf der Welt gibt es immer.

Einfacher wird’s, wenn man einzelne Aspekte herausgreift, am besten solche, die man – vermeintlich –  relativ leicht messen kann, womit wir wieder bei der globalen Durchschnittstemperatur  gelandet sind. Es ist ein denkbar einfacher Begriff, den jedermann versteht und den man deswegen auch gut transportieren kann. Tatsächlich  ist es indes gar nicht so trivial, die globale Durchschnittstemperatur  verlässlich zu bestimmen.

Was ist relevant?

Im Hinblick auf die einleitenden Bemerkungen muss man sich dabei auch klarmachen, dass die globale Durchschnittstemperatur eines bestimmten Jahres zunächst nur ein Messwert in einer Datenreihe darstellt. Das ist keine unmittelbar klimarelevante Größe. Erst durch die Mittelwertbildung über eine Vielzahl von aufeinanderfolgenden Jahren entsteht ein Vergleichswert für die Beurteilung des Klimas. Deswegen ist eine Aussage wie „2019 war es im Mittel 0,9 Grad wärmer als 1850“ zwar interessant, sie sagt aber für sich genommen noch wenig über eine Klimaveränderung aus.

Wenn aber die Durchschnittstemperatur in größeren Zeiträumen (wie oben also etwa 30 Jahre) höher ist als in entsprechenden klimarelevanten Vergleichszeiträumen, dann müssen wir das ernsthaft als Indiz für eine Klimaveränderung registrieren. Das verlinkte Beispiel (s. Abb. 1, Statista Infografik: In Deutschland wird es immer heißer), gehört indessen eher zur oben genannten Kategorie: interessant, aber nicht relevant; allenfalls ein Indiz.

Abb. 1: Jahresmitteltemperaturen in Deutschland (1960 – 2019). ©Statista

In diesem Zusammenhang soll nun zunächst auf zwei wichtige Punkte eingegangen werden. 1. Gibt es so etwas wie eine globale Durchschnittstemperatur und wie misst man sie? 2. Welches ist der angemessene Vergleichszeitraum für die Bestimmung einer globalen Veränderung des Klimas, konkret also die mittlere globale Erwärmung.

Die globale Durchschnittstemperatur

Die Angabe einer globalen Durchschnittstemperatur wurde schon verschiedentlich kritisiert (populär z. B. vom Magazin Quarks). Es ist in der Tat schwierig, wenn nicht unmöglich, dafür einen seriösen Wert zu bestimmen. Eigentlich bräuchte man ein dichtes Netz von gleichmäßig verteilten Messstellen rund um den Globus. Das gibt es nicht. In den meist dicht besiedelten entwickelten Ländern haben wir sehr viele Wetterstationen. In vielen anderen Weltgegenden wird die jeweilige Temperatur aber nur von sporadisch verteilten Messstellen erfasst oder nur indirekt mittels Satellitenbeobachtung bestimmt (s. Abb. 2 [exemplarisch]). Dadurch entstehen Ungenauigkeiten, die geeignet sind, das Gesamtbild zu verzerren.

Abb. 2: Verteilung von Wetterstationen. Links: Europa, Grönland und Nordafrika. Rechts: Ostasien. Quelle: Wetterdienst.de.

Nun könnte man sagen, gleichviel, ob nun die aktuell in 2019 bestimmte absolute globale Jahresmitteltemperatur bei 14,7, 15,1 oder 15,5 Grad lag. Wichtig ist doch allein die Beobachtung der Veränderung zum Vorjahr bzw. zum Vergleichszeitraum. Das ist nur zum Teil richtig, denn es unterstellt, dass die beobachtete Veränderung an den Messstationen sich in gleicher Weise auch dort manifestiert, wo nicht gemessen wird. Das gilt umso mehr, wenn die heutigen Werte mit weiter zurückliegenden historischen Zeiträumen ohne direkte instrumentenbasierte Temperaturmessung verglichen werden.

Instrumentell bestimmte Temperaturdaten gibt es seit dem 18. Jahrhundert und auch das im Wesentlichen beschränkt auf Europa. Der Vergleich der heute mit hoher Genauigkeit gemessenen Werte mit den meist nur indirekt bestimmten historischen Temperaturen ist daher schwierig und mit bemerkenswerten Unsicherheiten behaftet. Die auf Basis von diversen Modellen bestimmten völlig unterschiedlichen historischen Temperaturverläufe machen dies offenkundig (s. Abb. 4 weiter unten).

