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Die Drei von der (Diesel-)Tankstelle

Die deutschen Automobilhersteller, sich selbst als Premium verstehend, sind dabei, die Marke German Engineering und Made in Germany insgesamt massiv zu beschädigen. Über Jahre hinweg haben sie – offenbar fast alle – sowohl die Verbraucher als auch die Politik hinters Licht geführt. – So einfach kann die Welt sein! Kein Wort davon, dass sich Politik und Verbraucher freilich auch allzu gerne haben täuschen lassen. Da wir in einem Rechtsstaat leben muss man indessen scharf unterscheiden zwischen dem Betrug durch den Einbau von Software zur Vortäuschung günstiger Abgaswerte auf dem Prüfstand, wie er zumindest VW, Audi und Porsche zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, und dem Ausnutzen von letztlich legalen Schlupflöchern in den Richtlinien zur Messung der Schadstoffemissionen, wie es mehr oder weniger von allen Herstellern weltweit praktiziert wird.

Bezüglich der offensichtlichen Betrugsfälle kann es keine Nachsicht geben. Die betreffenden Hersteller haben über Jahre hinweg Gewinne gescheffelt auf Kosten und zu Lasten von Verbrauchern und der Allgemeinheit. Man muss dies in aller gebotenen Schärfe anprangern und darf nicht Ruhe geben, bis Abhilfe geschaffen ist. Und da es sich um Betrug handelt müssen auch strafrechtliche Konsequenzen gezogen werden. So ist es jedenfalls dann, wenn der einfache Staatsbürger die Grenze des Erlaubten überschreitet und deswegen kann es hier keine Ausnahmen geben, wenn nicht der Glaube an die Rechtsstaatlichkeit insgesamt Schaden nehmen soll.

Eine ganz andere Sache ist indes die Divergenz zwischen den gemessenen Emissionen auf dem Prüfstand und den tatsächlichen Schadstoffemissionen im realen Fahrbetrieb. Aufgabe der Automobilhersteller war und ist es, dafür Sorge zu tragen, dass die gesetzten Grenzwerte in der definierten Prüfprozedur und natürlich auch ohne Manipulationen am Prüfling eingehalten werden. Fahrzeuge, die dieser Prüfung standhalten dürfen vom Hersteller verkauft werden und darf der Verbraucher erwerben im Vertrauen auf viele Jahre Nutzungszeit – ohne nachträglich verfügte Einschränkungen und schon gar nicht mit der Aussicht auf Fahrverbote. Alle Beteiligten wussten von Anfang an, dass diese Prüfprozedur vor allem der Vergleichbarkeit der verschiedenen Modelle dient. Allen war von Anfang an klar, dass die Emissionen im realen Fahrbetrieb deutlich über den in der Prüfprozedur gemessenen Werten liegen. Vor allem wussten es die Hersteller selbst, die dies aber nur allzu gern verschwiegen, aber ebenso wusste die Politik darüber Bescheid und natürlich war es auch für jeden einigermaßen interessierten Verbraucher kein Geheimnis. Alle gemeinsam haben lieber auf die ach so schönen, weil niedrigen CO2-Emissionen geschaut und sich über den Beitrag zur Rettung des Weltklimas gefreut. Nichtsdestotrotz tragen nicht alle den gleichen Anteil an Verantwortung. Bei alledem muss man festhalten, dass, entgegen der teilweise hysterischen Diskussion,  die verkehrsbedingte Emission von Stickoxiden in den letzten 25 Jahren dramatisch zurückgegangen ist, wie die Daten des Umweltbundesamtes belegen.

Der Verbraucher denkt zunächst einmal an sich und seinen eigenen Vorteil. Er darf und soll in einer Marktwirtschaft wirtschaftlich handeln, deswegen darf man es ihm nicht verdenken, wenn er sich in seinen Kaufentscheidungen auch an den Vorgaben der Politik orientiert und z.B. Steuervorteile oder niedrige Betriebskosten beim Diesel einkalkuliert. Natürlich muss er zu einem gewissen Grade auch darauf bauen, dass die Hersteller ihm Produkte anbieten, aus denen er den gewünschten Nutzen tatsächlich ziehen kann. So funktioniert freie Wirtschaft in einem demokratischen Staatswesen. Vor allem sollte der Verbraucher auf die Politik vertrauen dürfen, darauf, dass die gegenwärtigen und zukünftigen Rahmenbedingungen für seine privaten Investitionen stabil und vorhersehbar sind. Drohende Fahrverbote sind gerade kein Ausdruck von Verlässlichkeit und gehen auf das Konto der Politik, nicht auf das der Justiz, die ja wiederum nur auf der Basis politischer Vorgaben und Gesetze entscheidet.

Tatsache ist, dass die Politik höchst widersprüchliche Rahmenbedingungen geschaffen hat. Einerseits definiert sie ein Zulassungsverfahren für Dieselfahrzeuge, das ziemlich offensichtlich wenig praxisgerecht ist. Andererseits setzt sie für bestimmte Schadstoffemissionen mehr oder weniger völlig willkürliche Grenzwerte fest. Die erlaubten Stickoxidemissionen am Arbeitsplatz sind etwa 24-mal höher als im Straßenverkehr. Warum? Weil man sich am Arbeitsplatz ja nur etwa 8 Stunden täglich aufhält und dort ja nur gesunde Erwachsene tätig sind … und was da noch für absonderliche Begründungen kommen. Aber an der verkehrsbelasteten Kreuzung steht man die ganzen langen 24 Stunden eines Tages, insbesondere Kranke und Kleinkinder. – Tatsache ist, dass der Grenzwert für die Stickoxide von der Weltgesundheitsorganisation in der Höhe von 40 mg/m^3 empfohlen wurde. Ja dann muss es damit ja wohl seine Richtigkeit haben. Großes Fragezeichen.

Es gibt nicht eine einzige Studie, in der die direkte toxikologische Wirkung der Exposition von Stickoxiden dieser Konzentration nachgewiesen werden konnte. Vielmehr ist es so, dass höhere Konzentrationen von Feinstaub eine krankmachende Wirkung auf Menschen haben. Feinstaub? Stickoxide? Ist das nicht dasselbe? Nein, ist es nicht. Feinstaub wird emittiert durch alles Mögliche: Industrie, Haushalte, von Benzinmotoren genau wie von Dieseln, Verkehr allgemein, z.B. Bremsabrieb, die Wetterlage nicht zu vergessen – alles hat einen Einfluss. Unter anderem eben auch die Stickoxide. Und weil man sie so gut messen kann, schaut man nun eben auf die Stickoxidkonzentrationen. Sie dienen gewissermaßen als Indikator für schlechte Luft. Niemand fragt mehr, ob die Stickoxide selbst in der fraglichen Konzentration überhaupt gesundheitsschädlich sind. Genau das ist aber wichtig, weil der Diesel als Emittent der Stickoxide damit in Sippenhaft genommen wird. Die Diskussion darüber trägt Züge von Hysterie. Näheres zur Feinstaubemission und den möglichen Zusammenhängen mit vorzeitigen Sterbefällen s. hier: Feinstaub PM 10, Feinstaub PM 2,5.

Ein Dieselfahrverbot wäre etwa so, als würde man dem Alkoholiker das Trinken verbieten, weil er angeblich nur so von seiner Sucht loskommt. – Der Konsum von Alkohol ist es, was ihn krank macht, nicht das Trinken. Diese Unterscheidung zu treffen erscheint in der gegenwärtigen Diskussion manchem offensichtlich schon zu anspruchsvoll. Hier ist eine nüchterne wissenschaftliche Betrachtung jenseits aller Ideologien erforderlich. Daher brauchen wir keine Gerichtsentscheidungen, sondern politische Weichenstellungen mit einem Mindestmaß an Weitblick.