Vergleichen … aber womit?

Hier ist das Stichwort Vergleichszeitraum  gefallen. Womit vergleicht man? Welches ist denn überhaupt der vernünftige klimarelevante Vergleichszeitraum. Ist es das Klima um 1850 (also das „mittlere Wetter“ bzw. der Durchschnittswert der globalen Jahresmitteltemperatur zwischen 1820 und 1850, oftmals als „vorindustrieller Vergleichszeitraum“ zitiert? Ja, das ist eine Möglichkeit. So wird es ja auch vom IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) und auf den diversen UN-Klimakonferenzen gemacht. Man kann natürlich auch einen anderen Vergleichszeitraum zugrunde legen. Dieser sollte sinnvollerweise vor dem Beginn des Industriezeitalters liegen, weil man ja den eventuellen anthropogenen Effekt bestimmen möchte.

Die Mitte des 19. Jahrhunderts ist eine zulässige und nicht unvernünftige Wahl, sie ist aber nicht die einzig mögliche. Wenn man weiter zurückblickt, dann sieht man, dass im 19. Jahrhundert die mittleren Temperaturen eher etwas niedriger waren als in etlichen anderen Vergleichszeiträumen. Es gibt daher durchaus gute Gründe dafür, andere historische Zeiträume als Referenz für das „normale“ Klima zu nehmen. Wobei es ein „normales“ Klima im engeren Sinne überhaupt nicht gibt. Dazu später mehr.

Der historische Temperaturverlauf …

Klimaforscher haben mittlerweile ein passables Bild von der Temperaturentwicklung der letzten 1000 bis 2000 Jahre erarbeitet. Noch weiter zurück bis zur letzten Eiszeitperiode, die ca. um 10000 bis 8000 v. Chr. endete, ergibt sich etwa der in Abb. 3 dargestellte Verlauf der mittleren bodennahen Temperaturen auf der Nordhemisphäre.

Abb. 3: Ungefährer Temperaturverlauf von 9000 v. Chr. bis 2000 n. Chr.

… oder „die“ historischen Temperaturverläufe

Aufgrund der oben skizzierten Schwierigkeiten ist die Darstellung mit Unsicherheiten behaftet. Die von verschiedenen Forschern rekonstruierten Temperaturverläufe sind nicht deckungsgleich und widersprechen sich teilweise, wie wir bald sehen werden.

Auf die in Abb. 4 exemplarisch dargestellte Unschärfe wurde schon oben hingewiesen. Es sind die Verläufe der Durchschnittstemperaturen  zwischen den Jahren 700 und 2000 nach verschiedenen Rechenmodellen aufgetragen. Man sieht die relativ großen Abweichungen zwischen den diversen Modellen (s. Legende) und die daraus resultierenden Ungenauigkeiten. Die Streubreite liegt teilweise bei bis zu ±0,5 Grad.

Es fällt auch auf, dass die Temperaturkurven häufig relativ steile Gradienten aufweisen, also schnelle Änderungen der Temperaturen in relativ kurzen Zeiträumen. Ob dies Fakt ist oder auf möglicherweise falsche Modellannahmen zurückzuführen ist, kann nicht entschieden werden. In diesem Sinne ist daher auch Abb. 3 eher als eine Annäherung an die tatsächlichen historischen Bedingungen zu verstehen. Insbesondere dürfen weder der genaue Kurvenverlauf noch die absoluten Abweichungen von der mittleren Temperatur als exakte Werte genommen werden. Es sind aber immerhin plausibel begründete Abschätzungen.

Abb. 4: Ungefährer Temperaturverlauf von 700 bis zum Jahr 2000 n. Chr.

Andere Rechenmodelle kommen teilweise wieder zu völlig unterschiedlichen Verläufen (s. Abb. 5 und 6).

Abb. 5: Modellmäßig rekonstruierte Temperaturverläufe über den Zeitraum 1000 bis 2000 n. Chr.

Abb. 6: Globale Temperaturveränderungen in den letzten 2000 Jahren.