Der schwarze Peter liegt damit zuallererst bei der Politik, nicht bei den Automobilherstellern, die die ausgehandelten Vorgaben – jenseits der angesprochenen Betrugsfälle – allzu buchstabengetreu umgesetzt haben. Man mag das beklagen, aber so funktioniert nun einmal jedes rechtstaatliche Gemeinwesen. Regeln müssen eingehalten werden, sie müssen aber nicht in vorauseilendem Gehorsam übererfüllt werden. Offenbar sind doch die von der Politik und den Lobbyisten der Automobilindustrie ausgehandelten Mess- und Zulassungsverfahren zu lasch und nicht praxisgerecht. Dass dabei die Automobilindustrie über ihre Lobbyisten kräftig Einfluss genommen hat ist nach Lage der Dinge ihr gutes Recht. Die Politik indessen vertritt in Gestalt ihrer gewählten Vertreter daneben auch das Interesse der Menschen, es ist ihre Aufgabe, Regeln vorzugeben bzw. auszuhandeln, die dem Gemeinwohl zuträglich sind. Dafür vor allem ist sie verantwortlich … und dieser Verantwortung ist sie nicht gerecht geworden! Dabei muss sie selbstredend auch für Verlässlichkeit sorgen. Deswegen ist der Diesel-Skandal im Hinblick auf die drohenden Fahrverbote in erster Linie ein Ausdruck politischen Versagens bis in die höchsten Spitzen hinein und abermals ein Beleg dafür, dass dieses Land seit Jahren unter Wert regiert wird. Im Übrigen sei daran erinnert, dass der städtische Personennahverkehr mit Bussen und Taxis fast ausschließlich mit Dieselfahrzeugen abgewickelt wird, ebenso der Lieferverkehr. Die wirtschaftlich negativen Folgewirkungen eines Dieselfahrverbots werden alle spüren. Gerichte kümmert das zunächst einmal nicht.

Der drohende oder bereits eingetretene Wertverlust für Dieselfahrzeuge geht voll auf das Konto der Nichtentscheider, Abwiegler und Aussitzer in der Politik. Unterm Strich tragen sie die Hauptverantwortung. In der gegenwärtigen Situation ist es daher die vorrangige Aufgabe der Politik, Dieselfahrer vor Fahrverboten zu schützen oder sie entsprechend zu entschädigen. Sich hinter Gerichtsentscheiden zu verstecken ist ein Ausdruck von Hilflosigkeit und politischem Unvermögen. Drohende Fahrverbote sind nicht höhere Gewalt, sondern das Ergebnis verfehlter Politik. Die Politik ist daher aufgerufen zur aktiven Gestaltung von tragfähigen Rahmenbedingungen. Für billigen Wahlkampf und Fingerzeigen auf die die Zeichen der Zeit verschlafenden Automobilindustrie taugt dieses Thema jedenfalls nicht.

Und welche Rolle spielt der Verbraucher? – Warum ist denn der Unterschied zwischen Praxisbetrieb und den Messungen am Prüfstand gar so groß? Liegt das nicht auch daran, dass viele sogenannte Normalfahrer beim Betrieb ihres Fahrzeugs ein Mindestmaß an Vernunft vermissen lassen und sich eher wie verkappte Rennfahrer verhalten? Auf dem Weg zur Arbeit wieder 20 Sekunden gespart. Freie Fahrt für freie Bürger … und das heißt, immer so schnell, wie es nur eben geht. Mit Vollgas auf den Abgrund zu! Man kann einen Diesel oder Benziner auch heute schon so fahren, wie man in Zukunft ein elektrisch betriebenes Gefährt ohnehin fahren muss und wie hochautomatisiert oder autonom fahrende Fahrzeuge völlig selbstverständlich fahren werden – vorausschauend, mit mäßiger Beschleunigung, ohne abrupte Manöver, eher gemächlich und vor allem ohne emotionsgetriebene und unfallverursachende Überreaktionen. Hört sich langweilig an? Nein, es hört sich vernünftig an und es ist immer noch der Kern dessen, was Mobilität meint.