Aktuelle Messdaten vs. Historie

Zwischen den diversen Rechenmodellen gibt es immerhin einige bemerkenswerte Gemeinsamkeiten: (a) Vom Spätmittelalter (1400) bis zum Beginn der Industrialisierung (1850) waren die Durchschnittstemperaturen eher geringer als im langfristigen Mittel; dies kann man allen vier Abbildungen entnehmen („kleine Eiszeit“). (b) Im Hochmittelalter (850 – 1150) und um die Zeitenwende (Zeitalter des Römisches Reichs) lagen die mittleren Temperaturen eher höher als im langfristigen Mittel und in etwa knapp unter dem heutigen Niveau.

Bezüglich des Mittelalters kann man diesen Effekt in zwei der Abbildungen (Abb. 4 und 5) erkennen. Dazu nochmals der Hinweis: Es handelt sich um modellierte Temperaturwerte auf der Basis von indirekt bestimmten Messdaten, i. W. aus der Analyse von Baumringen oder Bohrkernen. Sie sind daher mit höheren Unsicherheiten behaftet. Man darf diese Befunde nicht überinterpretieren. Deswegen werden die Resultate hier nur qualitativ in der Weise verwendet, wie sie sich in der Farbgebung (warm: rot, kalt: blau) von Abb. 3 und der oben vorgenommenen Unterteilung in die Kalt- und Warmphasen (a) und (b) widerspiegeln.

Man sieht, dass der üblicherweise vorgenommene Vergleich der heutigen Durchschnitts­temperaturen mit den Werten um 1850 die derzeit beobachtete globale Erwärmung in gewisser Weise verzerrt und im Ergebnis überhöht darstellt. Damit ist nicht gesagt, dass es diese globale Erwärmung nicht gibt. Es kann ihr aber bei vernünftigem Ermessen in der längerfristigen Betrachtung nicht dieser singuläre und bei manchen Zeitgenossen Alarmismus auslösende Charakter beigemessen werden. Verglichen mit der mittelalterlichen und der römischen Warmzeit liegen wir heute bei aller Unsicherheit nur knapp darüber. Weiter zurück muss man auch die bemerkenswerten längeren Wärmeperioden um 5000 v. Chr. und um 2300 v. Chr. ins Auge fassen (s. Abb. 3).

Rascher Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur

In den Abb. 4, 5 und 6 sticht der instrumentell gemessene Anstieg seit etwa 1900 ins Auge.  Verglichen mit den historischen Kurvenverläufen fällt dabei die schwarze Linie bezüglich ihres steilen Gradienten aus dem Rahmen. Der Verlauf spiegelt das rechte Ende der berühmten Hockeystick-Kurve wider, die in ihrem suggestiv vereinfachten Gesamtverlauf indessen mittlerweile allgemein als nicht länger haltbar erkannt wurde. Der dargestellte Kurvenanteil ab 1850 ist nichtsdestotrotz als unverändert gültig zu betrachten. – Wird damit die globale Erwärmung in hinreichender Weise bereits schlüssig untermauert und ihre Einzigartigkeit belegt?

Ist das der Beweis für den Klimawandel?

Völlig unzweifelhaft belegt dieser gemessene Anstieg – wichtig: gemessen, nicht modelliert – trotz der oben bezüglich der Messmethoden vorgebrachten Kritik die globale Erwärmung in hinreichender Weise. Die Erwärmung an sich (verglichen mit 1850) ist daher eine unbestreitbare Tatsache. Bezüglich der genauen Höhe des globalen Anstiegs bleiben indes Fragezeichen und ernstzunehmende Unsicherheiten. Wie schon oben erwähnt, ist es dabei durchaus fragwürdig, inwiefern die Angabe einer globalen Durchschnittstemperatur überhaupt zielführend ist.

Sicher ist: In den gut untersuchten Regionen zeigen sich überwiegend ähnliche Tendenzen in Richtung eines Anstiegs der mittleren Temperaturen. Die klimatische Veränderung ist also nicht auf einzelne geographische Bereiche (z. B. Europa) beschränkt, wie das in der Vergangenheit öfters der Fall war. – Dies ist ein valides, ein starkes Indiz für den globalen Klimawandel. Indessen kann das derzeit erreichte globale Temperaturniveau im längerfristigen historischen Vergleich erkennbar nicht als Extremabweichung nach oben angesehen werden (dazu mehr weiter unten). Dies ist erst dann der Fall, wenn es zu einem weiteren signifikanten Anstieg kommt.