Es ist nach dem Vorstehenden daher gar zu billig, den Automobilherstellern die Schuld zu zuweisen, alle drei Akteure tragen ihren Anteil. Zuallererst die Politik, ihr ging es vor allem darum, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Alles darüber hinausgehende hat sie von Anfang an ignoriert. Dann die Hersteller, die verlässlich nach der Devise handeln, erst das Geschäft, und nur das Geschäft. Ethische Grundsätze (Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeit, Umweltschutz) sind etwas für Sonntagsreden, im Tagesgeschäft werden harte unternehmerische Entscheidungen getroffen. Zuletzt die Verbraucher, die gar nicht wissen wollen, dass sie selbst einen Einfluss haben, sie müssen keine „Schrankwände“ vom Typ „universell verwendbar“ kaufen – das Automobilmarketing hat für diese Fahrzeuge das Kürzel SUV erfunden – wenn sie mobil sein wollen.

In der Reihenfolge dieser Verantwortung müssen nun auch die Probleme angegangen werden. Am meisten kann die Politik tun, sie muss den Verbraucher von möglichen Einbußen weitgehend freistellen. Diesel-Fahrverbote wären ein Armutszeugnis und Ausdruck von eklatantem politischem Versagen. Man kann sich nur wundern über die Kaltschnäuzigkeit, mit der einzelne Politiker nun Fahrverbote ins Spiel bringen, als ginge sie die ganze Sache, die sie doch zu wesentlichen Teilen verursacht haben nichts an. Steuererleichterungen oder sonstige Anreize für die Umrüstung von älteren Dieselfahrzeugen wären eine Möglichkeit. Die Automobilhersteller müssen dafür technisch und wirtschaftlich passende Angebote machen. Das ist möglich, wenn man es nur will, und man will es, wenn man es tun muss. Software-Updates allein sind reine Augenwischerei. Auch das wissen alle, tun aber so, als sei dies ein konstruktiver Beitrag.

Und zuletzt ist es dem Verbraucher auch zuzumuten, selbst einen Beitrag zu leisten und zumindest Fahrzeuge mit einer absehbar noch längeren Nutzungsdauer umzurüsten.

Doch wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario? Da muss man skeptisch sein. Die Medien haben sich bereits großflächig auf die „bösen“ Automobilhersteller eingeschossen und rühren aus betrügerischen Handlungen und regelkonformen Zulassungstests einen Einheitsbrei, der dann am Ende nach Betrug riecht, wenn nur ein Diesel in der Nähe steht. Die ökologisch orientierten Verbände sehen offenbar die Chance, der Automobilindustrie nun endlich an den Kragen zu gehen, reden von krimineller Energie und Versäumnissen der Hersteller in Bezug auf elektrisches Fahren und drohen mit weiteren Klagen vor Gericht – völlig ignorierend, dass Elektromobilität so lange noch keinen wirklichen Sinn macht, wie der Strom in Deutschland noch weit überwiegend mittels fossiler Energieträger erzeugt wird, darunter sogar dem Klimakiller Braunkohle.

Elektromobilität erfordert den Gleichschritt mit dem Vollzug der Energiewende, da ist noch sehr viel auf Seiten der Energieerzeugung und -verteilung zu tun, was von der Politik viel schneller als bisher vorangetrieben werden muss. Programme zu verkünden bringt nichts, wenn nicht auch die Umsetzungsschritte vollzogen werden. Auf absehbare Zeit wird man daher auf eine moderne Dieseltechnologie noch nicht verzichten können, wer dies glaubt, nährt sich von Illusionen. Die erforderliche Technologie ist vorhanden und wird beherrscht, sie wird aber nicht mehr so billig zu haben sein, wenn die neuen Prüfverfahren mit größerer Praxisnähe zum Maßstab genommen werden. Nötig ist daher maximale Offenheit und Realitätssinn bei allen Beteiligten: Gefordert ist aber zunächst einmal die Politik. Elektromobilität auf der Basis von Batterien unterschiedlicher Zellchemie, Brennstoffzelle, Wasserstoffkreislauf … auch diese Technologien gibt es bereits in einer gewissen Reife, das heißt aber nicht, dass man einfach den Hebel umlegen kann. Die Gestaltung des Übergangs zu einer nachhaltigen Mobilität mit einem geringeren Ressourcenverbrauch und ohne fossile Energieträger setzt Veränderungswillen bei allen Beteiligten voraus und braucht Zeit. Anfangen muss man spätestens jetzt!

Brauchen wir Elektromobilität?

Tesla macht es vor: E-Fahrzeuge sehen chic aus, sind trendig und können obendrein auch noch sportlich sein. Kein Zweifel, für einen – relativen – Newcomer liefert Tesla wirklich anständige Fahrzeuge, ja, man darf schon sagen, richtig gute. Im Hinblick auf neue Konzepte für Antrieb, Infotainment und Fahrerassistenz ist das zunehmend eine ernsthafte Konkurrenz für deutsche Premiummarken. Grundsätzlich zumindest!

Aber ebenfalls kein Zweifel: Jeder der bekannten deutschen Hersteller BMW, Daimler und VW/Audi/Porsche, wäre jederzeit in der Lage, ein technisch mindestens gleichwertiges Produkt auf die Straße zu bringen und hätte dies auch schon vor 3 Jahren tun können. Das gleiche gilt für Japaner, Franzosen und andere. Um es ganz klar zu formulieren: Ein Elektrofahrzeug ist alles in allem technisch einfacher, als die hochgezüchteten Verbrenner nicht nur der deutschen Premium Marken. Es gibt nur eine große technische Herausforderung: Die Batterie.

Nichtsdestotrotz, pragmatisch gesehen ist das Potential da und die technische Umsetzungsfähigkeit gegeben. Warum haben die vielgescholtenen Hersteller dann nicht schon längst ein zum Tesla S vergleichbares E-Fahrzeug auf den Markt gebracht? Offenbar fehlt noch der unternehmerische Mut. Oder gibt es andere Gründe? Zumindest einmal diesen:

(1) Sie wollen und müssen mit ihren Fahrzeugen Geld verdienen. Man kann durchaus bezweifeln, dass dies mit E-Limousinen a la Tesla derzeit überhaupt möglich ist. Tesla selbst schafft es offenbar nicht in die Gewinnzone (s. hier). Es gibt noch einen weiteren Faktor: Die klassischen Produkte der Premium Marken verkaufen sich wie warme Semmeln. Gewissermaßen steht ihnen daher ihr eigener Erfolg im Wege. Warum sollten sie jetzt schon einen Zwang zur Neuorientierung verspüren? Diese Zeit wird gewiss kommen, aber ist sie wirklich schon jetzt? Dazu später.

Es gibt außerhalb der Sphäre der Automobilhersteller noch einem zweiten Grund, der gegenwärtig nicht gerade für Elektromobilität spricht.

(2) Der deutsche Strommix (25% Braunkohle, …, 26% erneuerbare Energien) resultiert in ca. 500 – 600g CO2/kWh. Ein Tesla S Performance (2014) ist mit einem gemittelten Verbrauch von ca. 24 kWh/100 km (EPA) angegeben (in der Praxis sind es, je nach Nutzung, dann doch deutlich mehr). Nun kann sich jeder leicht ausrechnen, dass dies zu einem äquivalenten CO2-Ausstoß von ca. 120 – 144 g / km führt. E-Fahrzeuge vom Schlage eines Tesla S sind daher – zumindest auf Basis des deutschen Strommix‘ – derzeit auch umweltpolitisch KEIN echter Schritt nach vorn und leisten KEINEN signifikanten Beitrag zur Verbesserung der CO2 Bilanz.