Nach dem Vorstehenden verbleibt als das wichtigste Indiz für eine menschengemachte globale Erwärmung der durch konkrete Messwerte belegte rapide Anstieg der Durchschnittstemperaturen seit 1850 oder 1900 im Gleichschritt mit der Industrialisierung und der damit einhergegangenen Emission von CO2. Oder ist das doch ein Kurzschluss?

Zumindest muss man auch dies relativieren, weil wir eben über keine weiter zurückliegenden konkreten Messwerte in der erforderlichen hohen zeitlichen Dichte und Qualität und damit valide Vergleichskurven für gleiche geographische Gebiete verfügen. Wir können daher nicht ausschließen, dass z.B. 850 n. Chr., 200 v. Chr. oder 2900 v. Chr. in den relevanten Gebieten der Temperaturanstieg in Richtung der darauffolgenden Wärmeperioden ähnlich schnell verlaufen ist.

Das ist keine Haarspalterei! Darauf hinzuweisen ist vielmehr ein Gebot der kritischen Vernunft. Der Sache nach wird durch den beobachteten Temperaturanstieg im näherungsweisen Gleichklang mit der CO2-Emission seit 1850/1900 zunächst eben nur eine Korrelation nachgewiesen, keine Kausalität. Wobei Letzteres hier nicht ausgeschlossen werden soll, weil es auch dafür gute Gründe gibt. Mehr dazu in Teil 2.

Belegen die Schäden durch extreme Wetterereignisse den Klimawandel?

Natürlich gibt es neben dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur noch weitere Indikatoren für den Klimawandel. Zuvorderst zu nennen sind hier die immer höheren Schäden durch extreme Wetterphänomene. – Definitiv, die Schadensummen aufgrund von extremen Wetterereignissen (Stürme, Hurrikane, Trockenheit, Niederschläge und Überschwemmungen) sind in den letzten Jahrzehnten stark angewachsen. Doch ist dies wirklich auf eine entsprechende Zunahme solcher Extremereignisse zurückzuführen?

Die Wetterstatistik lässt daran zweifeln. Der Grund dafür liegt eher im enormen Anstieg der Besiedelungsdichte aufgrund des extremen Wachstums der Weltbevölkerung in den letzten Jahrhunderten (s. Abb. 7). Im Zuge des damit einher gegangenen zivilisatorischen Aufbaus wurden enorme Werte geschaffen, deren fallweiser Verlust nun gleichfalls auch die potentiellen Schäden in die Höhe schnellen lässt.

Abb. 7: Wachstum der Weltbevölkerung von 10000 v.Chr. bis zum Jahr 2100 (geschätzt).

Um ein drastisches Beispiel dafür zu nennen: Durch den Hurrikan Katrina kamen im Jahr 2005 in New Orleans (damals knapp 500.000 Einwohner) und im Südosten der USA mehr als 1800 Menschen ums Leben. Die Schadensumme wird auf über 100 Milliarden Dollar geschätzt. Noch 100 Jahre zuvor hatte New Orleans nur halb so viel Einwohner. Wie hoch wären die Zahl der Opfer und die Schadenshöhe durch einen Hurrikan ähnlicher Stärke wie Katrina wohl gewesen? – Die Vermutung liegt nahe, dass es ungefähr die Hälfte der Toten und eine halb so hohe Schadensumme gewesen wären (auf Kaufwertbasis). Vor 200 Jahren hatte New Orleans gar nur etwa 10.000 Einwohner. Die gleiche Frage nach der Zahl der Opfer und der Schadenshöhe: Vielleicht 30, 50 oder 60 Tote und allenfalls ein Schaden in sehr niedriger einstelliger Milliardenhöhe (ebenfalls auf Kaufwertbasis gerechnet). Das kann man fortsetzen bis zu wahrscheinlich null Toten und verschwindendem Schaden 10.000 v. Chr. – Wohlgemerkt, ein Extrembeispiel!

Das vorstehende Exempel belegt: Solche Vergleiche und Statistiken müssen in den größeren Kontext gestellt werden und zeigen für sich genommen keine objektive Wahrheit. Das gilt generell: Fakten werden zu Botschaften erst durch den Kontext. Deswegen sind im Zweifel auch vermeintlich wahre Klimafakten wertlos, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen werden und am Ende nur als Vehikel für die Kommunikation einer vorgefassten Meinung dienen.