Und auch wenn man den kompletten Produktionszyklus und die Aufwände für die Energieerzeugung und den Transport mit einbezieht, bleibt für die Elektromobilität nur ein kleiner Vorteil von etwa 10% geringeren Emissionen: Damit erreicht man praktisch gesehen die Messbarkeitsstufe. Angesichts der Tatsache, dass der Anteil des Individualverkehrs an den gesamten CO2 Emissionen in Deutschland gerade einmal bei etwa 10 – 12% liegt, heißt dies was genau? – Es bedeutet Folgendes: Wenn wir alle zusammen ab sofort auf Elektromobilität umsteigen, dann sparen wir etwa 1% der CO2 Emissionen ein. In Worten „ein einziges Prozentpünktchen“! – Das Weltklima werden wir so nicht beeindrucken und noch weniger werden wir es mit dieser Maßnahme retten können.

Zurück zur Frage Tesla vs. Diesel Limousine. Nun mag man betreffend Punkt 2 einwenden, der Tesla S liege damit als relativ große und schwere Limousine gut im Rennen. Uneingeschränkt ja! Er liegt aber nicht nennenswert besser, als vergleichbare Diesel-Limousinen bei insgesamt ähnlichen Fahrleistungen (tendenziell agiler im Antritt, dafür i. d. R. schwächer in der Vmax und mit sehr viel geringerer Reichweite). Und hinsichtlich der erzielten Erlöse nach Punkt (1) spielen die genannten konventionellen Konkurrenzprodukte für die Hersteller geradezu die Rolle der Cash-Cow. Ausgehend vom Status quo wäre es, wirtschaftlich gesehen, grob unvernünftig, auf diese Erträge zu verzichten. Genauso, wie es umgekehrt vernünftig ist, dass Tesla E-Fahrzeuge und nicht etwa Diesel anbietet.

Die großen und schweren Diesel- und Benzin-Limousinen werden ja gerne als Dinosaurier bezeichnet, die früher oder später aussterben werden. Vielleicht! Unter den gegenwärtigen Randbedingungen (Energiemix) ist indes der Tesla S gleichfalls ein Dinosaurier. Man muss sich in Erinnerung rufen, vor 65 Millionen Jahren sind nicht nur die „bösen“ fleischfressenden Dinos ausgestorben, die „sanften“ pflanzenfressenden hat das gleiche Schicksal ereilt. Eine Überlebenschance – um im Bild zu bleiben – gibt es aber für smarte Lösungen a la BMW i3 und andere dieser Art.

Der Hauptvorteil eines E-Antriebs liegt in dem erreichbaren hohen Wirkungsgrad von über 90%, dahingegen liegen die klassischen Verbrenner nur bei etwa 35% – 45%. Dieser Vorteil lässt sich indes nur dann wirklich realisieren, wenn der Strom regenerativ erzeugt wird (Wasserkraft, Windkraft, Solar, …). Punkt! Bei der Stromerzeugung mittels Braunkohle, Steinkohle oder z.B. auch Erdgas hat man unterm Strich nichts oder fast nichts gewonnen und das Problem der CO2 Emission nur verlagert. Und die Wirkungsgrade von Kraftwerken liegen aus physikalischen Gründen auf ähnlichem Niveau wie die von Verbrennungskraftmaschinen im Auto. Bei Braun- oder Steinkohle ist zudem der CO2 Ausstoß deutlich höher. Über die Nutzung von Abwärme (Kraftwärmekopplung) kann man den Wirkungsgrad graduell erhöhen, das Grundproblem aber bleibt bestehen.

Kommen wir zu den Nachteilen des E-Antriebs. Das Hauptproblem ist, dass man die benötigte elektrische Energie nicht wirklich gut speichern kann. Die Energiedichte von Li-Ion-Akkus liegt derzeit bei ca. 0,1 – 0,2 kWh/kg, Superbenzin oder Diesel dagegen bieten ca. 12 kWh/kg, das ist der 60- 120-fache Wert. Und auch wenn man den ca. doppelten Wirkungsgrad des E-Motors berücksichtigt, bleibt effektiv eine nutzbare 30 – 60-fach höhere Energiedichte bei den fossilen Kraftstoffen. Der 85-kWh-Akku des Tesla S wiegt 600 kg; ca. 7 kg (etwa 8,4 l) Diesel enthalten die gleiche Energiemenge. Unter Berücksichtigung des Motorwirkungsgrads steckt daher in 14 kg Diesel (etwa 17 l) die gleiche effektiv für Vortrieb nutzbare Energiemenge.

Übrigens: Die genannten 17 l Diesel emittieren bei effektivster Nutzung in der Verbrennung etwa 45 kg CO2, das ist ungefähr die gleiche Menge, die in einem mit deutschem Strommix vollgeladenen Tesla-S-Akku steckt (42 – 51 kg CO2), und die er sich dann auch als CO2-Ausstoß anrechnen lassen muss.

Mit anderen Worten: Es gehört schon eine gehörige Portion Blauäugigkeit dazu, zu glauben, Elektromobilität in der aktuellen Entwicklungsstufe sei bereits die Lösung. Sie ist es erst dann, wenn die elektrische Energie regenerativ erzeugt wird und eine deutlich effektivere Speichermethode verfügbar ist (z.B. Akkus mit günstigeren Energie- und Leistungsdichten, Brennstoffzellentechnologie). Auf dem Übergang dahin kann man sich, bei vernünftiger Betrachtung, jegliche Form von „Glaubenskriegen“ sparen.

Damit ist das Thema für’s erste erledigt, könnte man meinen. Falsch!

Meiner Meinung nach ist JETZT der richtige Zeitpunkt, ernsthaft mit der Entwicklung vollelektrischer Fahrzeuge zu beginnen. Keine Verzichtsautos, keine Benziner mit Elektromotor, sondern Elektrofahrzeuge mit den Genen von Effizienz, Umweltfreundlichkeit und dem vom Kunden erwarteten Spaßfaktor. E-Autos fahren macht unbändigen Spaß. Beschleunigen, wie an der Schnur gezogen, leise wie eine Nähmaschine, und beim Bremsen wird die kinetische Energie wieder in die Batterie zurück gespeist. BMW hat es mit dem i3 vorgemacht: dieses Konzept ist ausbaufähig. Und zwischen 3 und 8 ist noch viel Platz für weitere Modelle. Wer jetzt startet, wird noch vor dem Ende des Jahrzehnts, wenn die Preise für Rohstoffe wieder auf Normalmaß gestiegen sind mit einem Modell oder einer kleinen Modellpalette am Markt sein können. Zugleich steigt der Anteil erneuerbarer Energien im Strommix weiter an und damit wird auch ökologisch gesehen Elektromobilität zu einer seriösen Alternative.

Keine Frage, heute ist der Markt für E-Fahrzeuge wirtschaftlich gesehen noch völlig unattraktiv.  Kaum jemand verdient Geld damit. Das kann aber schon zu Beginn des nächsten Jahrzehnts ganz anders werden. Es gibt eine Reihe von Synergien zwischen Elektromobilität, Connected Car Lösungen und Autonomiekonzepten (hochautomatisiertes und autonomes Fahren). Gegenwärtig wird die Technologie getrieben von den neu in den Mobilitätsmarkt eindringenden Digitalisierungsgiganten Google und Apple, begleitet von einigen noch kleinen innovativen und agilen Mitspielern wie Tesla. In dieser Gemengelage wird intelligente  Elektromobilität ein wichtiger Faktor sein und kann schon bald zur Wachstumslokomotive werden. Wer dann ohne Produkt dasteht wird es schwer haben, den Anschluss zu gewinnen.

Für die deutsche Wirtschaft, sogar für Deutschland insgesamt würde es fatal sein, sollte dieser Markt sich ohne uns entwickeln. Dann müssen sich auch unsere Politiker umstellen. Ohne eine prosperierende Automobilindustrie werden die Brötchen hier sehr schnell kleiner werden. Und ein Europa ohne ein leistungs- und zahlungsfähiges Deutschland kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

(Bild: ©BMW)