Immer dasselbe Klima?

In der öffentlichen Diskussion wird vielfach der Eindruck erweckt, es gebe so etwas wie ein Normklima, von dem wir gegenwärtig nach oben abzuweichen beginnen. Wie wir bisher in Auszügen gesehen haben, ist das so natürlich nicht richtig. Klimawandel ist erdgeschichtlich nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Blicken wir dazu auf Abb. 8 mit der Darstellung des Temperaturverlaufs über die letzten 500 Millionen Jahre. Man muss dabei beachten, dass die Zeitskala logarithmisch aufgetragen ist. Die beiden Felder im rechten Teil des Diagramms erstrecken sich daher nur über den (für die Menschheit enorm wichtigen) Zeitraum der letzten 1 Million Jahre. Sie würden bei linearer Skalierung also nur 0,2 % der Diagrammbreite einnehmen, kaum mehr als Strichstärke. Wie man der Darstellung unschwer entnehmen kann, lagen die durchschnittlichen Temperaturen in den letzten 500 Mio. Jahren nahezu immer – mindestens über 90% des Zeitraums – signifikant über dem heutigen Niveau.

Bemerkenswert ist der Temperaturverlauf im Pleistozän mit Temperaturen deutlich unter den heutigen Vergleichswerten. Die langen Kaltphasen wurden mehrfach und jeweils mit steilen Anstiegen von kurzen Warmzeitphasen (über maximal einige 1000 Jahre) unterbrochen. Über den Zeitraum der letzten 1 Million Jahre war es auf der Erde daher fast immer kälter als heute. Besonders markant ist die letzte große Kaltzeit am Ende des Pleistozäns. Übrigens: Nüchtern betrachtet und frei von aller Romantik sind Gletscher lediglich Relikte aus der letzten großen Eiszeit. Und auch wenn es herzlos klingt: Eisbären werden aussterben, wenn sie sich nicht an die veränderten klimatischen Bedingungen anpassen können. Genauso, wie zahllose andere Arten von der Erde verschwunden sind, weil es im Eozän und Pliozän deutlich kälter geworden war.

Das Klima soll so bleiben, wie es jetzt ist!

All diese Klimaveränderungen fanden ohne jede Einflussnahme durch Menschen statt. Selbstredend beweist dies nicht, dass die heute beobachtete globale Erwärmung in gleicher Weise ausschließlich natürliche Ursachen hat. Es belegt aber, dass es natürliche Einflussfaktoren gibt, die zu massiven Klimaveränderungen führen können. In der Gesamtschau ist die Menschheit vor allem Profiteur der globalen Erwärmung zu Beginn des Holozäns. Umgekehrt gilt daher auch: Vermutlich mindestens genauso dramatisch wie eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um 2 Grad wäre ein Absinken um den gleichen Betrag. Wir haben ein Interesse daran, dass die klimatischen Bedingungen ungefähr so bleiben, wie wir sie im Zuge des Aufbaus der Zivilisation vorgefunden haben. Dafür gibt es aber – völlig unabhängig von unserem Tun und Lassen  – letztlich keine Garantie.

Abb. 8: Temperaturverlauf über die letzten 500 Millionen Jahre

Hätte es nach dem Beginn der letzten großen Kaltzeit vor 100.000 Jahren keinen Klimawandel mehr gegeben, würde die Erde heute nicht von 7,7 Mrd. Menschen bevölkert sein, allenfalls wären es einige wenige Millionen. Sehr wahrscheinlich würde sich die kulturelle Entwicklung nicht in der beschleunigten Weise abgespielt haben. Die meisten von uns würden gar nicht existieren.

Mögen wir’s nicht lieber etwas wärmer?

Tatsächlich waren das Ende der Kaltzeit (9500 v. Chr.:  Beginn der Jungsteinzeit, Ackerbau) und die namhaften Warmzeiten des Holozän (ab ca. 6000 v. Chr.­­ für fast 2000 Jahre,  ab 3000 v. Chr. für fast 1500 Jahre) jeweils Zeiten kulturellen Fortschritts und Bevölkerungswachstums (Sesshaftigkeit, Ackerbau und Viehzucht, erste Städte, Metallverarbeitung) und insofern Glücksfälle für die Menschheit. Die Römer konnten in der neu eroberten Provinz Britannien im 2. Jahrhundert nach Christus Wein anbauen. Aufgrund der später dann kälteren klimatischen Bedingungen war das nach der Römerzeit ab dem 5. Jahrhundert n. Chr. nicht mehr möglich. Heute wieder kann man daran denken, im Süden Englands Weingärten anzulegen.

Gegenwärtig haben wir also im historischen Vergleich ziemlich günstige klimatische Bedingungen. Ein angenehmes Temperaturniveau, um das uns Generationen unserer Ahnen beneidet haben würden. Für Untergangsszenarien ist es jedenfalls noch zu früh. Einstweilen dürfen wir uns auf den nächsten richtigen Sommer freuen.

Panik ist ein ganz schlechter Ratgeber, verkauft sich aber gut. Wie z.B. diese Meldung in der Zeit zeigt: 50.000 Fehltage wegen Hitze. Eine Nachricht, die wunderbar ins Klima-Narrativ passt. Wirklich? Oder zeigen sich hier bei den Redakteuren erste Beeinträchtigungen der Urteilsfähigkeit aufgrund des heißen Sommerwetters im Juli 2019?

Die genannten 50.000 Fehltage muss man in Bezug setzen zu den insgesamt 500 Mio. Fehltagen p.a. in der deutschen Wirtschaft. Es sind genau 0,01%. Dem stehen immerhin 50 Mio. Fehltage aufgrund von Kälte, Glätte und Nebel im Winter entgegen. Man sieht, es ist eher noch zu kalt. Dazu passt auch die nachfolgende Statistik (s. Abb. 9) , die vom Urheber mit der bemerkenswerten Überschrift „Im Winter wird mehr gestorben“ versehen wurde .

Abb. 9: Sterbefälle in Deutschland nach Monaten. © Statista / Statistisches Bundesamt.

Allen Unkenrufen von Panikmachern zum Trotz , scheinen die „heißen“ Sommermonate für die Menschen im Jahreszyklus offenbar eher zu den weniger „gefährlichen“ Zeiten zu gehören. Kein Wunder, sonnig und warm empfinden die meisten als angenehm. Wer mag es schon dunkel und kalt?

Unser größtes Problem

Nun soll aber der obige Befund nicht einseitig mit der rosa Brille betrachtet werden. Selbstverständlich würde ein signifikanter Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 2 Grad und mehr angesichts einer Weltbevölkerung von bald 10 Milliarden Menschen (s. Abb. 7, oben) dramatische Auswirkungen haben. Daran kann es keinen Zweifel geben. Im Hinblick auf den benötigten Ressourcenbedarf (Energie, Ernährung, Flächenbedarf) und die daraus resultierende Belastung der Umwelt (Müll, Schadstoffe, Abholzung), liegt darin das eigentliche Problem. Es ist die schiere Größe der Weltbevölkerung und ihr immer noch anhaltendes rasantes Wachstum. Zumal zu befürchten ist, dass diese Progression die Biosphäre weiter aus dem Gleichgewicht bringen und in der Folge auch Auswirkungen auf das Klima nach sich ziehen wird. Wer Umwelt und Klima wirklich und wirksam schützen will, muss vor allem und möglichst schnell das weitere Bevölkerungswachstum stoppen.

Nichtsdestotrotz ist es fraglich, inwieweit wir es wirklich in der Hand haben, eine weitere globale Erwärmung zu verhindern. Das wird nur dann gehen, wenn der beobachtete Klimawandel tatsächlich fast ausschließlich oder zumindest überwiegend anthropogene Ursachen hat (z.B. die Emission von CO2) und wir die richtigen Maßnahmen ergreifen, diese Emissionen schnell zurückzufahren. Diese beiden Themenkreise werden in Teil 2 und 3 behandelt.

Teil 2:
Klimakiller CO2?

Ausblick: Ist die CO2-Emission die Ursache für die globale Erwärmung? Gibt es schlüssige Modelle? Was kann man beweisen, was nicht? Gibt es mögliche andere Erklärungen? Was ist plausibel?

Teil 3:
Rationaler Klimaschutz statt Panikmache

Ausblick: Unterstellt, die Emission von CO2 ist der Hauptfaktor der globalen Erwärmung, welches sind dann die geeigneten  Maßnahmen zur effektiven Reduzierung der CO2-Emission? Was müssen wir tun? Was ist effizient, was ist nur Aktionismus? – Um einen Aspekt herauszunehmen: Der moralisierende Sündenkult ist jedenfalls nicht Teil der Lösung.


Bildverzeichnis und -nachweise

Abb. Beschreibung und Referenz
1 Jahresmitteltemperaturen in Deutschland (1960 – 2019). ©Statista
https://de.statista.com/infografik/20501/jaehrliche-durchschnittstemperatur-in-deutschland/
2 Verteilung von Wetterstationen. Links: Europa, Grönland und Nordafrika. Rechts: Ostasien.
Quelle: Wetterdienst.de
3 Ungefährer Temperaturverlauf von 9000 v. Chr. bis 2000 n. Chr. (Bodennahe Mitteltemperaturen in der Nordhemisphäre, nach Dansgaard et. al. 1969 und Schönwiese 1995).
Von http://www.klimanotizen.de/html/temperaturen.html, mit erläuternden Zusatzinformationen angereichert.
Originalquelle: GFZPotsdam (Deutsches GeoForschungsZentrum)
4 Ungefährer Temperaturverlauf von 700 n. Chr. bis zum Jahr 2000. Rekonstruierte Temperaturänderungen auf der Nordhalbkugel der letzten 1300 Jahre nach Proxydaten (Baumringe, Eisbohrkerne, Sedimente, Korallen u.a.) sowie instrumentelle Temperaturkurven seit dem 18. Jahrhundert.
https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Klima_der_letzten_1000_Jahre
5 Modellmäßig rekonstruierte Temperaturverläufe über den Zeitraum 1000 bis 2000 n. Chr.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Hockeyschl%C3%A4ger-Diagramm#/media/Datei:1000_Jahr_Temperaturen-Vergleich.png) wurde von Robert A. Rohde mit Hilfe öffentlich zugänglicher Daten vorbereitet und ist in das Projekt Global Warming Art eingebaut.
Die Übersetzung stammt von User: Langexp. – http://www.ngdc.noaa.gov/paleo/recons.html, CC BY-SA 3.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1169988
6 Globale Temperaturveränderungen in den letzten 2000 Jahren.
Von DeWikiMan, based upong fig. 1a) of Pages2K (2019), doi:10.1038/s41561-019-0400-0 – CC BY-SA 4.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=82403624
7 Wachstum der Weltbevölkerung von 10000 v.Chr. bis zum Jahr 2100 (geschätzt).
Öffentlich zugängliche Quellen (Wikipedia)
8 Temperaturverlauf über die letzten 500 Millionen Jahre.
Von User:Glen Fergus, User:hg6996 – https://commons.wikimedia.org/wiki/File:All_palaeotemps.png, CC BY-SA 3.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=34611466
https://de.wikipedia.org/wiki/Klimageschichte#/media/Datei:All_palaeotemps_G2.svg
9 Sterbefälle in Deutschland nach Monaten.
© Statista / Statistisches Bundesamt
https://de.statista.com/infografik/20561/sterbefaelle-in-deutschland/

Quellenauszug

# Referenz
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Klima
2 https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_von_Paris
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Zwei-Grad-Ziel
4 https://de.wikipedia.org/wiki/Sonderbericht_1,5_%C2%B0C_globale_Erw%C3%A4rmung
5 https://de.wikipedia.org/wiki/Intergovernmental_Panel_on_Climate_Change
6 https://de.wikipedia.org/wiki/Klimageschichte
7 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1694/umfrage/entwicklung-der-weltbevoelkerungszahl/
8 https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-es-gibt-noch-keinen-wissenschaftlichen-konsens-zum-klimawandel
9 https://www.wetterdienst.de/Deutschlandwetter/Wetterstationen/Karte/
10 https://de.wikipedia.org/wiki/Hockeyschl%C3%A4ger-Diagramm
11 https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/warum-die-angabe-einer-globalen-durchschnittstemperatur-unsinnig-ist/
12 https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Klima_der_letzten_1000_Jahre
13 https://www.welt.de/geschichte/article149773123/Erderwaermung-bescherte-Roemischem-Reich-fette-Jahre.html
14 http://www.klimanotizen.de/html/temperaturen.html
15 https://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/wirtschaft/grundstrukturen/unterpunkte/bevoelkerung.htm
16 https://www.archaeologie-online.de/nachrichten/das-klima-der-letzten-2000-jahre-2250/
17 https://www.uni-giessen.de/ueber-uns/pressestelle/pm/pm156-12
18 https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/informationsportal-klimawandel/standpunkt/klimavergangenheit/palaeoklima/2.000-jahre
19 https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/palaeoklima-die-letzten-2000-jahre-hockeyschlaeger/
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21 https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-im-mittelalter-war-es-waermer-als-heute
22 https://de.wikipedia.org/wiki/Klimageschichte#/media/Datei:All_palaeotemps_G2.svg
23 https://www.eike-klima-energie.eu/2012/10/27/noch-eine-studie-zeigt-hoehere-temperaturen-vor-1000-und-sogar-2000-jahren/
24 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1694/umfrage/entwicklung-der-weltbevoelkerungszahl
25https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-07/wetter-hitze-sonnenlicht-folgen-krankheiten-hitzewelle-europa
26 https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-es-gibt-noch-keinen-wissenschaftlichen-konsens-zum-klimawandel
27 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1694/umfrage/entwicklung-der-weltbevoelkerungszahl/
28 https://www.science-at-home.de/wiki/index.php/Bev%C3%B6lkerungsentwicklung_seit_10.000_v._Chr.
29 https://de.statista.com/infografik/20561/sterbefaelle-in-deutschland/

„Klimaskeptiker“ ist das Unwort des Jahres 2019

Das Unwort des Jahres 2019 lautet „Klimaskeptiker“ – das gab nach Angaben von Statista die Sprachkritische Aktion am 14. Januar bekannt. Mit dem Begriff würden kollektiv pathologisierte Bejaher und tiefgläubige Anhänger des menschengemachten Klimawandels (sogenannte „Klimahysteriker“) gezielt die rational begründeten Einwände von kritisch denkenden Mitbürgern diskreditieren, indem sie deren differenzierte Haltung als glaubenslosen, heidnischen und freigeistig vernunftorientierten Frevel stigmatisierten, teilte die Organisation in einer aktuellen Pressemitteilung mit. Der Ausdruck „Klimaskeptiker“ sei in 2019 vor allem von Politikern der Grünen verwendet worden.

Vorsicht! Zu diesem Post ist eine Fake-Version der Sprach-, Gedanken- und Religionspolizei im Umlauf (s. Sprachkritische Aktion). Dort wird behauptet, das Unwort des Jahres sei „Klimahysterie“. Das ist natürlich völliger Quatsch, denn Hysterie ist eine Form der Neurose, was wörtlich genommen etwa Nervenkrankheit bedeutet.

Niemand wird ernstlich behaupten, Klimaschützer, z. B. die Fridays-for-Future (FFF) Demonstranten oder Politiker der Grünen, seien nervenkrank. Das sind sie natürlich nicht. Im Übrigen würde das ja ihr infantil leichtgläubiges Verhalten entschuldigen. So billig sollen sie aber nicht davon kommen. Gewiss, viele von ihnen sind einfach nur naiv und laufen denkfaul den Propheten einer vermeintlich wissenschaftlich abgesicherten Botschaft hinterher. Das ist die große Masse der Gutgläubigen. Dahinter aber steht das nüchterne Kalkül von Dogmatikern. Jenen geht es nicht um kritische Vernunft, sondern um die mit religiösem Eifer betriebene Überhöhung von halbfundiertem Halbwissen zur unumstößlichen Wahrheit. Das Dogma vom menschengemachten Klimawandel duldet keinen Widerspruch.

Die rechtgläubigen Anhänger der Lehre zeigen mit dem Finger auf die Ungläubigen und nennen sie Klimaskeptiker oder gar Klimaleugner. Sie hören die moralinsauren Parolen ihrer Anführer und fordern die sofortige Umsetzung der schärfsten Maßnahmen zum Klimaschutz. – Nein, nicht bezogen auf sich selbst. Natürlich sollen die anderen etwas tun: der Verkehr, die Industrie, die Energiewirtschaft, der Staat, ganz allgemein: die Kapitalisten. Nächste Woche fahren wir in den Skiurlaub, in den Pfingstferien fliegen wir nach Mallorca und im Sommer geht’s dann ganz weit weg. Dazwischen demonstrieren wir fürs Klima. Weil’s für eine gute Sache ist und wir Haltung zeigen wollen.